Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei, die Rechtssache an das Handelsgericht Wien zu delegieren, wird abgewiesen.
Text
Begründung
In diesem beim Landesgericht Klagenfurt anhängig gemachten Verfahren begehrte der Kläger von der beklagten Partei Schadenersatz wegen einer unrichtig ausgestellten Bankbestätigung gemäß § 29 AktG im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung des gemeinschuldnerischen Unternehmens.
Der Kläger beantragte die Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen nach § 31 JN an das Handelsgericht Wien. Dieses sei das Konkursgericht, bei dem bereits ein Prozess zwischen den Streitteilen anhängig sei. Sämtliche bisher von der beklagten Partei beantragten Zeugen wohnten in Wien, desgleichen sämtliche Nebenintervenienten. Die beklagte Partei sprach sich gegen die Delegierung nach Wien aus, weil die von der beklagten Partei namhaft gemachten Zeugen in Klagenfurt bzw Kärnten wohnen.
Das Landesgericht Klagenfurt befürwortete die Delegierung im Hinblick auf die Mehrheit von Zeugen/Parteien im Sprengel des Gerichts, an das delegiert werden soll, und die Tätigkeit von zwei Richtern des Landesgerichts Klagenfurt für die beklagte Partei.
Rechtliche Beurteilung
Eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen nach § 31 JN soll nur ein Ausnahmefall sein; keinesfalls soll durch eine großzügige Handhabung der Delegierungsmöglichkeiten eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung hervorgerufen werden. Wenn sich daher die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien lösen lässt und eine Partei der Delegierung widersprochen hat, so ist die Delegierung abzulehnen (stRsp; RIS-Justiz RS0046589;
zuletzt etwa 6 Nc 17/05k; Mayr in Rechberger, ZPO², § 31 JN Rz 4;
Ballon in Fasching², § 31 JN Rz 6, je mwN). Da im vorliegenden Fall (voraussichtlich) zahlreiche Personen mit Wohnsitz sowohl im Sprengel des ursprünglich angerufenen Gerichts als auch im Sprengel jenes Gerichts, an das delegiert werden soll, zu vernehmen sind, zwar der Kläger sowie mehrere Nebenintervenienten ihren Wohnsitz in Wien, die beklagte Partei ihren Sitz aber im Sprengel des angerufenen Gerichts hat, kann von einem eindeutigen Überwiegen der für die Zweckmäßigkeit der Delegierung sprechenden Umstände keine Rede sein. Im Hinblick auf den hohen Streitwert fallen mit der unmittelbaren Einvernahme auswärtiger Zeugen und Gutachter, welche im Sinn des Unmittelbarkeitsgrundsatzes immer zu befürworten ist, verbundene Mehrkosten nicht so ins Gewicht (§ 328 Abs 1 Z 3 ZPO;
„unverhältnismäßig").
Die Frage allfälliger Befangenheit der Richter des Landesgerichts Klagenfurt ist bereits rechtskräftig entschieden (Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 7. Mai 2003, GZ 3 Nc 2/03b-23). Der Delegierungsantrag ist daher abzuweisen.
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