OGH 9ObA91/05f

OGH9ObA91/05f3.8.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Kaszanits und Franz Gansch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. Michael B*****, Angestellter, *****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht, Dr. Gerhard Jöchl Kommandit-Partnerschaft, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 29.984,- brutto sA und Feststellung (EUR 36.000,-), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 16. März 2005, GZ 9 Ra 103/04i-30, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zur noch offenen Bonuszahlung für Jänner bis März 2003:

Mit seinen Ausführungen, wonach die Berechnung der Bonuszahlung ausschließlich auf der Grundlage des Maßes der Erreichung der persönlichen Zielvorgaben (und nicht auf der Grundlage der auf die Konzern- und Divisionsebene abstellenden Zielvorgaben) zu erfolgen habe, ignoriert der Revisionswerber sein eigenes Vorbringen über die Berechnung des von ihm geforderten Betrags: Schon in der Klage hat er klargestellt, dass seiner Berechnung der (mittlerweile rechtskräftig zugesprochenen) Bonuszahlung für 2002 die Zahlen der Beklagten über die Zielerreichung auf der Ebene der Division zu Grunde liegen. Für die Zeit bis März 2003 werde nach dem Ausfallsprinzip ein Viertel der auf diese Weise für 2002 errechneten Zahlung begehrt. Im seinem Schriftsatz ON 18 stellt er abermals klar, dass er von einer persönlichen Zielerreichung von 0 % ausgehe und bei seiner Berechnung nur die Zahlen der Beklagten angesetzt habe, obwohl er streng genommen nach dem Ausfallsprinzip auch die persönliche Erfolgskomponente hätte veranschlagen können.

Die dessen ungeachtet in der Revision vorgebrachte Kritik an der Abweisung des die Bonuszahlung für Jänner bis März 2003 betreffenden Klagebegehrens beruht auf einem Fehlverständnis des zur Begründung des Anspruchs ins Treffen geführten Ausfallsprinzips. Nach diesem Prinzip hat der Arbeitnehmer Anspruch auf jenes Entgelt, das er erhalten hätte, hätte er gearbeitet. Wie schon das Berufungsgericht richtig erkannt hat, bedeutet dies aber nicht, dass der Arbeitnehmer zwangsläufig das zuletzt bezogene (durchschnittliche) Entgelt auch für die Zeit des Unterbleibens der Dienstleistung erhalten muss. Entgelt, das der Arbeitnehmer auch dann nicht erhalten hätte, wenn er gearbeitet hätte, steht ihm naturgemäß auch für die Zeit der Dienstfreistellung nicht zu (siehe die dazu bereits vom Berufungsgericht zitierten Belegstellen). Zwar ist richtig, dass die Rechtsprechung den Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers hinsichtlich variabler Einkommensbestandteile (insb Provisionen) nach dem Durchschnittsprinzip berechnet (RIS-Justiz RS0109785; SZ 71/64). Dies steht aber mit dem eben Gesagten nicht in Widerspruch, sondern findet seine Ursache darin, dass regelmäßig eine andere Möglichkeit, die dem Arbeitnehmer durch die Dienstfreistellung entgehenden Einkünfte zu ermitteln, nicht besteht. Hier kann aber überhaupt nicht davon die Rede sein, dass die nach der Berechnung des Klägers maßgebenden Prämissen für den geforderten Bonus nicht oder nur schwer zu ermitteln sind: Der Kläger selbst stellt ja ausschließlich auf die Zielerreichung auf Konzernebene ab, sodass die maßgebenden Zahlen leicht - allerdings noch nicht zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz - ermittelbar sind. Unter Bezugnahme auf das Vorjahr wäre nur der Aspekt der Zielerreichung durch die persönlichen Leistungen des Klägers zu berücksichtigen. Gerade auf diesen Aspekt hat aber der Kläger im Verfahren ganz bewusst nicht abgestellt.

Die Überlegungen der Vorinstanzen, die zur Abweisung des den Bonus für 2003 betreffenden Begehrens führten, beruhen daher nicht auf einer unzulässigen Umdeutung oder Änderung der erstgerichtlichen Feststellungen, sondern ergeben sich ausschließlich aus der vom Kläger selbst vorgenommenen Berechnung dieses Anspruchs.

Zur Pensionsvereinbarung:

Die Auslegung einer Vereinbarung ist - von Fällen krasser Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz abgesehen - immer eine Frage des Einzelfalls und daher im Allgemeinen nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu rechtfertigen.

Auch hier geht es im Zusammenhang mit dem den Pensionsanspruch betreffenden Feststellungsbegehren des Klägers ausschließlich um die Auslegung der zwischen den Streitteilen geschlossenen Pensionsvereinbarung. Der Kläger stützte sich im gesamten Verfahren mit seinem Standpunkt, sein Pensionsanspruch sei auf Grund einer gegenüber § 7 BPG günstigeren Vereinbarung unverfallbar, auf den Umstand, dass er immer auf eine verbindliche Pensionszusage gedrängt habe, die sofort wirksam werde, und dass die Textierung der Pensionsvereinbarung zeige, dass diesem Wunsch Rechnung getragen worden sei. Dem hielten die Beklagte und - ihr folgend - das Berufungsgericht entgegen, dass der Kläger damit den Begriff der „Wartezeit" iSd § 7 Abs 2 BPG nicht vom Begriff der „Unverfallbarkeitsfrist" gemäß § 7 Abs 2 BPG unterscheide. Dass nach dem Verlauf der Vertragsverhandlungen und dem Wortlaut der Vereinbarung - dem Wunsch des Klägers entsprechend - keine Wartezeit vereinbart worden sei, treffe zu; dass die Parteien darüber hinaus die sofortige Unverfallbarkeit der Anwartschaften vereinbart hätten, sei der Vereinbarung hingegen nicht zu entnehmen.

Diese Auslegung der Vereinbarung durch die zweite Instanz ist keinesfalls unvertretbar. Dass eine andere Auslegung ebenfalls vertretbar ist, macht die Revision nicht zulässig (RIS-Justiz RS0044298; zuletzt etwa 8 Ob 101/02i). Der Hinweis des Klägers auf eine offenkundig in seinem Sinne zu Tage getretene Parteiabsicht ist durch den festgestellten Sachverhalt nicht gedeckt. Der Kläger bezieht sich dabei auf einen Formulierungsvorschlag eines von ihm beigezogenen Pensionsexperten. Dieser Vorschlag wurde aber nach den Feststellungen den für die Beklagte verhandelnden Personen nicht vorgelegt. Soweit der Kläger insofern von einem zulässigen In-Sich-Geschäfts spricht, ist ihm nicht zu folgen: Aus dem Umstand, dass er, nachdem er einen Vorschlag der Beklagten abgelehnt hatte, ermächtigt wurde, für die Erstattung eines Gegenvorschlags einen Experten beizuziehen, versucht er, unter Hinweis auf seine Position als Geschäftsführer abzuleiten, dass dieser (seinen Verhandlungspartnern nie vorgelegte) Vorschlag als unzweifelhafte Absicht beider Parteien anzusehen sei. Davon kann aber nicht die Rede sein, weil die beigezogenen Experten einen Gegenvorschlag des Klägers ausarbeiten sollten und daher jede Grundlage dafür fehlt, die - letztlich nicht in den Vorschlag eingeflossenen Formulierungen eines der beigezogenen Experten - als Absicht der Beklagten oder auch nur als für die Beklagte erkennbare Absicht des Klägers zu werten. Auf die „Unklarheitenregelung" des § 915 ABGB kann sich der Kläger schon deshalb nicht berufen, weil diese Regelung nur subsidiär zur Anwendung kommt, wenn die Auslegung nach § 914 ABGB zu keinem eindeutigen Ergebnis führt (RIS-Justiz RS0017951; zuletzt etwa 3 Ob 125/04k). Das Berufungsgericht hat aber hier - wenn auch nicht im vom Kläger gewünschten Sinn - ein eindeutiges Auslegungsergebnis erzielt, sodass § 915 ABGB von vornherein nicht zur Anwendung kommen kann. Dass dieses Auslegungsergebnis vertretbar ist, wurde bereits ausgeführt.

Auf den Einwand, das Berufungsgericht habe zu Unrecht eine Aufforderung gemäß § 473a ZPO unterlassen, braucht schon deshalb nicht näher eingegangen zu werden, weil ein derartiger Mangel des Berufungsverfahrens - so er gegeben wäre - nur im Falle seiner Relevanz beachtlich wäre (9 Ob 75/99s; 7 Ob 215/02x). Die Relevanz des behaupteten Mangels wird jedoch vom Revisionswerber nicht aufgezeigt: Er beruft sich lediglich darauf, dass das Berufungsgericht die erstgerichtlichen Feststellungen (und die ihnen zu Grunde liegenden Beweisergebnisse) umgewürdigt oder ignoriert habe, nach denen die Absicht des Klägers, keine Wartefrist zu akzeptieren immer klar gewesen und auch nie in Frage gestellt worden sei. Dieser Vorwurf trifft aber nicht zu. Vielmehr hat das Berufungsgericht diese Absicht des Klägers ohnedies unterstellt und die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung auch in diesem Sinne - nämlich im Sinne der Vereinbarung, dass keine Wartezeit abgewartet werden müsse - interpretiert. Es ging aber in - wie gezeigt - vertretbarer Weise davon aus, dass damit über die Frage der Vereinbarung der sofortigen Unverfallbarkeit der Anwartschaften nichts gesagt sei.

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