OGH 4Ob103/05h

OGH4Ob103/05h14.6.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Koller & Schreiber Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, wegen 2.400 EUR sA (Streitwert 4.500 EUR gem § 55 Abs 4 JN aF), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Februar 2005, GZ 50 R 134/04v‑19, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 23. September 2004, GZ 2 C 1393/03x‑15, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2005:0040OB00103.05H.0614.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

 

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit höchstgerichtlicher Rechtsprechung zutreffend dargelegt, dass ein Kunde dann, wenn die Reise für ihn aus einer nach Vertragsabschluss sich ergebenden, weder von ihm noch von dem Vertragspartner zu verantwortenden oder zu beeinflussenden konkreten Gefahrenlage („höhere Gewalt") unmöglich oder unzumutbar wird, wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ohne Zahlung einer Stornogebühr vom Vertrag zurücktreten kann und alle bereits geleisteten Zahlungen zurückzuerhalten hat (vgl RIS‑Justiz RS0111962).

Die Grenze zwischen noch zumutbaren und unzumutbaren Risken ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls und kann nur auf Grund der konkreten Umstände gezogen werden (8 Ob 99/99p = SZ 72/95).

Der Wegfall der Geschäftsgrundlage führt zur Aufhebung des Vertrags oder zu seiner Anpassung in analoger Anwendung des § 872 ABGB im Weg der Vertragsauslegung (RIS‑Justiz RS0016345 [T3], RS0017487 [T9,10]). Der Oberste Gerichtshof hat auch schon im Zusammenhang mit einem Reisevertrag ausgesprochen, dass bei Wegfall der Geschäftsgrundlage in erster Linie die Anpassung des Reisevertrags anzustreben ist, weil das dem Grundsatz der Vertragstreue besser Rechnung trägt (1 Ob 257/01b = RdW 2002, 211).

Im Anlassfall betraf die Unzumutbarkeit infolge höherer Gewalt (Ausbruch der Infektionskrankheit SARS) nicht sämtliche im Zuge des zwölftägigen Reiseverlaufs vorgesehenen Orte, sondern nur die Region Hongkong, weshalb der Reiseveranstalter eine Änderung der Reiseroute dahin anbot, am zehnten Reisetag - statt wie ursprünglich vorgesehen nach Hongkong - nach Peking und von dort nach Europa zurück zu fliegen.

Die nur im Rahmen der Auslegung des konkreten Reisevertrags zu lösende Frage, ob die angebotenen Vertragsänderungen wesentliche Punkte des Reisevertrags betrafen und die Reiseteilnehmer zur Wandlung berechtigen, hängt naturgemäß von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und kann nicht allgemein beantwortet werden. Es handelt sich dabei demnach um keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (vgl RIS‑Justiz RS0114499).

2. Die Beurteilung, ob die vereinbarte Konventionalstrafe übermäßig ist, richtet sich nach der Verhältnismäßigkeit der Strafe, den wirtschaftlichen oder sozialen Verhältnissen des Zahlungspflichtigen, insbesondere seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen, ferner nach Art und Ausmaß seines Verschuldens an der Vertragsverletzung sowie der Höhe des durch die Vertragsverletzung dem Gläubiger entstandenen Schadens (RIS‑Justiz RS0029967). Die Behauptungs- und Beweislast trifft den durch die Vertragsstrafe Belasteten (RIS‑Justiz RS0032195, RS0032187, RS0032126).

Ob der die Mäßigung der Vertragsstrafe begehrende Kläger dazu hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet hat, berührt keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0042828).

 

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