OGH 8Ob100/05x

OGH8Ob100/05x16.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei S*****, vertreten durch Mag. DI Markus Petrowsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Gegner der gefährdeten Partei Ing. Mag. Andreas R*****, vertreten durch Mag. Andreas Zach, Rechtsanwalt in Wien, wegen einstweiligen Mietzinses, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der gefährdeten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. August 2005, GZ 40 R 222/05a-11, womit über Rekurs der gefährdeten Partei der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17. Juni 2005, GZ 48 C 173/05f-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird, soweit er sich gegen die Abweisung des Antrages bezüglich des Zeitraumes von 1. 11. 2004 bis 17. 5. 2005 richtet, nicht Folge gegeben.

Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden im Umfang der Abweisung des Antrages ab dem Zeitraum 18. 5. 2005 aufgehoben. Dem Erstgericht wird insoweit eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit der am 14. 3. 2005 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die gefährdete Partei als Klägerin (in der Folge immer: Klägerin) vom Gegner der gefährdeten Partei als Beklagten (in der Folge immer: Beklagter) die Räumung der vom Beklagten gemieteten Wohnung top 12 in ***** W***** und Zahlung von 1186,12 EUR. Der Klage liegt die Behauptung zugrunde, der Beklagte habe die Mietzinse für September 2004 und Oktober 2004 nicht zur Gänze bezahlt; die Mietzinse für November 2004 bis Februar 2005 hafteten zur Gänze unberichtigt aus. Die Klägerin erklärte daher in der Räumungsklage die vorzeitige Vertragsauflösung gemäß § 1118 zweiter Fall ABGB.

Der Beklagte wendet ein, dass infolge der Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages in der Wohnhausanlage seit 1982 die Bestimmungen des I. Hauptstückes des MRG mit Ausnahme der Bestimmungen über die Mietzinsbildung nach § 16 Abs 2 bis 7 und 10 MRG und über die Richtwerte Geltung fänden. In drei gerichtsanhängigen Außerstreitverfahren sei über die gesetzliche Zulässigkeit des Hauptmietzinses für die Wohnung abzusprechen. Die Elektroinstallationen in der Wohnung seien unbrauchbar; die Fenster seien zum Anmietungszeitpunkt im Mai 1997 nicht zeitgemäß gewesen; die Wohnung sei daher in die „Kategorie D unbrauchbar" einzustufen. Darüber hinaus bestünden Mietzinsminderungsansprüche des Beklagten; ab der Zinsperiode Mai 1997 sei infolge der Unbrauchbarkeit der Elektroleitungen eine gänzliche Mietzinsbefreiung eingetreten.

Mit am 18. 5. 2005 zur Post gegebenem Antrag begehrt die Klägerin die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382f EO. Der Mietzins bestehe aus dem Hauptmietzins in Höhe von 139,41 EUR, den Betriebskosten und öffentlichen Abgaben in Höhe von 102,67 EUR und der Umsatzsteuer in Höhe von 24,21 EUR. Die Wohnungsgröße betrage 50,33 m². Die Ausstattungskategorie der Wohnung sei „A". Infolge der durch Verordnung BGBl II Nr 185/2 eingetretenen Valorisierung im Sinne des § 16 Abs 6 MRG ergebe sich eine Hauptmietzinskomponente von 92,61 EUR. Zuzüglich Betriebskosten und USt sei daher ein einstweiliger Mietzins von insgesamt 214,81 EUR festzusetzen. Gemäß § 45 Abs 5 MRG in der zum Mietvertragsabschlusszeitpunkt (1997) anwendbaren Fassung sei trotz Vorliegens der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG das MRG in wesentlichen Punkten auf das Mietverhältnis anwendbar. Es sei daher eine zumindest analoge Anwendung des § 382f EO geboten.

Der Beklagte wendet sich die gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung. Die Einhebung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen bewirke nur eine Teilanwendung des MRG. § 382f EO sei verfassungswidrig. Darüber hinaus seien die in der Vergangenheit vom Beklagten geleisteten Überzahlungen, die Mietzinsminderungsansprüche und der Umstand zu berücksichtigen, dass die Wohnung nicht in Kategorie A, sondern in Kategorie „D unbrauchbar" einzustufen sei.

Das Erstgericht, das bereits in der Tagsatzung am 25. 4. 2005 das Mietzins- und Räumungsverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung der anhängigen Außerstreitverfahren 49 Msch 21/00d, 48 Msch 3/05g und 48 Msch 14/05z unterbrochen hatte, wies den Antrag ab.

Es nahm als bescheinigt an, dass das Haus aufgrund einer nach dem 30. 6. 1953 erteilten Baubewilligung ohne Zuhilfenahme öffentlicher Förderungsmittel errichtet wurde. Für das Haus werden Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge vorgeschrieben. Im Mai 2005 wurde dem Beklagten für die 50,33 m² große Wohnung mit der Ausstattungskategorie A ein Mietzins von brutto 266,29 EUR vorgeschrieben. Betriebskosten wurden in Höhe von 102,67 EUR netto vorgeschrieben.

Rechtlich erachtete das Erstgericht, dass eine einstweilige Verfügung gemäß § 382f EO voraussetze, dass das Mietverhältnis zur Gänze dem MRG unterliege. Diese Voraussetzung sei hier nicht verwirklicht.

Das Rekursgericht gab dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs nicht Folge. Es teilte die Rechtsauffassung des Erstgerichtes. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes hinsichtlich der Versagung der einstweiligen Verfügung 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und dass der Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil bereits aus dem Gesetzeswortlaut des § 382f EO abzuleiten sei, dass die Bestimmung nur anwendbar sei, wenn ein Mietverhältnis dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliege.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Klägerin erhobene außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung des Begriffes „dem Mietrechtsgesetz gänzlich unterliegenden Hauptmietvertrages" in § 382f EO fehlt. Der Revisionsrekurs ist im Sinne seines Eventualantrages auf Aufhebung teilweise berechtigt.

Der durch BGBl I Nr 113/2003 eingefügte § 382f EO sieht unter bestimmten, in der Folge noch näher zu erörternden Voraussetzungen vor, dass dem Mieter auf Antrag des Vermieters die Zahlung eines einstweiligen Mietzinses aufzutragen ist. Es handelt sich dabei um ein Regelungsinstrument eigener Art (Erläut RV 249 BlgNR 22 GP 26), das eine Verwandtschaft mit dem Provisorialunterhalt nach § 382a EO aufweist (Stabentheiner, Das wohnrechtliche Außerstreitbegleitgesetz, zweiter Teil, wobl 2004, 33, 35 FN 74, 37). Sowohl bei dem Provisorialunterhalt nach § 382a EO als auch beim einstweiligen Mietzins nach § 382f EO handelt es sich um eine sogenannte „Regelungsverfügung", durch welche ein Exekutionstitel über eine monatlich fortlaufend zu erbringende „einstweilige" Leistung geschaffen wird, deren Höhe durch gesetzlich festgelegte Beträge determiniert ist (zum Begriff der „Regelungsverfügung" und seinem Gebrauch in Lehre und Rechtsprechung s. Sailer in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 378 Rz 16f).

Zu § 382a EO hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass sich das Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen nach dieser Gesetzesstelle - mit hier nicht erheblichen Ausnahmen - nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung richtet. Demnach gelten auch die Verweisungen in § 402 Abs 4 und § 78 EO (3 Ob 197/01v mwN).

Daraus folgt aber, dass hier Gegenstand der rekursgerichtlichen Entscheidung im Sinne des gemäß § 78 und § 402 Abs 4 EO maßgebenden § 526 Abs 3 iVm § 500 Abs 3 ZPO gemäß § 58 Abs 1 JN das Zehnfache der Jahresleistung ist, somit - wie die Klägerin in ihrem Revisionsrekurs zutreffend ausführt - ausgehend von dem begehrten einstweiligen Mietzins in Höhe von 214,81 EUR - 25.777,2 EUR. Zum Unterschied von Mietzinsklagen, die mit der Höhe des eingeklagten Mietzinses zu bewerten sind (VwGH AnwBl 1989/3215 zur Bewertung nach GGG) wird mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382f EO die Schaffung einer zeitlich nicht exakt begrenzten Zahlungsverpflichtung - im Regelfall bis zur rechtskräftigen Beendigung des Kündigungs- oder Räumungsstreits (Sailer aaO Erg § 382f Rz 11; Stabentheiner aaO 39) - begehrt, weshalb § 58 Abs 1 JN anwendbar ist (so auch VwGH, abgedruckt in SWK 1997, R 89 zur Übernahme einer Verpflichtung zur Zahlung eines Betrages „bis zur tatsächlichen Räumung" eines Bestandobjektes). Die Bewertungsvorschrift des § 58 Abs 1 JN ist bindend (Gitschthaler in Fasching I² § 54 JN Rz 54; § 60 JN Rz 2 ff). Liegt aber eine zwingende Bewertungsvorschrift vor, kommt es für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Revisionsrekurses im Hinblick auf den Wert des Entscheidungsgegenstandes des Gerichtes zweiter Instanz nur auf diese zwingenden Bewertungsvorschriften, nicht aber auf einen nicht diesen Bewertungsvorschriften entsprechenden - an sich entbehrlichen - Bewertungsausspruch des Gerichtes zweiter Instanz an (Gitschthaler aaO § 60 JN Rz 8; RIS-Justiz RS0042432; RS0042257).

Die Klägerin hat daher zu Recht einen außerordentlichen Revisionsrekurs eingebracht. Eines Verfahrens im Sinn des § 528 Abs 2a und § 507b Abs 2 ZPO iVm § 78 und § 402 Abs 4 EO bedarf es nicht. Entgegen der in der Revisionsrekursbeantwortung vertretenen Auffassung ist § 402 Abs 2 EO nicht anzuwenden, weil der Beklagte vor Entscheidung über den Antrag angehört wurde.

§ 382f Abs 1 EO idF BGBl I Nr 113/2003 bestimmt, dass das Gericht dem Hauptmieter auf Antrag des Vermieters die Zahlung eines einstweiligen Mietzinses aufzutragen hat, wenn zwischen den Parteien eines dem Mietrechtsgesetz gänzlich unterliegenden Hauptmietvertrages über eine Wohnung oder eine Geschäftsräumlichkeit ein Verfahren über eine Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 1 MRG oder über eine Räumungsklage wegen eines Mietzinsrückstandes gemäß § 1118 ABGB anhängig ist. Die Anwendung des § 382f EO setzt daher - wie die Vorinstanzen grundsätzlich zutreffend erkannten - voraus, dass ein dem MRG gänzlich unterliegender Hauptmietvertrag vorliegt.

Der Schaffung dieser Regelung lagen folgende Überlegungen des Gesetzgebers zugrunde: „In den vergangenen Jahren wurde von den der Vermieterseite nahestehenden Interessenvereinigungen mehrfach auf Fallkonstellationen hingewiesen, in denen Mieter die ihnen vertraglich obliegenden Mietzins- und Betriebskostenzahlungen einstellten und das in der Folge geführte Kündigungs- oder Räumungsverfahren mit allen nur erdenklichen Einwänden und Rechtsbehelfen - insbesondere durch die (letztlich im Wesentlichen nicht erfolgreiche) Bekämpfung des vereinbarten Mietzinses als unzulässig - das Verfahren bewusst in die Länge zögen. Wenn es dann nach mehreren Jahren endlich zur Räumung des zahlungsunwilligen Mieters komme, könne zumeist der mittlerweile gerichtlich festgestellte Mietzinsrückstand vom Mieter nicht mehr hereingebracht werden.... Diese Hinweise führten schließlich dazu, dass in das Regierungsprogramm.... unter anderem der Programmpunkt „Beschleunigung insbesondere mietrechtlicher Verfahren unter Ausschluss der Möglichkeit schikanöser Verfahrensverzögerungen" aufgenommen wurde.... Wenn der Vermieter in einem Kündigungs- oder Räumungsverfahren den Kündigungsgrund des qualifizierten Rückstands mit der Mietzinszahlung geltend macht, kann der Mieter dagegen im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes unter anderem einwenden, dass der vom Vermieter begehrte Hauptmietzins über der jeweils geltenden Mietzinsgrenze nach § 16 MRG liege und daher teilweise gesetzlich unzulässig sei. Wenn der Mieter zu dieser Frage ein außerstreitiges Mietzinsprüfungsverfahren einleitet, war das streitige Kündigungs- oder Räumungsverfahren nach bisherigem Recht gemäß § 41 MRG aF zu unterbrechen und die Entscheidung des Außerstreitrichters (bzw der Schlichtungsstelle) über die Zulässigkeit des Hauptmietzinses, die ja im streitigen Verfahren eine präjudizielle Vorfrage bildet, abzuwarten; aber auch nach künftigem Recht wird im Regelfall gemäß § 190 Abs 1 ZPO mit einer Prozessunterbrechnung vorzugehen sein..... Einem solchen Verhalten eines zahlungsunwilligen Mieters soll durch die neu geschaffene Bestimmung des § 382f EO über die Auferlegung eines einstweiligen Mietzinses entgegengetreten werden, ohne dadurch die grundlegenden Elemente des Mieterschutzes zurückzunehmen oder auszuhöhlen....." (ErläutRV 249 BlgNR 22. GP 25).

Der Gesetzgeber hat für die Anwendung des § 382f EO den Vollanwendungsbereich des MRG deshalb vorausgesetzt, weil die erwähnte Möglichkeit der Verfahrensverschleppung durch zahlungsunwillige Mieter dadurch bewirkt werden kann, dass sich der Mieter bei Bestehen gesetzlicher Mietzinsbildungsvorschriften auf eine behauptete gesetzliche Unzulässigkeit des vereinbarten oder vorgeschriebenen Hauptmietzinses berufen kann und diese Behauptung zum Anlass für die Einleitung eines Mietzinsüberprüfungsverfahrens nach § 37 Abs 1 MRG nehmen kann. Die Anhängigmachung eines entsprechenden Außerstreitverfahrens (Schlichtungsstellenverfahrens) bedingt wiederum im Regelfall auch nach der neuen Rechtslage die Verfahrensunterbrechung des anhängigen Kündigungs- oder Räumungsverfahrens gemäß § 190 Abs 1 ZPO.

Der Gesetzgeber führt zur gesetzlich normierten Voraussetzung des Vollanwendungsbereichs des MRG für das betreffende Hauptmietverhältnis wörtlich aus: „Entsprechend der oben geschilderten Problemlage, nämlich der möglichen Verschleppung eines Kündigungs- oder Räumungsverfahrens vor allem durch die Bestreitung der Zulässigkeit des vertraglich vereinbarten Mietzinses, wird die Regelung des § 382f EO nur für jene Rechtsverhältnisse konzipiert, bei denen diese Problemlage auftreten kann, nämlich für solche Mietverträge, die dem Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes angehören. Aus ähnlichen Erwägungen gilt die Regelung nur für Hauptmietverhältnisse" (ErläutRV 249 BlgNR 22. GP 26).

Der Gesetzgeber ist somit bei Schaffung des § 382f EO erkennbar davon ausgegangen, dass die „dargestellte Problemlage" für jene Mietverträge nicht eintreten kann, die - wie die in § 1 Abs 4 und 5 MRG idF vor und nach der MRN 2001 genannten - bloß dem Teilanwendungsbereich des MRG unterliegen: Für die genannten Mietgegenstände gelten nämlich nur die §§ 14, 29 bis 36, 45, 46 und 49, nicht jedoch die übrigen Bestimmungen des I. und II. Hauptstückes des MRG. Für die dem bloßen Teilanwendungsbereich des MRG unterliegenden Mietgegenstände im Sinne des § 1 Abs 4 und 5 MRG gilt grundsätzlich nur der Kündigungsschutz , nicht jedoch die Vorschriften über die gesetzliche Mietzinsbildung und die Vorschrift des § 37 MRG, die es dem Mieter ermöglicht, die Angemessenheit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses (§ 37 Abs 1 Z 8 MRG) vom Außerstreitrichter (der Schlichtungsstelle) überprüfen zu lassen.

Nun ist hier der Hauptmietvertrag nach dem insoweit übereinstimmendem erstinstanzlichen Vorbringen der Streitteile dadurch gekennzeichnet, dass zwar grundsätzlich die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 4 Z 1 MRG anzuwenden ist (Gebäude, das ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel aufgrund einer nach dem 30. 6. 1953 erteilten Baubewilligung neu errichtet wurde), dass aber gleichzeitig § 45 Abs 5 MRG idF vor der MRN 2001 zu beachten ist: § 45 Abs 5 MRG idF des 3. WÄG lautete wörtlich wie folgt: „Begehrt der Vermieter den Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag für einen in § 1 Abs 4 Z 1 oder 2 genannten Mietgegenstand, so gelten für die Mietgegenstände dieses Hauses ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen des I. Hauptstückes mit Ausnahme der Bestimmungen über die Mietzinsbildung nach § 16 Abs 2 bis 7 und 10 und über die Richtwerte nach RichtWG. ..." Auch die Fassung des § 45 Abs 5 MRG vor dem 3. WÄG sah eine sinngemäße Regelung vor („gelten für die Mietgegenstände dieses Hauses ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen des I. Hauptstückes mit Ausnahme der Bestimmungen über die Mietzinsbildung nach § 16 Abs 2 ....."). Die Vorschreibung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages für die grundsätzlich § 1 Abs 4 Z 1 MRG unterliegenden Mietgegenstände des Hauses führt somit dazu, dass die von der Anwendung des MRG teilweise ausgenommenen Mietgegenstände für immer und zur Gänze in den Anwendungsbereich des MRG mit der Maßgabe fallen, dass bestimmte Mietzinsbildungsvorschriften ausgenommen sind (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 45 MRG Rz 10; SZ 69/99). Auf das Mietverhältnis zwischen den Streitteilen, das unstrittig nach Vorschreibung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen im Haus begründet wurde, ist zwar nicht die Mietzinsbildungsvorschrift des § 16 Abs 5 MRG, auf die sich der Beklagte beruft („Kategorie D brauchbar bzw unbrauchbar"), sehr wohl aber § 16 Abs 1 MRG (insbesondere § 16 Abs 1 Z 2 MRG) anzuwenden. Dem Hauptmieter eines Bestandgegenstandes, der trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 1 Abs 4 Z 1 MRG über den „Umweg" des § 45 Abs 5 MRG den gesetzlichen Mietzinsbildungsvorschriften des § 16 Abs 1 MRG unterliegt, steht es frei, die gesetzliche Zulässigkeit des vereinbarten Mietzinses zu bestreiten und ein Außerstreitverfahren (Schlichtungsstellenverfahren) gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG einzuleiten. Davon hat der Beklagte auch bereits mehrfach Gebrauch gemacht.

Die vom Gesetzgeber dargestellte „Problemlage", die ihn zur Schaffung des § 382f EO bewogen hat, liegt somit auch bei Mietgegenständen nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG vor, wenn der Vermieter Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge für solche Mietgegenstände im Haus vorgeschrieben hat und daher gesetzliche Mietzinsbildungsvorschriften zu beachten sind. In der Literatur (Stabentheiner aaO 34, der allerdings für eine ausdrückliche gesetzliche Verankerung eintritt; ferner Vonkilch, Der einstweilige Mietzins, immolex 2004, 228, 230) wurde für dem WGG unterliegende Miet- bzw Nutzungsverträge, bei welchen die Entgeltsbildung ebenfalls gesetzlichen Regeln unterworfen ist, die analoge Anwendung des § 382f EO befürwortet. Diese Überlegungen haben umso mehr für den hier vorliegenden Fall zu gelten, bei welchem die gesetzlichen Mietzinsbildungsvorschriften des § 16 Abs 1 MRG unmittelbar anzuwenden sind. Überdies ist zu berücksichtigen, dass auf das Mietverhältnis infolge des Verweises in § 45 Abs 5 MRG idF vor der MRN 2001 das I. Hauptstück des MRG mit Ausnahme der Bestimmungen des § 16 Abs 2 bis 7 und 10 MRG zur Gänze anzuwenden ist. Das II. Hauptstück des MRG umfasst sowohl in der Fassung des 3. WÄG als auch in der Fassung der MRN 2001 unter dem Titel „Bestimmungen über bestehende Verträge und Übergangsregelungen" die §§ 43 bis 52a MRG. Von diesen Bestimmungen sind gemäß dem Verweis in § 1 Abs 4 MRG die §§ 45, 46 und 49 MRG anzuwenden. Die im II. Hauptstück verbleibenden Bestimmungen, die somit auf das Mietverhältnis des Beklagten nicht anzuwenden sind (§ 43, § 50 und 52a MRG), sind ohne erkennbare Bedeutung: Bei § 52a MRG handelt es sich um eine reine Übergangsregel zu dem durch das 3. WÄG eingefügten § 42a MRG (Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 52a Rz 1). § 50 MRG betrifft lediglich die Kundmachung des Bundesministers für Justiz und für Inneres bezüglich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 39 Abs 1 MRG, wobei letztere Bestimmung infolge des Verweises in § 45 Abs 5 MRG auf das I. Hauptstück ohnedies anzuwenden ist. § 43 MRG schließlich regelt die Anwendung des MRG auf „Altverträge", also auf Mietverträge, die vor Inkrafttreten des MRG geschlossen worden sind. Diese Bestimmung entfaltet für Mietverhältnisse nach § 1 Abs 4 Z 1 MRG auch dann keine Bedeutung, wenn diese Mietverhältnisse gemäß § 45 Abs 5 MRG idF vor der MRN 2001 gesetzlichen Mietzinsbildungsvorschriften unterworfen werden: Die Einhebung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages konnte erst im Geltungsbereich des MRG erfolgen.

Aus diesen Überlegungen folgt, dass der Antrag der Klägerin gestützt auf § 382f EO nicht deshalb unberechtigt ist, weil das Mietverhältnis des Beklagten nicht dem Vollanwendungsbereich des MRG unterliegt. Vielmehr ist, wenn man nicht ohnehin davon ausgeht, dass die wenigen gesetzlichen Bestimmungen, die auf das Mietverhältnis nicht anwendbar sind, der Voraussetzung „dem MRG....gänzlich unterliegend..." nicht schaden, jedenfalls eine analoge Anwendung des § 382f EO zu bejahen. Das möglicherweise für dem WGG unterliegende Mietgegenstände stichhältige Argument, dem Gesetzgeber könne bei Schaffung des § 382f EO nicht entgangen sein, dass diese Mietgegenstände dem MRG nur teilweise unterliegen, kann auf die Vorschreibung eines Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages für Mietobjekte iSd § 1 Abs 4 Z 1 MRG wegen der weitaus geringeren praktischen Bedeutung nicht ohne weiteres übertragen werden. Vielmehr ist von einer planwidrigen Unvollständigkeit des § 382f EO insofern auszugehen, als dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden kann, dass er Fälle wie den hier vorliegenden, bei welchen die „Problemlage" völlig den gesetzlich geregelten Fällen der „gänzlich" dem MRG unterliegenden Objekte entspricht, bewusst vom Anwendungsbereich des § 382f EO ausklammern wollte.

Die vom Beklagten geäußerten Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des § 382f EO vermag der erkennende Senat nicht nachzuvollziehen. Der vom Gericht festgelegte einstweilige Mietzins tritt nicht an die Stelle des vertraglich geschuldeten Mietzinses und ändert diesen auch nicht. Er ist ein Regelungsinstrument eigener Art, das nur der vorläufigen Gestaltung eines wesentlichen Teilaspekts des im Verfahren streitigen Rechtsverhältnisses dient. Aus seiner Festsetzung kann weder abgeleitet werden, dass der Mieter dem Vermieter nur mehr den festgesetzten Betrag schuldet, noch ist damit gesagt, ob der Mieter überhaupt eine Zahlung schuldet. Diese Frage ist im Hauptverfahren zu klären. Stellt sich später heraus, dass der Mieter tatsächlich nur einen geringeren oder gar keinen Mietzins schuldete, so hat er gegenüber dem Vermieter Anspruch auf Rückerstattung des zuviel gezahlten einstweiligen Mietzinses (Erläut RV 249 BlgNR 22. GP 26; Sailer aaO Erg § 382f Rz 6). Da somit die Auferlegung eines einstweiligen Mietzinses als bloß vorläufige Maßnahme keinen endgültigen und nicht mehr rückführbaren Eingriff in die Rechte des Mieters bewirkt, bestehen gegen diese, dem Provisorialunterhalt nach § 382a EO vergleichbare Regelungsverfügung keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

Ebenso vergleichbar dem § 382a EO (und dem § 382 Z 8 lit a EO) dient allerdings der einstweilige Mietzins nach § 382f EO der Regelung einer künftigen Leistung für die Dauer des anhängigen Kündigungs- oder Räumungsverfahrens (Stabentheiner aaO 35 FN 74) und ist somit nach Sinn und Zweck nicht für die Vergangenheit bestimmt. Der Tag der Antragstellung ist der maßgebende (früheste) Zeitpunkt für den Zuspruch von einstweiligem Mietzins ( Rauer, Praktische Überlegungen zum einstweiligen Mietzins nach § 382f EO, wobl 2005, 41,44; zum vergleichbaren Fall des § 382a EO vgl 10 Ob 28/04x mwN). Die Abweisung des Antrages durch die Vorinstanzen war daher bezogen auf den Zeitraum bis Antragstellung zu bestätigen.

Eine abschließende Entscheidung ist dem Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, allerdings deshalb verwehrt, weil das Erstgericht zwar zur Höhe des aufzuerlegenden einstweiligen Mietzinses, der sich nach § 382f Abs 2 EO bestimmt, die Ausstattungskategorie „A" als bescheinigt angenommen hat, der Beklagte aber in seiner Rekursbeantwortung den allein durch Urkunden bescheinigten Sachverhalt in diesem Punkt ausdrücklich bekämpft hat. Da auch im Verfahren zur Erlassung eines einstweiligen Mietzinses gemäß § 382f EO ein Gegenbescheinigungsverfahren, so parate Bescheinigungsmittel angeboten werden, durchzuführen ist (zu den Details des Bescheinigungsverfahrens und zur Höhe des aufzuerlegenden einstweiligen Mietzinses siehe Stabentheiner aaO 36 ff; Vonkilch aaO 234 f; Sailer aaO Erg § 382f Rz 7-11 ferner ErläutRV 249 BlgNR 22. GP 26 ff), hat eine Zurückverweisung an das Erstgericht zu erfolgen, das sich somit insbesondere auch mit den vom Beklagten behaupteten Meitzinsminderungs- bzw Befreiungsansprüchen (vgl dazu ausdrücklich ErläutRV 249 BlgNR 22. GP 28) auseinanderzusetzen haben wird. Ob dem Beklagten im Hinblick auf die Beschränkung im Provisorialverfahren auf „parate Bescheinigungsmittel" seine Bescheinigungsobliegenheit insbesondere für die Behauptung des Mietzinsminderungsanspruches gelingt, wird vom Erstgericht nach allfälliger Durchführung eines Bescheinigungsverfahrens zu überprüfen sein. Die Beurteilung der Frage nämlich, ob die Mittel des Provisorialverfahrens ausreichen, einen bestimmten Sachverhalt als bescheinigt annehmen oder nicht annehmen zu können, gehört dem Bereich der für den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung an (Kodek in Angst, EO, § 390 Rz 26 mwN).

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 393 EO iVm § 52 ZPO und §§ 78, 402 Abs 4 EO.

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