OGH 8ObA83/04w

OGH8ObA83/04w6.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende, den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Kainz und Dr. Gerda Höhrhan-Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache des Antragstellers Verband Angestellter Apotheker Österreichs, 1091 Wien, Spitalgasse 31, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Dr. Roland Gerlach und Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegner 1. Österreichischer Apothekerverband, 1091 Wien, Spitalgasse 31, und 2. Österreichische Apothekerkammer, 1091 Wien, Spitalgasse 31, beide vertreten durch Cerha, Hempel, Spiegelfeld, Hlawati, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien, über den gemäß § 54 Abs 2 ASGG gestellten Antrag auf Feststellung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, der Oberste Gerichtshof möge feststellen, dass die im Kollektivvertrag für pharmazeutische Fachkräfte in öffentlichen Apotheken und Anstaltsapotheken Österreichs, abgeschlossen am 22. 1. 1982, in der Fassung vom 1. 1. 2002,

1. festgelegten Arbeitsstunden während der Bereitschaftsdienste am Tag inklusive der Essenspausen nur dann als Arbeitsbereitschaft im Sinn des § 19a Abs 2 AZG zu qualifizieren sind, wenn die Vollarbeit nicht mehr als 40 Minuten beträgt und

2. die festgelegten Bereitschaftsdienste am Tag inklusive der Essenspausen nur dann als Arbeitsbereitschaft im Sinn des § 19a Abs 2 AZG zu qualifizieren sind, wenn währenddessen die Summe der Vollarbeitsstunden allein im Tagesbereitschaftsdienst an einem Sonn- oder Feiertag zwei Drittel des Tagesbereitschaftsdienstes bzw zusammen mit den schon geleisteten Vollarbeitsstunden an einem Samstag zwei Drittel der Gesamtarbeitszeit nicht übersteigt, wird

abgewiesen.

Text

Begründung

Der Antragsteller begehrte wie im Spruch ersichtlich und führte im Wesentlichen aus, die Bestimmungen über den Bereitschaftsdienst und dessen Entlohnung im Kollektivvertrag für pharmazeutische Fachkräfte in öffentlichen Apotheken und Anstaltsapotheken Österreichs, die zum Teil auf das Jahr 1972 zurückgingen, seien unschlüssig und inkongruent. Es werde für Bereitschaftsdienste während der Nacht, nicht jedoch für Bereitschaftsdienste am Tag, eine geringere Entlohnung (1 : 0,43 Zeitausgleich) angeordnet als für „Normal"-Dienste. Bei der Barentlohnung gebe es einerseits für den Nachtdienst nur einen dreistufigen turnusmäßig unterschiedlichen pauschalen Zuschlag, andererseits jedoch für die Tagesbereitschaft - einheitlich und turnusneutral - ab 1972 einen Zuschlag von 50 % zur „Umlagengrundstunde". Durch die Bereitschaftsdienste werden die zeitlichen Höchstgrenzen, die gemäß Art IV Abs 7 zweiter Satz des Kollektivvertrags für „Normal"-Arbeit gelten, überschritten. Der Kollektivvertrag regle die Entlohnung für die Leistung von Bereitschaftsdiensten unschlüssig und hinsichtlich des Zeitausgleichs und Barabgeltung nicht einheitlich. Es fehlten Regelungen über die wöchentliche Höchstarbeitszeit und jene für verlängerte Dienste. Es sei daher einerseits zu fragen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es zulässig sei, „Bereitschaftsdienst zu Stunden mit verdünnter Arbeitsleistung" als „Arbeitsbereitschaft" zu behandeln und geringer zu entlohnen als „Normal"-Arbeit. Andererseits sei zu fragen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es sich bei Bereitschaftsdiensten mit verdünnter Arbeitsleistung der Apotheker jedenfalls um Arbeitsbereitschaft im Sinn des Arbeitszeitgesetzes handle, die also zu einer Ausweitung der ansonsten geltenden Höchstgrenzen der Arbeitszeit führen könne. Der Antrag habe dabei nur die sogenannten Tagesbereitschaftsdienste zum Gegenstand. Die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit von Nachtbereitschaft bzw deren Entlohnung, also die Dienstzeit zwischen 18,00 Uhr und 8,00 Uhr, sei ausdrücklich nicht Gegenstand des Antrags.

Die Belastung des angestellten Apothekers, der Bereitschaftsdienste am Tag leiste, hänge davon ab, in welchem „Turnus" die dienstbereite Apotheke stehe. Je nachdem habe die diensthabende Apotheke den Bedarfsbereich von zwei bis elf Apotheken abzudecken. Dies entspreche ab dem Turnus IV einer zu versorgenden Bevölkerung von ca 22.000 Einwohnern. Hiezu treten noch besondere Umstände, die zu zusätzlichen Belastungen führen, wie etwa in Fremdenverkehrsgemeinden udgl. Der Kollektivvertrag nehme auf die wechselnde Arbeitsbelastung je nach Turnus nur insofern Rücksicht, als die Bereitschaftsdienste während der Nacht unterschiedlich, jedoch mit pauschalierten Zuschlägen entlohnt werden. Dem gegenüber werden Tagesbereitschaftsdienste nach der kollektivvertraglichen Anordnung unabhängig vom Turnus gleich behandelt und regelmäßig mit einem Zeitausgleich im Verhältnis 1 : 1 zur Vollarbeitszeit entlohnt.

Obwohl sich seit 1996 die Zahl der österreichischen Apotheken erhöht habe, sei es dennoch zu einem Absinken der dienstbereiten Apotheken gekommen, weil eine Verschiebung zugunsten höherer Turnusse eingetreten sei. Während es im Jahr 1996 403,38 dienstbereite Apotheken pro Jahr gegeben habe, habe sich deren Anzahl im Jahr 2003 auf 376,50 verringert. Habe im Jahr 1996 eine dienstbereite Apotheke ca 19.730 Personen zu versorgen gehabt, seien dies im Jahr 2003 ca 21.389 Personen gewesen. Während im Jahr 1996 29 Patienten mit und 27 Patienten ohne Rezept im Durchschnitt pro Wochenenddienst haben betreut werden müssen, habe sich diese Zahl im Jahr 2002 auf 33 Patienten mit Rezept und 29 Patienten ohne Rezept erhöht. Da es sich um Durchschnittswerte der Verkäufe in allen Apotheken handle, werde die Spitzenbelastung in Apotheken ab dem Turnus IV stark „verwässert". In den Zahlen seien nicht enthalten telefonische Anfragen, Auskunftserteilungen aller Art sowie Beratungen, die nicht zu einem Verkauf geführt haben. Repräsentativ seien die Werte aber insofern, als sie eine Zunahme der Arbeitsbelastung bei Wochenend- und Feiertagsbereitschaftsdiensten von annähernd 12 % in einem Zeitraum von nur sechs Jahren belegen.

Aus einer weiteren Untersuchung ergebe sich, dass die durchschnittliche Beratungszeit pro Kunden in 64,6 % der Fälle in einer Bandbreite zwischen 4 und 10 Minuten liege. Diese Zahl gelte für verkaufsoffene Apotheken, in denen der angestellte Apotheker Unterstützung durch Kollegen und Hilfskräfte habe. All dies falle im Tagesbereitschaftsdienst weg. Auch komme hinzu, dass der Kunde an der Tür zu bedienen sei. Ausgehend von einem zumindest sechsminütigen Arbeitsaufwand pro Kunden im Tagesbereitschaftsdienst und einer durchschnittlichen Betreuung von 52,9 Kunden an Samstagen ergebe sich bei einer Bereitschaftszeit zwischen 12,00 und 18,00 Uhr eine Frequenz von rund 8,8 Kunden pro Stunde, was eine Vollauslastung des Bereitschaftsdienst verrichtenden Apothekers bedeute.

Gemäß § 19a Abs 3 AZG könne in den Fällen des § 19a Abs 2 AZG die Grenze von Normalarbeitszeit und Überstundenarbeit durch Kollektivvertrag verschoben werden. Wenn der Kollektivvertrag einerseits Bereitschaftsdienste ebenso wie Überstundenarbeit unter dem Begriff der „Mehrdienstleistungen" subsumiere und andererseits als primäre Entlohnung Ersatzruhezeit nur im Verhältnis 1 : 1 bestimme und nur bei einer besonderen Vereinbarung der Bezahlung der Bereitschaftsarbeit einen Zuschlag von 50 % anordne und damit eine Überstundencharakteristik vorsehe, sei er unschlüssig und ungenau. Entgegen § 5 AZG, wonach Überschreitungen der zulässigen Arbeitszeit nur zulässig sind, wenn in die Arbeitszeit selbst Zeiten der Arbeitsbereitschaft fallen, scheine § 19a Abs 2 AZG eine Ausnahme von diesem Grundsatz vorzusehen, sodass der Schluss gerechtfertigt erscheine, dass im Fall von Apotheken die Arbeitsbereitschaft auch an den Normaldienst anschließen könne. Es seien höchstens 40 Stunden Vollarbeit und zusätzlich 20 Stunden Arbeitsbereitschaft im Durchschnitt erlaubt. Von einer zulässigen Erweiterung der Normalarbeitszeit durch Arbeitsbereitschaft könne aber nur dann ausgegangen werden, wenn die Bereitschaftsdienste durchgehend den Charakter von Arbeitsbereitschaft besitzen oder die Arbeitsbereitschaft wenigstens ein Drittel der gesamten Tätigkeit des diensthabenden Apothekers ausmache. Eine derartige Erweiterung wäre etwa dann nicht erlaubt, wenn ein angestellter Apotheker Bereitschaftsdienst nur während der Essenspausen von zwei Stunden mache oder nur am Samstag nachmittags von 12,00 Uhr bis 18,00 Uhr bzw nur an Sonn- oder Feiertagen in der Dauer von zehn Stunden, da damit im Verhältnis zu wöchentlichen Normalarbeitszeit die Drittel-Grenze für Arbeitsbereitschaft nicht erreichen würde. Dies führe zu dem einigermaßen grotesken Ergebnis, dass je kürzer die in der Woche geleistete Arbeitsbereitschaft im Verhältnis zur Normalarbeitszeit sei, umso eher vom Vorliegen zuschlagspflichtiger Überstunden auszugehen sei.

Arbeitsbereitschaft liege nur dann vor, wenn die dafür vorgesehenen Voraussetzungen im konkreten Arbeitsverhältnis erfüllt seien. Die kollektivvertragliche Zulässigkeit der geringeren Entlohnung von Arbeitsbereitschaft und die Überschreitung der sonst geltenden maximalen Normal- bzw Höchstarbeitszeitgrenzen sei also nur dann normativ wirksam, wenn die Voraussetzungen hiefür im individuellen Arbeitsverhältnis konkret vorliegen. Für die Bereitschaftsdienste der Apotheker stelle sich daher die Frage, ob tatsächlich in den einzelnen Stunden des Bereitschaftsdienstes eine qualitativ und quantitativ andersartige Arbeitsleistung im Verhältnis zur normalen Tätigkeit eines angestellten Apothekers vorliege, die eine geringere Entlohnung einerseits und die Überschreitung der Tagesarbeitszeithöchstgrenzen andererseits rechtfertige. Ob Bereitschaftsdienst vorliege, sei daher auch daran zu messen, in welchem Ausmaß es während des Bereitschaftsdienstes zu tatsächlichen Arbeitseinsätzen komme. Auf Äußerlichkeiten wie etwa das Zusperren der Apotheke und die Ermöglichung, sich in einem Aufenthaltsraum aufzuhalten, könne es dabei nicht ankommen. Der Kollektivvertrag könne das Arbeitszeitgesetz ungeachtet der Ausnahmebestimmung des § 19a AZG nicht dahingehend verschlechtern, dass Arbeit zu bestimmten Tages- oder Nachtzeiten schlechthin, also unabhängig von der Qualität und Quantität der tatsächlich geleisteten Arbeit als Arbeitsbereitschaft qualifiziert und daher geringer entlohnt werde.

Zwar setze der Kollektivvertrag Tagesbereitschaftsdienste mit Vollarbeit gleich und verfüge bei Barabgeltung einen Zuschlag von 50 %, doch negiere er bei Entlohnung mit Ersatzruhezeit wieder den Charakter der Überstunde und entlohne sie - entgegen § 10 AZG - ohne Zuschlag. Für die Barabgeltung schreibe er - entgegen der in Art IV vorgeschriebenen Normallohnhöhe - als Bemessungsgrundlage eine Umlagengrundstunde vor, die je nach Dienstalter bei einem Apotheker unter und bei einem anderen über dessen Normalgrundstundenentlohnung liege. Die hinsichtlich Entlohnung von Tagesbereitschaft inkongruenten kollektivvertraglichen Vorschriften seien daher nach Auffassung des Antragstellers so zu lesen, dass für die Tagesbereitschaft eine Bewertung als Vollarbeitszeit und Überstundenarbeit vorliege.

Die kollektivvertragliche Vorschrift erspare nicht die Prüfung in jedem Einzelfall, ob der angestellte Apotheker während einer Bereitschaftsstunde auch tatsächlich Arbeitsbereitschaft, und nicht doch wegen hoher Inanspruchnahme „normale" Arbeit geleistet habe. Im letzteren Fall stehe pro Bereitschaftsstunde unter den sonstigen Voraussetzungen Überstundenentlohnung bemessen vom Normallohn zu. Weiters seien bei Unterschreiten der Drittelgrenze durch mehrere Vollarbeitsstunden die gesetzlichen Höchstgrenzen für Arbeitszeit unter Außerachtlassung der Verlängerungsmöglichkeiten für Arbeitsbereitschaft zu beachten. Von „normaler" Arbeit außerhalb der Öffnungszeiten werde man immer dann sprechen müssen, wenn Kunden der Apotheke vom Diensthabenden in einem Ausmaß betreut werden, dass eine Erholungs- oder Freizeitphase zwischen den Kundeneinsätzen nicht mehr sinnvoll verbracht werden könne. Die Situation des diensthabenden Apothekers wäre dann mit der eines jeden anderen Apothekers während der Offenhaltezeit zu vergleichen, deren jeweilige Wartezeit zwischen verschiedenen Kunden selbstverständlich auch als Arbeitszeit und nicht etwa als Arbeitsbereitschaft zu qualifizieren sei. Hiezu komme, dass für den Apotheker die Betreuung von Kunden während des Bereitschaftsdienstes regelmäßig mit mehr Aufwand verbunden sei als während der Öffnungszeiten.

Wolle man unauflösbare Wertungswidersprüche zu europarechtlichen Rahmenbedingungen und zu den gesetzlichen Vorschriften des Arbeitszeitrechts vermeiden, werde man daher ungeachtet der Vorschrift des § 19a AZG bzw im Sinn einer systematisch korrekten Interpretation dieser Vorschrift auch für den Apothekenbetrieb anzunehmen haben, dass ab einer Kundenfrequenz von sechs Kunden pro Stunde die Arbeitszeit nicht mehr als Arbeitsbereitschaft zu qualifizieren sei, sodass einerseits Vollarbeit vorliege und unter den sonstigen Voraussetzungen Überstundenentgelt zu bezahlen sowie andererseits die gesetzliche Höchstgrenze für Maximalarbeitszeit zu beachten sei.

Der Kollektivvertrag treffe die Unterscheidung zwischen Tages- und Nachtbereitschaftsdienst. Dies bedeute hinsichtlich der Frage der Entlohnung, dass die verschiedenen Formen von Bereitschaftsdiensten auch bei der Betrachtung, ob hinsichtlich des jeweiligen Dienstes Arbeitsbereitschaft oder „normale" Arbeitszeit vorliege, nicht miteinander vermischt werden dürfen. Im Hinblick auf die unterschiedliche Entlohnung und Qualifikation als Arbeitsbereitschaft sei es unzulässig, etwa Tages- und Nachtdienste dadurch miteinander zu vermengen, dass dann, wenn sich ein Nachtdienst an Samstagen, Sonn- oder Feiertagen an einen Tagesbereitschaftsdienst anschließe, die gesamte Dienstdauer betrachtet werde. Im Einklang mit der anerkannten Drittel-Regelung werde man zumindest die Auffassung zu vertreten haben, dass Arbeitsbereitschaft während der Tages-Bereitschaftsdienste dann nicht mehr vorliege, wenn während eines Tagesbereitschaftsdienstes einerseits die Dauer der tatsächlichen Arbeitseinsätze in einer Bereitschaftsstunde am Tage 40 Minuten überschreite bzw wenn andererseits die Summe der Vollarbeitsstunden im Bereitschaftsdienst allein oder zusammen mit den schon geleisteten Vollarbeitsstunden des Tages im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit des Tages mehr als zwei Drittel betrage.

Die Antragsgegner wendeten ein, dass § 8 ApothekenG im öffentlichen Interesse die Betriebszeiten und den Bereitschaftsdienst öffentlicher Apotheken regle, ohne dass zwischen Tages- oder Nachtbereitschaft unterschieden werde. Dies tue auch der Kollektivvertrag nicht. Die vom Antragsteller diesbezüglich vorgenommene Unterscheidung erfolge offenkundig vor dem Hintergrund, dass der Antrag in Wahrheit auf Entscheidung einer Frage abziele, die nicht nur der Gesetzgeber, sondern auch der Oberste Gerichtshof bereits beantwortet habe. Insofern mangle es dem Antragsteller am rechtlichen Interesse. Zudem gehe der Antragsteller bei seinen Überlegungen zum Vorliegen als „Drittelerfordernis" von vollkommen willkürlich gewählten und vom Gesetzeswortlaut nicht gedeckten Betrachtungszeiträumen aus, um sein Antragsbegehren zu rechtfertigen. Diese Ausführungen seien im § 19a AZG nicht gedeckt, nehme doch diese Bestimmung keine wie immer geartete Unterscheidung zwischen Bereitschaftsdienst am Tag und in der Nacht vor. Auch könne nicht der einzelne Bereitschaftsdienst oder gar nur eine Stunde desselben als Betrachtungszeitraum herangezogen werden, sondern sei nach dem Gesetz zu prüfen, ob unter Berücksichtigung aller Bereitschaftsdienste im Durchrechnungszeitraum von 13 Wochen zumindest ein Drittel der durchschnittlichen Wochenarbeitszeit auf Bereitschaftsdienste entfalle. Ausschließlich auf Grundlage dieser typisierenden Betrachtungsweise gelange man zu einem gesetzeskonformen Ergebnis. Zu der vom Gesetzgeber vorgesehenen Bezugsgröße der gesamten durchschnittlichen Wochenarbeitszeit stehe die vom Antragsteller isoliert und einzelfallbezogen vorgenommene „Stundenbetrachtung" in unlösbarem Widerspruch. Mit dem Gesetzeswortlaut ließe sich auch vereinbaren, die jeweilige Gesamtdauer der verlängerten Dienste als Bezugsgröße heranzuziehen. Demgemäß betrüge bei verlängerten Diensten an Wochenenden der Beobachtungszeitraum 48 Stunden. Entgegen den Ausführungen des Antragstellers sei für die Zulässigkeit der Verlängerung der Arbeitszeit auch keine „auf den konkreten Arbeitsverlauf bezogene ad hoc-Beurteilung" vorzunehmen, sondern auf den voraussichtlichen regelmäßigen Verlauf der Arbeitsleistung abzustellen. Dies ergebe sich nicht nur aus den Erfordernissen der Praxis, sondern auch aus dem Erlass des zuständigen Bundesministeriums vom 19. 7. 1991.

Rechtliche Beurteilung

Dem Feststellungsantrag des Antragstellers kommt keine Berechtigung zu.

Gemäß § 8 Abs 1 ApothekenG sind die Zeiten, während derer die öffentlichen Apotheken für den Kundenverkehr an Werktagen offenzuhalten haben (Betriebszeiten), von der Bezirksverwaltungsbehörde unter Bedachtnahme auf die örtlichen Verhältnisse so festzusetzen, dass die wöchentliche Betriebszeit 48 Stunden nicht überschreitet und eine tägliche Mittagssperre von ungefähr zwei Stunden eingehalten wird. Gemäß Abs 2 dieser Gesetzesstelle ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für die Sperrzeiten in Orten mit mehreren öffentlichen Apotheken ein Bereitschaftsdienst festzusetzen, wobei die Zahl und Auswahl der Apotheken, die gleichzeitig Bereitschaftsdienst zu versehen haben, dem Bedarf der Bevölkerung anzupassen ist. Die Bereitschaftsdienst haltenden Apotheken haben außerhalb der gemäß Abs 1 festgesetzten Betriebszeiten ständig dienstbereit zu sein; ein Offenhalten während dieser Zeit kann von der Bezirksverwaltungsbehörde bewilligt werden, wenn hiefür ein Bedarf gegeben ist. Gemäß Abs 4 haben an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie an jenen Tagen, die im betreffenden Bundesland wie Feiertage behandelt werden, in Orten mit mehreren öffentlichen Apotheken jene Apotheken bis 12,00 Uhr für den Kundenverkehr offenzuhalten, die in der folgenden Nacht Bereitschaftsdienst versehen. Die Bezirksverwaltungsbehörde kann anstelle des Offenhaltens einen Bereitschaftsdienst bewilligen, wenn dies die Bedarfslage gestattet. Nach 12,00 Uhr müssen diese Apotheken für dringende Fälle dienstbereit sein, doch kann die Bezirksverwaltungsbehörde auch ein Offenhalten bis längstens 18,00 Uhr bewilligen, wenn hiefür ein Bedarf gegeben ist. In Orten mit nur einer öffentlichen Apotheke kann die Bezirksverwaltungsbehörde unter Bedachtnahme auf die in Abs 1 zulässige wöchentliche Betriebszeit das Offenhalten der Apotheke an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen sowie an jenen Tagen, die im betreffenden Bundesland wie Feiertage behandelt werden, bis längstens 12,00 Uhr bewilligen, wenn dies die örtlichen Verkehrsgepflogenheiten erfordern. Gemäß § 8 Abs 5 ApothekenG kann die Bezirksverwaltungsbehörde hinsichtlich des Bereitschaftsdienstes öffentlicher Apotheken über die Bestimmungen der vorgehenden Absätze hinaus einen Dienstturnus von Orten mit nur einer öffentlichen Apotheke untereinander oder mit Orten mit mehreren öffentlichen Apotheken zusammen festsetzen, wenn dies für die Arzneimittelversorgung der Bevölkerung zumutbar ist. In solchen Fällen muss der Apothekenleiter oder ein anderer vertretungsberechtigter Apotheker während des Bereitschaftsdienstes zur Abgabe von Arzneimitteln anwesend sein.

Mit BGBl I Nr 88/1999 wurden die Sonderbestimmungen des Arbeitszeitgesetzes in dessen § 19a der EU-Richtlinie 93/104/EG des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vom 23. 11. 1993 angepasst, um so durchgehende Bereitschaftsdienste, die für den Betrieb einer Apotheke und die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung der Bevölkerung unbedingt notwendig sind, in zeitlich beschränktem Umfang zuzulassen und gleichzeitig die notwendigen Ausgleichsruhezeiten festzusetzen (1603 BlgNR 20. GP, 5). Gemäß Art 17 der genannten Richtlinie können ebenso wie nach Art 17 der mit 2. 8. 2004 in Kraft getretenen Nachfolgebestimmung der Richtlinie 2003/88/EG des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung vom 4. 11. 2003 unter der Bedingung, dass den betroffenen Arbeitnehmern gleichwertige Ausgleichsruhezeiten gewährt werden oder sie sonst angemessenen Schutz erhalten, im Wege von Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder im Wege von Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern Abweichungen von den Bestimmungen über Ruhezeiten und Ruhepausen sowie die Dauer der Nachtarbeit unter anderem für Tätigkeiten getroffen werden, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Kontinuität des Dienstes gewährleistet sein muss. § 19a Abs 2 AZG normiert daher in Abweichung von den sonstigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes für Arbeitnehmer, in deren Arbeitszeit wegen des Bereitschaftsdienstes der Apotheken gemäß § 8 Abs 2 des Apothekengesetzes regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt, die Möglichkeit, dass der Kollektivvertrag zulässt: Verlängerte Dienste von bis zu 32 Stunden, die im Falle des Bereitschaftsdienstes auch während der Mittagssperre um zwei Stunden verlängert werden können (Z 1), an Wochenenden verlängerte Dienste von bis zu 48 Stunden (Z 2), innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von bis zu 13 Wochen eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von bis zu 60 Stunden (Z 3) und in einzelnen Wochen des Durchrechnungszeitraumes eine Wochenarbeitszeit von bis zu 72 Stunden, wobei eine Wochenarbeitszeit von mehr als 60 Stunden höchstens in vier aufeinanderfolgenden Wochen zulässig ist (Z 4). Gemäß Abs 3 des § 19a AZG kann der Kollektivvertrag bei diesen Arbeitszeiten gemäß Abs 2 Abweichungen von der Regelung der Überstundenarbeit gemäß § 6 Abs 1 AZG zulassen. Die folgenden Absätze 4 und 5 der Gesetzesstelle regeln Lage und Ausmaß von Ruhepausen und Ruhezeiten und wird sodann in Abs 6 für Arbeitnehmer, in deren Arbeitszeit nicht in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt, die Möglichkeit eröffnet, durch Kollektivvertrag unbeschadet der nach § 7 Abs 1 AZG zulässigen Überstunden bis zu zehn weitere Überstunden zuzulassen.

Der Kollektivvertrag für pharmazeutische Fachkräfte in öffentlichen Apotheken und Anstaltsapotheken Österreichs vom 22. 1. 1982 in der Fassung vom 1. 1. 2002 regelt in seinem Abschnitt IV die vom Apothekenleiter bei der Diensteinteilung zu beachtende Arbeitszeit. Danach beträgt die regelmäßige Arbeitszeit am Tage für im Volldienst stehende pharmazeutische Fachkräfte wöchentlich 40 Stunden (Abs 2). Beginn und Ende der Arbeitszeit am Tag richten sich für die im Volldienst stehenden Dienstnehmer nach den für den Apothekenbetrieb behördlich angeordneten Betriebszeiten (Abs 3). An den verkaufsoffenen Samstagen dürfen angestellte Apotheker bei über die mittägliche Sperrzeit hinaus offener Apotheke längstens bis 18,00 Uhr beschäftigt werden (Abs 3a). Die angestellten vertretungsberechtigten Apotheker einschließlich der angestellten Apothekenleiter sind neben der im Volldienst 40-stündigen Wochenarbeitszeit am Tag zur Leistung der behördlich angeordneten Dienstbereitschaft am Tage und während der Nacht (im Regelfalle 18,00 bis 8,00 Uhr) nach Maßgabe der folgenden Regelungen berechtigt und verpflichtet. Dabei kann die wöchentliche Gesamtarbeitszeit (40-stündige Normalarbeitszeit im Volldienst, zusätzlich der anfallenden Bereitschaftsdienste am Tage und während der Nacht) für eine pharmazeutische Fachkraft bis zu 168 Stunden betragen. Bereitschaftsdienst im Sinne dieses Kollektivvertrags sind infolge behördlicher Einteilung zur Dienstbereitschaft (§ 8 ApothekenG) entstehende zusätzliche Dienstzeiten einer öffentlichen Apotheke (Abs 7). Der Dienstgeber ist verpflichtet, für den Aufenthalt während der Dienstbereitschaft einen wohnlichen Raum bereitzustellen (Abs 8). Die Leistung von Bereitschaftsdiensten am Tag ist ganz- oder halbtägig, die Zeit der Mittagspause in der Regel eingeschlossen, zu vereinbaren. Für jeden durch dauernde Anwesenheit in Betrieb geleisteten Bereitschaftsdienst am Tage ist Ersatzruhezeit in der gleichen Stundenzahl - nach Möglichkeit in der darauffolgenden Woche - zu gewähren. Die Abgeltung dieser Bereitschaftsdienste durch gesonderte Entlohnung (Art VI Abs 3 lit b) ist nur einvernehmlich möglich (Abs 13). Bereitschaftsdienste während der Nacht (im Regelfall 18,00 bis 8,00 Uhr) sind grundsätzlich unteilbar. Eine Teilung ist nur einvernehmlich möglich. Die Abgeltung von Bereitschaftsdiensten während der Nacht hat gemäß Art VI Abs 3 bis 5 zu erfolgen. Wünschen der Dienstnehmer nach ganzer oder teilweiser Abgeltung von Bereitschaftsdiensten während der Nacht durch Ersatzruhezeiten soll im Rahmen der betrieblichen Möglichkeit Rechnung getragen werden, wobei für einen Bereitschaftsdienst während der Nacht die Ersatzruhezeit mit sechs Stunden festgelegt wird (Abs 14).

Abschnitt VI regelt die Mehrdienstleistungen und nennt als solche in Abs 1 unter anderem Überschreitungen der für vertretungsberechtigte Apotheker im Volldienst 40-Wochenstunden betragenden Arbeitszeit am Tage durch Dienstleistungen, wenn diese keine Bereitschaftsdienstleistungen sind (lit a), Bereitschaftsdienste am Tage, soweit nicht Ersatzruhezeiten nach Art IV Abs 13 gewährt werden (lit b), Bereitschaftsdienste während der Essenspausen, soweit nicht Ersatzruhezeiten nach Art V Abs 4 gewährt werden (lit c) und Bereitschaftsdienste während der Nacht (lit d). Abs 3 des Abschnittes VI definiert den Grundstundenlohn für Mehrdienstleistungen mit 1/160 der für pharmazeutische Fachkräfte im Volldienst zu entrichtenden Gehaltskassenumlage (lit a), verfügt dass für Bereitschaftsdienste am Tage bzw während der Essenspausen, für die keine Ersatzruhezeiten gewährt werden, zum Grundstundenlohn ein Mehrdienstleistungszuschlag von 50 v.H. gebühre (lit b), sowie für Bereitschaftsdienste während der Nacht, für die keine Ersatzruhezeit gewährt wird, zuzüglich zu dem in den Bezügen der pharmazeutischen Gehaltskasse und der Ausgleichszulage enthaltenen Grundlohn ein Nachtarbeitszuschlag, dessen jeweilige Höhe durch die Kollektivvertragspartner zu vereinbaren ist (lit c). Zusätzlich zum Grundstundenlohn gebührt für Mehrdienstleistungen nach Abs 1 lit a an Werktagen ein Mehrdienstleistungszuschlag von 50 vH, an Sonn- und Feiertagen oder während der Nacht (20,00 bis 6,00 Uhr) ein Mehrdienstleistungszuschlag von 100 vH (lit d).

Dem Antragsteller ist darin beizupflichten, dass der zuletzt in seinen für diese Entscheidung wesentlichen Punkten wiedergegebene Abschnitt VI die Entlohnung für Überstunden (Abs 1 lit a, Abs 3 lit d) und das Entgelt für Bereitschaftsdienste (Abs 1 lit b bis d, Abs 3 lit b und c) ohne qualitative Differenzierung unter dem Schlagwort „Mehrdienstleistungen" behandelt.

Der Oberste Gerichtshof hat insoweit in seinem Erkenntnis 9 ObA 218/99w (ArbSlg 11.979) klargestellt, dass die durch § 19a AZG den Kollektivvertragspartnern eröffnete Möglichkeit für Arbeitnehmer, die als angestellte Apothekenleiter oder als pharmazeutische Fachkräfte in öffentlichen Apotheken und Anstaltsapotheken beschäftigt sind, abweichend von den sonstigen Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes besondere Regelungen zu treffen, nicht auch die Bestimmung des § 10 AZG über die Überstundenvergütung erfasst. § 10 AZG, der als unabdingbare Mindestnorm zu betrachten sei, normiere in seinem Abs 3, dass der Berechnung des Zuschlages der auf die einzelne Arbeitsstunde entfallende Normallohn zugrundezulegen sei. Es sei nicht strittig, dass im hier zu beurteilenden Fall die Regelung des Abschnittes VI Abs 1 des Kollektivvertrags die entgegen § 10 Abs 3 AZG für die Berechnung des Überstundenentgelts nicht auf den Normallohn, sondern auf einen Durchschnittswert abstelle, auch unter Berücksichtigung der mit 1. 1. 1999 erfolgten Änderung der Gehaltstabelle für einen keineswegs zu vernachlässigenden Teil der in Betracht kommenden Arbeitnehmer zu einer Unterschreitung des gesetzlichen Mindeststandards führe. Abschnitt VI Abs 3 lit a des Kollektivvertrags sei, soweit darin der Grundstundenlohn für Überstunden mit „1/160 der für pharmazeutische Fachkräfte im Volldienst zu entrichtenden Gehaltskassenumlage" mit einem Fixbetrag normiert werde, rechtsungültig und daher wirkungslos. Dieser Ausspruch beziehe sich aber nur auf Überstundenentlohnung, weil die ebenfalls von der genannten und als wirkungslos erkannten Bestimmung erfasste Vergütung für Bereitschaftsdienste nicht Gegenstand des Feststellungsantrages sei.

Der hier zu beurteilende Feststellungsantrag weist zwar wiederholt auf Ungereimtheiten in den kollektivvertraglichen Bestimmungen hin, greift aber die Berechnungsgrundlage der Entlohnung für Bereitschaftsdienste nicht an, sondern strebt im Ergebnis ausschließlich die Qualifizierung von Teilen des am Tag geleisteten Bereitschaftsdienstes als Vollarbeitsstunden, und damit auch als Überstunden, an. Es reicht daher aus, zur Entlohnung des Bereitschaftsdienstes im Grundsätzlichen auf die ständige Rechtsprechung zu verweisen, wonach für Leistungen des Dienstnehmers im Rahmen des Dienstverhältnisses die nach ihrer Art die Intensität der vereinbarten Arbeitsleistung nicht erreichen, eine besondere Vereinbarung über die Vergütung getroffen werden und es auch gerechtfertigt sein kann, sie grundsätzlich geringer zu entlohnen als die vereinbarte eigentliche Arbeitsleistung (RIS-Justiz RS0021667; ArbSlg 10.543).

Unter Arbeitsbereitschaft ist der Aufenthalt an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort mit der Bereitschaft zur jederzeitigen Aufnahme der Arbeitsleistung im Bedarfsfall zu verstehen (RIS-Justiz RS0051351). Auch Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit (EuGH Rs C-303/98 [Simap]; Löschnigg, Bereitschaftsdienst in öffentlichen Apotheken, DRdA 2002, 211 hier: 215), was sich auch unzweifelhaft aus § 19a Abs 3 AZG ergibt. Nach dieser letztgenannten Gesetzesstelle kann die Grenze zwischen Normalarbeitszeit und Überstundenarbeit durch den Kollektivvertrag verändert werden, was durch Abschnitt VI Abs 1 desselben durch die Unterscheidung zwischen Überschreitungen des 40 Wochenstunden umfassenden Volldienstes, der kein Bereitschaftsdienst ist, und Bereitschaftsdienstleistungen geschehen ist.

Ebenso wie § 5 Abs 1 Z 2 AZG normiert auch § 19a dieses Gesetzes als eine der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verlängerung der Arbeitszeit, dass in diese regelmäßig und in erheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt. Wie Grillberger (AZG², 59) ausführt, müssen Zeiten der Arbeitsbereitschaft regelmäßig anfallen. Was darunter im Einzelnen zu verstehen ist, bereite Schwierigkeiten. Ausgehend vom Wortlaut und Zweck der Regelung werde zwar nicht erforderlich sein, dass die erhebliche Arbeitsbereitschaft zu stets gleichmäßigen Zeiten anfalle. Notwendig werde aber sein, dass der Arbeitnehmer nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge mit ihr im Vorhinein rechnen kann, und zwar grundsätzlich für jeden seiner Arbeitstage. Anderenfalls gelangte man zu dem Ergebnis, dass 13 Stunden Vollarbeitszeit zulässig sein könnten, nur weil an anderen Tagen Arbeitsbereitschaft anfalle. Unter Hinweis auf diese Lehrmeinung hat der erkennende Senat in der Entscheidung 8 ObA 35/02h hinsichtlich eines Rettungsfahrers, der nach einem im festgelegten Dienstplan im Turnus Tag-, Nacht- und sogenannte von 7,00 Uhr bis 17,00 Uhr dauernde Mitteldienste zu verrichten hatte, ausgesprochen, dass nicht ausschließlich die Wochenarbeitszeit die relevante Bezugsgröße sei, wie das Beispiel der nur an einem Tag geleisteten Arbeitsbereitschaft zeige, die zwar für diesen Tag erheblich, im Wochendurchschnitt aber unbeachtlich sei. Die Arbeitsbereitschaft müsse für jeden Arbeitstag zumindest vorgesehen sein, damit es zur Verlängerung der Normalarbeitszeit kommen könne. Es könne auch nicht zulässig sein, den Anteil an eigentlicher Tätigkeit (= die Arbeitszeit abzüglich der Arbeitsbereitschaft) an einzelnen Tagen oder in einer einzelnen Woche über die sonst (also ohne Arbeitsbereitschaft) geltenden Gesamtgrenzen hinaus auszudehnen. Dass bei unterschiedlicher Arbeitsverteilung grundsätzlich auf den einzelnen Arbeitstag abzustellen sei, ergebe sich auch aus § 6 Abs 1 Z 2 AZG, der anordne, dass Überstundenarbeit unter anderem dann vorliege, wenn die tägliche Normalarbeitszeit überschritten werde, die sich aufgrund der Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit gemäß den §§ 3 bis 5a und 18 Abs 2 AZG ergebe. Sei somit aufgrund des Dienstplanes die Arbeitszeit derart verteilt, dass an bestimmten Tagen Mitteldienst und damit ausschließlich Arbeit im engeren Sinn und nicht Arbeitsbereitschaft zu leisten sei, unterfallen diese Tage nicht der Regelung des § 5 AZG, sodass für die die Normalarbeitszeit übersteigende Arbeitsdauer Überstundenvergütung zu leisten sei.

Diesem Erkenntnis kann allerdings keinesfalls entnommen werden, bei Beurteilung von Bereitschaftsdiensten sei eine getrennte Betrachtung von Tag- und Nachtdiensten vorzunehmen. Dies war nicht Gegenstand der Entscheidung. Sie sagt vielmehr lediglich aus, dass die Qualifikation als Arbeitsbereitschaft deren Vorhersehbarkeit aufgrund Dienstplanes oder sonstiger Einteilung voraussetzt, sowie dass Mehrleistungen an Tagen, für die in diesem Sinne Arbeitsbereitschaft nicht angeordnet ist, auch nicht unter diese subsumiert werden können, sondern vielmehr als Überstunden zu entlohnen sind.

Für den Fall der Arbeitsbereitschaft in Apotheken kann das Kriterium der Regelmäßigkeit und der Vorhersehbarkeit im Sinn der gerade referierten Entscheidung nicht zweifelhaft sein, macht es doch Abschnitt IV Abs 1 des Kollektivvertrages dem Apothekenleiter zur Pflicht, eine Diensteinteilung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen, somit hinsichtlich Volldienstes und Bereitschaftdiensten zu treffen. Die weitere Voraussetzung, dass Bereitschaftsdienst in erheblichem Umfang geleistet wird, wird regelmäßig so gedeutet, dass die Zeiten der Arbeitsbereitschaft wenigstens ein Drittel der Gesamttätigkeit ausmachen müssen (Grillberger aaO, 139; Löschnigg aaO 216). Löschnigg führt in diesem Zusammenhang das wohl zutreffende Beispiel an, dass die Drittelgrenze verfehlt werde, wenn die Arbeitnehmerin Bereitschaftsdienste ausschließlich während einer jeweils zweistündigen Mittagspause leiste, sodass die Voraussetzungen für die auf § 19 Abs 2 AZG gestützte kollektivvertragliche Regelung nicht mehr gegeben sei, weshalb auch § 19 Abs 3 AZG nicht zur Anwendung komme und somit grundsätzlich von Überstundenarbeit auszugehen sei. Diese auf § 6 Abs 1 Z 2 AZG (Überschreiten der täglichen Normalarbeitszeit) gestützte Überlegung zeigt aber geradezu zwingend auf, dass es weder dem Sinn des Gesetzes noch jenem des Kollektivvertrags entsprechen kann, Tag- und Nachtdienste getrennt zu beobachten, da in diesem Fall - der Nachtdienst erstreckt sich gemäß Abschnitt IV Abs 7 des Kollektivvertrages von 18,00 bis 8,00 Uhr - der Dienst während der Mittagspause immer als Überstundenleistung anzusehen wäre. Völlig unverständlich wäre dann auch die Bestimmung des § 19a Abs 2 Z 1 AZG, wonach der Kollektivvertrag verlängerte Dienste von bis zu 32 Stunden und eine Verlängerung von bis zu zwei Stunden für jene Arbeitnehmer zulassen kann, die an beiden Tagen des verlängerten Dienstes einen Bereitschaftsdienst während der Mittagssperre leisten. Diese Bestimmung setzt zwingend die Betrachtung von Tag- und Nachtdienst als Einheit voraus. Ein entsprechender Wille des Gesetzgebers erhellt auch aus den folgenden Ziffern 2 und 3 der Gesetzesstelle, die sowohl den verlängerten Dienst am Wochenende als auch die durchschnittliche Wochenarbeitszeit als Einheit auffassen. Demgegenüber kann der Tatsache, dass der Kollektivvertrag Tag- und Nachtdienste teilweise getrennt behandelt und ihre Entlohnung gesondert und unterschiedlich bestimmt, nur dahingehend Aussagekraft zukommen, dass die Kollektivvertragsparteien offenkundig auf die unterschiedliche Arbeitsbelastung am Tage und in der Nacht Rücksicht nehmen wollten.

Wie bereits dargestellt, ist wesentliches Kriterium der Arbeitsbereitschaft deren regelmäßiges, vorhersehbares Anfallen und der mit etwa einem Drittel der Arbeitszeit anzunehmende erhebliche Umfang. Auch für den Bereich der Apotheken bedeutet dies somit, dass Mehrarbeit an Tagen, an welchen Arbeitsbereitschaft nach der Diensteinteilung nicht vorgesehen ist, in Übereinstimmung mit § 6 Abs 1 Z 2 AZG als Überstundenleistung qualifiziert werden muss. Allerdings hebt sich die besondere Bestimmung des § 19a AZG von der allgemeinen Bestimmung des § 5 AZG dadurch ab, dass in Abs 2 Z 1 und 2 über den Normalarbeitstag hinaus weitergehende Einheiten von 32 bzw 34 Stunden sowie in Form des Wochenendes gebildet wurden. Die Prüfung des Umfanges der Arbeitsbereitschaft hat daher innerhalb dieser Einheiten im Gesamten nach der sich aus der Diensteinteilung ergebenden Dauer zu erfolgen.

Die Anträge des Antragstellers müssen daher schon daran scheitern, dass sie von einer weder vom Gesetz noch vom Kollektivvertrag gedeckten Trennung von Tag- und Nachtdiensten für die Beurteilung des Vorliegens von Bereitschaftsdienst ausgehen. Zudem ziehen sie aus dem von der Lehre herausgearbeiteten Erfordernis, in die verlängerte Arbeitszeit müsste zumindest ein Drittel Arbeitsbereitschaft fallen, den unzulässigen Umkehrschluss, dass anstelle von Bereitschaftsdienst bereits dann Vollarbeit vorliege, wenn zwei Drittel der sonst in der Normalarbeitszeit erbrachten Arbeitsleistung vorliegen. Dies zeigt sich besonders deutlich in Punkt 1. der Anträge, wonach Arbeitsbereitschaft nur dann vorliegen solle, wenn die Vollarbeit nicht mehr als 40 Minuten betrage. Positiv formuliert heißt das, dass eine voll zu honorierende Überstunde bereits bei 41 Minuten Vollarbeit vorliege. Dieser Ansatz vermag der im Antrag wiedergegebenen Problematik nicht gerecht zu werden und würde zudem gerade durch das um rund ein Drittel verminderte Vollarbeitserfordernis bei gleichzeitiger Verkürzung des Beobachtungszeitraumes zur weitestgehenden Aushöhlung des vom Gesetzgeber unter Mitwirkung der Kollektivvertragspartner geschaffenen Arbeitszeitmodells führen.

Der Antragsteller hat nicht behauptet, der Kollektivvertrag verstoße in seinen den Bereitschaftsdienst betreffenden Teilen gegen höherrangiges Recht, die guten Sitten oder tragende Grundsätze des Arbeitsrechts. Sollte es tatsächlich zu einer messbaren Steigerung des Arbeitsanfalles in bestimmten Teilen des Bereitschaftsdienstes gekommen sein, sodass die dafür vorgesehene Entlohnung als nicht mehr angemessen zu beurteilen wäre, wäre es allein Sache der Kollektivvertragsparteien insoweit Abhilfe zu schaffen, weil es nicht an den Gerichten liegt, unzweckmäßig oder unbefriedigend gewordene Regelungen der Kollektivverträge abzuändern (8 ObA 30/00w). Sollte allerdings feststellbar sein, dass innerhalb gewisser Zeiten des Bereitschaftsdienstes und in bestimmten Apotheken in Relation zum Normalbetrieb mit typischer Einsatzintensität kein Unterschied hinsichtlich des Arbeitsanfalles besteht, könnten diese Zeiten wohl nicht als Arbeitsbereitschaft im Sinn des Gesetzes angesehen werden (vgl Löschnigg aaO 217; 8 ObA 225/94). Ob ein derartiger Fall überhaupt einer Durchschnittsbetrachtung wie sie einem Antrag gemäß § 54 Abs 2 ASGG zugrunde zu legen wäre, zugänglich sein könnte, muss hier nicht weiter geprüft werden, weil darauf das gestellte Begehren nicht gerichtet ist.

Der Antrag ist abzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte