Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit EUR 1.063,80 (hierin enthalten EUR 177,30 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulassung der Revision nicht gebunden; gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO kann sich die Zurückweisungsbegründung in einem solchen Fall auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
Die Parteien schlossen einen Haftpflichtversicherungsvertrag für Vermögensschäden ab, dem die AVBV zugrunde lagen. Art 4 I lautet:
„Ausschlüsse
I. Der Versicherungsschutz bezieht sich nicht auf Haftpflichtansprüche....
3. Wegen Schadensstiftung durch wissentliches Abweichen vom Gesetz, Vorschrift, Anweisung oder Bedingung des Machtgebers (Berechtigten) oder durch sonstige wissentliche Pflichtverletzung."
Das Berufungsgericht hat die Revision trotz ausdrücklich zugestandener zahlreich bestehender oberstgerichtlicher Judikatur zu den Pflichten eines Treuhänders im Zusammenhang mit der Abwicklung eines Liegenschaftsverkaufes einerseits sowie der regelmäßigen Einstufung derartiger Haftungsfälle als Einzelfallentscheidung andererseits mit der Begründung zugelassen, dass „aus der Sicht des Berufungsgerichtes im Hinblick auf die offenkundige Vielzahl der unter Zugrundelegung der zwischen dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag und der Bundessektion Geld-, Kredit- und Versicherungswesen vereinbarten Allgemeinen Bedingungen für die treuhändige Abwicklung von Immobilientransaktionen oder ähnlich lautender Bedingungen übernommenen Treuhandschaften eine Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof geboten (sei), welche Anforderungen an die Sicherstellung der Erfüllung der Treuhandauftrages, die der Auszahlung der Treuhandgelder mangels anderer Vereinbarung voranzugehen hat, zu stellen sind."
Hiezu ist Folgendes zu erwidern:
Nach den maßgeblichen, vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Erstgerichtes hat sich der Kläger als damaliger Rechtsanwalt trotz Übernahme der persönlichen Haftung für die Einhaltung der Anweisungen seines Treugebers (Bausparkasse) sich über diese dadurch wissentlich hinweggesetzt, dass er
- obwohl vorgesehen war, den Kaufpreis (für zwei vom Käufer D***** erworbene Eigentumswohnungen) erst an die Verkäuferin (und spätere Gemeinschuldnerin Firma S*****) nach Verbücherung des Kaufvertrages samt Schuld- und Pfandbestellungsurkunde zu Gunsten der Bausparkasse im ungeteilten ersten Rang sowie Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes gemäß § 24a WEG, nach Möglichkeit nachrangig nach dem Pfandrecht der Bausparkasse, zur Überweisung zu bringen;
- obwohl die Richtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes verlangen, das bei einer derartigen treuhändischen Abwicklung die dem Kläger bekannten Allgemeinen Bedingungen für die treuhändige Abwicklung von Immobilientransaktionen anzuwenden sind, gemäß deren Punkt 4 er das Treuhandgeld (mangels abweichender schriftlicher Vereinbarung) nur dann ausfolgen hätte dürfen, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung des Treuhandauftrages auf Grund ihm vorgelegter Urkunden sichergestellt gewesen wäre;
das am 18. 2. 1997 bei ihm eingetroffene Treuhandgeld am selben Tag an die Verkäuferin weiter leitete.
- Zu diesem Zeitpunkt verfügte er weder über Urkunden für eine Verbücherung des Kaufvertrages noch über eine Rangordnung dafür oder für die Verbücherung der Schuld- und Pfandbestellungsurkunde im ersten Rang noch über eine solche Erklärung der Verkäuferin und auch nicht über die Voraussetzungen für die Anmerkung der Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes gemäß § 24a WEG verfügte;
- weiters war ihm damals bekannt, dass das Eigentum der Verkäuferin noch gar nicht verbüchert war (ohne dass er auch dazu über Urkunden verfügte, etwa einen Vertrag der Firma S***** über den Ankauf oder eine Rangordnung ihres noch eingetragenen Verkäufers);
- vielmehr begnügte er sich diesbezüglich mit der unüberprüften mündlichen Information eines Notars, die Firma S***** sei Käuferin der Liegenschaft und er (der Notar) habe eine Rangordnung und würde dafür Sorge tragen, dass kleinere Lasten des Voreigentümers gelöscht würden („eine Garantieerklärung gab der Notar diesbezüglich jedoch nicht ab"),
- was letztlich zur Folge hatte, dass das Pfandrecht der Bausparkasse lediglich im dritten Rang einverleibt werden konnte. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass es sich bei der Vorgangsweise, unter Missachtung der Treuhandbedingungen Treugelder sofort an die Verkäufergruppe der Firma S***** weiter zu leiten, um eine seit vielen Jahren gepflogene Geschäftspraxis (im Geschäftsumfang von rund 100 Mio S) handelte, der sich der Kläger unterwarf, weil deren Aufträge zur Errichtung solcher Kaufverträge für ihn ein „lukratives Geschäft" darstellten, wobei Geldauszahlungen durch ihn an Vertreter der S*****-Gruppe sogar an solche mit ihm „nicht eindeutig bekannten Funktionen durch auf den Inhaber ausgestellte Anweisungen auf Auszahlung der Gelder aus dem Treuhandkonto" erfolgten.
Bei der Frage, ob ein Rechtsanwalt bei der Abwicklung einer Treuhandschaft seinen hohen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist, handelt es sich stets um einen Einzelfall, da es immer auf die jeweilige konkrete Vereinbarung und dem konkreten Lebenssachverhalt ankommt (RIS-Justiz RS0107573; zuletzt 10 Ob 309/02t). Für den Verstoß nach Art 4 I Z 3 AVBV - für dessen Vorliegen den Versicherer die Beweislast trifft (RIS-Justiz RS0080122) - genügt, dass der Versicherungsnehmer seine Pflichtverletzung(en) positiv gekannt hat und der Pflichtenverstoß für den Schaden ursächlich war (7 Ob 134/98a; RIS-Justiz RS0081984). Dass das Wort „wissentlich" sich nur (wie der Wortlaut der AVB eindeutig erhellt) auf das Abweichen ua von den Bedingungen des Machtgebers samt sonstigen Pflichtverletzungen erstrecken und nicht auch die Schadensfolgen umfassen muss, hat der Oberste Gerichtshof erst jüngst zu 7 Ob 83/04p (zum vergleichbaren Art 4. 1.3 ABVN) ausführlich dargetan und (auch rechtsvergleichend) begründet. Die weitwendigen Ausführungen im Revisionsschriftsatz vermögen daran nichts zu ändern, außer dass sie vom (untauglichen) Versuch geprägt sind, seine eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Verhaltensweisen zu Lasten der nunmehr in Anspruch genommenen beklagten Versicherung zu beschönigen. Der Revisionswerber übersieht, dass Art 4 I Z 3 AVBV stellt eine Verschärfung des abdingabren § 152 VersVG (vgl SZ 63/93) zu Lasten des Versicherungsnehmers dar. Darin hat sich der Versicherer bei Verletzung vereinbarter Obliegenheiten, durch den Versicherungsnehmer Leistungsfreiheit vorbehalten. Für die Leistungsfreiheit des Versicherers bei Obliegenheitsverletzung bedarf es daher nicht, dass vom Vorsatz des Versicherungsnehmers auch die Schadensfolgen mitumfasst waren (7 Ob 83/04p mwN; 7 Ob 134/98a; 7 Ob 119/05h).
Auch aus den vom Revisionswerber herangezogenen Entscheidungen 7 Ob 3/92 und 7 Ob 23/74 ist nichts für seinen Standpunkt zu gewinnen. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision damit als unzulässig zurückzuweisen. Der Umstand, dass es eine „offenkundige Vielzahl" von treuhänderischen Liegenschaftstransaktionen unter Einbindung von Rechtsanwälten gibt, kann dafür schon deshalb nicht als tragendes Begründungsargument herangezogen werden, weil sich die Vielzahl solcher Anwälte an ihren Pflichtenkatalog zu halten pflegt und keine derart krassen Pflichtverletzungen zu Schulden kommen lässt wie dies für den hier als Kläger auftretenden (und mittlerweile diese Tätigkeit nicht mehr ausübenden) Rechtsanwalt zutrifft.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat zutreffend auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.
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