OGH 3Ob299/04y

OGH3Ob299/04y24.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Mag. Christoph Jeannée, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Friedrich K*****, vertreten durch die Dr. Franz J. Salzer Rechtsanwalt KEG in Wien, wegen Nebengebühren und Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. September 2004, GZ 41 R 131/04z-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 26. März 2004, GZ 49 C 142/03a-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Beklagte mietete am 23. Juni 1994 ab 1. Juli 1994 von den, durch eine näher bezeichnete Hausverwalterin vertretenen, damaligen Hauseigentümern in einem Wiener Zinshaus eine Geschäftsräumlichkeit, „bestehend aus einem Gassenlokal und Nebenräumen sowie Backstube" (im Ausmaß von rund 127 m2 im Keller; im Brief der Hausverwalterin vom 17. April 2003 als Souterrainwerkstätte ehem. Backstube bezeichnet; im Folgenden nur „Backstube") im (tatsächlichen) Gesamtausmaß von etwa 305,08 m2 zum Betrieb einer Kaffee-Konditorei, die von der Tochter des Beklagten betrieben werden sollte. § 3.1 des schriftlichen Mietvertrags lautet:

„Der vereinbarte Mietzins besteht aus

a) dem Hauptmietzins (Grundzins)

b) dem Anteil an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben, welcher 7,79 % beträgt.

... [gestrichen]

e) der Umsatzsteuer (MwSt)."

Der frei vereinbarte Hautmietzins betrug 9.000 S wertgesichert. Der für den Mietvertrag verwendete Formularvordruck stammt von der Hausverwalterin. Bei Abschluss des Mietvertrags wurde über den Anteil an den Betriebskosten (BK) nicht gesprochen; eine (ausdrückliche) Vereinbarung über einen fixen BK-Anteil des Beklagten wurde nicht getroffen. Nach Verkauf der Liegenschaft und Parifizierung wurde 2002/2003 Wohnungseigentum geschaffen, Eigentümerin des vom Beklagten gemieteten Objekts ist nun die klagende GmbH & Co KG. Erstmals mit Schreiben vom 24. März 2003 wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass sich dieser BK-Schlüssel „auf Grund neuer Parifizierungsunterlagen" ab April 2003 auf 11,44 % erhöhe.

Der Beklagte bezahlt seit Jänner 2001 den Mietzins nahezu immer verspätet. Sein Mietzinskonto war bis 1. März 2003 nur einmal ausgeglichen, und zwar per 24. Juli 2002. Per 1. März 2003 war der Beklagte für den Zeitraum November 2002 bis März 2003 mit 5.869,60 EUR in Rückstand. In zwei von der klagenden Partei gegen den Beklagten angestrengten Verfahren wegen Zahlung rückständigen Mietzinses und Räumung trat Ruhen ein.

Der Rechtsvertreter der klagenden Partei forderte den Beklagten mit am 24. Juni 2003 zur Post gegebenen (irrtümlich mit 9. Mai 2003 datiertem) Schreiben zur Zahlung eines per 5. Juni 2003 bestehenden Mietzinsrückstands von 3.040,87 EUR zuzüglich Kosten bis zum 30. Juni 2003 (Einlangen) auf. Eine Aufschlüsselung wurde nicht vorgenommen. Danach leistete der Beklagte Zahlungen von jeweils 1.435,01 EUR am 30. Juni 2003, 23. Juli 2003, 28. Juli 2003 und 16. September 2003.

Die klagende Partei begehrte mit der am 2. Juli 2003 bei Gericht eingelangten Klage Zahlung eines Zinsrückstands von 3.040,87 EUR sA (215,97 EUR für April 2003, 1.389,89 EUR für Mai 2003 und 1.435,01 EUR für Juni 2003) und Räumung dieses Bestandobjekts, bestehend aus einem Gastlokal und Nebenräumen, Backstube (Souterrain) und Souterrainwerkstätte im Gesamtausmaß von etwa 305,08 m2. Der Beklagte befinde sich trotz qualifizierter Mahnung mit Zinszahlungen über mindestens eine Zinsperiode im Rückstand, weshalb die sofortige Aufhebung des Mietverhältnisses gemäß § 1118 ABGB erklärt werde. Seit Jahren befinde sich der Kläger laufend in Zahlungsverzug, wobei die Rückstände - trotz laufender Mahnung und Klagsführung - in der Vergangenheit fast immer zwischen einer und vier Monatsmieten betragen hätten. Der Beklagte sei zumindest grob fahrlässig in Zahlungsverzug.

Der Beklagte wendete ein, der auf das gemietete Bestandobjekt entfallende Betriebskostenanteil sei mit 7,79 % vertraglich vereinbart und fixiert worden. Der vertragswidrigen Erhöhung des BK-Schlüssels ab 1. April 2003 auf 11,49 % habe er nicht zugestimmt. Die in der Klage behauptete „qualifizierte Mahnung" bestehe in einem mit 9. Mai 2003 datierten und am 24. Juni 2003 abgefertigten Schreiben, in dem ohne weitere Aufgliederung ein Mietzinsrückstand von 3.040,87 EUR behauptet werde.

Die klagende Partei replizierte, das im Mietvertrag mit 185 m2 angegebene Ausmaß der Nutzfläche sei unrichtig; tatsächlich betrage das Gesamtausmaß 305,08 m2. Im Zuge der im Jahr 2003 erfolgten Begründung von Wohnungseigentum sei festgestellt worden, dass der Nutzflächenanteil des Beklagten 11,44 % betrage. Offenbar sei die „Backstube" im Ausmaß von rund 127 m2 bei der Angabe des Gesamtausmaßes im Mietvertrag nicht berücksichtigt worden. Für diese seien daher - offenbar irrtümlich - bis Anfang 2003 keine BK verrechnet worden. Auf Grund der zwingenden Vorschrift des § 17 MRG sei der BK-Schlüssel auf das richtige Ausmaß korrigiert worden.

Zur Höhe des Zahlungsbegehrens präzisierte die klagende Partei, das Mieterkonto des Beklagten sei per 20. März 2003 ausgeglichen gewesen. Bis 15. September 2003 seien dem Beklagten Monatsmieten für April und Mai 2003 von jeweils 1.389,89 EUR sowie für Juni bis September 2003 von jeweils 1.435,01 EUR, insgesamt somit 8.519,82 EUR vorgeschrieben worden. Der Beklagte habe am 5. Juni 2003 ungewidmet 1.173,92 EUR sowie in der Folge vorbehaltlos die Mietzinse für Mai bis August 2003 in der vorgeschriebenen Höhe bezahlt, insgesamt somit 6.868,84 EUR. Damit habe er offenbar den erhöhten BK-Anteil anerkannt. Per 15. September 2003 bestehe somit ein Mietzinsrückstand von 1.650,98 EUR, der sich aus der offenen Miete für September 2003 von 1.435,01 EUR und dem restlichen Mietzins für April 2003 von 215,97 EUR zusammensetze. Trotz des laufenden Verfahrens habe der Beklagte die Mieten nach wie vor nur mit erheblichem Verzug bezahlt. Zum Räumungsbegehren brachte die klagende Partei vor, der Beklagte befinde sich seit Jahren mit seinen fälligen Mietzinszahlungen in erheblichem Verzug, wobei die Rückstände fast immer zwischen einer und vier Monatsmieten betragen hätten. Allein im vergangenen Jahr habe der Beklagte die klagende Partei - unter Außerachtlassung des gegenständlichen Verfahrens - bereits zweimal zur Klageführung wegen rückständiger Mietzinse genötigt. Der Zahlungsverzug sei daher grob fahrlässig erfolgt, weshalb das Räumungsbegehren aufrechterhalten werde. Die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten sei der klagenden Partei unter den gegebenen Umständen nicht zumutbar.

Darauf brachte der Beklagte vor, im schriftlichen Mietvertrag sei die tatsächlich genutzte Fläche als Nutzfläche angegeben. Die „Backstube", die in Ansehung des Mietgegenstands "Cafe-Konditorei" gar nicht nutzbar gewesen sei, sei offensichtlich nicht als „Nutzfläche" qualifiziert worden. Der Beklagte habe die vertragswidrig vorgeschriebenen BK nur vorbehaltlich einer Rückforderung bezahlt. Nur für April 2003 seien 1.173,92 EUR, nicht jedoch der vertragswidrig vorgeschriebene BK-Anteil von 215,97 EUR bezahlt worden; dieser Differenzbetrag werde vorbehaltlich einer Rückforderung überwiesen.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 26. September 2003 schränkte die Klägerin infolge Zahlung von 1.435,01 EUR (Septembermiete) am 18. September 2003 um 258,23 EUR (215,97 EUR restliche Miete für April 2003 und 32,26 EUR Verzugszinsen) am 23. September 2003 (näher aufgeschlüsselte) Zinsen und Kosten ein; das Räumungsbegehren blieb aufrecht.

Das Erstgericht gab den Zahlungs- und Räumungsbegehren statt; den im Wesentlichen bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, im Zeitpunkt der Zustellung der als Auflösungserklärung zu beurteilenden Klage sei ein qualifizierter Mietzinsrückstand, nämlich die zum Teil noch unbezahlte Aprilmiete (2003), gegeben gewesen. Der Beklagte habe nämlich die BK auf Basis eines Schlüssels von 11,44 % als gesetzlicher Aufteilungsschlüssel nach § 17 MRG geschuldet. Dieser Rückstand sei zwar im laufenden Verfahren, jedoch nicht binnen angemessener Frist nach Klagezustellung beglichen worden. Den Beklagten treffe ein grobes Verschulden am Mietzinsrückstand.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Die Höhe des vom Beklagten geschuldeten BK-Anteils bestimme sich gemäß § 17 MRG nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Mietgegenstands zur Gesamtnutzfläche des Hauses, soweit nicht zwischen dem Vermieter und allen Mietern des Hauses für einzelne Aufwendungen des Hauses schriftlich ein anderer Verteilungsschlüssel vereinbart worden sei. Die rechnerische Richtigkeit seines gesetzlichen BK-Anteils von 11,49 % (richtig 11,44 %) sei vom Beklagten nicht substantiiert bestritten worden, eine abweichende Vereinbarung auch mit allen Mietern des Hauses habe der Beklagte nie behauptet. Der Beklagte habe seinen Rechtsstandpunkt nur mit der Behauptung begründet, eine derartige Vereinbarung zwischen ihm und den Vermietern sei aus der schriftlichen Mietvertragsurkunde abzuleiten. Dem vermöge sich das Berufungsgericht aber nicht anzuschließen: Als Mietvertragsurkunde sei ein handelsübliches Mietvertragsformular verwendet worden, das nur durch Streichungen bzw. individuelle Einfügungen im Vordrucktext zu komplettieren gewesen sei. Gerade zu § 3 des Mietvertrags („Mietzins") deute nichts darauf hin, dass die Parteien hier eine von der gesetzlichen Grundregel abweichende Mietzinsvereinbarung treffen wollten. Dessen Punkt 1.b) könne daher redlicherweise nur so verstanden werden, dass der vereinbarte Mietzins u.a. auch aus dem gesetzlichen Anteil an den BK und öffentlichen Abgaben bestehe. Dessen Bezifferung (mit 7,79 %) stelle nur eine Information an den Mieter dar, wonach die Vermieter zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses davon ausgegangen seien, dass dieser gesetzliche BK-Anteil derzeit 7,79 % betrage. Im Verfahren sei nicht ein Indiz dafür hervorgekommen, aus welchen Erwägungen der Beklagte diese Formulierung als redlicher Erklärungsempfänger iS des von ihm in diesem Verfahren eingenommenen Rechtsstandpunkts hätte verstehen dürfen oder gar müssen. Ohne Rechtsirrtum habe das Erstgericht daher seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass der Beklagte den - ziffernmäßig unstrittigen - gesetzlichen BK-Anteil iSd § 17 Abs 1 MRG schulde.

Zur Höhe des Zinssatzes habe sich die klagende Partei auf Vereinbarung, Schadenersatz sowie auf § 1000 iVm § 1333 ABGB gestützt. Sie habe weiters vorgebracht, der Beklagte sei Kaufmann und Unternehmer, der Mietvertrag sei ein beidseitiges Handels- bzw Unternehmergeschäft, der Basiszinssatz habe im gegenständlichen Zeitraum zumindest 2 % betragen. Der Beklagte habe dieses Vorbringen nicht substantiiert bestritten, weshalb im Ergebnis unstrittige Tatsachen iSd § 267 ZPO vorlägen. Zum Beginn des Zinsenlaufs führte die zweite Instanz aus, es komme auf das Einlangen der einzelnen Beträge auf dem Hausverwalterkonto an, weil sich der Schuldner zu diesem Zeitpunkt bereits in Verzug befunden habe.

Zur „geschehenen Einmahnung" nach § 1118 zweiter Fall ABGB bejahte die zweite Instanz das Vorliegen einer ausreichende Mahnung. Der Beklagte habe nie vorgebracht, dass für ihn die in der Folge auch eingeklagten Rückstände rechnerisch nicht nachvollziehbar seien. Jedenfalls in einem solchen Fall sei nicht zwingend zu fordern, dass in einer Mahnung die einzelnen Bestandzinsperioden ausdrücklich ausgeworfen sein müssen. Inwieweit die Klage die für § 1118 ABGB erforderliche Mahnung ersetzen könne, sei hier irrelevant, weil in der Klage ohnehin nur jene offenen Mietzinsforderungen geltend gemacht worden seien, die bereits mit dem Schreiben außergerichtlich Ende Juni 2030 eingemahnt worden seien. Der Teilbetrag für April 2003 sei somit Ende Juni 2003 eingemahnt worden und habe bis zur Zahlung am 23. September 2003 unberichtigt ausgehaftet.

Maßgeblich für die Berechtigung der Auflösungserklärung sei, ob durch die Zustellung der die Aufhebungserklärung enthaltenden Klage an den Beklagten am 25. Juli 2003 der Auflösungstatbestand erfüllt worden sei. Dies sei der Fall, weil am 25. Juli 2003 bereits ein qualifizierter Mietzinsrückstand per April 2003 bestanden habe, der auch nach Fälligkeit der Mietzinsperioden Mai bis Juli 2003 offen geblieben sei. Dies gelte auch noch für den weiteren Zeitraum bis 23. September 2003, weil der Beklagte einen Rückstand aus April 2003 auch noch bei Fälligkeit der Mieten für August und September 2003 nicht bezahlt habe. Bei der Beurteilung des groben Verschuldens des Beklagten sei nicht allein maßgeblich, ob seine Minderzahlungen auf eine jedenfalls nicht unvertretbare Rechtsansicht zur Problematik des BK-Anteils zurückgingen. Ganz unabhängig davon habe er nämlich auch die Mietzinse für Mai bis September 2003 (teilweise um einige Wochen) verspätet bezahlt. Er habe nicht einmal in Kenntnis des vorliegenden Räumungsverfahrens für eine pünktliche Bezahlung der folgenden Mietzinse ab August 2003 gesorgt. Im Falle häufiger Rückstände trotz Mahnung könne nur ausnahmsweise nach den Besonderheiten des Einzelfalls eine sonst naheliegende grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden. Dazu enthalte die Berufung kein Sachargument. Zahle der Mieter den Mietzins nicht, weil er wirtschaftliche Schwierigkeiten habe, so habe er auch zu beweisen, dass er die Schwierigkeiten nicht verschuldet habe. Dieser Beweis sei dem Beklagten nicht gelungen.

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig und mit ihrem Aufhebungsantrag berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

a) Streitpunkt ist, ob auf das vom Beklagten gemietete Bestandobjekt ein BK-Anteil von 7,79 % oder von 11,49 % entfällt. Im schriftlichen Mietvertrag ist ein Ausmaß der Nutzfläche des Bestandobjekts von 185 m2 festgehalten; dazu lautet § 3.1 des Mietvertrags: „Mietzins": „Der vereinbarte Mietzins besteht aus dem Hauptmietzins (Grundzins), dem Anteil an den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben, welcher 7,79 % beträgt, und der Umsatzsteuer." Eine ausdrückliche Vereinbarung über einen „fixen Betriebskostenanteil" wurde nicht getroffen, vielmehr in dem vom Vermieter verfassten Mietvertrag unter Zugrundelegung einer bestimmten Nutzfläche lediglich ein bestimmter BK-Schlüssel festgehalten, auf dessen Grundlage in der Folge (ab 1. Juli 1994) die BK und öffentlichen Abgaben dem Mieter vorgeschrieben wurden. Erst anlässlich einer späteren, nach Erwerb der Liegenschaft durch die klagende Partei erfolgten Neuparifizierung wurde die zuvor nicht berücksichtigte, von vorneherein mitgemietete „Backstube" bei der Berechnung des BK-Anteils berücksichtigt, was nach Rechtsmeinung der klagenden Partei zu dessen Erhöhung von 7,79 % - wie im schriftlichen Mietvertrag festgehalten - auf 11,44 % - wie in der Vorschreibung ab 1. April 2003 zugrundegelegt - führen soll. Unbestritten ist, dass die Änderung (Erhöhung) des BK-Anteils allein durch die nunmehr erfolgte Berücksichtigung der „Backstube" bedingt ist. Der Beklagte bestreitet die Zulässigkeit der Erhöhung des BK-Schlüssels ausschließlich mit der Begründung, es liege eine vertragliche Vereinbarung des BK-Schlüssels vor, an welche die Vermieterin gebunden sei; eine einseitige Abänderung sei nicht zulässig.

Es stellt sich daher a.1.) die Frage, ob - wie der Beklagte meint - durch die bloße Nennung eines BK-Anteils im schriftlichen Mietvertrag ohne weitere Vereinbarung bereits dieser BK-Anteil als bindend vereinbart anzusehen ist oder - wie die Vorinstanzen vermeinen - nicht und davon unabhängig a.2.) die Frage, welchen Einfluss die von Anfang an mitvermietete „Backstube" auf die Erhöhung des BK-Anteils des Beklagten ausübt.

Zu a.1.): Auszugehen ist von der unstrittigen Anwendung des MRG und dem Vorliegen eines so genannten Altmietverhältnisses an einer nunmehrigen Eigentumswohnung, somit eines vor Begründung von Wohnungseigentum abgeschlossenen Mietvertrags. § 17 MRG regelt den Verteilungsschlüssel insbesondere der BK und laufenden öffentlichen Abgaben (§ 21 MRG). § 17 Abs 1 MRG lautet: Insoweit nicht zwischen dem Vermieter und allen Mietern des Hauses für einzelne Aufwendungen des Hauses schriftlich ein anderer Verteilungsschlüssel vereinbart worden ist oder sich aus den folgenden Bestimmungen ein solcher Verteilungsschlüssel ergibt, bestimmt sich der Anteil eines Mietgegenstands an den Gesamtkosten des Hauses nach dem Verhältnis der Nutzfläche des Mietgegenstands zur Nutzfläche aller vermieteten, vom Vermieter benützten oder trotz ihrer Vermietbarkeit nicht vermieteten Wohnungen oder sonstigen Mietgegenstände des Hauses. § 17 Abs 1 MRG normiert somit die grundsätzlich gleichförmige Verteilung der Betriebskosten nach Nutzflächen (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 17 MRG Rz 5a). Der Gesetzgeber hat hiebei die Einzelfallgerechtigkeit gegenüber der Verrechnungsvereinfachung zurückgesetzt.

In der Frage der Möglichkeit der Abweichung vom Nutzflächenschlüssel des § 17 Abs 1 MRG für die Verteilung der Gesamtkosten sind, lässt man die neu geschaffene Bestimmung des § 17 Abs 1a (eingefügt durch die WRN 1999) außer Betracht, zwei Möglichkeiten denkbar. Einerseits hat die Rsp eine Durchbrechung der Verteilungsgrundsätze dann gebilligt, wenn ein Mieter unverhältnismäßig hohe Betriebskosten verursachte. Aus Billigkeitsgründen kann ihm dann allein das Übermaß unter Abweichung vom allgemeinen Betriebskostenschlüssel auferlegt werden. Damit wird aber nicht vom Grundsatz der liegenschaftsbezogenen Aufteilung der BK abgegangen, sondern ein Verteilungsschlüssel nachträglich in Ansehung bestimmter BK-Positionen dergestalt verändert, dass das vom Nutzflächenschlüssel abweichende Übermaß einem Einzelnen auferlegt wird. Anderseits hat die Rsp eine Abweichung von den Verteilungsgrundsätzen in den Fällen fehlender wirtschaftlicher Einheit anerkannt: § 17 MRG regelt die Verteilung der Gesamtkosten des Hauses nach dem Verhältnis der Nutzflächen der vermieteten Objekte. Eine Ausnahme von dieser liegenschaftsbezogenen Betrachtungsweise für die Aufteilung der Bewirtschaftungskosten kommt in jenen Fällen in Betracht, wo die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eine Gleichstellung mehrerer auf einem Grundbuchskörper errichteter Bauwerke unbillige Ergebnisse erzielen würde (5 Ob 213/03i = immolex 2004, 144 = RdW 2004, 411 mwN). Keiner dieser beiden Fälle liegt hier vor. Eine Abweichung wäre weiters durch schriftliche Vereinbarung zwischen den damaligen Vermietern und allen Mietern des Hauses „für einzelne Aufwendungen des Hauses" zulässig. Auch dieser Fall liegt hier nicht vor.

Die Regelung des § 17 Abs 1 MRG bezweckt zunächst nicht, dass von vornherein für sämtliche Aufwendungen eines Hauses ein vom Nutzflächenverhältnis abweichender Schlüssel vereinbart werden könnte. Wenn man es für zulässig erachtet, von vornherein durch Vereinbarung aller Mieter und des Hauseigentümers eine schriftliche Vereinbarung über einen abweichenden Schlüssel für sämtliche Aufwendungen eines Hauses zu treffen, muss eine solche Vereinbarung nach stRsp (5 Ob 197/99b = immolex 2000, 262 = wobl 2001, 215; vgl. auch 5 Ob 126/01t = SZ 74/100; RIS-Justiz RS0113520) den Charakter einer "Vereinbarung eines abweichenden Verteilungsschlüssels" aufweisen. Es reicht demnach nicht aus, wenn im schriftlichen Mietvertrag zum Nachteil des Mieters ein unrichtiger BK-Schlüssel eingesetzt wird, um eine solche Vereinbarung eines abweichenden Verteilungsschlüssels zu bejahen. Vielmehr muss bei Abschluss einer solchen Vereinbarung deutlich werden, dass eine von der gesetzlichen Regelung abweichende Kostentragungsregelung zustande kommt. An sich ist nichts daran auszusetzen, dass durch inhaltlich übereinstimmende Einzelvereinbarungen zwischen dem Vermieter und jedem einzelnen Mieter (Summenvereinbarung) eine abweichende Vereinbarung zustande kommt. Dabei muss aber jede Vereinbarung den gesamten Schlüssel (oder einen einheitlichen Berechnungsmodus) aufweisen und darf nicht nur den Anteil des einzelnen Mieters enthalten. Zur Vereinbarung eines abweichenden Schlüssels im schriftlichen Mietvertrag muss für den Mieter irgendein Hinweis darauf vorhanden sein, dass er einer ihn - gegenüber der gesetzlichen Aufteilung - benachteiligenden Kostentragungsregelung zustimmt (5 Ob 197/99b; RIS-Justiz RS0113521). Diese Grundsätze über Abweichungen vom gesetzlichen BK-Schlüssel müssen auch dann gelten, wenn es um eine den Vermieter benachteiligende Kostentragungsregelung geht.

Gerade in Althäusern halten erfahrungsgemäß Schlüsselangaben in Mietverträgen einer Überprüfung (in Form einer Nutzflächenvermessung) kaum stand: Zumindest kleinere m2 - und damit Schlüsselverschiebengen sind die Regel. In diesen Fällen eine Korrektur nicht zuzulassen, würde zu dem unerwünschten Ergebnis führen, dass in jenen Fällen, in welchen - meist nur zufällig - der konkrete Schlüssel in Mietvertragsurkunden ausgeworfen ist, der Gesamtbetriebskostensatz der Mietgegenstände im Haus niemals 100 erreicht. Ein ausreichender Schutz des Mieters vor unerwarteten BK-Nachzahlungen ist aber durch die Präklusivfrist des § 21 Abs 3 und 4 MRG ohnedies gegeben. Der erkennende Senat vertritt daher folgende Auffassung: Zufolge der Verweisung auf den Betriebskostenkatalog des § 21 MRG (vgl. die Überschrift des § 21 MRG entsprechende Bezeichnung als „Betriebskosten und öffentliche Abgaben") wie auf den sich aus § 17 MRG ergebenden Schlüssel (vgl. die auch in § 17 MRG enthaltene Bezeichnung „Anteil") kann die bloße ziffernmäßige Nennung des Betriebskostenanteils in einem schriftlichen Mietvertrag im Regelfall, wenn also keine andere Vereinbarung im obgenannten Sinn vorliegt, nicht als Einigung über einen ziffernmäßig genannten, von der gesetzlichen Regelung des § 17 MRG abweichenden Betriebskostenschlüssel (BK-Anteil), sondern nur als die Verpflichtung des Mieters angesehen werden, Betriebskosten sowohl dem Grunde als der Höhe nach dem MRG entsprechend zu bezahlen. Die ziffernmäßige Nennung des Anteils im schriftlichen Mietvertrag ist daher - wenn ein anderer Parteiwille wie hier nicht erwiesen ist - im Zweifel bloß die Information (Wissens- und nicht Willenserklärung) des Vermieters über die Höhe des derzeit vorgeschriebenen gesetzlichen Betriebskostenanteils. Insoweit ist die Rechtsauffassung der zweiten Instanz zu billigen, dass der Beklagte den gesetzlichen (richtigen) BK-Anteil schuldet. Dieser Einwand des Beklagten besteht daher nicht zu Recht.

Ad a.2.): Die klagende Partei trug vor, die „Backstube" im Ausmaß von rund 127 m2 sei bei der Angabe des Gesamtausmaßes im Mietvertrag nicht berücksichtigt worden. Für dieses Souterrainlokal seien daher - offenbar irrtümlich - bis Anfang 2003 keine BK verrechnet worden. Nach dem Vorbringen des Beklagten sei die „Backstube", die für die "Cafe-Konditorei" nicht nutzbar gewesen sei, offensichtlich nicht als „Nutzfläche" qualifiziert worden. Daher kommt es nun darauf an, ob tatsächlich bis zur Nutzwertfeststellung anlässlich der Parifizierung die „Backstube" mit ihren insgesamt rund 127 m2 bei der Nutzflächenberechnung im Haus berücksichtigt wurde oder nicht, wenn nicht, ob sie objektiv zumindest als Lagerraum geeignet war. Nach der Rsp (5 Ob 23/01w; RIS-Justiz RS0116795) sind Kellerräume nutzflächenrelevant, wenn sie selbständig zu Betriebszwecken, Geschäfts- oder Wohnzwecken nutzbar sind oder als Zubehör mit einem betrieblichen, gewerblichen oder sonstigen geschäftlichen Nutzgegenstand räumlich oder rechtlich verbunden sind. Dazu fehlen hier sämtliche Feststellungen. Wenn die „Backstube" zufolge Nutzbarkeit für das Geschäftslokal des Beklagten von Anfang an nutzflächenrelevant war oder jedenfalls erst im Laufe der Mietzeit wegen nachträglich eingetretener Nutzbarkeit nutzflächenrelevant wurde, aber im Aufteilungsschlüssel der BK nicht berücksichtigt wurde, hatte die nun klagende Vermieterin das Recht, anlässlich der Parifizierung die BK-Schlüssel zum Nachteil des Beklagten zu ändern.

Es müssen daher die vorinstanzlichen Entscheidungen wegen einer sekundären Mangelhaftigkeit aufgehoben werden, um den Parteien die Möglichkeit zu geben, zu dieser für den Ausgang des Rechtsstreit erheblichen Frage ein ausreichendes Vorbringen zu erstatten, damit das Erstgericht dazu Beweis aufnehmen und die entsprechenden Feststellungen treffen kann.

c) Ausgehend davon ist eine abschließende Beurteilung der vom Beklagten bestrittenen Berechtigung des auf Zahlung von Zinsen und Kosten sowie auf Räumung gerichteten Klagebegehrens noch nicht möglich.

Auf Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen kann nicht beurteilt werden, ob und inwieweit die eingeklagten und zugesprochenen Verzugszinsen überhaupt nach den obigen Ausführungen berechtigte Klageforderungen betreffen. Weiters kann auf die Rechtsansicht der zweiten Instanz, die Höhe des Zinssatzes von 9,5 % sei vom Beklagten nicht substantiiert bestritten worden, weshalb im Ergebnis unstrittige Tatsachen iSd § 267 ZPO vorlägen, nicht gebilligt werden. Vielmehr hat der Beklagte die Berechtigung eines 4 % übersteigenden Verzugszinsenbegehren in keiner Weise zugestanden, wie sich im Übrigen auch aus dem Vorbringen der klagenden Partei (ON 9 AS 40 f) ergibt, wonach der Beklagte bei Zahlungsverzug nur vom gesetzlichen Zinssatz von 4 % ausgehe.

Was schließlich die Berechtigung des Räumungsbegehrens (§ 1118 ABGB) anlangt, ist die hiefür maßgebliche Beurteilung des groben Verschuldens des Beklagten an einer verspäteten Zahlung nicht möglich. Auch hiezu wird das Erstgericht nach allenfalls erforderlicher Ergänzung des Beweisverfahrens konkrete Feststellungen zu treffen haben, auf deren Grundlage beurteilt werden kann, in welchem Ausmaß ein Verzug des Beklagten mit Mietzinszahlungen vorlag. Hiezu sind klare Feststellungen zur Fälligkeit und Zahlung der bestimmten in den jeweiligen Perioden vorgeschriebene Mietzinse erforderlich. Pauschale Hinweise auf Beilagen, wie sie hier vom Erstgericht vorgenommen wurden (AS 82 = Seite 6 der Urteilsausfertigung), reichen hiezu nicht aus, im Besonderen dann, wenn wie hier diese wesentlichen Umstände derartigen Urkunden nicht entnommen werden können. Die Beilagen A und E, welche die Erstrichterin einen integrierenden Bestandteil ihrer Entscheidung nennt, sind Fotokopien nicht ausreichend erläuterter Kontoauszüge, bei denen überdies eine vollständige Kopie des jeweiligen Saldos überhaupt unterblieb.

Dies muss zur Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen führen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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