OGH 5Ob213/03i

OGH5Ob213/03i13.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Republik Österreich (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft [Bundesgärten]), vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wider die Antragsgegner 1. S***** GmbH, *****, vertreten durch die Gebäudeverwaltung Frieda Rustler, Mariahilfer Straße 19, 1150 Wien, diese vertreten durch Boesch Rustler Vintschgau, Rechtsanwälte in Wien, 2. sämtliche Hauptmieter der Liegenschaft EZ 1 KG Schönbrunn Grundbuch *****, darunter Wolfgang W*****, Mag. Gerlinde L*****, und Ernst G*****, dieser vertreten durch Winkler Reich-Rohrwig Illedits Rechtsanwälte Partnerschaft (OEG) in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 9 und 12 MRG, infolge des Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. April 2003, GZ 41 R 18/03f-33, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Hietzing vom 7. November 2002, GZ 8 Msch 6/01f-26, teilweise aufgehoben (hinsichtlich Punkt 3) und im Übrigen bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Sachbeschluss wird insoweit aufgehoben, als damit das Begehren auf Überprüfung der Betriebskostenabrechnungen der Jahre 1996 und 1997 sowie das Begehren auf Feststellung eines Betriebskostenverteilungsschlüssels für die Jahre 1996 und 1997 abgewiesen wurde. In diesem Umfang wird dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Darüber hinaus wird dem Revisionsrekurs nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Republik Österreich hat unter Bezugnahme auf das Schönbrunner SchlossG BGBl Nr 208/1992 idF BGBl Nr 117/1994 mit Übertragungsvertrag vom 12. 8. 1992 der S*****gesellschaft mbH ein Fruchtgenussrecht an weiten Teilen des Areals des Schloss Schönbrunn (EZ 1 KG Schönbrunn sowie EZ 6 KG Schönbrunn [Feldgarten]) eingeräumt.

Art 1 § 1 Abs 3 Z 3 des Schönbrunner SchlossG lautet: "Für die von Bundesdienststellen genutzten Gebäude und Teile davon entstehen mit dem Tag des Rechtserwerbs gemäß § 1 Abs 3 Z 1 durch die Gesellschaft [S*****gesellschaft mbH] jeweils Kraft Gesetzes Mietverhältnisse zwischen der Gesellschaft und dem Bund als Träger von Privatrechten vertreten durch das jeweils zuständige haushaltsleitende Organ."

Mit Mietvertrag vom 20. 12. 1994 hat die S*****gesellschaft mbH als Vermieterin mit der Republik Österreich als Mieterin einen Vertrag abgeschlossen, mit dem in Entsprechung des § 1 Abs 3 Z 3 Schönbrunner SchlossG der Mietvertrag schriftlich präzisiert wurde.

Die Vermietung erfolgte ausschließlich zu Geschäftszwecken. Das Mietverhältnis begann am 1. 10. 1992 und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Vereinbart wurde die Tragung der Betriebskosten des §§ 21 ff MRG durch die Mieterin.

Dabei wurden folgende Objekte der Liegenschaft EZ 1 KG Schönbrunn als Mietobjekte präzisiert:

Bezeichnung Nutzfläche

Palmenhaus Keller 140

Palmenhaus Erdgeschoss 2.393,18

Sonnenuhrhaus 1.177,17

Sonnenuhrhausanbau 236,22

Sonnenuhrhausschuppen 69,13

Schlosshofunterkunft 156,86

Vorhof 733

Vorhofschuppen 495

Bauhofstöckl 185,67

Bereich Bauhofschuppen 561,50

Badhaus Stöckl 65,05

Werkstättentrakt 155,24

Große Orangerie 1.254,80

Apothekertrakt Rundbau 927,41

Reservegarten 1.267,51

Reservegarten Schuppen 524,30

Reservegarten Glashäuser 5.527,20

Irrgarten 275,32

Irrgarten Schuppen 179,29

Wohnung breiter Gang T 90 40,59

Portierlogen 32,10

Gesamtfläche 16.397,14

Auf der EZ 6 KG Schönbrunn wurden weitere Flächen von 6.540,85 m2 gemietet (Feldgarten Unterkunft, Feldgarten Schuppen, Feldgarten Glashäuser).

Auf der Liegenschaft EZ 1 KG Schönbrunn befindet sich eine Reihe weiterer Objekte, etwa auch das Schloss Schönbrunn, wobei in den Objekten diverse Wohnungen an verschiedene Mieter vermietet sind.

Welche Miet- und Benützungsverhältnisse insgesamt auf der EZ 1 bestehen, steht noch nicht fest.

Jedenfalls verrechnet die Erstantragsgegnerin durch ihre Hausverwaltung sämtlichen Mietern der EZ 1 die anfallenden Betriebskosten nach dem Nutzflächenschlüssel des § 17 Abs 1 MRG.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag vom 30. 7. 1999 begehrt die Antragstellerin unter Vorlage der Betriebskostenabrechnungen für den Zeitraum 1. 10. 1992 bis 1997 eine Überprüfung der Betriebskostenabrechnungen für den Zeitraum 1. 10. 1992 bis 1997 jeweils hinsichtlich bestimmter Betriebskostenpositionen wie Rauchfangkehrer, Müllabfuhr, Reinigungsgeld, Hausbesorger, Schneereinigung, Reinigungsarbeiten im Gebäudebereich, Strom, Verwaltungshonorar, diverse Rechnungen, Wasser, Abwasser, Krankenkasse Hausbesorger, Dienstgeberbeitrag und Kommunalsteuer Hausbesorger. Weiters möge der Antragsgegnerin aufgetragen werden, die zu Unrecht verrechneten Betriebskosten zurückzuzahlen.

Darüber hinaus begehrt die Antragstellerin, den Betriebskostenschlüssel für das Mietobjekt EZ 1 KG Schönbrunn für den Zeitraum 1. 10. 1992 bis 31. 12. 1992 sowie für die Jahre 1993 bis 1997 neu festzusetzen.

Als anspruchsbegründend wird vorgebracht, dass bei den von der Antragstellerin gemieteten Objekten eine Reihe von Aufwendungen überhaupt nicht getätigt wurde, ihr aber dennoch als Betriebskosten in Rechnung gestellt wurden. Darüber hinaus seien der Antragstellerin Betriebskosten für Leistungen verrechnet worden, die sie selbst erbracht habe. Dazu legte die Antragstellerin diverse Listen und Rechnungen vor. So würden etwa die Rauchfangkehrerarbeiten teilweise unmittelbar von der Antragstellerin selbst bezahlt, teilweise, auch für von der Antragstellerin gemietete Objekte hingegen von der Hausverwaltung. Dasselbe gelte für die Schneereinigung und Reinigungsarbeiten im Gebäudebereich. Weiters seien 13 separate Wasserzähler für das von der Antragstellerin verbrauchte Wasser vorhanden. Die entsprechenden Kosten würden der Antragstellerin unmittelbar vorgeschrieben und von ihr auch bezahlt.

Hinsichtlich der übrigen Betriebskostenspositionen wurden ähnliche, teils detaillierte, teils allgemeine Ausführungen getätigt.

Insgesamt führe daher die Anwendung des reinen Nutzflächenschlüssels des § 17 MRG für die Antragstellerin zu unbilligen Ergebnissen, weil ein Teil der aufgewendeten Betriebskosten ausschließlich den übrigen Mietern der EZ 1 KG Schönbrunn, vor allem den Benützern der im Schloss Schönbrunn selbst befindlichen Wohnungen zugute komme.

Im Weiteren führt die Antragstellerin aus, dass der vorliegende Sachverhalt ein Abgehen von der Liegenschaftsbezogenheit der Betriebskostenaufwendungen rechtfertige. Es treffe wohl zu, dass unter "Haus" im Sinn des § 17 Abs 1 MRG in der Regel alle vermietbaren Teile eines Grundbuchskörpers zu verstehen seien. Von diesem Grundsatz sei jedoch die Rechtsprechung unter bestimmten Voraussetzungen abgegangen und habe es zugelassen, zu berücksichtigen, dass mehrere abgesonderte Gebäude, die zueinander nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebensache stünden und von denen jedes für sich allein eine wirtschaftliche selbständige Sache bilde, gesondert betrachtet würden. Die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ließen auch im vorliegenden Fall eine Gleichstellung aller auf einem Grundbuchskörper errichteten Bauwerke unbillig erscheinen. Die von der Antragstellerin gemieteten Objekte stellten zum Großteil Bauwerke dar, die von den Bundesgärten für deren Tätigkeit benötigt wurden. Mit dem auf der selben EZ befindlichen Schloss Schönbrunn bestehe keine wirtschaftliche Einheit, ebensowenig mit anderen zu Wohnzwecken vermieteten Objekten.

Die Erstantragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrags. Gesondert anfallende Betriebskosten würden, etwa bei den Wasserkosten nach Subzählern abgerechnet und der Antragstellerin gesondert vorgeschrieben. Im Übrigen verwies die Erstantragsgegnerin auf die gesetzliche Grundlage des § 17 MRG.

Die dem Verfahren beigezogenen Mieter sprachen sich gegen eine Änderung des Betriebskostenschlüssels mit der Begründung aus, das gesamte Objekt EZ 1 KG Schönbrunn stelle eine Einheit dar. Sie wendeten sich gegen jegliche Trennung der Betriebskostenverrechnung in der von der Antragstellerin gewünschten Form. Unter Bezugnahme auf einzelne Betriebskostenpositionen verwiesen sie darauf, dass es unmöglich sei, im Einzelnen festzustellen, welchen Mietern welche Betriebskostenaufwendungen in welchem Ausmaß zugute kämen. Die von der Antragstellerin unmittelbar bezahlten Betriebskosten würden ohnedies nicht in die allgemeine Betriebskostenvorschreibung einfließen.

Die Antragsgegnerin wendete sich noch im Weiteren gegen eine rückwirkende Neufestsetzung des Betriebskostenschlüssels, weil sie diese für unzulässig erachte. Betriebskostenrückforderungen könnten lediglich bis zur Abrechnung 1996 erhoben werden.

Das Erstgericht wies das gesamte Begehren der Antragstellerin ab. Darüber hinaus wies es den (gar nicht gestellten) Antrag ab, festzustellen, das die von der Antragstellerin gemieteten Objekte auf der Liegenschaft EZ 1 GB Schönbrunn hinsichtlich der Betriebskosten eine eigene Abrechnungseinheit bildeten.

§ 17 Abs 1 MRG regle eine gleichförmige Verteilung aller Betriebskosten nach Nutzflächen. Der Gesetzgeber habe daher die Einzelfallgerechtigkeit gegenüber der Verrechnungsvereinfachung zurückgesetzt. Nur ausnahmsweise werde von der Judikatur einem Mieter, der unverhältnismäßig hohe Betriebskosten verursache, das entsprechende Übermaß allein auferlegt. Für den Fall geringerer Nutzung hingegen sei am allgemeinen Aufteilungsschlüssel festzuhalten (MietSlg 50.344; Wobl 1988/70).

Nur in Ausnahmsfällen könnten tatsächliche und wirtschaftliche Umstände eine Gleichstellung sämtlicher Teile einer Liegenschaft unbillig erscheinen lassen und demnach eine Sonderbehandlung einzelner Bestandteile eines Grundbuchskörpers bei der Betriebskostenverrechnung rechtfertigen. Eine solche Ausnahme sei in jenen Fällen zu machen, in denen mehrere abgesonderte Gebäude vorhanden seien, die zueinander nicht im Verhältnis von Haupt- und Nebensache stünden und von denen jedes für sich allein eine wirtschaftlich selbständige Sache bilde. Ein Abgehen vom Grundsatz der Gleichbehandlung mehrerer auf demselben Grundbuchskörper errichteter Gebäude komme etwa bei einer völligen baulichen Trennung, einer getrennten Versorgung mit Gas, Wasser und Strom, einer bisher getrennten Verwaltung oder einem wesentlich verschiedenen Alter der Gebäude in Frage. Die Behauptungs- und Beweislast für das Vorliegen solcher Ausnahmetatbestände treffe aber die Partei, die sich darauf berufen habe. Die Antragstellerin habe sich aber darauf beschränkt, zu behaupten, dass keine gemeinsame wirtschaftliche Einheit bestehe. Konkrete, eine rechtliche Beurteilung erfordernde Tatsachenbehauptungen seien aber nicht aufstellt worden. Das entsprechende Begehren der Antragstellerin, das zwar nicht im Antrag beinhaltet sei, jedoch im Vorbringen der Antragstellerin, sei daher abzuweisen (Punkt 3).

Nach dem Vorbringen der Antragstellerin habe sich eine "Überprüfung" der Betriebskosten nicht vornehmen lassen. Das hätte nämlich eine Schaffung getrennter Abrechnungseinheiten vorausgesetzt. Die Antragstellerin habe sich darin erschöpft, anzuführen, welche Betriebskostenaufwendungen ihr nicht zugute gekommen seien. Das entsprechende Begehren sei daher abzuweisen, ebenso wie der Antrag auf Neufestsetzung des Betriebskostenschlüssels wegen unterschiedlicher Nutzungsmöglichkeit.

Einem dagegen erhobenen Rekurs der Antragstellerin gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Die unter Punkt 3 des erstinstanzlichen Sachbeschlusses vorgenommene Abweisung behob das Rekursgericht.

Weiters sprach das Rekursgericht aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige EUR 10.000, der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig.

Die Aufhebung des Punktes 3 des erstinstanzlichen Sachbeschlusses (ein entsprechender Sachantrag war nicht gestellt worden), begründete das Rekursgericht damit, dass ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 405 ZPO nicht nur einen wesentlichen Verfahrensmangel, sondern einen in § 477 ZPO nicht genannten Nichtigkeitsgrund darstelle.

Im Übrigen habe das Erstgericht zu Recht das gesamte Begehren abgewiesen. Die Antragstellerin habe sich nämlich allein dadurch für beschwert erachtet, dass die Antragsgegnerin ihr im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum Betriebskosten nach dem Verhältnis der Nutzflächen gemäß § 17 Abs 1 MRG vorgeschrieben habe. Sie strebe ein Abgehen von der Aufteilung der Betriebskosten nach dem Nutzflächenschlüssel und eine Neuverteilung der Betriebskosten nach getrennten Verrechnungskreisläufen an, wie dies die Rechtsprechung aus Billigkeitserwägungen schon mehrfach für zulässig erachtet habe. Allerdings begehre die Antragstellerin diese "Neufestsetzung" ausdrücklich und ausschließlich für vergangene Abrechnungsperioden. Ein solches Begehren finde aber im Gesetz keine Deckung, wenn auch nach Ansicht des Rekursgerichtes das Recht, einen in der Vergangenheit anwendeten Betriebskostenschlüssel zu überprüfen, nicht nach drei Jahren verjähre, weil ein solcher Anspruch nicht unter § 27 Abs 3 MRG zu subsumieren sei.

Im Gegensatz zur Auferlegung der Kosten eines erheblichen Mehrverbrauches zu Lasten des "mehrverbrauchenden Mieters", die stets nur ex post erfolge, könne die Neufestsetzung des Betriebskostenschlüssels aus Billigkeitsgründen immer nur pro futuro erfolgen. Im gegenteiligen Fall hätte ein Vermieter neue Abrechnungen für zurückliegende Abrechnungsperioden zu erstellen, woraus sich völlig geänderte Abrechnungsergebnisse im Sinn von geänderten Gutschriften und Nachzahlungserfordernissen ergeben könnten. Eine derartige Lösung entspreche aber nicht dem Gebot der Billigkeit, das alleiniges Argument der Zulässigkeit eines abgeänderten Betriebskostenschlüssels sei.

Inhaltlich spreche auch noch gegen die von der Antragstellerin angestrebte Abrechnung nach Verrechnungskreisen, dass diese sich nicht nur auf die EZ 1 sondern auch auf die EZ 6 Grundbuch Schönbrunn beziehen müssten, weil die Antragstellerin für alle von ihr gemieteten Objekte einen gemeinsamen Verrechnungskreis anstrebe.

Das Begehren auf Überprüfung der Richtigkeit von zwölf konkret genannten Betriebskostenpositionen mit dem Argument, bei Anwendung anderer Abrechnungseinheiten würden sich diesbezüglich Rückforderungsansprüche ergeben, sei daher ebenfalls abzuweisen.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin aus den Gründen der Nichtigkeit und der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens sowie wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Aufhebung der rekursgerichtlichen Entscheidung und Zurückverweisung an das Rekursgericht zur neuerlichen Entscheidung. Hilfsweise wird eine Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des verfahrenseinleitenden Antrags begehrt, in eventu Aufhebung des Beschlusses des Rekursgerichtes und Zurückverweisung der Sache zur neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht, hilfsweise an das Gericht erster Instanz.

Die Erstantragsgegnerin beantragt, den Revisionsrekurs der Antragstellerin zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Die weiteren Antragsgegner, soweit sie sich am Verfahren beteiligt haben, begehren ebenfalls, den Revisionsrekurs der Antragstellerin zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, weil zum Problem der Schaffung neuer Verrechnungseinheiten für Betriebskosten, mit denen aus Billigkeitsgründen von § 17 Abs 1 MRG abgewichen wird, noch keine ausreichende höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Insbesondere zur Frage, ob solche Neufestsetzungen von Verrechnungseinheiten nur pro futuro oder auch für die Vergangenheit Wirksamkeit entfalten und was die Voraussetzungen eines entsprechenden Antrags sind, liegt noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor.

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist auch teilweise berechtigt.

Allerdings liegt die behauptete Nichtigkeit nicht vor. Zufolge der Vorschrift des § 39 Abs 1 MRG ist die Anrufung der Schlichtungsstelle eine zwingende Prozessvoraussetzung für ein gerichtliches Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG (immolex 1999/119; immolex 2000/65 ua). Daraus folgert die ständige Rechtsprechung, dass wenn eine Vorinstanz über etwas anderes entschieden hat, als Gegenstand des Antrags bei der Schlichtungsstelle war, dies die Nichtigkeit der Entscheidungen und deren ersatzlose Beseitigung zur Folge hat (RIS-Justiz RS0070401; insbesondere 5 Ob 25/91 ua).

Im gegenständlichen Verfahren stellt der Antragstellerin nur mehr die Möglichkeit offen, durch einen entsprechenden Zwischenantrag auf Feststellung eine meritorische Entscheidung über die Vorfrage herbeizuführen, die Gegenstand des aufgehobenen Entscheidungsteils war. Das ist bisher nicht geschehen.

Zu Recht wurde daher Punkt 3 der erstinstanzlichen Entscheidung durch das Rekursgericht ersatzlos beseitigt.

Durch die Unterlassung der Abhaltung einer mündlichen Rekursverhandlung wurde weder eine Nichtigkeit noch ein Verfahrensfehler begründet. Obwohl die Antragstellerin im verfahrenseinleitenden Antrag ausgeführt hat, überdies Mieterin von Objekten auf der EZ 6 KG Schönbrunn zu sein, erstreckte sich ihr ausdrückliches Begehren auf Schaffung gesonderter Abrechnungseinheiten ausschließlich auf die EZ 1 KG Schönbrunn. Für die rekursgerichtliche Entscheidung allein maßgeblich war der unbestrittene Umstand, dass die Erstantragsgegnerin die Betriebskosten der EZ 1 KG Schönbrunn nach den Nutzflächenschlüssel des § 17 Abs 1 MRG verrechnet.

Zum Revisionsrekurs der Antragstellerin, deren Stellung als Hauptmieterin nicht in Zweifel gezogen wurde, ist zu erwägen:

In der Frage der Möglichkeit der Abweichung vom Nutzflächenschlüssel des § 17 Abs 1 MRG für die Verteilung der Gesamtkosten sind, lässt man die neu geschaffene Bestimmung des § 17 Abs 1a (eingefügt durch WRN 1999) außer Betracht, zwei Möglichkeiten denkbar.

Einerseits hat die Rechtsprechung eine Durchbrechung der Verteilungsgrundsätze dann gebilligt, wenn ein Mieter unverhältnismäßig hohe Betriebskosten verursachte. Aus Billigkeitsgründen kann ihm allein das Übermaß unter Abweichung vom allgemeinen Betriebskostenschlüssel auferlegt werden (MietSlg 38.370 = ImZ 1986, 455 ua, zuletzt WoBl 2002/2; 5 Ob 69/02 ua). Im Gegensatz zum WEG kann dabei aber nicht im Vorhinein ein veränderter Schlüssel festgesetzt werden, sondern nur im Nachhinein der von dem Verursacher zu tragende Mehrverbrauch festgestellt werden (zuletzt MietSlg 51.590). Begründet wird dies damit, dass erst im Nachhinein feststeht, wie hoch tatsächlich der dem Einzelnen aufzuerlegende Mehrverbrauch ist. Damit wird aber nicht vom Grundsatz der liegenschaftsbezogenen Aufteilung der Betriebskosten abgegangen, sondern ein Verteilungsschlüssel nachträglich hinsichtlich bestimmter Betriebskostenpositionen dergestalt verändert, dass das vom Nutzflächenschlüssel abweichende Übermaß einem Einzelnen auferlegt wird.

Die Verjährung von Forderungen des Vermieters gegen einen bestimmten Mieter auf Nachzahlung der Kosten für (von ihm übermäßig in Anspruch genommene) Betriebskosten kann frühestens mit der rechtskräftigen Änderung des Verteilungsschlüssels beginnen. Vorher hat der Vermieter nämlich keine rechtliche Möglichkeit, von dem sich aus § 17 MRG zwingend ergebenden, nach den Nutzflächen zu berechnenden Betriebskostenschlüssel abzuweichen und entsprechende Mehrbeträge von dem das Übermaß an Betriebskosten verursachenden Mieter zu fordern (WoBl 2002/2 mit Zustimmung Palten).

Festzuhalten ist noch, dass für den Fall geringerer Nutzung (geringerem Verbrauch von Betriebskosten) am allgemeinen Betriebskostenschlüssel festzuhalten ist (WoBl 1978/7; WoBl 1999/157). Vom Gesetzgeber wird eben eine Aufteilung der Betriebskosten nach den Verbraucherprinzip aus Gründen der Abrechnungserleichterung grundsätzlich nicht angestrebt.

Anderseits hat die Rechtsprechung eine Abweichung von den Verteilungsgrundsätzen des § 17 WEG in den Fällen fehlender wirtschaftlicher Einheit anerkannt:

§ 17 MRG regelt die Verteilung der Gesamtkosten des Hauses nach dem Verhältnis der Nutzflächen der vermieteten Objekte. Eine Ausnahme von dieser liegenschaftsbezogenen Betrachtungsweise für die Aufteilung der Bewirtschaftungskosten kommt in jenen Fällen in Betracht, wo die tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eine Gleichstellung mehrerer auf einem Grundbuchskörper errichteter Bauwerke unbillige Ergebnisse erzielen würde (WoBl 1991/12 unter Berufung auf SZ 59/122). Eine solche Trennung von Verrechnungskreisen ist also dort denkbar, wo sich mehrere selbständige Objekte auf einer Liegenschaft befinden (WoBl 1993/123; WoBl 1996/22 ua). Für die Beurteilung der Frage, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt oder nicht, stellt die Rechtsprechung die Verkehrsanschauung grundsätzlich höher als das (im Wohnungseigentumsrecht geltende) Prinzip der Einheit der Grundbuchseinlage, wenn auch die Identität von Haus und Liegenschaft der Regelfall ist (vgl Würth in Rummel 3 Rz 3 zu § 17 MRG mwN; RIS-Justiz RS0069823). Maßgeblich ist unter anderem das Alter, die bauliche Trennung der Gebäude, die Lage der Versorgungsleitungen, der Erhaltungszustand etc (vgl die von in E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch angeführten Beispiele Rz 10 zu § 17 MRG; Würth aaO). Klar ist auch, dass denjenigen, der die Abweichung von der liegenschaftsbezogenen Aufteilung anstrebt, die Beweislast für die maßgeblichen Umstände trifft (WoBl 1993/61).

Die Antragstellerin hat in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag nicht präzise klargestellt, aus welchen konkreten Umständen ein Abgehen vom liegenschaftsbezogenen Verteilungsschlüssel des § 17 MRG angestrebt wird und in welcher Form eine neue Verteilung zu erfolgen hätte. Die Ausführungen über den unterschiedlichen Verbrauch bzw Nichtverbrauch von Betriebskosten lassen zunächst auch die Deutung zu, sie strebe in Wahrheit eine, vom Gesetz tatsächlich nicht gedeckte Aufteilung der Betriebskosten nach dem tatsächlichen Verbrauch an. Von Beginn an hat sie allerdings auf die fehlende wirtschaftliche Einheit zwischen den von ihr gemieteten Objekten und den übrigen Objekten hingewiesen, die Wohnzwecken und anderen geschäftlichen Zwecken gewidmet sind.

Die Vorinstanzen haben ausgehend davon, dass sie das Vorbringen der Antragstellerin zur Schaffung getrennter Verrechnungskreise für nicht ausreichend hielten (erstinstanzliche Entscheidung) oder für rechtlich verfehlt (zweitinstanzliche Entscheidung), die Ermittlung von Tatsachengrundlagen unterlassen, die eine abschließende Beurteilung der Gegebenheiten zuließen. Es ist jedoch keineswegs von der Hand zu weisen, dass die von der Antragstellerin zum Zweck des Betriebs der Bundesgärten gemieteten Objekte eine eigene wirtschaftliche Einheit bilden, deren Teilnahme an den allgemeinen Betriebskosten zu unbilligen Ergebnissen führt. Tragen etwa die von der Antragstellerin gemieteten Objekte überhaupt nicht oder in erheblicher Abweichung vom gegenwärtigen Nutzflächenschlüssel zur Entstehung von Betriebskostenaufwand teil, erbringt die Antragstellerin selbst ins Gewicht fallende Aufwendungen, die den Betriebskostenkatalog des § 21 MRG angehören oder bestehen getrennte Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen so kann es durchaus gerechtfertigt sein, für alle oder einzelne Betriebskosten einen oder mehrere gesonderte Verrechnungskreis zu schaffen. Es ist nämlich auch denkbar, dass nicht für sämtliche Betriebskosten des § 21 MRG gesonderte Verrechnungskreise zu schaffen sind, sondern nur für einen Teil der Bewirtschaftungskosten. Diese Umstände werden hinsichtlich der allein verfahrensgegenständlichen EZ 1 im fortgesetzten Verfahren mit den Parteien vorweg zu erörtern sein.

Entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes besteht bisher keine höchstgerichtliche Rechtsprechung dahin, dass eine nachträgliche Abweichung vom gesetzlichen Aufteilungsschlüssel (abweichende Verteilungskreise) nicht in Betracht käme. Richtig ist nur, dass die nachträgliche Festlegung eines abweichenden Verteilungsschlüssels für einen bereits zurückliegenden Zeitraum in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 9 MRG bei Verursachung unverhältnismäßig hoher Betriebskosten durch einen Mieter abgelehnt wurde (vgl immolex 2001/114 mwN), was damit begründet wurde, dass erst im Nachhinein ein Mehrverbrauch feststehe. Das spricht aber nicht dagegen, in Fällen der Abweichung von § 17 MRG aus Billigkeitsgründen eine Rückwirkung innerhalb der zeitlichen Grenzen des § 27 Abs 3 MRG zuzulassen.

Geht man nämlich von einer Unbilligkeit der bisherigen Verrechnung zum Nachteil eines oder mehrerer Mieter aus, so ist nicht einzusehen, dass eine solche Unbilligkeit bis zur Rechtskraft einer Entscheidung über die Festlegung neuer Verteilungskreise Bestand haben sollte. Implizite wurde bereits die Möglichkeit, die Prüfung der Billigkeit der Aufteilung im Rahmen eines Betriebskostenüberprüfungsantrages vorzunehmen, bejaht, demnach offenkundig auch für die Vergangenheit (MietSlg XLIV/53; vgl auch 1 Ob 104/99x). Diese Ansicht hält der erkennende Senat hiermit ausdrücklich aufrecht: Ein Begehren auf Überprüfung der Zulässigkeit von Betriebskostenvorschreibungen der Vergangenheit kann auch darauf gegründet werden, dass eine Gleichstellung aller auf dem Grundbuchskörper errichteten Bauwerke ein unbilliges Ergebnis bei Aufteilung der Bewirtschaftungskosten nach § 17 MRG bewirkt und daher aus bestimmten, zu bezeichnenden Gründen eine bestimmte Abweichung von der liegenschaftsbezogenen Aufteilungsvorschrift des § 17 MRG hinsichtlich einzelner oder aller Betriebskosten gerechtfertigt ist (zur Beweislast: WoBl 1993/61).

Daraus resultierenden Nachforderungsansprüchen setzt allerdings § 1486 Z 4 ABGB zeitliche Grenzen, daraus resultierenden Rückforderungsansprüchen § 27 Abs 3 MRG. Deshalb war das Begehren der Antragstellerin, soweit es Zeiträume vor 1996 betrifft, abzuweisen.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht die Antragstellerin im dargestellten Sinn zur Präzisierung ihres Vorbringens aufzufordern haben. Dazu bedarf es primär einer Darstellung der wirtschaftlichen und baulichen Trennung einzelner Objekte oder Objektgruppen in Hinblick auf typische Betriebskostenaufwendungen. Desweiteren ist die berechnungstechnische Möglichkeit der Schaffung einzelner Abrechnungskreise zu erforschen, wobei allenfalls auch zu Prozentwerten gegriffen werden kann.

Derzeit lässt sich die Berechtigung des noch aufrechten Begehrens der Antragstellerin weder bejahen noch verneinen.

Erst Tatsachenfeststellungen über die konkreten Gegebenheiten werden eine endgültige Beurteilung darüber zulassen, ob und in welcher Form eine Abweichung vom liegenschaftsbezogenen Nutzflächenschlüssel gerechtfertigt ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

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