OGH 5Ob74/05a

OGH5Ob74/05a20.9.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Dr. Hurch, Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Markus Orgler, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Luciano P*****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 18.753,20 s. A., über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 2. Dezember 2004, GZ 4 R 222/04f-29, womit das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30. Juni 2004, GZ 28 Cg 39/03a-23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.098 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin EUR 166,83 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO für zulässig erklärt, weil die Fragen, ob wichtige Gründe einen Gesellschafter einer GmbH im Stadium der Vorgesellschaft berechtigten, seine Mitwirkung am Entstehen der Gesellschaft durch Einzahlung der Stammeinlage zu verweigern und den Gesellschaftsvertrag aufzulösen und ob im konkreten Fall solche wichtigen Gründe bestanden haben, rechtserheblich im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO seien.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem Ausspruch des Berufungsgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 508a Abs 1 ZPO), ist die Revision des Beklagten nicht zulässig. Das ist wie folgt kurz zu begründen:

Zunächst steht den Revisionsausführungen zur vermeintlich unrichtig gelösten Frage der internationalen Zuständigkeit (inländische Gerichtsbarkeit) eine bindende Entscheidung über dieses Prozesshindernis entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung ist diese Bindung zu bejahen, wenn sich ein Gericht - sei es auch nur in den Entscheidungsgründen - mit dem Vorliegen der Prozessvoraussetzungen auseinandergesetzt und diese bejaht hat (vgl RIS-Justiz RS0035572 T 26, 27, 28, 31 ua). Hier haben sich beide Vorinstanzen mit der vom Beklagten erhobenen Einrede der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit beschäftigt und sie im Ergebnis übereinstimmend verworfen. Es ist dem Revisionswerber daher verwehrt, dieses Prozesshindernis in dritter Instanz erneut geltend zu machen.

In der Sache selbst hat das Berufungsgericht seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass der Beklagte durch die vorzeitige Auflösung des Gesellschaftsvertrages und die Weigerung, die Stammeinlage einzuzahlen, vertragliche Verpflichtungen aus der bereits bestehenden Vorgesellschaft verletzt und wichtige Gründe, die ihn zu diesem Vorgehen berechtigt hätten, nicht nachgewiesen habe. Er sei daher zum Ersatz der Gründungskosten verpflichtet. Gegen diese ausführlich dargelegte und mit zahlreichen Zitaten aus Judikatur und Lehre untermauerte Rechtsansicht bringt der Beklagte in seiner Revision nichts Stichhältiges vor; er hat für seine gegenteilige Rechtsauffassung auch keine Belegstelle aus Judikatur oder Schrifttum angeführt.

Nach § 2 GmbHG entsteht die GmbH „als solche" zwar erst mit ihrer Eintragung in das Firmenbuch; eine notwendige Vorstufe der GmbH ist jedoch die Vorgesellschaft, die mit dem Zeitpunkt ihrer Errichtung durch die notarielle Feststellung der Satzung im Gesellschaftsvertrag beginnt und mit der Eintragung im Firmenbuch als dem Zeitpunkt der Entstehung der Gesellschaft als juristische Person in diese übergeht (vgl 6 Ob 570/94 = JBl 1996, 528). Lehre und Rechtsprechung stimmen darin überein, dass durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags zwischen den Gründern im Innenverhältnis besondere Schutzpflichten und Treuepflichten entstehen, deren Verletzung zum Schadenersatz verpflichtet. Die wesentliche Gründerpflicht ist die Erbringung der vor der Anmeldung der Gesellschaft zu leistenden Einlagen an die Vorgesellschaft (RIS-Justiz RS0052720; SZ 72/32 u. a.). Der Anspruch auf Mitwirkung an der Vollendung der juristischen Person durch die Beseitigung aller Eintragungshindernisse beruht auf dem Gesellschaftsvertrag und steht somit den Gründern untereinander zu (6 Ob 570/94 unter Hinweis auf deutsche und österreichische Lehre). Bei der Verletzung dieser Verpflichtung greift bereits die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB; es wäre daher Sache des Beklagten gewesen, wichtige Gründe für sein objektiv pflichtwidriges Verhalten darzulegen.

Diesen Nachweis ist der Beklagte schuldig geblieben. Auf die die vom Berufungsgericht als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO gewertete Frage, ob und wie ein Vorgesellschaftsverhältnis recte aufzulösen ist, kommt es daher gar nicht an. Entscheidungsrelevant ist allein, dass der Beklagte die geschuldete Mitwirkung am Entstehen der GmbH verweigert hat die von ihm behaupteten „wichtigen Gründe" für sein pflichtwidrige Verhalten nicht feststellbar waren, auf der anderen Seite aber die klagende Partei bereits Gründungskosten getragen hat bzw zu deren Tragung verpflichtet und somit geschädigt ist.

Mit den Gründen, die der Beklagte zur Rechtfertigung seines Vorgehens anführte, hat sich das Berufungsgericht zwar beiläufig beschäftigt, sie aber insgesamt als nicht ausreichend für ein einseitiges Abstehen vom Gesellschaftsvertrag angesehen. Auf diese Rechtsausführungen näher einzugehen, erübrigt sich schon deshalb, weil sich auch der Revisionswerber mit ihnen nicht substanziell auseinandersetzt. Seine diesbezügliche „Rechtsrüge" beschränkt sich auf die Wiedergabe einzelner Tatsachenfeststellungen und ist insofern nicht gesetzesgemäß ausgeführt. Die begründungslose Bezeichnung einer Rechtsansicht des Berufungsgerichtes als unrichtig genügt den Anforderungen des Revisionsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht (vgl Zechner in Fasching2 Rz 32 zu § 503 ZPO mwN). Eine solche Rechtsrüge lässt die Überprüfung der im angefochtenen Urteil vertretenen Rechtsansicht gar nicht zu (vgl RIS-Justiz RS0043605; EvBl 1954/345; Zechner, aaO mwN).

Auch was die Bestreitung der Rechtswirksamkeit des Zustandekommens eines Gesellschaftsvertrags betrifft, ist die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie sich von den erstgerichtlichen Feststellungen in maßgeblichen Punkten entfernt (vgl S 22 und 31 des erstinstanzlichen Urteils).

Ob es tatsächlich zu einem Mietvertragsabschluss mit Herrn S***** kam oder die geltend gemachten Ansprüche aus der Verletzung vorvertraglicher Verpflichtungen resultieren, macht keinen rechtlichen Unterschied und stellt insbesondere auch keine erhebliche Rechtsfrage dar.

Insgesamt werden damit in der Revision des Beklagten keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt, was zur Zurückweisung der Revision zu führen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, weshalb ihr die Kosten der Revisionsbeantwortung als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung dienlich zu honorieren sind.

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