Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 499,39 EUR (darin enthalten 83,23 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Beklagte beauftragte die Klägerin am 22. 10. 2001 mit der Durchführung von Trockenausbauarbeiten.
Die Klägerin legte am 26. 4. 2002 eine Teilschlussrechnung, mit welcher sie unter anderem ursprünglich nicht beauftragte Mehrleistungen von 5.017,05 EUR netto (6.020,46 EUR brutto) verrechnete. Um diesen Betrag korrigierte der von der Beklagten beauftragte Architekt neben anderen Beträgen die Teilschlussrechnung. Die Beklagte bezahlte aufgrund dieser Teilschlussrechnung statt der darin geforderten 34.911,07 EUR 22.203,20 EUR.
Über Aufforderung der Klägerin vom 14. 5. 2002, zum Differenzbetrag eine Stellungnahme abzugeben, übermittelte die Beklagte die korrigierte Teilschlussrechnung. Bezüglich des Differenzbetrages von 6.020,46 EUR brutto kam es in der Folge zu einem Gespräch zwischen den Streitteilen, das ohne Einigung endete.
Nach Abschluss des Bauprojektes legte die Klägerin am 18. 12. 2003 Schlussrechnung über 33.932,69 EUR brutto abzüglich der geleisteten Zahlung von 22.203,20 EUR, woraus sich eine rechnerische Forderung der Klägerin über insgesamt 11.729,49 EUR ergibt. Darin ist auch die hier strittige Position über 6.020,46 brutto enthalten.
Die Schlussrechnung der Klägerin enthält den Vermerk, dass die Schlussrechnung bis zur vollständigen Bezahlung nur mit Vorbehalt gelegt ist.
Der Architekt der Beklagten korrigierte die Schlussrechnungssumme auf 1.669,28 EUR. Diese Korrekturen umfassten unter anderem auch die Korrektur um die hier strittige Position für Mehrleistungen über 6.020,46 EUR. Die Beklagte bezahlte den korrigierten Betrag von 1.669,28 EUR am 22. 1. 2003.
Mit Schreiben vom 23. 1. 2003 forderte die Klägerin die Übermittlung der korrigierten Schlussrechnung. Diese wurde ihr am 6. 2. 2003 per Fax übersendet.
Nach Erhalt der korrigierten Schlussrechnung erhob die Klägerin bis zur Klageerhebung am 28. 11. 2003 keine wie immer gearteten schriftlichen Einwendungen.
Die Streitteile vereinbarten die Anwendung der Ö-Norm B 2110 in der Fassung vom 1. 3. 2000.
Deren Punkt 5.29.2 lautet:
„Die Annahme der Schlusszahlung aufgrund einer Schluss- oder Teilschlussrechnung schließt nachträgliche Forderungen für die vertragsgemäß erbrachten Leistungen aus, wenn nicht ein Vorbehalt in der Rechnung enthalten ist oder binnen drei Monaten nach Erhalt der Zahlung schriftlich erhoben wird. Der Vorbehalt ist schriftlich zu begründen.
Weicht die Schlusszahlung vom Rechnungsbetrag ab, so beginnt die Frist von drei Monaten frühestens mit schriftlicher Bekanntgabe der nachvollziehbaren Herleitung des Differenzbetrages".
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur noch das Begehren der Klägerin auf Zahlung von 6.020,46 EUR. Die darauf entfallenden Mehrleistungen seien von der Beklagten beauftragt worden. Die Klägerin habe die Schlussrechnung bis zur vollständigen Bezahlung nur mit Vorbehalt gelegt. Die Beklagte habe trotz Aufforderung der Klägerin die Rechnungskorrekturen nicht schriftlich nachvollziehbar bekannt gegeben.
Die Beklagte wendet ein, dass die Forderung der Klägerin präkludiert sei. Die Übermittlung der korrigierten Schlussrechnung stelle die schriftliche und nachvollziehbare Bekanntgabe des Differenzbetrages dar. Mit dieser Übersendung sei die Vorbehaltsfrist ausgelöst worden. Überdies sei die geltend gemachte Forderung auch inhaltlich unberechtigt.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die von der Klägerin geltend gemachte Forderung sei präkludiert.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil mit der vom Berufungsgericht vertretenen Rechtsauffassung ein Abgehen von der höchstgerichtlichen Judikatur (8 Ob 109/04v) erblickt werden könne.
Das Berufungsgericht teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Der in Punkt 5.29.2 der Ö-Norm B 2110 idF 1. 3. 2002 angesprochene Vorbehalt beziehe sich, gestehe man dem Auftraggeber ein ernsthaftes Prüfungsrecht zu, nur darauf, dass trotz der Bezeichnung der Rechnung als Schlussrechnung mit Nachforderungen zu rechnen sei, wenn in der Schlussrechnung ein entsprechender Vorbehalt erklärt werde. Der zweite in der genannten Ö-Norm-Bestimmung geregelte Fall sei der hier verwirklichte, dass der Auftraggeber vom Schlussrechnungsbetrag Abzüge vornehme. Nur in diesem Fall ergebe die Forderung nach einem fristgerechten Vorbehalt innerhalb einer bestimmten Frist nach der Zahlung einen Sinn (7 Ob 68/98w). Dieser Vorbehalt könne nicht vorweg in die Schlussrechnung aufgenommen werden, weil dadurch diese Ö-Norm-Regelung einseitig, nämlich durch Erklärung des Auftragnehmers, ihres Anwendungsbereiches beraubt würde. Die Klägerin habe den bereits zuvor strittigen Betrag für Mehrleistungen neuerlich in die Schlussrechnung aufgenommen. Das könne nur dahin verstanden werden, dass die Klägerin selbst die Teilschlussrechnung als nicht gelegt betrachte. Die Beklagte habe daher zu Recht davon ausgehen können, für die Schlussrechnung gelte neuerlich Punkt 5.29.2 der Ö-Norm B 2110. Davon sei erkennbar auch die Klägerin selbst ausgegangen, weil sie ihrerseits die Übermittlung der korrigierten Schlussrechnung gefordert habe, auf deren Erhalt sie dann aber nicht reagiert habe. Auch wenn der Mehrleistungsbetrag bereits zuvor strittig gewesen sei, sei es jedenfalls ohne weiteres denkbar gewesen, dass die Klägerin ihn bei (neuerlicher) Minderzahlung samt allenfalls überzeugender schriftlicher Bekanntgabe der nachvollziehbaren Herleitung nicht weiter verfolge. Gerade wegen dieser auf der Hand liegenden Möglichkeit sei es nicht ausreichend, den „Vorbehalt" bereits vorweg auf die Rechnung zu setzen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen von der Klägerin erhobene Revision ist unzulässig:
In der Entscheidung 8 Ob 109/04v (= bbl 2005/97 = ecolex 2005/156) wurde - unter Bedachtnahme auf die grundlegende Vorentscheidung zur Ö-Norm A 2060, 7 Ob 68/98w = RdW 1998, 456 - zum auch hier maßgeblichen Punkt 5.29.2 der Ö-Norm B 2110 ausgesprochen, dass von dieser Regelung nicht bloß der Fall erfasst ist, dass der Auftragnehmer vorweg bei der Schluss- oder Teilschlussrechnung zu wenig in Rechnung stellt, sondern auch jener Fall, dass die geleistete Zahlung durch den Auftraggeber von dem Rechnungsbetrag abweicht. Entscheidend ist dabei, dass für die Auftragnehmerin „nachvollziehbar" im Sinne dieser Regelung sein muss, wie der Auftraggeber zu diesem Grenzbetrag gelangt. Dafür ist die Übergabe einer mit den Korrekturen versehenen Rechnung als ausreichend anzusehen. Durch die Übermittlung wird die Frist in Gang gesetzt (8 Ob 109/04v; 7 Ob 68/98; siehe auch 6 Ob 336/99a).
Diese Grundsätze zieht die Revision auch nicht in Zweifel. Die Klägerin gründet vielmehr ihre Annahme, sie habe rechtzeitig einen Vorbehalt erklärt, ausschließlich auf den festgestellten Vermerk in der Schlussrechnung. Dass sich aber dieser „Vorbehalt" nur darauf beziehen kann, dass mit vollständiger Bezahlung der in der Schlussrechnung ausgewiesenen Summe Nachforderungen ausgeschlossen sind, ergibt sich - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte - daraus, dass jede andere Auslegung mit dem Zweck der Bestimmung in Widerspruch stünde.
Die Behandlung der Revision der Klägerin wirft daher eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht auf: Dass die Entscheidung des Berufungsgerichtes im Widerspruch zur genannten Entscheidung 8 Ob 109/04v stünde, behauptet die Revision nicht einmal. Ein solcher Widerspruch besteht auch nicht, weil der der Entscheidung 8 Ob 109/04v zugrunde liegende Sachverhalt dadurch gekennzeichnet war, dass mit der Schlussrechnung nur ein bereit zuvor strittiger Betrag „nachverrechnet" wurde, wobei von der Beklagten in diesem Verfahren keinerlei, somit auch keine korrigierte, Zahlung auf die Schlussrechnung erfolgte.
Die Auffassung des Berufungsgerichtes, die Beklagte habe nach den konkreten Umständen des hier vorliegenden Einzelfalls zu Recht davon ausgehen können, für die Schlussrechnung gelte neuerlich Punk 5.29.2 der Ö-Norm B 2110, davon sei auch erkennbar die Klägerin selbst ausgegangen, die ihrerseits die korrigierte Schlussrechnung angefordert habe, ist somit zumindest vertretbar.
Die Revision war daher ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichtes zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO: Die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Es gebührt lediglich ein 60 %iger Einheitssatz.
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