OGH 2Ob299/05t

OGH2Ob299/05t2.2.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel und Dr. Veith und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Grohmann als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Dr. Klemens Dallinger, Rechtsanwalt, 1010 Wien, Schulerstraße 18, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R***** AG, gegen die erstbeklagte Partei Dkfm. Walter T*****, die neuntbeklagte Partei S***** GmbH, *****, und die zehntbeklagte Partei E***** GmbH, *****, alle vertreten durch Dr. Walter Strigl und Dr. Gerhard Horak, Rechtsanwälte in Wien, sowie der Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Parteien B***** Versicherungs-AG *****, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 2,543.549,20 (hinsichtlich des Erstbeklagten), EUR 1,816.820,90 (hinsichtlich der Neuntbeklagten) und EUR 726.728,34 sA (hinsichtlich der Zehntbeklagten), über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei sowie der erst-, neunt- und zehntbeklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 13. Oktober 2005, GZ 3 R 51/05z-162, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO bedarf die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision keiner Begründung. Den Zulassungsbeschwerden der Rechtsmittelwerber wird kurz lediglich noch Folgendes entgegengehalten:

Zur Revision der klagenden Partei:

Gemäß § 275 Abs 5 HGB verjähren die Ansprüche aus den Vorschriften über die Verantwortlichkeit des Abschlussprüfers in fünf Jahren. Erst vor kurzem hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass diese Norm eine lex specialis zur allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 1489 ABGB ist; die Verjährung beginnt mit der Entstehung des Schadens (4 Ob 89/04y = ÖBA 2005, 285; deutlicher noch 10 Ob 24/04h = ÖBA 2005, 287). Diese Judikatur steht im Einklang mit der herrschenden Lehre (vgl etwa Geist in Jabornegg, § 275 HGB Rz 16; Lechner in Straube II² § 275 HGB Rz 11; P. Bydlinski, Gedanken zur Haftung der Abschlussprüfer, in FS Ostheim 349, 369 f; Haberl, Die Haftung des Wirtschaftsprüfers als gesetzlicher Abschlussprüfer 112; Dehn, Die Haftung des Abschlussprüfers nach § 275 HGB [nF], ÖBA 2002, 377, 388; ausführlich zuletzt Walter Doralt, Zur fünfjährigen Verjährungsfrist von Schadenersatzansprüchen nach § 275 HGB, ÖBA 2005, 260).

Der Rechtsmittelwerber meint nun, diese Ansicht stünde „zur älteren Judikatur" sowie mit jener zur vergleichbaren Regelung des § 84 Abs 6 AktG über die Haftung des Vorstandes (und des Aufsichtsrates; vgl § 99 AktG) in Widerspruch, wonach für den Beginn des Fristenlaufes auf § 1489 ABGB zurückzugreifen und auf Kenntnis von Schaden und Schädiger abzustellen sei (RIS-Justiz RS0034715; Nowotny in Doralt/Nowotny/Kalss, § 84 AktG Rz 38; Strasser in Schiemer/Jabornegg/Strasser, §§ 77-84 AktG Rz 110).

Die Betrachtung des jeweiligen Gesetzeswortlautes mag eine solche Argumentation nahelegen. Sachlich steht die Haftung des Abschlussprüfers einer Aktiengesellschaft aber weniger der des Vorstandes und Aufsichtsrates als jener des Genossenschaftsrevisors nahe. Für diesen hat der Gesetzgeber erst in jüngerer Zeit in § 10 Abs 5 GenRevG 1997 festgelegt, dass Ansprüche in fünf Jahren „ab Schadenseintritt" verjähren. Es kommt also nicht darauf an, wann die Genossenschaft Kenntnis vom haftungsbegründenden Ereignis erlangt; offenbar schwebte dem Gesetzgeber mit dieser Regelung vor, dass nach fünf Jahren der Rechtsfrieden Vorrang haben soll (Perkounigg/Herbolzheimer/Laner in Dellinger, Genossenschaftsgesetz, § 10 GenRevG Rz 22). Diese Wertung kann auf die vergleichbare Konstellation der Abschlussprüferhaftung übertragen werden (Dehn aaO; Walter Doralt aaO, der weiters noch ua auf die Haftung der Gründungsprüfer verweist). Hievon ausgehend sieht sich der erkennende Senat nicht veranlasst, die eingangs zitierte Judikatur des vierten und des zehnten Senates, der die Vorinstanzen gefolgt sind, in Frage zu stellen.

Zur Revision der erst-, neunt- und zehntbeklagten Parteien:

Vom Berufungsgericht verneinte Nichtigkeiten des erstinstanzlichen Verfahrens können in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden; dies trifft grundsätzlich auch für vom Berufungsgericht verneinte Verfahrensmängel zu (RIS-Justiz RS0106371; Kodek in Rechberger² § 503 ZPO Rz 2, 3 mwN; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 503 ZPO Rz 34 f, 69 mwN). Ein großer Teil des Rechtsmittels (insb die Ausführungen zur Unterlassung einer Vertagung und zur Befangenheit des Sachverständigen) geht damit ins Leere.

Was die Trennung des Verfahrens mit Beschluss vom 15. 11. 2004 (samt daraus abgeleiteter Unzulässigkeit der Fällung eines Teilurteils) anlangt, ist dem Berufungsgericht lediglich eine geringfügige (und sogar jederzeit berichtigbare) Ungenauigkeit unterlaufen: Der Beschluss trägt nicht die ON 173 sondern die ON 143; er wurde am 16. 11. 2004 abgefertigt und den Parteien am 19. 11. 2004 zugestellt (Rückscheine bei AS 470/III). Hingegen langten der Gebührenbestimmungsbeschluss vom 15. 11. 2004, ON 144 und die Urschrift des Urteils vom 15. 11. 2004, ON 145 in der Geschäftsabteilung am 19. 11. 2004 ein; sie wurden am 23. 11. 2004 gemeinsam abgefertigt und den Parteien am 25. 11. 2004 zugestellt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Verbindung erst nach Urteilsfällung aufgehoben worden wäre.

Die Auffassung des Berufungsgerichtes, es läge keine einheitliche Streitpartei vor, ist durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gedeckt (RIS-Justiz RS0035606). Die Solidarhaftung mehrerer an einer Abschlussprüfung beteiligter Personen kann die Urteilsfällung gegen einzelne der zehn beklagten Streitgenossen, die keine einheitliche Streitpartei bilden, nicht hindern.

Im Übrigen werden keine Haftungsfragen aufgezeigt, die über die besonderen Umstände des Einzelfalles hinaus Bedeutung hätten - was auch schon daraus deutlich wird, dass das Rechtsmittel der beklagten Parteien als Revisionsgründe ausdrücklich nur jene des § 503 Z 1 bis 3 ZPO, nicht aber auch nach Z 4 leg cit (also unrichtige rechtliche Beurteilung) geltend macht.

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