OGH 13Os11/06a

OGH13Os11/06a5.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. April 2006 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll, Mag. Hetlinger und Mag. Lendl als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gödl als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ali K***** wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 21. Oktober 2005, GZ 35 Hv 189/05i-57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde und aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in dem zu 2/a ergangenen Schuldspruch, in der rechtlichen Annahme gewerbsmäßiger Begehung der zu 2/b genannten Tat, in der zu 2 gebildeten Subsumtionseinheit des schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 3, 148 erster Fall StGB sowie im Strafausspruch aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Ali K***** wurde des Vergehens des versuchten Diebstahls nach §§ 15, 127 StGB (1), des Verbrechens des schweren und gewerbsmäßigen Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 3, 148 erster Fall StGB (2), des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (3/a) und des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (3/b) schuldig erkannt. Danach hat er in Salzburg

1. am 16. Juni 2003 mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Gewahrsamsträgern der Fa. S***** Handyzubehör der Marke Sony im Wert von 84 Euro wegzunehmen versucht;

2. mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch wiederkehrenden Betrug eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

a) am 12. Oktober 2003 Emmerich G***** „durch die Vorgabe, ein Kriminalbeamter zu sein, zur Herausgabe von 300 Euro zu verleiten versucht";

b) von 31. März 2003 bis 2. August 2004 „Verfügungsberechtigte des Unternehmens ‚T***** GmbH' durch die Vorgabe, ein zahlungsfähiger und -williger Kunde zu sein, zum Abschluss von insgesamt vier Verträgen über mobile Telekommunikationsleistungen und Gewährung von Telekommunikationsleistungen" im Betrag von 2.130 Euro verleitet.

3. am 5. Juli 2004 Suat Gö*****

a) am Körper verletzt, indem er ihm mit Faustschlägen eine Prellung der Nase, der linken Gesichtshälfte und der linken Hand zufügte;

b) zum Verlassen der Wohnung seiner Freundin genötigt, indem er ihn an den Armen packte und aus der Wohnung warf.

Rechtliche Beurteilung

Der aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt Berechtigung zu.

Wiewohl es Ali K***** nach den Urteilsfeststellungen nicht gelungen ist, Emmerich G***** zur Übergabe des verlangten Geldbetrages zu verleiten, wurde der Angeklagte des Verbrechens des (zur Gänze vollendeten) schweren und gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 3, 148 erster Fall StGB schuldig erkannt und solcherart der angezogene Nichtigkeitsgrund verwirklicht.

Auch wenn - recht besehen - die Annahme von Vollendung statt Versuch nur einen Strafbemessungsaspekt berührt, nimmt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung einen derartigen Rechtsfehler aus Z 10 wahr (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 645; zuletzt 13 Os 97/05x, EvBl 2006/9).

Aus Anlass der demnach erfolgreichen Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof von einem weiteren Rechtsfehler zu 2/a überzeugt. Den Feststellungen des angefochtenen Urteils kann nämlich nicht entnommen werden, über welche konkreten Tatsachen der Angeklagte Emmerich G***** getäuscht haben soll (vgl dazu Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 146 Rz 31 ff), womit dieser Schuldspruch zur Gänze aufzuheben war (Z 9 lit a; §§ 290 Abs 1 zweiter Satz, 288 Abs 2 Z 3 zweiter SatzStPO).

Da sich die rechtliche Annahme von Gewerbsmäßigkeit (§ 70 StGB) hinsichtlich der zu 2/b genannten Taten neben anderen Erwägungen auch auf den Umstand gründet, dass der Angeklagte zu 2/a betrügerisch vorgegangen war (US 5 f), war schließlich auch jener Schuldspruch bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zu beheben und zu 2 insgesamt eine neue Hauptverhandlung anzuordnen (§ 285e erster Satz StPO).

§ 289 StPO räumt dem Obersten Gerichtshof nämlich die Befugnis ein, statt bloß von der erfolgreichen Anfechtung betroffener trennbarer Verfügungen zugunsten des Angeklagten oder von Mitangeklagten auch noch weitere in jenem Umfang zu beheben, als ihm dies tunlich erscheint, um sicher zu gehen, dass der Angeklagte durch bloß formal trennbare Aussprüche des angefochtenen Urteils keinen inhaltlichen Nachteil erleidet (Ratz, WK-StPO § 289 Rz 3 mwN).

Die Berufungen sind damit gegenstandslos.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO. Davon nicht betroffen sind jene Kosten, welche auf die amtswegige Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO entfallen (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12). Eine etwaige Kostenseparation käme dem Erstgericht zu (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 7, 11, § 389 Rz 11 bis 14).

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