OGH 8Ob109/05w

OGH8Ob109/05w16.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) M***** GmbH & Co KG, 2.) A***** GmbH, und

3.) Ing. Bruno W*****, vertreten durch Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei N*****, vertreten durch Emberger Rechtsanwaltskanzleigesellschaft mbH in Wien, wegen EUR 837.618,19 sA, infolge außerordentlicher Revision (Revisionsinteresse EUR 204.616,12 sA) der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18. Juli 2005, GZ 1 R 79/05b-36, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Nach den entscheidungswesentlichen Feststellungen hat eine Planungsgesellschaft im Namen und auf Rechnung der Beklagten den klagenden Installationsunternehmen den Auftrag für eine Lüftung erteilt und wurde dabei auch ausdrücklich vereinbart, dass die Beauftragung bei Nachträgen ausschließlich durch schriftlichen Auftrag zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer erfolgen kann. Dabei war auch eine gewisse Dokumentation des Gewerkes vereinbart. In der Folge wurde von dem von der Beklagten in Aussicht genommenen Nutzer der Wunsch nach einer Überarbeitung der Dokumentation geäußert und diesbezüglich von den Klägern dann auch an die Beklagten ein Nachtragsanbot über etwa 1,3 Mio S gelegt. Im Besprechungsprotokoll vom Juli 1996 wurde festgehalten, dass die Planungsgesellschaft allerdings erst nach der Kontaktierung der Nutzerin Aufträge erteilen werde. Im August und November 1996 legten die Kläger dann weitere Nachtragsangebote zur Lieferung von Bestandsplänen im Volumen von etwa 1 Mio S bzw 1,3 Mio S. In einem Protokoll Anfang Dezember 1996 wurde vermerkt, dass die Planungsgesellschaft eine Zusammenstellung der Nutzerwünsche dem Vergabeausschuss vorlegen werde. Nach Rücksprache mit der in Aussicht genommene Nutzerin sollte eine Bestellung durch die Planungsgesellschaft erfolgen. In einem Protokoll vom Dezember 1996 wurde festgehalten, dass die Bestellung durch die Planungsgesellschaft erfolge und die Kläger aufgefordert würden, eine detaillierte Auflistung der angebotenen Leistungen zu liefern. Im März 1997 wurde dann bei einer Besprechung eine Vereinbarung zu den Angebotssummen getroffen und die Vorgangsweise für Bestellungen festgehalten, aber auch deponiert, dass die Aufträge vor dem Versenden auch der Nutzerin zur Kenntnis gebracht werden. Im April 1997 wurde dann bei einer Besprechung klargestellt, dass der Vergabeausschuss keine Zustimmung für die Vergabe gebe und die Planungsgesellschaft auch keine Bestellung tätigen werde. Im Juli 1997 wies die Planungsgesellschaft darauf hin, dass schon 1995 klargestellt worden sei, dass für derartige Dokumentationen keine Mittel im Budget vorgesehen seien. Es wurde dann nur testweise für ein Haus eine solche Dokumentation mit einem Wert von fast 600.000,-- S beauftragt. Sonst ist keine Beauftragung der klagenden Parteien für solche Änderungen der Bestandpläne erfolgt.

Die Vorinstanzen haben das auf die Vertragserteilung, aber auch allfällige Verletzungen von Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten (culpa in contrahendo) sowie Geschäftsführung ohne Auftrag gestützte Klagebegehren übereinstimmend abgewiesen. Die klagenden Parteien relevieren nun in ihrer außerordentlichen Revision als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, dass zu den Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten im Rahmen der Vertragsverhandlungen eine vereinzelt gebliebene Entscheidung vom 13. 4. 1983 zu 3 Ob 504/83 von den sonst vom Obersten Gerichtshof festgelegten Grundsätzen zu allfälligen Haftungen wegen Verletzung von Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten bei Vertragsverhandlungen vorliege und daher die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes uneinheitlich sei. Der Oberste Gerichtshof habe in der vereinzelt gebliebenen Entscheidung vom 13. 4. 1983 zu 3 Ob 504/83 (= RdW 1983, 7) anders als sonst die Ansicht vertreten, dass jeder Vertragspartner bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen auf eigenes Risiko handle, auch wenn ihnen von anderen der Eindruck vermittelt werde, dass ein Vertrag sehr wahrscheinlich zustandekommen werde, er aber wisse, dass die Genehmigung von der Entscheidung eines betriebsinternen Gremiums abhängig ist.

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht nun der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, dass solange keine Einigung über einen Vertrag zustandegekommen ist, jeder Vertragsverhandler berechtigt ist, die Verhandlungen abzubrechen, und zwar auch dann, wenn durch die Nichteinigung dem anderen Teil ein Schaden entsteht (vgl dazu RIS-Justiz RS0013957 mit zahlreichen weiteren Nachweisen, zuletzt 10 Ob 10/05a). Davon zu unterscheiden ist die Frage, welche Verhaltenspflicht im Rahmen der Vertragsverhandlungen den Geschäftspartnern auferlegt werden. Dazu verweisen die Kläger grundsätzlich zutreffend, dass nach ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofes mögliche Geschäftspartner schon mit der Kontaktaufnahme in ein beiderseitiges vorvertragliches Schuldverhältnis treten, das die Beteiligten auch verpflichtet einander über die Beschaffenheit der in Aussicht genommenen Leistungsgegenstände aufzuklären und Umstände mitzuteilen, die einem gültigen Vertragsabschluss entgegenstehen (vgl RIS-Justiz RS0014885 mit zahlreichen weiteren Nachweisen zuletzt 6 Ob 12/05s). Solche Warn- und Aufklärungspflichten werden auch dann angenommen, wenn erkennbar ist, dass der Verhandlungspartner im Vertrauen auf eine abgegebene Erklärung sich anschickt, selbst Verbindlichkeiten einzugehen. Dies kann jedoch nicht zu einer vorzeitigen Bindung an die Verhandlungen führen, sondern soll nur bewirken, dass die Partner darauf hinweisen, dass sie noch keinerlei Bindung entstehen lassen wollen (vgl dazu RIS-Justiz RS0014680 mw N, zuletzt etwa OGH 10 Ob 10/05a, aber auch die Entscheidung 3 Ob 504/83). Es bestehen also nur diese Aufklärungs- und Hinweispflichten, aber keine Verpflichtungen zum Vertragsabschluss, die Schadenersatzpflichten auslösen könnten (vgl dazu auch RIS-Justiz RS0013988 mwM; zuletzt 7 Ob 204/02d). Sowohl die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 13. 4. 1983 zu 3 Ob 504/83, aber auch jene des Berufungsgerichtes bewegt sich im Rahmen dieser Rechtsprechung. Geht es doch bei der Ausmittlung der Verpflichtung zur Mitteilung hinsichtlich des mangelnden Bindungswillens, wenn ersichtlich ist, dass der Vertragspartner bereits Dispositionen im Vertrauen auf den Vertrag vornehmen möchte, um die Beurteilung der Gesamtsituation der Vertragsverhandlungen, also auch inwieweit dem Vertragspartner ohnehin offensichtlich sein muss, dass noch die Zustimmung weiterer Gremien und formaler Schritte erforderlich ist.

Hier wurden nun die Vertragsverhandlungen gar nicht von der Beklagten selbst, sondern von der Planungsgesellschaft geführt und es war ganz offensichtlich, dass nicht einmal die Beklagte selbst alleine darüber entscheiden konnte, sondern ein eigener Vergabeausschuss der späteren Nutzerin, einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft. Auch war das Erfordernis eines schriftlichen Auftrages ausdrücklich in den Grundlagen für Nachtragsaufträge festgehalten. Wenn die Vorinstanzen ausgehend davon eine Verletzung von Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten verneint haben, so kann darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden. Ebenso wenig liegt eine uneinheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor, da die Kläger ein konkretes Abweichen der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 3 Ob 504/83 von bestimmten anderen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes nicht darzustellen vermögen.

Hinsichtlich der zusätzlich begehrten Feststellungen zum Verhalten eines Mitarbeiters der Planungsgesellschaft ist schon ein entsprechendes Vorbringen der klagenden Parteien nicht ersichtlich. Im Wesentlichen haben sich die Kläger in erster Instanz darauf gestützt, dass dieser Mitarbeiter die klagenden Parteien stets dahin informiert habe, dass die schriftliche Ausfertigung des Auftrages unmittelbar bevorstehe und sich die klagenden Parteien durch die Terminsetzung zur Herstellung der Disketten veranlasst gesehen hätten (vgl AS 197). Gerade durch dieses Abstellen auf den schriftlichen Auftrag war aber ohnehin offensichtlich, dass ein Auftrag nur unter Einhaltung der dafür auch festgelegten Formerfordernisse erfolgen sollte. In der Einschätzung, dass im Hinblick auf die den klagenden Parteien ja offensichtliche Struktur bei der Auftragsvergabe (Bindung an den öffentlichen Auftraggeber/Vergabeausschuss; formale Auftragserteilung) keine weiteren Aufklärungspflichten bestanden, deren Verletzung durch die beklagte Partei diese schadenersatzpflichtig machen könnte, liegt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.

Insgesamt vermag es die außerordentliche Revision der klagenden Partei jedenfalls nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

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