Spruch:
I. Der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 13. August 2004, GZ 27 Hv 191/03d-38, verletzt das Gesetz,
1. soweit Dominik R***** der Ersatz der Kosten der Privatbeteiligtenvertretung auch für das Berufungsverfahren in Höhe von 574,56 EUR zuzüglich 20 % USt auferlegt wurde, in den Bestimmungen der §§ 393 Abs 4 und 395 Abs 1, Abs 2 StPO,
2. durch die Erhöhung der von diesem Verurteilten zu ersetzenden weiteren Kosten der Privatbeteiligtenvertretung um einen 10%igen Streitgenossenzuschlag in Höhe von 35,10 EUR zuzüglich 20 % USt in den Bestimmungen des § 395 Abs 3 StPO iVm § 15 RATG. Er wird in diesem Umfang aufgehoben, sodass der Kostenzuspruch unter Berücksichtigung der unbekämpft gebliebenen Teile zu lauten hat:
In der Strafsache gegen Dominik R***** und einen anderen wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB und weiterer strafbarer Handlungen hat der Verurteilte Dominik R***** die Kosten der Vertretung der Privatbeteiligten H***** GmbH durch Rechtsanwalt Dr. Bernhard Hä***** in Höhe von 448,51 EUR (darin enthalten 74,75 EUR USt) zu ersetzen.
II. Der Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 18. Oktober 2004, AZ 7 Bs 414/04, ON 42 der genannten Hv-Akten, verletzt das Gesetz in § 114 Abs 4 StPO und in den oben zu I 1 und I 2 genannten Bestimmungen.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 23. September 2003, GZ 27 Hv 191/03d-12, wurden Dominik R***** und Johann P***** ua der Vergehen des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen und der schweren Sachbeschädigung zum Nachteil der Privatbeteiligten H***** GmbH schuldig erkannt und gemäß § 369 Abs 1 StPO zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Teilschadenersatzbetrages in Höhe von 5.000 EUR an die Privatbeteiligte sowie gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.
Das Oberlandesgericht Innsbruck gab der dagegen (ausschließlich) vom Angeklagten P***** erhobenen Berufung mit Urteil vom 29. April 2004, AZ 7 Bs 132/04, Folge, hob das erstinstanzliche Urteil im Umfang der obgenannten Fakten auf und sprach ihn von diesen Anklagevorwürfen gemäß § 259 Z 3 StPO frei. Demzufolge wurde - ebenfalls in Stattgebung des von Johann P***** erhobenen Rechtsmittels - der ihn betreffende Privatbeteiligtenzuspruch beseitigt und die Privatbeteiligte (auch in diesem Umfang) gemäß § 366 Abs 1 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Aus Anlass dieser Berufung fand das Oberlandesgericht Innsbruck ferner Anlass für eine den Angeklagten R***** betreffende Maßnahme gemäß § 477 Abs 1 StPO, was zwar in Ansehung dessen Person zu einer Strafneubemessung führte, jedoch nichts an dem in erster Instanz erfolgten Privatbeteiligtenzuspruch änderte. Nur dem Angeklagten Johann P***** wurden gemäß § 390a Abs 1 StPO die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Über Antrag der H***** GmbH (ON 35) bestimmte das Landesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 13. August 2004 die Kosten der Privatbeteiligtenvertretung mit (lediglich) 1.221,79 EUR und sprach aus, dass sie vom Verurteilten Dominik R***** zu ersetzen sind (ON 38).
In teilweiser Stattgebung einer dagegen erhobenen Beschwerde der Privatbeteiligten wurde dieser Beschluss vom Oberlandesgericht Innsbruck am 18. Oktober 2004 dahin abgeändert, dass der Verurteilte weitere 27,26 EUR (darin enthalten 4,54 EUR USt) an Vertretungskosten zu zahlen hat (AZ 7 Bs 414/04; ON 42).
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend macht der Generalprokuratur in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde geltend, dass der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 13. August 2004, soweit dem Verurteilten Dominik R***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens auferlegt und die Entlohnung des Rechtsanwaltes gemäß § 15 RATG um einen 10 %igen Streitgenossenzuschlag erhöht wurde, und der Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 18. Oktober 2004 mit dem Gesetz nicht im Einklang stehen:
Nur insoweit einem Beschuldigten der Ersatz der Prozesskosten überhaupt zur Last fällt, hat er gemäß § 393 Abs 4 StPO auch alle Kosten des mit seinen Ansprüchen zumindest teilweise durchgedrungenen Privatbeteiligten zu ersetzen (Fabrizy StPO9 § 393 Rz 2). Bei der mangels eines Übereinkommens der Parteien durch das von diesen angerufene Gericht vorzunehmenden Bestimmung dieser Kosten ist zu prüfen, ob Vertretungshandlungen notwendig waren oder sonst nach Beschaffenheit des Falles gerechtfertigt sind (§ 395 Abs 1, Abs 2 StPO).
Im vorliegenden Fall wurde Dominik R***** mangels eines von ihm erhobenen Rechtsmittels zutreffend nicht zum Ersatz auch der Kosten des Berufungsverfahrens verurteilt und hat daher die der Privatbeteiligten in diesem Verfahrensabschnitt erwachsenen Kosten in Höhe von 574,56 EUR zuzüglich 20 % USt mangels einer Anspruchsgrundlage dafür nicht zu ersetzen. Ein Zuspruch an die Privatbeteiligte in diesem Umfang hätte somit unterbleiben müssen. Die Kostenbestimmung bei Vertretungshandlungen von Rechtsanwälten richtet sich nach dem RATG, für die Vertretung von Privatbeteiligten nach dessen Tarifpost 4. Gemäß § 15 RATG gebührt dem Rechtsanwalt eine Erhöhung seiner Entlohnung, wenn er in einer Rechtssache mehrere Personen vertritt oder mehreren Personen gegenübersteht. Die Privatbeteiligte ist mit ihrem gegen beide Angeklagten gerichteten Anspruch nur gegen Dominik R*****, nicht jedoch gegen Johann P***** durchgedrungen. Im Zivilverfahren sind einer Partei, die gegenüber einem von zwei Gegnern obsiegt, jene Kosten zu ersetzen, die bei einem Verfahren gegen einen allein angefallen wären, also in der Regel die tatsächlich aufgelaufenen Kosten mit Ausnahme des Streitgenossenzuschlages (6 Ob 246/02y mwN aus Judikatur und Schrifttum). Angesichts der vergleichbaren Ausgangslage der hier zu beurteilenden Kostenentscheidung im Adhäsionsverfahren folgt, dass die Erhöhung der Gebühr gemäß § 15 RATG um 35,10 EUR zuzüglich 20 % USt nicht gerechtfertigt war.
Da sich die Bestimmung der der Privatbeteiligten tatsächlich nicht zustehenden Kosten zum Nachteil des Verurteilten Dominik R***** ausgewirkt hat und die Kostenersatzentscheidung zwecks Nachteilsbeseitigung korrigierbar ist (Mayerhofer StPO5 § 395 E 24), war der Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck in Anwendung des § 292 letzter Satz StPO im Umfang der Anfechtung durch den Generalprokurator zu beheben (I).
Das Oberlandesgericht Innsbruck hätte aus den dargelegten Gründen die aufgezeigten Gebrechen des Verfahrens selbst beseitigen müssen - die entgegengesetzte Vorgangsweise widerspricht (neben den bereits angeführten Bestimmungen überdies) § 114 Abs 4 erster Satz zweiter Halbsatz StPO. Denn bei Wahrnehmung eines bereits bewirkten oder drohenden Nachteils des Beschuldigten / Angeklagten / Verurteilten (nicht aber eines sonstigen Beschwerdeführers [aM Tipold, WK-StPO § 114 Rz 32] und auch nicht bei auswirkungsneutralen Normenwidrigkeiten, für die allerdings §§ 113 Abs 2, 114 Abs 4 zweiter SatzStPO gelten) aus einer materiell- oder formellrechtlichen Gesetzesverletzung ist das Beschwerdegericht - ebenso wie die Rechtsmittelgerichte nach §§ 290 Abs 1 zweiter Satz (vgl dazu 13 Os 21/04 = EvBl 2004/174 = JBl 2005, 195; 11 Os 25/05v; 12 Os 114/04), 477 Abs 1 zweiter Satz StPO - zu dessen (in Rechte Dritter nur im schutzzweckorientierten Umfang eingreifenden) Beseitigung verpflichtet (SSt 53/63 = EvBl 1983/87; 14 Os 40/01 = EvBl 2001/198). Zufolge Aufhebung bereits des diesbezüglichen erstgerichtlichen Entscheidungsteiles konnte es hinsichtlich der Entscheidung des Gerichtshofes II. Instanz mit der spruchgemäßen Feststellung (II) sein Bewenden haben.
Die Verpflichtung des Verurteilten R***** zum Ersatz der Kosten der Privatbeteiligtenvertretung im verbleibenden, unter Berücksichtigung des unberührt gebliebenen Teiles des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 18. Oktober 2004 bereits rechtskräftig bestimmten Umfang mit 448,51 EUR (darin enthalten 74,75 EUR USt) wurde zur Klarstellung in den Spruch aufgenommen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)