OGH 3Ob185/05k

OGH3Ob185/05k21.12.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1. Klemens R*****, 2. Petra K*****, 3. Maria V*****, Italien, und 4. Gottfried S*****, alle ohne Beschäftigungsangabe, alle vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die verpflichteten Parteien 1. Johann S*****, und 2. Anita S*****, beide vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 824,70 EUR und Erwirkung einer unvertretbaren Handlung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 20. April 2005, GZ 1 R 88/05f-14, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Lienz vom 15. Dezember 2004, GZ 3 E 4026/04v-2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs wird in Ansehung der Bewilligung der Fahrnis- und Forderungsexekution zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrags zurückgewiesen.

2. Im Übrigen wird ihm nicht Folge gegeben.

Die verpflichteten Parteien haben die Kosten ihres Rechtsmittels insoweit selbst zu tragen.

Text

Begründung

Das Exekutionsgericht bewilligte aufgrund eines rechtskräftigen und vollstreckbaren Urteils, nach dem die Verpflichteten schuldig sind, ein bestimmtes mit Notariatsakt gemachtes Schenkungsangebot einer Dritten über Grundstücke und eine Grundstücksteilfläche „mit Notariatsakt" anzunehmen und in die entsprechenden Grundbuchseintragungen einzuwilligen, den betreibenden Parteien antragsgemäß zur Erwirkung dieser Handlung, die Exekution nach § 354 EO unter Androhung einer Geldstrafe von 5.000 EUR sowie zur Hereinbringung Kosten des Exekutionsantrags von 824,70 EUR die Fahrnis- und Forderungsexekution nach § 294a EO.

Das Gericht zweiter Instanz änderte diese Entscheidung in eine gänzliche Antragsabweisung ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Die Verpflichteten müssten nach dem Exekutionstitel eine Willenserklärung abgeben, die nach § 367 Abs 1 EO mit der Rechtskraft des Titels abgegeben gelte. Die beantragte Exekution sei demnach nicht nur überflüssig, sondern unzulässig. Nach der Rsp des Obersten Gerichtshofs komme es auf die rechtlich vorgesehene Form der Erklärung nicht an und die Verpflichtung zur Unterfertigung eines Notariatsakts werde überwiegend als Anwendungsfall des § 367 Abs 1 EO angesehen. Der Titel sei auch ausreichend bestimmt. Demnach sei auch der Antrag auf Bewilligung der Exekution zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrags abzuweisen.

Die Anrufung des Obersten Gerichtshofs sei zulässig, weil jüngere Rsp zur Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung mittels Notariatsakts nicht existiere.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Revisionsrekurs der Betreibenden ist jedenfalls unzulässig, soweit er die Exekution zur Hereinbringung der mit 824,70 EUR bestimmten Antragskosten betrifft, weil der Wert des Entscheidungsgegenstands bei diesen getrennt zu beurteilenden Exekutionsarten 4.000 EUR nicht übersteigt (§ 78 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO).

2. In Ansehung der beantragten Exekution zur Erwirkung einer unvertretbaren Handlung nach § 354 EO ist der Revisionsrekurs nicht berechtigt.

a) Vorweg ist klarzustellen, dass die Abweisung nicht schon deshalb zu Recht erfolgte, weil richtigerweise zur Erreichung des mit dem Urteil zweifellos angestrebten Ziels der Einräumung bücherlicher Rechte Exekution nach § 350 EO geführt werden hätte müssen. Wie sich aus dem Exekutionstitel ergibt, sind nämlich sämtliche Parteien Miteigentümer aller Anteile (verbunden mit Wohnungseigentum) an jener Liegenschaft, zu der die Zuschreibung erfolgen soll. § 350 EO steht aber für die Einräumung bücherlicher Rechte nur zugunsten des betreibenden Gläubigers gegen den Verpflichteten zur Verfügung. Die Exekution muss gegen jemand gerichtet sein, der in seinem bücherlichen Recht betroffen ist, gegen den sich also die zu erzwingende Eintragung richtet (Heller/Berger/Stix, EO4 2516; iglS Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 350 Rz 12), wobei es ausreicht, dass er gleichzeitig mit der angestrebten Eintragung im Grundbuch einverleibt oder vorgemerkt wird (3 Ob 2102/96f = EvBl 1997/74 = NZ 1998, 175 = RdW 1997, 27 = RPflE 1997/71). Eine scheinbare Ausnahme besteht nur nach § 350 Abs 2 EO, soweit der Verpflichtete zwar noch nicht bücherlich Berechtigter ist, aber Anspruch auf Einverleibung hat (Heller/Berger/Stix aaO 2517); in diesem Fall kann auf diese iSd § 22 GBG verzichtet werden. Hier geht es aber, wie dargelegt, um die Übertragung des Eigentumsrechts an bestimmten Flächen (durch Zuschreibung) sowohl an die Betreibenden als auch an die Verpflichteten. Die begehrte Eintragung würde sich daher gegen die Geschenkgeberin (dieser Flächen) und nicht gegen die Verpflichteten richten. Demnach ist - was hier aber nicht zu prüfen ist - der Exekutionstitel wohl insofern rechtlich verfehlt und zwecklos, als er von den Verpflichteten die Einwilligung in die Zu- und Abschreibung von Grundflächen verlangt, weil die Einwilligung desjenigen, dem Rechte eingeräumt werden (wie hier auch den Verpflichteten), in eine Grundbuchseintragung ohne Bedeutung ist (s § 32 Abs 1 lit b GBG). Es kann wohl nur um die für deren Wirksamkeit notwendige Annahme der Schenkung an sich gehen. Eine Exekution nach § 350 EO kam demnach auf Grund des vorliegenden Titels nicht in Betracht.

b) Die Entscheidung des Rekursgerichts ist dagegen zutreffend, weil die beantragte Zwangsvollstreckung nach § 354 EO schon daran scheitern muss, dass eine unvertretbare Handlung iS dieser Bestimmung nach deren Abs 1 nur dann vorliegt, wenn diese ausschließlich vom Willen der Verpflichteten abhängt. Mit dem zu vollstreckende Titel wurden diese aber dazu verurteilt, ein Schenkungsanbot „mit Notariatsakt" anzunehmen. Dies wäre demnach nur durch Mitwirkung eines öffentlichen Notars gemäß §§ 52 ff NotO möglich. Die geschuldete Handlung bedürfte also eines fremden Aufwands, der körperlichen finanziellen oder geistigen Mitwirkung eines Dritten (Höllwerth aaO § 354 Rz 15 mwN), eine Exekution nach § 354 EO könnte schon aus diesem Grund nicht bewilligt werden. Das gilt auch dann, wenn die Mitwirkung des Dritten vom Verpflichteten im Prozessweg (hier allenfalls auf Grund einer Kontrahierungspflicht) erzwungen werden könnte (stRsp; Höllwerth aaO § 354 Rz 16 mwN; 6 Ob 562/95 = MietSlg 47/29 ist wohl nicht gegenteilig, wird doch darin von einer titelmäßigen Verpflichtung zur einseitigen Beendigung eines Pachtvertrags ausgegangen).

Selbst wenn man entgegen dieser Rsp mit Klicka (in Angst, EO, § 354 Rz 3) die Voraussetzung der Abhängigkeit nur vom Willen des Verpflichteten einschränkend auslegen wollte, wäre die Abweisung des Exekutionsantrags zur Recht erfolgt. Die abweichende Ansicht des Genannten ist daher hier nicht entscheidend. Tatsächlich liegt hier ein Fall des § 367 EO vor, weshalb eine Exekution weder erforderlich noch zulässig (stRsp; Höllwerth aaO § 354 Rz 12 mwN) ist. Zutreffend gelangte die zweite Instanz zur Ansicht, der vorliegende Exekutionstitel bedürfe ungeachtet der Aufnahme der darin vorgeschriebenen Form der Rechtshandlung („mit Notariatsakt") keiner Zwangsvollstreckung. In der Sache besteht ja kein Unterschied zwischen der Verpflichtung, eine näher bezeichnete Erklärung abzugeben, und jener, eine Urkunde mit demselben Inhalt zu unterfertigen (Heller/Berger/Stix aaO 2609; ähnlich Klicka, aaO § 367 Rz 1; grundsätzlich ebenso schon SZ 16/32 = JBl 1934, 456; EvBl 1950/34; SZ 26/62). Demnach stünde auch die Verurteilung dazu, einen Notariatsakt mit dem im Titel genannten Inhalt zu unterzeichnen, derjenigen im hier vorliegenden vollstreckbaren Urteil völlig gleich.

Schon in der E SZ 26/62 wird allgemein die im Titel angeführte Form der geschuldeten Erklärung („mündlich oder schriftlich, gerichtlich oder vor einem Notar") für nach § 367 EO belanglos erklärt (ebenso die hL: Heller/Berger/Stix aaO 2610; Klicka aaO § 367 Rz 3; Höllwerth aaO § 367 Rz 12 mwN, dieser allerdings nur, soweit der Form nur Beurkundungsfunktion zukommt). Die E SZ 26/99 weicht davon wohl nur scheinbar ab, weil die titulierte Verpflichtung auf die Abgabe einer Erklärung vor einem bestimmten niederländischen Notar lautete und man darin durchaus mehr als bloß ein Formerfordernis sehen kann. In der späteren E 8 Ob 565/87 = SZ 61/153 = GesRZ 1988, 229 wird die Notwendigkeit der Vollstreckung der Pflicht zur Abgabe einer Erklärung in Notariatsaktsform nach § 354 EO „in dieser allgemeinen Form" bereits bezweifelt. Der nunmehr herrschenden Lehre ist jedenfalls insoweit zu folgen, als ein im Titel angeführtes Formerfordernis - auch wenn es um einen Notariatsakt geht - idR die Anwendung des § 367 EO nicht hindert; dies jedenfalls dann nicht, wenn die zu errichtende Urkunde nicht aus besonderen Gründen von Gesetzes wegen erforderlich ist (für Beispiele s SZ 16/32; Höllwerth aaO § 367 Rz 13; noch weniger streng dagegen Klicka aaO). Davon kann hier keine Rede sein, auch wenn die gegenteilige Rechtsansicht die Aufnahme des Notariatsakts in den Titel erklären dürfte, weil die Annahme eines Schenkungsversprechens ohne wirkliche Übergabe (§ 1 Abs 1 lit d NotAktsG) im Gegensatz zu diesem dieser Form nicht bedarf, weil der Beschenkte nicht vor Übereilung geschützt werden muss (5 Ob 266/99z = NZ 2001, 141 [zust Hoyer 145] = ecolex 2000, 344 [krit Wilhelm 354] = RdW 2000, 344 = wobl 2001, 271) und überdies einem allenfalls wieder auflebenden Beweissicherungszweck nach § 943 ABGB (Wilhelm, aaO) durch das Urteil bereits Genüge getan wäre.

Dem Revisionsrekurs ist daher in Ansehung des Exekutionsantrags nach § 354 EO nicht Folge zu geben.

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