OGH 3Ob162/05b

OGH3Ob162/05b24.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Ä*****, vertreten durch Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in Linz, wider die verpflichtete Partei Z*****, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung, infolge von Rekursen beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 29. Juli 2004, GZ 37 R 188/04s-23, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 15. März 2004, GZ 23 E 561/04m-2, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs der betreibenden Partei wird zurückgewiesen.

Dem Rekurs der verpflichteten Partei wird dagegen Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Exekutionsantrag, der betreibenden Partei werde auf Grund des vollstreckbaren Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 8. Juli 2003, 4 Ob 112/03d, zur Erzwingung der Verpflichtung, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, Patienten gegen Entgelt an Dr. Thomas P***** zu vermitteln, wegen erneuter entgeltlicher Vermittlung am 26. November 2003 gegen die verpflichtete Partei die Unterlassungsexekution bewilligt und über diese eine Geldstrafe verhängt, a b g e w i e s e n wird.

Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei die Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar 1.463,28 EUR (darin enthalten 243,88 EUR USt) und 1.754,82 EUR (darin enthalten 292,47 EUR USt).

Text

Begründung

Aufgrund des im Spruch bezeichneten oberstgerichtlichen Urteils hat es die verpflichtete Partei im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, Patienten gegen Entgelt an einen namentlich genannten Zahnarzt zu vermitteln.

Zur Erwirkung dieser Unterlassung beantragte die betreibende Partei die Bewilligung der Exekution nach § 355 EO und die Verhängung einer Geldstrafe mit der Behauptung, die verpflichtete Partei vermittle trotz dieses Unterlassungsanspruchs erneut entgeltlich an den genannten Zahnarzt. Zum Beweis für ihre Behauptung berief sie sich auf einen beiliegenden Detektivbericht vom 7. November 2003.

Das Erstgericht stellte den Exekutionsantrag vorerst der betreibenden Partei zur Verbesserung durch Erstattung eines konkreten Vorbringens, wann die verpflichtete Partei dem Unterlassungsgebot zuwider gehandelt hat, zurück.

Die betreibende Partei fügte hierauf im Exekutionsantrag als Datum des behaupteten Zuwiderhandelns den 26. November 2003 ein.

Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution und verhängte über die verpflichtete Partei eine Geldstrafe von 5.000 EUR.

Infolge Rekurses der verpflichteten Partei hob das Gericht zweiter Instanz diese Entscheidung auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, dass der Entscheidungsgegenstand 4.000 EUR übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Nach Ansicht dieses Gerichts mache die verpflichtete Partei zu Recht geltend, dass im Exekutionsantrag keine konkreten und schlüssigen Behauptungen aufgestellt würden, aus denen sich ein Zuwiderhandeln der verpflichteten Partei ableiten lasse. Der angeführte Detektivbericht könne zwangsläufig über den später liegenden Tatzeitpunkt nichts aussagen. Darüber hinaus könnten beigelegte Urkunden und sonstige Bescheinigungsmittel die erforderlichen Behauptungen nicht ersetzen. Zwar liege im Akt noch ein weiterer Detektivbericht, in dem über einen Vorgang am behaupteten Tattag berichtet werde, auf diesen habe sich die betreibende Partei aber nicht berufen; auch sei nicht nachvollziehbar, wie und wann dieser Bericht in den Akt gelangt sei. Einem Exekutionsantrag nach § 355 EO, in dem bloß allgemein ein Zuwiderhandeln gegen den Exekutionstitel behauptet werde, fehle ein gesetzlich vorgeschriebenes Vorbringen nach § 54 Abs 3 EO. Demnach sei im fortgesetzten Verfahren der verpflichteten Partei Gelegenheit zur Verbesserung ihres Vorbringens zu geben.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil oberstgerichtliche Rsp zur Frage fehle, ob ein gesetzlich vorgeschriebenes Vorbringen auch bei mangelnder Angabe konkreter Tathandlungen im Exekutionsantrag nach § 355 EO fehle oder ob in einem solchen Fall die Schlüssigkeit mangle.

Rechtliche Beurteilung

I. Der gegen diese Entscheidung gerichtete Rekurs der betreibenden Partei (von ihr unrichtig als Revisionsrekurs bezeichnet) ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof gemäß § 78 EO iVm § 528 Abs 3 und § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch der zweiten Instanz mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Die betreibende Partei, die keine weiteren Ausführungen zur Zulässigkeit des Rechtsmittels iSd § 528 Abs 1 ZPO erstattet, vertritt entgegen der Ansicht des Rekursgerichts die Auffassung, sie habe in Wahrheit ohnehin einen Verstoß gegen den Exekutionstitel ausreichend konkret und schlüssig behauptet.

Soweit sie auch die Mitwirkung einer befangenen Richterin an der Entscheidung des Rekursgerichts geltend macht, ist auf die rechtskräftige negative Erledigung ihrer Ablehnung zu verweisen, weshalb die behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens nicht vorliegt.

Wie sich aus dem Rekurs der betreibenden Partei ergibt, bekämpft sie die Ansicht der zweiten Instanz gar nicht, bei mangelnder Konkretisierung der behaupteten Tathandlung sei ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Vielmehr vermeint sie, sie habe ohnehin ausreichend konkrete Behauptungen aufgestellt. Ob aber in einem Einzelfall eine ausreichend konkrete und schlüssige Behauptung titelwidrigen Verhaltens in einem Exekutions- oder Strafantrag aufgestellt wurde, ist keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO (3 Ob 17/90 = RZ 1990/62; RIS-Justiz RS0004745; RS0004662, zuletzt 3 Ob 302/04i). Angesichts der Tatsache, dass sich die betreibende Partei im vorliegenden Fall - abgesehen von der auf Verbesserungsauftrag hin erfolgten Einfügung eines behaupteten Tattages - mit der Wiederholung der Formulierungen des Urteilsspruchs begnügte, vermag sie eine Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz in keiner Weise aufzuzeigen.

II. Der Rekurs der verpflichteten Partei ist zulässig und berechtigt. Der betreibenden Partei wurde die Erstattung einer Rekursbeantwortung freigestellt, worin sie der Ansicht der zweiten Instanz für den Fall der Annahme einer von ihr bestrittenen Unvollständigkeit des Exekutionsantrags zustimmt.

Die verpflichtete Partei macht zu Recht geltend, dass der Exekutionsantrag ohne Durchführung eines (weiteren) Verbesserungsverfahrens abzuweisen ist.

Zwar kann entgegen ihrer Ansicht nicht gesagt werden, das Vorbringen im Exekutionsantrag sei widersprüchlich, weil das darin genannte Bescheinigungsmittel schon wegen dessen Datums nicht zur Bescheinigung des behaupteten Zuwiderhandelns dienen könne. Diese tatsächlich gegebene mangelnde Eignung zur Bescheinigung ist angesichts der fehlenden Pflicht zur Bescheinigung im Exekutionsantrag (stRsp, 3 Ob 101/81 = ÖBl 1983, 20; 3 Ob 64/90; RIS-Justiz RS0000709, T4 und T6; Klicka in Angst, EO § 355 Rz 11; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 355 Rz 14 je mwN) unerheblich.

Nach stRsp setzt die Bewilligung der Unterlassungsexekution nach § 355 EO voraus, dass ein Zuwiderhandeln des Verpflichteten gegen den Exekutionstitel nach Eintritt der Vollstreckbarkeit im Exekutionsantrag konkret und schlüssig behauptet wird (3 Ob 130/77 = SZ 51/19 = ÖBl 1978 106; RIS-Justiz RS0000709; 3 Ob 80/84 = SZ 57/137 = ÖBl 1985, 85 = RdW 1985, 42; RIS-Justiz RS0004747 [bejahende Bedingung der Vollstreckbarkeit]; ebenso Klicka, aaO; Höllwerth, aaO Rz 13 [und 20] je mwN).

Der Verpflichtete muss nämlich genau wissen, welches Zuwiderhandeln ihm vorgeworfen wird und so in der Lage sein, allenfalls seine Einwendungen gegen die Exekutionsbewilligung nach § 36 Abs 1 Z 1 EO erheben zu können (RIS-Justiz RS0000709). Nur ein Verhalten des Verpflichteten, welches eindeutig gegen das im Exekutionstitel ausgesprochene Unterlassungsgebot verstößt, rechtfertigt die Exekutionsschritte gemäß § 355 EO (RIS-Justiz RS0000595).

Die Frage, ob der Umstand, dass dieses Vorbringen fehlt oder für die Bewilligung der Unterlassungsexekution nicht ausreicht, zur sofortigen Abweisung des Exekutionsantrags führt oder dem betreibenden Gläubiger die Möglichkeit einer Verbesserung einzuräumen ist, wurde in der Rsp des Obersten Gerichtshofs bisher noch nicht abschließend beurteilt. Die hiefür maßgebliche Bestimmung ist § 54 Abs 3 EO, der durch die EO-Nov 1995 angefügt wurde. § 54 Abs 3 EO lautet: „Fehlt im Exekutionsantrag das gesetzlich vorgeschriebene Vorbringen oder sind ihm nicht alle vorgeschriebenen Urkunden angeschlossen, so ist der Schriftsatz zur Verbesserung zurückzustellen."

Für die hier allein zu beurteilende Behandlung von Anträgen auf Bewilligung der Unterlassungsexekution (§ 355 EO) ergibt sich für den Fall, dass ein Zuwiderhandeln gegen den Exekutionstitel im Exekutionsantrag überhaupt nicht behauptet wird, dass dieser Inhaltsmangel zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens führt. Die Abweisung eines Exekutionsantrags wegen gänzlichen Fehlens einer Behauptung des Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel ist erst nach erfolgloser Durchführung eines Verbesserungsverfahrens zulässig (vgl Jakusch in Angst, EO § 54 Rz 56; Höllwerth aaO Rz 35).

Für den Fall, dass der vom betreibenden Gläubiger im Exekutionsantrag behauptete Sachverhalt die Bejahung eines Verstoßes des Verpflichteten gegen den Exekutionstitel nicht ermöglicht, sieht § 54 Abs 3 EO kein Verbesserungsverfahren vor. Voraussetzung für eine inhaltliche Entscheidung über den Exekutionsantrag ist nämlich nicht, dass der betreibende Gläubiger vollständiges Vorbringen erstattet, in welcher Weise der Verpflichtete gegen den Exekutionstitel verstoßen hat. Dies gilt erstens für den Fall, dass der betreibende Gläubiger zwar konkretes und vollständiges Vorbringen erstattet hat, aus dem sich jedoch kein Verstoß des Verpflichteten gegen den Exekutionstitel ergibt. Die Unschlüssigkeit eines derartigen Vorbringens führt jedenfalls sogleich zur Abweisung des Exekutionsantrags, ohne dass zuvor ein Verbesserungsverfahren durchzuführen wäre (3 Ob 177/03f).

Dies wäre etwa dann der Fall, wenn der betreibende Gläubiger im vorliegenden Fall behauptet hätte, der im Titel genannte Zahnarzt selbst habe namentlich genannte Patienten an einem bestimmten Ort dazu überredet, zu ihm zu kommen. Dann würde es zwar nicht an der erforderlichen Konkretisierung des Vorwurfs fehlen, es würde damit aber kein Zuwiderhandeln durch die verpflichtete Partei behauptet und ebensowenig ein Vermitteln. Das Vorbringen müsste daher als unschlüssig beurteilt werden und der Strafantrag demnach abgewiesen werden.

Gleiches gilt dann, wenn zwar im Exekutionsantrag Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden, diese jedoch für die Bejahung eines Verstoßes gegen den Exekutionstitel nicht ausreichen. Die auf nicht ausreichende Tatsachenbehauptungen zurückzuführende Unschlüssigkeit des Exekutionsantrags führt ebenso zu einer Abweisung des Exekutionsantrags, ohne dass vorher ein Verbesserungsverfahren durchzuführen wäre. § 54 Abs 3 EO sieht - außer bei Fehlen vorgeschriebener Urkunden - bei Fehlen des gesetzlich vorgeschriebenen Vorbringens die Durchführung eines Verbesserungsverfahrens vor. Für den Antrag auf Bewilligung der Unterlassungsexekution ergibt sich jedoch weder aus § 54 Abs 1 EO noch aus einer anderen Bestimmung, dass die Schlüssigkeit der Tatsachenbehauptungen des betreibenden Gläubigers zu einem Zuwiderhandeln des Verpflichteten gegen den Exekutionstitel Voraussetzung für eine sachliche Erledigung im Sinn der Bewilligung der Unterlassungsexekution oder der Abweisung des Exekutionsantrags wäre. Wenn aber der Exekutionsantrag nach § 355 EO konkrete - wenngleich unvollständige - Behauptungen über das angebliche Zuwiderhandeln enthält und sie auch nicht derart unvollständig sind, dass eine sachliche Erledigung in jeder Hinsicht (also auch im abweisenden Sinn) ausgeschlossen ist, so ist das über den Exekutionsantrag entscheidende Gericht nicht verpflichtet, einen Verbesserungsversuch zu unternehmen, weil im Exekutionsantrag nicht iSd § 54 Abs 3 EO das gesetzlich vorgeschriebene Vorbringen fehlt, sondern diesem bloß die Schlüssigkeit mangelt (3 Ob 161/00y = EvBl 2001/113, in Angst/Jakusch/Mohr, EO14 § 54 E 138 unrichtig zitiert „3 Ob 61/00y").

Somit ergibt sich:

Der Antrag auf Bewilligung der Unterlassungsexekution (§ 355 EO) ist dann gemäß § 54 Abs 3 EO zur Verbesserung zurückzustellen, wenn Vorbringen zu einem Zuwiderhandeln des Verpflichteten gänzlich fehlt, nicht jedoch dann, wenn der Exekutionsantrag mangels Schlüssigkeit des Vorbringens abzuweisen ist; dies gilt sowohl dann, wenn sich aus einem an sich vollständigen Vorbringen kein Verstoß gegen den Exekutionstitel ergibt, als auch dann, wenn für die Bejahung eines Verstoßes gegen den Exekutionstitel wesentliche Tatsachen nicht konkret genug vorgebracht wurden.

Demnach ist dem Rekurs Folge zu geben und in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen der Exekutionsantrag sofort abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 EO iVm §§ 50, 41 ZPO. Der Ansatz nach TP 3B des RAT für Rekurse gegen erstinstanzliche Entscheidungen beträgt hier nur 813,60 EUR. Gerichtsgebühren sind für den Rekurs an den Obersten Gerichtshof gegen Aufhebungsbeschlüsse des Rekursgerichts nicht zu entrichten (Anm 1 zu TP 3 des GGG e contrario). Dem entsprechend sind die von der verpflichteten Partei verzeichneten Kosten zu kürzen.

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