Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei und Gegner der gefährdeten Partei wird gemäß § 78, § 402 Abs 4 EO § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Ein dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zu unterstellender Verfahrensmangel besonderer Art liegt vor, wenn unzureichende Bemühungen zur Ermittlung des fremden Rechts gesetzt wurden (vgl RIS-Justiz RS0116580). Die fehlerhafte Einschätzung, die Ermittlung werde unangemessen viel Zeit in Anspruch nehmen, kann daher auch noch in dritter Instanz mit Rechtsrüge geltend gemacht werden. Die Angemessenheit der Frist, die für die Ermittlung des anzuwendenden fremden Rechts zur Verfügung steht, hängt vom jeweils zu gewährenden Rechtsschutz ab. Sie richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls; in nicht dringlichen Fällen darf die Frist nicht zu knapp bemessen werden, weil jede Gerichtsentscheidung größtmögliche Richtigkeitsgewähr bieten soll. Darum wird von der durch § 4 Abs 2 IPRG eröffneten Möglichkeit, an Stelle des schwer zu ermittelnden fremden Rechts österreichisches Recht anzuwenden, vor allem im Provisorialverfahren Gebrauch gemacht (5 Ob 111/04s mwN). Die vorliegende Entscheidung ist in einem solchen Provisiorialverfahren (§ 382 Abs 1 Z 8 lit a EO) ergangen.
2. Dem Rechtsmittelwerber ist einzuräumen, dass der Entscheidung der zweiten Instanz lediglich die Befassung mit den einschlägigen Bestimmungen des syrischen Personalstatutgesetzes, nicht aber der Versuch weitergehender Erhebungen, insbesondere der ausländischen Rechtsprechung zu entnehmen ist. Die gesetzlichen Bestimmungen hat das Rekursgericht für nicht eindeutig und die Ermittlung ausländischer Judikatur und Lehre innerhalb vertretbarer Zeit für offenbar nicht möglich erachtet. Diese Ansicht erscheint im vorliegenden Zusammenhang als noch vertretbar:
2.1. Der Rechtsmittelwerber hat zwar dem Rekursgericht mehrere Entscheidungen syrischer Gerichte zur Frage der Verwirkung des Unterhaltsanspruches vorgelegt, die allerdings teilweise mit dem Gesetzeswortlaut nur schwer vereinbar sein und im Ergebnis zu keiner Klärung der Sachlage beitragen. Art 72 Abs 1 Syrisches Personalstatutgesetz legte die grundsätzliche Unterhaltspflicht des Mannes fest, die entfallen soll, wenn die Frau es trotz Aufforderung des Mannes ohne rechtfertigenden Grund ablehnt, zu diesem zu ziehen. Dieser Fall scheint - wie auch der Zusammenhalt mit Abs 2 leg. cit. (gerechtfertigter Grund, wenn der Mann die Morgengabe nicht bezahlt oder die Wohnung nicht eingerichtet hat) nahe legt - die wohl die erstmalige Aufnahme der häuslichen Gemeinschaft zu betreffen, und wäre in casu nicht einschlägig. Nach Art 75 leg. cit. verletzt die Frau ihre ehelichen Pflichten, wenn sie die gemeinsame Wohnung ohne rechtlichen Grund verlässt. Wo zuletzt diese gemeinsame Wohnung der Streitteile bestanden haben soll, ist schon in tatsächlicher Hinsicht zweifelhaft; immerhin hat die Antragstellerin nach der Geburt des Sohnes - über dessen Wunsch - bei den Eltern des Antragsgegners in Wien gewohnt, während sich dieser nur wenige Wochen dort aufhielt und sonst seiner Berufstätigkeit in Syrien nachging. Nach den erstgerichtlichen Feststellungen (S. 11 des erstgerichtlichen Beschlusses) wollte die Antragstellerin sogar mit dem Antragsgegner in Syrien zusammenleben, was dieser aber ablehnte und letztlich mit dem Kind nach Ägypten zog, wohin ihm wiederum die Antragstellerin nicht folgen wollte.
Rechtlich ist nach der vom Antragsgegner vorgelegten Judikatur zweifelhaft, in welchem Umfang und aufgrund welcher gesetzlicher Grundlage eine (generelle) Folgepflicht der Ehefrau anzunehmen ist (vgl E vom 24. 2. 2000, AZ: 514/2000) und wie eng oder weit der „rechtliche Grund" für ein Verlassen durch die Ehefrau gezogen wird (in der E Nr 1157 Grundlage 443 wird offenbar - auf freilich nicht erkennbarer Rechtsgrundlage - zwischen einem - den Unterhaltsanspruch erhaltenden - „Vertreiben" [= tatsächliches Hinauswerfen] durch den Mann und einem - anscheinend zum Unterhaltsverlust führenden - Verlassen wegen bloß schlechter Behandlung unterschieden). Gerade die vom Antragsteller als Rechtsmittelwerber vorgelegte Judikatur macht also im Zusammenhalt mit dem wohl nicht gewöhnlichen Verlauf der Lebensverhältnisse der Streitteile die Beurteilung nach ausländischen Recht überdurchschnittlich schwierig.
2.2. Soweit der Antragsgegner einen Unterhaltsanspruch nach syrischem Recht nur für eine bestimmte Wartezeit nach Scheidung für begründet hält (Art 83 f Syrisches Personalstatutgesetz), ist zu beachten, dass der Provisorialunterhalt ohnehin nur bis rechtskräftigen Beendigung des Scheidungsverfahrens gebührt. Dass die in Art 83 f leg. cit. genannten Frist schon ab der erstinstanzlichen Scheidungsausspruch und nicht erst nach dessen Rechtskraft gelten sollten, ist den genannten Bestimmungen und der vorliegenden ausländischen Judikatur nicht zu entnehmen.
Insgesamt zeigt sich damit, dass der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin dem Grunde nach nur durch eine umfassenden Erhebung von syrischer Rechtsprechung und Lehre nach ausländischem Recht beurteilt werden könnte; wenn das Rekursgericht dies nicht als Aufgabe des Provisorialverfahrens erkannt hat, dann ist dies - im Hinblick auf die besonderen Verhältnisse des vorliegenden Falls - nicht als grobe Fehleinschätzung zu werten.
3. Zur Höhe des Unterhaltsanspruchs hat sich das Rekursgericht auf eine Außerstreitstellung durch den Antragsgegner (AS 265) berufen; dass darin eine aufzugreifende Fehlbeurteilung dieser Prozesserklärung liege, macht der Antragsgegner in seinem Revisionsrekurs nicht (mehr) geltend.
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO (iVm §§ 402 Abs 4, 78 EO) ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.
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