OGH 5Ob73/06f

OGH5Ob73/06f16.5.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Kalivoda, Dr. Lovrek und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1) Anton Z*****, 2) I***** AG, *****, beide vertreten durch Dr. Kurt Lechner, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wegen Abschreibung eines Grundstücks von der Liegenschaft EZ ***** und Einverleibung des Eigentums, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 30. Dezember 2005, AZ 17 R 299/05z, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 27. Juli 2005, TZ 5160/05, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichts, die in ihrem antragsbewilligenden Teil als in Rechtskraft erwachsen unberührt bleibt, wird im Übrigen dahin abgeändert, dass in Stattgebung des Rekurses der Antragsteller der Beschluss des Erstgerichts wie folgt zu lauten hat:

„Aufgrund des Kaufvertrags vom 26. 5./ 9. 6. 2004 und nach Einsicht in den Rangordnungsbeschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 4. 4. 2005, TZ 2648/05, die amtlich beglaubigte Kopie des Auszugs aus dem Handelsregister des Handelsregisteramts des Kantons Zug vom 9. 2. 2005, die Baulandbestätigung der Stadtgemeinde Ebenfurth vom 27. 6. 2005, den Bescheid des Amts der NÖ Landesregierung vom 19. 7. 2004, LF1-AGV-109/006-2004 und die Erklärung über die Selbstberechnung der Grunderwerbsteuer vom 26. 7. 2004 werden folgende Grundbuchshandlungen bewilligt:

1. ob der EZ ***** die Abschreibung des Grundstücks Nr 465/7 im Rang der Rangordung TZ 2648/05 unter Mitübertragung der Dienstbarkeit C-LNR 26 a hinsichtlich Grundstück Nr 465/7;

2. Eröffnung einer neuen Einlagezahl .... für das zu 1. abgeschriebene Grundstück und ob dieser neu eröffneten EZ die Einverleibung des Alleineigentumsrechts für die I***** AG;

3. ob der EZ ***** hinsichtlich der Dienstbarkeit C-LNR 26 a die Löschung des Grundstücks Nr 465/7."

Hievon sind die in der Verständigungsverfügung des erstgerichtlichen Bewilligungsbeschlusses zu 1. und 3. bis 9. angeführten Beteiligten zu verständigen.

Der Vollzug und die Verständigung der schon im ersten Bewilligungsbeschluss angeführten Beteiligten ist vom Erstgericht vorzunehmen.

Text

Begründung

Der Erstantragsteller ist grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, zu welcher u.a. die das Grundstück Nr 465/7 gehört; ob dieser Liegenschaft ist sub C-LNR 26 a u.a. hinsichtlich Grundstück Nr 465/7 die „Dienstbarkeit einer elektrischen Leitung gem § 1 Vereinbarung 1966-02-22 für Stadt Wien (Wiener Stadtwerke-Elektrizitätswerke)" einverleibt.

Die Antragsteller begehrten - neben anderen inzwischen rechtskräftig bewilligten Grundbuchshandlungen - unter Vorlage der aus dem Spruch ersichtlichen Urkunden ob der EZ ***** die Abschreibung des Grundstücks Nr 465/7 im Rang der Rangordnung TZ 2648/05 unter Mitübertragung der Dienstbarkeit C-LNR 26 a hinsichtlich Grundstück Nr 465/7, die Eröffnung einer neuen Einlagezahl für dieses Grundstück und ob dieser die Einverleibung des Alleineigentumsrechts für die Zweitantragstellerin.

Der die Zweitantragstellerin betreffende Auszug aus dem Handelsregister des Handelsregisteramts des Kantons Zug vom 9. 2. 2005 „enthält alle gegenwärtig für diese Firma gültigen Eintragungen, sowie alle seit der Führung des Hauptregisters mittels EDV (1995) gültigen und heute gestrichenen Eintragungen". Das Schriftstück ist eine amtlich beglaubigte Fotokopie, auf welcher der Notariatsassistent des Notariats Riesbach-Zürich bestätigt, dass diese Fotokopie mit dem als Original vorgelegten Schriftstück übereinstimmt; weiters ist diesem Auszug eine Apostille der Staatskanzlei des Kantons Zürich angeschlossen, in welcher die Zeichnung durch den Notariatsassistenten des Notariats Riesbach-Zürich bestätigt wird.

Das Erstgericht wies diesen Teil des Eintragungsgesuchs mit der Begründung ab, der Auszug aus dem Handelsregister des Handelsregisteramts des Kantons Zug vom 9. 2. 2005 betreffend die I***** AG hätte im Original vorgelegt werden müssen; überdies fehle ob der EZ ***** ein Antrag auf Löschung des Grundstücks Nr 465/7 hinsichtlich der Dienstbarkeit C-LNR 26 a.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel der Antragsteller gegen diesen Teil der erstgerichtlichen Entscheidung nicht Folge. Da mit der begehrten Grundbuchshandlung bücherliche Rechte zugunsten der I***** AG begründet werden sollen, sei der diese Gesellschaft betreffende Auszug aus dem Handelsregister eine „Eintragungsurkunde", welche gemäß § 87 Abs 1 GBG im Original vorzulegen gewesen wäre. Die Entscheidung des Rekursgerichts enthält den Ausspruch, der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige 20.000 Euro und der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob der Auszug aus dem Handelsregisteramt eine „Eintragungsurkunde" im Sinn des § 87 Abs 1 GBG sei, eine Judikatur des Obersten Gerichtshofs fehle.

Gegen den Beschluss der Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Bewilligung (auch dieses Teils) des Eintragungsgesuchs. In ihrem Rechtsmittel machen die Antragsteller zusammengefasst geltend, dass Originalurkunden nur insoweit erforderlich seien als diese die Eintragungsgrundlage bildeten; soweit aber Urkunden, wie etwa die Einschreitervollmacht, die Unbedenklichkeitsbescheinigung oder ein Staatsbürgerschaftsnachweis zwar Voraussetzung für die Bewilligung, nicht aber für die Eintragung selbst seien, genügten beglaubigte Abschriften, was hier auch für den notariell beglaubigten Handesregisterauszug gelten müsse.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass sich die Vorinstanzen bei der Abweisung des hier noch zu prüfenden Teils des Eintragungsgesuchs (inhaltlich) auf § 94 Abs 1 Z 4 GBG gestützt haben. Begründete Bedenken im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG haben die Vorinstanzen aus dem (Inhalt des) Handelsregisterauszug(s) nicht abgeleitet und solche sind auch nicht zu erkennen.

2. Auszugehen ist von § 87 Abs 1 GBG, welcher vorschreibt, dass Urkunden, auf Grund deren eine Eintragung erfolgen soll, im Original beizulegen sind. Eben diese Urkunden sind wegen ihrer besonderen Bedeutung einerseits im Eintragungsbeschluss anzuführen und von diesen ist andererseits gemäß § 6 Abs 1 GBG eine beglaubigte Abschrift zurückzubehalten und in die Urkundensammlung aufzunehmen (5 Ob 19/91 = RdW 1991, 290); durch die Aufnahme in die Urkundensammlung soll vor allem sichergestellt werden, dass die Grundlagen einer bestimmten Eintragung jederzeit überprüft werden können. Als Grundbuchsurkunden im Sinn des § 87 Abs 1 GBG, die dem Gericht bei der Entscheidung über ein Eintragungsbegehren im Original vorliegen müssen, lassen sich jene Urkunden definieren, die in materieller und formeller Hinsicht die konstitutiven Voraussetzungen der vorzunehmenden Grundbuchshandlung enthalten (5 Ob 197/05i; 5 Ob 76/94 = NZ 1995/335, 281, Hoyer). Urkunden im Sinn des § 87 Abs 1 GBG sind etwa der schuldrechtliche Vertrag, der grundbücherlich umgesetzt werden soll (vgl 5 Ob 197/05i), oder auch die Verfügungsvollmacht (5 Ob 199/05h = immolex 2006/41, 87; 5 Ob 22/03a); dagegen reichen etwa zum Nachweis des für ein verbücherungsfähiges Belastungs- und Veräußerungsverbot geforderten besonderen Naheverhältnisses zwischen Verbotsbelastetem und Verbotsberechtigtem in beglaubigter Abschrift vorgelegte Standesurkunden (5 Ob 2109/96z = NZ 1997/391, 258).

3. Im vorliegenden Fall bildet der von den Antragstellern abgeschlossene und im Original vorliegende Kaufvertrag vom 26. 5. /9.

6. 2004 über das Grundstück Nr 465/7 die konstitutive Urkunde für die begehrte Grundbuchshandlung. Aus dem Handelsregisterauszug des Handelsregisteramts des Kantons Zug vom 9. 2. 2005 folgt dagegen (nur) die Zeichnungsbefugnis des für die Zweitantragstellerin einschreitenden Organs sowie der Existenz- und Identitätsnachweis für die Zweitantragstellerin. Dieser Handelsregisterauszug stellt somit eine (zwar) für die Bewilligung erforderliche, aber nicht eine Eintragungsgrundlage im Sinn des § 87 Abs 1 GBG bildende Urkunde dar, weshalb die amtlich beglaubigte Fotokopie für die Gesuchsbewilligung ausreicht.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher das Eintragungsgesuch der Antragsteller auch im hier noch zu beurteilenden Umfang zu bewilligen und überdies (von Amts wegen) ob der EZ ***** hinsichtlich der Dienstbarkeit C-LNR 26 a die dadurch gegenstandlos gewordene Bezeichnung des Grundstücks Nr 465/7 als dienendes Grundstück zu löschen.

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