Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie - einschließlich der unbekämpft gebliebenen Teilabweisung eines Zinsenmehrbegehrens - insgesamt zu lauten haben wie folgt:
„Die Beklagte ist schuldig, den Klägern 170.204,21 EUR samt 4 % Zinsen aus 154.616,43 EUR seit 10. 4. 1999, aus 5.813,83 EUR seit 25. 4. 2000, aus 1.098,81 EUR seit 28. 6. 2001 sowie aus 9.773,95 EUR seit 25. 1. 2002 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Das Zinsenmehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, den Klägern 4 % Zinsen aus 154.616,43 EUR vom 25. 3. 1999 bis 9. 4. 1999 zu bezahlen, wird abgewiesen.
Die Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit 43.469,62 EUR bestimmten Verfahrenskosten (darin enthalten 8.298,92 EUR Barauslagen, 5.861,78 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit 18.607,15 EUR (darin enthalten 1.349,48 EUR USt, 10.511,60 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger betreiben ein Gestüt. Sie beschäftigen sich mit der Zucht, dem Training und dem Verkauf von Pferden. Sie konnten stets ausgezeichnete Zuchterfolge von bis zu 100 % erzielen.
Der Betrieb der Kläger wird einwandfrei - insbesondere die Hygiene betreffend - geführt. Er gilt als Vorzeigebetrieb. Die Kläger sorgen für die gynäkologische Untersuchung jeder einzelner Stute. Auch die Stallhygiene, die Stallluft, die Einstreuerneuerung und das Licht im Stall sowie die Bewegungsmöglichkeiten der Pferde außerhalb des Stalles sind ohne Beanstandungen. Es werden ständig Aufzeichnungen über jedes einzelne Tier und über alle Maßnahmen, die im Laufe des Deckgeschäftes notwendig sind, geführt.
Die Kläger standen mit der Beklagten seit über fünf Jahren in einem Vertragsverhältnis. Sie bezogen Hafer und Gerste ausschließlich von der Beklagten.
Die Lagerung der von der Beklagten gelieferten Ware erfolgte in zwei kubischen Blechsilos mit 2000 kg Fassungsvermögen für Hafer und 4000 kg für Gerste. Die Silos waren überdacht und vor äußeren Umwelteinflüssen geschützt. Die Futtermengen wurden ungefähr alle vier bis sechs Wochen nachbestellt. Das Kraftfutter wurde dazwischen „gesackt", somit in separaten Säcken bezogen. Auf diese Weise wurde gewährleistet , dass die Silos jeweils tatsächlich vollkommen geleert waren, ehe sie wieder aufgefüllt wurden.
Ohne jegliche Änderung der äußeren Bedingungen und trotz der angeführten Pflege und Haltungsmethoden wurde in den Jahren 1997 und 1998 ein dramatischer Rückgang an Fohlen verzeichnet. Die Zuchtquote sank unter 50 %. Sämtliche Bemühungen des Tierarztes, die Deckungsbereitschaft der Zuchtstuten zu normalisieren, blieben ergebnislos. Der betreuende Tierarzt bemerkte Auffälligkeiten: So zeigten die Stuten zum Teil keinen Zyklus. Sie wurden zur Zykluseinleitung medikamentös behandelt. Auf diese Behandlungen sprachen sie nicht an.
Die Suche nach möglichen Ursachen für die Fruchtbarkeitsprobleme wurde durch die sich nur langsam abzeichnende negative Entwicklung zusätzlich erschwert. Äußerlich zeigten die Pferde zunächst keinerlei Symptome. Das Verhalten der Stuten wurde als normal bewertet.
Die Stute „Metallica" hatte nach der Deckung am 2. 3. 1998 eindeutig Symptome einer erfolgreichen Befruchtung, jedoch blieb diese später erfolglos.
Die Stute „Emi" hatte im neunten Trächtigkeitsmonat einen Abortus. Die von den Klägern eingeleiteten Untersuchungen ergaben, dass die Abortusursache weder histologisch, noch virologisch oder bakteriologisch bedingt war. Eine traumatische Ursache konnte nicht festgestellt werden.
Die Stute „Esplanada" verlor ihre Trächtigkeit. Sie wurde von den Klägern um S 30.000,-- als Reitpferd in die Türkei verkauft. Ihr Wert als Zuchtpferd betrug S 130.000,- -.
Auf Grund der erfolglosen Therapiemaßnahmen schickten die Kläger Mitte 1998 schließlich Futterproben aus der Ernte 1997 an das Futtermittellabor der NÖ Landwirtschaftskammer Rosenau zur mikrobiologischen Untersuchung. Das Labor stellte fest, dass die Gerste in der Norm liegende Bakterien und Schimmelpilzkeimzahlen aufwies. Die Haferprobe war mit Stroh und Staub stark verunreinigt. In der Folge wurde ein Teil der Futterproben zwecks einer mykotoxikologischen Untersuchung an das Institut für Ernährung der veterinärmedizinischen Universität übermittelt.
Dort erfolgte eine Untersuchung auf Zearalenon. Dabei handelt es sich um einen giftigen, optisch nicht wahrnehmbaren und nicht riechbaren Feldpilz, der im Getreide, nicht jedoch im Heu vorkommt und bei Lagerungen keine bzw geringe Mengenverringerungen erfährt. Die Haferprobe ergab einen Zearalenongehalt von übr 100 Mikrogramm/kg, während die zweite Haferprobe ca 100 Mikrogramm/kg aufwies (vom Erstgericht ganz offensichtlich bloß irrtümlich mit „Nanogramm" pro kg bezeichnet - siehe Gutachten/E, auf welche sich das Erstgericht bezieht, iVm/C). Die Gerstenprobe blieb unbeanstandet. Der Hafer selbst sah optisch völlig normal aus.
Der Zweitkläger verständigte die Beklagte von den Probenentnahmen.
Für Zearalenon gibt es für Pferde keine gesetzlichen Grenzwerte. Ab 1998 bestehen Grenzwerte für Alleinfuttermittel für Schweine.
Über die Wirkung von Zearalenon bei Pferden liegen nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen vor.
Zearalenon führt zur Beeinträchtigung der Gesundheit bei Tierarten mit einhöhligen Magensystemen. Futterverweigerung und Fertilitätsstörungen wurden vor allem bei Sauen in den letzten 20 Jahren problemlos nachgewiesen.
Eine Menge des Zearalenon im Ausmaß von 0,05 bis 0,1 parts per million ( ppm - parts per million - entspricht 50 bis 100 Mikrogramm/kg - auch hier liegen offenkundige und korrekturfähige Schreibfehler des Erstgerichtes vor - siehe /B und /E und Gutachten ON 19; woraus sich eindeutig ergibt, dass ppb - parts per billion - einem Mikrogramm je kg Futter entspricht) ) kann die Fruchtbarkeit von Jungsauen beeinflussen.
Es ist davon auszugehen, dass die Östrogenewirkung von Zearalenon auch bei Stuten eintritt, sodass mit den hier auch festgestellten Folgen zu rechnen ist. Bei der Fütterung von Zuchtstuten sollte der Zearalenongehalt 50 ppb (50 Mikrogramm per kg) nicht überschreiten.
Allerdings war es bis 1998 nicht üblich, derartige Untersuchungen nach Zearalenon durchführen zu lassen.
1996 bis November 1998 belieferte die Beklagte keine anderen Pferdegestüte als jenes der Kläger.
Die Beklagte selbst führte keine gezielten Untersuchungen auf einen Feldpilzgehalt durch. Sie verlangte dies allerdings vom Lagerhaus „Vitis", das die Beklagte mit Hafer belieferte. Den den Kläger gelieferten Hafer bezog die Beklagte ausschließlich von den Lagerhäusern Ebreichsdorf, Guntramsdorf oder Sittendorf.
Nach dem Absetzen der von der Beklagten bezogenen Futtermittel Ende 1998 normalisierten sich die Rosse und die Fertilität der Zuchtstuten.
Die Fertilitätsprobleme beruhten auf der Verunreinigung des von den Klägern bei der Beklagten gekauften Hafers.
Im klagegegenständlichen Zeitraum ist ein Ausfall von 18 Fohlen zu verzeichnen. Das führt zu einem Verdienstentgang der Kläger von insgesamt EUR 146.880,85. Der Verlust durch den notwendigen Verkauf der Stute Esplanada, die nicht mehr trächtig wurde, betrug EUR 7.267,44. Im Jahr 1997 entstanden Veterinärmehrkosten von EUR 8.013,77; im Jahr 1998 von EUR 1.332,72. Den Kläger entstand ein frustrierter Aufwand für - aus dem Ausland eingeflogenes - Gefriersperma in Höhe von EUR 5.884,04 und frustrierte Transportkosten für zugekaufte Hengstsamen von EUR 825,53.
Die Kläger begehren zuletzt (ON 46) Ersatz von EUR 170.204,21 für die oben angeführten Schäden. Die Beklagte sei aus dem Kaufvertrag zur Lieferung von einwandfreiem Hafer verpflichtet gewesen. Der von der Beklagten gelieferte Hafer habe das Pilzgift Zearalenon enthalten, das Fruchtbarkeitsstörungen hervorgerufen habe. Die Kläger hätten ausschließlich von der Beklagten Hafer bezogen. Der Beklagten sei bewusst gewesen, dass die Kläger Pferdezüchter seien und dass Feldpilzkontaminierungen zur Unfruchtbarkeit führen könnten. Dennoch habe die Beklagte weder den vom Raiffeisenlagerhaus Guntramsdorf noch den vom Raiffeisenlagerhaus Ebreichsdorf bezogenen Hafer auf Toxine untersucht oder untersuchen lassen. Nur der vom Lagerhaus Vitis zugekaufte Hafer sei untersucht worden. Die Beklagte habe daher nicht ausreichend Sorge getragen, einwandfreien Futterhafer für das Zuchtgestüt der Kläger zu liefern.
Die Beklagte wendet ein, die Kläger hätten die Futtermittel für ihr Gestüt nicht zur Gänze von der Beklagten bezogen. Die Kläger hätten niemals eine besondere Qualität des Futterhafers verlangt. Es wäre den Klägers jederzeit möglich gewesen, besonders geprüften „Qualitätshafer" zu bestellen. Der den Klägern gelieferte Hafer habe qualitativ hervorragende Eigenschaften aufgewiesen. Von Feldpilzen sei der Hafer nicht befallen gewesen. Der gelieferte Hafer habe den einschlägigen rechtlichen Vorschriften entsprochen. Selbst wenn man unterstelle, dass der von der Beklagten gelieferte Hafer mit Zearalenon kontaminiert gewesen sei, habe dies keinerlei Auswirkungen auf die Fertilität der Pferde der Kläger gehabt. Es sei richtig, dass die Problematik „Zearalenon" in Futtermitteln seit Jahrzehnten bekannt sei. Allerdings seien Beeinträchtigungen der Gesundheit von Tieren durch die Aufnahme von Zearalenon nur bei Tierarten mit einem einhöhligen Magensystem, wie Schweinen, Geflügel und Labortieren nachgewiesen. Ganz anders verhielten sich Tierarten mit einem mehrhöhligen Magensystem. Die Untersuchung des Hafers durch das Lagerhaus Vitis sei nicht auf Verlangen der Beklagten zurückzuführen. Es sei nicht üblich, normalen Futterhafer aus den Anbaugebieten der Beklagten auf alle Toxine untersuchen zu lassen. Es habe keinerlei Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Hafer mit Toxinen kontaminiert sei. Eine Kontaminierung hätte bei Lieferungen an Schweinezuchtbetriebe auffallen müssen. Wäre es allerdings allgemein bekannt gewesen, dass eine Kontaminierung mit Zearalenon Fruchtbarkeitsstörungen auch bei Pferden hervorrufen könne, hätten dies ebenso die Kläger - die daher ein Mitverschulden träfe - wie auch der Tierarzt wissen müssen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im Umfang von EUR 85.102,10 sA statt und wies das Mehrbegehren von EUR 85.102,10 - ebenso implizit ein Zinsenmehrbegehren (Zinsenlauf 25. 3. 1999 bis 9. 4. 1999) - ab.
Es traf über die eingangs wiedergegebenen Feststellungen die Feststellung, dass der Beklagten bewusst war, dass Feldpilze Fruchtbarkeitsstörungen auch bei Pferden verursachen (S 18 der erstgerichtlichen Urteilsausfertigung).
Rechtlich ging das Erstgericht zusammengefasst davon aus, dass den Klägern gelungen sei, die Kausalität des von der Beklagten gelieferten, mit Zearalenon kontaminierten Hafers für die eingetretenen Fertilitätsstörungen nachzuweisen. Die Lieferung kontaminierter Futtermittel habe nicht dem Kaufvertrag zwischen den Streitteilen entsprochen. Es bestehe daher ein objektiv sorgfaltswidriges und kausales Verhalten der Beklagten. Gemäß § 1298 ABGB müsse die Beklagte den Entlastungsbeweis antreten. Dieser sei im Hinblick darauf nicht gelungen, dass der Beklagten die Problematik um Zearalenon bekannt gewesen sei. Die Beklagte habe daher jedenfalls für ihr Verschulden einzustehen. Allerdings sei ihr Mitverschuldenseinwand beachtlich. Es wäre auch den Klägern möglich gewesen, früher auf die Umstände zu reagieren und Futtermitteluntersuchungen einzuleiten. Es sei von einem jeweils 50 %-igen Verschulden auszugehen.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von den Klägern erhobenen Berufung nicht Folge; der Berufung der Beklagten gab es Folge und änderte das angefochtene Urteil im Sinne einer gänzlichen Klageabweisung ab, wobei es aussprach, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Das Berufungsgericht übernahm zwar in Erledigung der Beweisrüge der Beklagten die Feststellungen des Erstgerichtes, gab allerdings der Feststellung des Erstgerichtes, wonach der Beklagten bewusst war, dass Feldpilze Fruchtbarkeitsstörungen auch bei Pferden verursachen, eine andere Deutung: Im Hinblick auf den Hinweis des Erstgerichtes auf das Schreiben der Beklagten vom 20. 7. 1999, Blg/CC, ging das Berufungsgericht davon aus, dass eine Kenntnis der Beklagten in dem vom Erstgericht verstandenen Sinn für den maßgeblichen Lieferzeitraum nicht abgeleitet werden könne.
Rechtlich hielt das Berufungsgericht den Ausführungen in der Berufung der Beklagten zur Zulässigkeit des Anscheinsbeweises entgegen, dass das Erstgericht positiv und ohne Zuhilfenahme des „prima-facie-Beweises" feststellte, dass die Fertilitätsstörungen bei den Stuten der Kläger nach Fütterung des von der Beklagten gekauften pilzbefallenen Hafers nach einiger Zeit einsetzten und nach Absetzen der Fütterung mit diesem Hafer wieder verschwanden. Die Kausalität des kontaminierten Hafers für den Schaden sei somit erwiesen. Das habe mit der Frage der Beweiserleichterung des sogenannten „prima-facie-Beweises" nichts zu tun.
Allerdings teilte das Berufungsgericht die Auffassung der Beklagten, dass sie kein Verschulden an der Schlechtlieferung treffe: Zum maßgeblichen Lieferzeitpunkt habe es für Pferde keine gesetzlichen Grenzwerte bezogen auf Zearalenon gegeben. Wissenschaftliche Untersuchungen, die einen Nachweis erbracht hätten, dass Zearalenon auf Pferde eine fruchtbarkeitsmindernde Wirkung ausübe, seien zum maßgeblichen Zeitpunkt ebenfalls nicht vorgelegen. Es sei nach den Feststellungen bis 1998 auch nicht üblich gewesen, an Pferde zu verfütternden Hafer auf Zearalenon zu untersuchen. Zu den maßgeblichen Lieferzeitpunkten habe die Beklagte noch nicht davon ausgehen müssen, dass Zearalenon auch bei Pferden zu Fertilitätsstörungen führe. Diese Tatsache sei offenbar erst durch den konkreten Anlassfall bekannt geworden.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Klägern erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil es einer Auseinandersetzung damit bedarf, welcher Sorgfaltsmaßstab an einen Händler landwirtschaftlicher Produkte (hier: Futtermittel) anzulegen ist. Die Revision ist auch berechtigt.
Entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung ist den Klägern der sie treffende Beweis der Kausalität für den Schadenseintritt gelungen: Das Erstgericht stellte - vom Berufungsgericht übernommen - ausdrücklich fest, dass die bei den Stuten der Kläger aufgetretenen Fertilitätsprobleme auf der Verunreinigung des von den Klägern bei der Beklagten gekauften Hafers beruhten. Dabei handelt es sich um eine positive Sachverhaltsfeststellung, die ohne Zuhilfenahme der Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises (Rechberger in Fasching/Konecny² III vor § 266 ZPO Rz 59) getroffen wurde. Liegt aber eine positive Sachverhaltsfeststellung vor, bedarf es weder eines Rückgriffs auf die Anwendung von Beweislastregeln (vgl 10 ObS 109/03g mwN) noch einer Auseinandersetzung mit der (Rechts-)Frage (siehe Rechberger aaO Rz 67 mwN) der Zulässigkeit des Anscheinsbeweises.
Die Kläger haben somit die Verursachung des in der Verminderung des Zuchterfolges gelegenen Vermögensnachteiles durch die Verfütterung des von der Beklagten gelieferten Futtermittels bewiesen. Dass die Lieferung des mit Zearalenon kontaminierten Hafers nicht dem Kaufvertrag entsprach und daher rechtswidrig war, bedarf keiner Erörterung ( 6 Ob 566/92). Auch bei Schlechterfüllung eines Vertrages tritt die Beweislastumkehr des § 1298 ABGB ein (RIS-Justiz RS0026297). Für den Sorgfaltsmaßstab ist § 1299 ABGB maßgebend. Den Händler trifft dabei im Allgemeinen nur die Pflicht zur Kontrolle der gehandelten Ware und zur notwendigen Aufklärung. Das Berufungsgericht hat grundsätzlich richtig erkannt, dass das Ausmaß der Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden darf. So wäre es wirtschaftlich sinnlos, wenn nicht nur der Fabrikationsbetrieb, sondern jeder einzelne Zwischenhändler kostspielige Maßnahmen zur Kontrolle der Produkte treffen müsste (SZ 54/116 = JBl 1982, 534; 10 Ob 74/04m). Allerdings ergibt sich durch die gebotene Anwendung des § 1299 ABGB, dass nicht auf den Sorgfaltsmaßstab des Durchschnittsmenschen, sondern auf die übliche Sorgfalt jener Personen abzustellen ist, die derartige Tätigkeiten ausüben. Entscheidend ist der Leistungsstandard der betreffenden Berufsgruppe (SZ 54/116 = JBl 1982, 534; RIS-Justiz RS0026535).
Die - richtige - Aussage insbesondere in der Entscheidung SZ 54/116 = JBl 1982, 534, dass es wirtschaftlich sinnlos wäre, wenn nicht nur der Fabrikationsbetrieb, sondern jeder einzelne Zwischenhändler kostspielige Maßnahmen zur Kontrolle der Produkte treffen müsste, trifft aber gerade auf den hier zu beurteilenden Fall des Handels mit aus im Regelfall von bäuerlichen Betrieben stammenden Futtermitteln (hier: Hafer) nicht zu. Die insofern behauptungs- und beweispflichtige Beklagte hat sich auch gar nicht darauf berufen, dass ihr die Unterlassung technisch möglicher und wirtschaftlich vertretbarer Untersuchungen des von ihr verkauften Hafers nicht zumutbar gewesen wäre (6 Ob 566/92). Sie hat lediglich eingewendet, dass mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen von Tieren durch die Aufnahme von Zearalenon nur bei Tierarten mit einem einhöhligen Magensystem nachgewiesen seien, dass es nicht üblich sei, normalen Futterhafer aus den Anbaugebieten der Beklagten auf alle Toxine untersuchen zu lassen und dass es keine Anhaltspunkte dafür gegeben habe, dass der Hafer mit Toxinen kontaminiert sei.
Allerdings stellte das Erstgericht fest, dass die „Zearalenon-Problematik" zumindest bei Schweinen bekannt war und Fertilitätsstörungen vor allem bei Sauen in den letzten 20 Jahren problemlos nachgewiesen werden konnten. Der von der Beklagten hervorgehobene Umstand, negative Auswirkungen auf Pferde seien nicht bekannt gewesen, kann sie nicht entlasten: Nur weil entsprechende Auswirkungen auf Pferde zum Lieferzeitpunkt noch nicht bekannt waren, hätte die Beklagte als fachkundige Händlerin im Hinblick auf die von ihr selbst zugestandene Kenntnis der Problematik im Zusammenhang mit Schweinen und Geflügel nicht ausschließen dürfen, dass Feldpilzbefall auch auf Pferde negative Auswirkungen haben kann. Ein konkret substantiiertes Vorbringen, warum die Beklagte nicht damit rechnen musste, dass der von ihr gelieferte Hafer kontaminiert sei, wurde nicht erstattet. Der Händler landwirtschaftlicher Produkte kann sich nicht dadurch entlasten, dass er darauf verweist, dass bisher negative Auswirkungen nicht bekannt gewesen seien. Vielmehr müsste der Händler nachweisen, dass eine Kontaminierung mit Zearalenon entweder in höchstem Grade unwahrscheinlich gewesen sei oder aber dass eine Beeinträchtigung der Stuten durch die Verfütterung von mit Zearalenon kontaminiertem Hafer mit hoher Wahrscheinlichkeit nach dem damaligen Wissensstand keine Auswirkungen hatte. Die bloße Nichtkenntnis allfälliger Auswirkungen entlastet die Beklagte, die jeder diesbezügliche Zweifel trifft, unter den gegebenen Umständen (Kenntnis negativer Auswirkungen des Feldpilzes auf andere Tierarten) nicht. Selbst unter Außerachtlassung der vom Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung „umgedeuteten" Feststellung des Erstgerichtes, dass der Beklagten bewusst war, dass Feldpilze Fruchtbarkeitsstörungen auch bei Pferden verursachen können, ist daher hier davon auszugehen, dass es der behauptungs- und beweispflichtigen Beklagten nicht gelungen ist, nachzuweisen, dass ihr entsprechende Fruchtbarkeitsstörungen nicht hätten bekannt sein müssen. Erstattet daher der Händler von Futtermitteln, die Gesundheitsbeeinträchtigungen (hier: Fertilitätsstörungen) hervorrufen, kein Vorbringen, aus welchem abzuleiten ist, dass ihm die Untersuchung des von ihm verkauften Futtermittels auf Giftstoffe nicht zumutbar gewesen wäre, ist ihm der Entlastungsbeweis gemäß § 1298 ABGB nicht gelungen. Der zuletzt im Verfahren erstattete Einwand der Beklagten, die Kläger treffe ein Mitverschulden, ist unberechtigt: Die Beklagte selbst hat bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz und auch noch im Rechtsmittelverfahren vehement die Kausalität bestritten und insbesondere behauptet, dass Zearalenon auf Pferde überhaupt keine Auswirkungen habe. Die Kläger ihrerseits haben nach den Feststellungen Mitte 1998 eine Untersuchung des Futters veranlasst und davor verschiedene Maßnahmen (insbesondere tierärztliche) unternommen, um den Fertilitätsstörungen auf den Grund zu gehen. Der im Sinn einer Verletzung der Schadensminderungspflicht zu verstehende Einwand des Mitverschuldens ist nicht gerechtfertigt: Die Kläger haben nach den Feststellungen bis zur Untersuchung des Hafers verschiedene konkrete Maßnahmen ergriffen. Es bestand zunächst kein Grund, die Ursache der Fertilitätsstörungen im Hafer zu vermuten. Die Suche nach möglichen Ursachen für die Fruchtbarkeitsprobleme war durch die sich nur langsam abzeichnende negative Entwicklung zunächst erschwert. Nachdem sich die Therapiemaßnahmen als erfolglos erwiesen, schickten die Kläger Futterproben aus der Ernte 1997 zur mikrobiologischen Untersuchung. Wenn daher den Klägern überhaupt „ein Mitverschulden" anzulasten ist, stellt sich dieses jedenfalls im Hinblick auf das der Beklagten vorwerfbare Verhalten als gänzlich vernachlässigbar dar.
Zur Schadenshöhe beanstandete die Beklagte im Berufungsverfahren nur noch, dass der Abortus der Stute „Emi" im neunten Trächtigkeitsmonat nicht auf den kontaminierten Hafer zurückzuführen sei.
Allerdings stellte das Erstgericht ausdrücklich und vom Berufungsgericht übernommen fest, dass die Fertilitätsprobleme auf der Verunreinigung des Hafers beruhen. Diese Feststellung bezieht sich eindeutig auch auf den Abortus der Stute „Emi".
Dass der von den Klägern geltend gemachte Aufwand für Gefriersperma und Transportkosten (EUR 5.884,04 + EUR 825,53) frustriert war, also nicht entstanden wäre, hätte die Beklagte keinen kontaminierten Hafer geliefert, wurde von der Beklagten weder im erstinstanzlichen Verfahren noch im Berufungsverfahren bestritten. In der Berufung wendete die Beklagte sich ausschließlich dagegen, dass die Zweckmäßigkeit dieser schadensmindernden Maßnahmen der Kläger nicht erwiesen sei. Allerdings ist es den Klägern gelungen, den tatsächlichen Schaden (frustrierter Aufwand) nachzuweisen. Es wäre Sache der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren gewesen, den Nachweis zu führen, dass die Kläger in diesem Umfang ihre Schadensminderungspflicht verletzten, also Maßnahmen setzten, die zur Behebung der Fertilitätsstörungen der Stuten nach dem damaligen Horizont nicht zweckentsprechend waren. Ein entsprechendes Vorbringen hat die Beklagte jedoch in erster Instanz nicht erstattet.
Daraus folgt, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattzugeben ist. Die Abweisung eines Teiles des Zinsenbegehrens durch das Erstgericht ließen die Kläger bereits im Berufungsverfahren unbekämpft. Die Beklagte ihrerseits wendete sich in der Berufung nicht gegen den Zinsenlauf in der vom Erstgericht zugesprochenen Form. Mit Ausnahme der rechtskräftig gebliebenen Abweisung eines Teiles des Zinsenbegehrens (Zinsenlauf bis 9. 4. 1999) waren daher Zinsen in der zuletzt begehrten Höhe (siehe ON 46 Band I) zuzusprechen.
Die Entscheidung über die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gründet sich auf §§ 41, 43 Abs 2, 50 ZPO: Das Unterliegen der Kläger mit einem geringen Teil des Zinsenbegehrens ist unter § 43 Abs 2 ZPO zu subsumieren. Die im Wesentlichen Urkundenvorlagen bzw Beweisanträge enthaltenden Schriftsätze der Kläger ON 28, 32, 46 und 55 waren nur nach TP 2 des RAT zu honorieren. Der Ansatz in der geltend gemachten erstinstanzlichen Pauschalgebühr war zu korrigieren. Der Schriftsatz ON 59 diente ebenso wie der Schriftsatz ON 66 nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung: Zum Ablehnungsantrag der Kläger bezüglich eines Sachverständigen (ON 66) ist darauf zu verweisen, dass dieser Ablehnungsantrag (siehe S. 24 in ON 71) ausdrücklich zurückgezogen wurde. Der Schriftsatz ON 80 enthält lediglich nicht zweckentsprechende Erörterungen der Kläger zu vorliegenden Beweisergebnissen und ist demnach nicht zu honorieren. Bei Zuspruch der den Klägern entstandenen Barauslagen war zu berücksichtigen, dass die von den Klägern erlegten Kostenvorschüsse, soweit sie nicht verbraucht wurden, zurücküberwiesen wurden (ON 85). Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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