OGH 13Os21/04

OGH13Os21/047.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. April 2004 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Hon. Prof. Dr. Ratz, Hon. Prof. Dr. Schroll und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kainz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Mamer K***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter Satz zweiter Fall und 15 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Montassar G***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14. Oktober 2003, GZ 024 Hv 124/03h-98, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mamer K***** wurde des Verbrechens "des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter Fall und 15 StGB" (A/I und II) und des Vergehens der (zu ergänzen:) versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (B),

Montassar G***** des Verbrechens "des versuchten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 15, 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 zweiter Fall StGB" (A/I) und des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach §§ 223 Abs 2, 224 StGB schuldig erkannt.

Danach haben in Wien

A. mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Einbruchdiebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, fremde bewegliche Sachen in einem 2.000 Euro übersteigenden Gesamtwert Gewahrsamsträgern - zu A/I und II/2 bis 6 durch Einbruch - weggenommen, zu A/I und A/II/1 und 6 wegzunehmen versucht, und zwar

I. Mamer K***** und Montassar G***** am 30. Juni 2003 einer näher genannten Ärztegemeinschaft im 2. Bezirk durch Aufbrechen des Türschlosses "Bargeld und nicht mehr genau feststellbare Gegenstände" (zu ergänzen [US 13]:) im Wert von mehr als 2.000 Euro;

II. Mamer K*****

1. am 29. Oktober 2002 der Fa. I***** (Donauzentrum) einen Fotoapparat im Wert von 64,90 Euro;

  1. 2. "zwischen" 13. und 14. Jänner 2003 der Susanne Sch***** 20 Euro;
  2. 3. "zwischen" 31. Dezember 2002 und 1. Jänner 2003 der Anneliese L***** Tabakwaren, Fahrscheine und Telefonwertkarten im Gesamtwert von 9.372,70 Euro;

    4. am 3. Februar 2003 der Liane Schu***** 260 Euro und "Zigaretten in noch festzustellendem Wert";

    5. am 4. Februar 2003 dem Christian S***** zwei Handkassen mit insgesamt etwa 1.000 Euro;

    6. am 17. Jänner 2003 dem Cevat G***** Bargeld und nicht näher genannte andere Gegenstände;

    7. am 9. Oktober 2002 der Martina Schn***** eine Kellnerbrieftasche mit 300 Euro;

    B. Mamer K***** am 9. Oktober 2002 den Adam P***** durch die mit einem Taschenmesser unterstrichene Äußerung, er werde ihn umbringen, wenn er wegen des zu A/II/7 begangenen Diebstahls die Polizei verständige, zur Abstandnahme von einer Strafanzeige zu nötigen versucht;

    C. Montassar G***** im Juni 2003 einen durch Einkleben eines Lichtbildes verfälschten französischen Reisepass, mithin eine durch Gesetz oder zwischenstaatlichen Vertrag einer inländischen öffentlichen Urkunde gleichgestellte ausländische öffentliche Urkunde, im Rechtsverkehr zum Beweis französischer Staatsangehörigkeit gebraucht.

Rechtliche Beurteilung

Der aus Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Montassar G***** kommt keine Berechtigung zu.

Der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider wurden die Aussagen der beiden Angeklagten nicht übergangen (US 14 f). Angeblich "unrichtige" Würdigung von Beweisergebnissen ist nicht Gegenstand der Mängelrüge. Mit der Behauptung schließlich, Mamer K***** beherrsche zwar fünf Fremdsprachen, nicht aber Albanisch, die Muttersprache des Montassar G***** (dem die Tatrichter übrigens einiges an Deutschkenntnissen zubilligten; vgl US 13), wird Unvollständigkeit nicht dargetan. Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) die getroffenen Feststellungen in Frage stellt, orientiert sie sich nicht am Verfahrensrecht. Die Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO) hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

Anzumerken bleibt, dass das Erstgericht bei beiden Angeklagten zu Unrecht auch die Diebstahlsqualifikation des § 128 Abs 2 StGB als begründet angesehen hat, weil nach dieser Gesetzesstelle nur zu bestrafen ist, wer Sachen im Gesamtwert (§ 29 StGB) von mehr als 40.000 Euro stiehlt.

Da § 128 Abs 2 StGB aber angesichts der (weiteren) Qualifikation nach § 130 zweiter Satz (zweiter Fall) StGB nicht strafsatzbestimmend war (vgl 11 Os 71/02; Fabrizy StPO9 § 290 Rz 6; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 669, § 290 Rz 22 ff) und bei der Strafbemessung nicht in Anschlag gebracht wurde, sah sich der Oberste Gerichtshof zu amtswegigem Einschreiten nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO nicht veranlasst. Sollte das Berufungsgericht, welches an die in der Rechtsmittelschrift vorgetragenen Berufungsgründe nicht gebunden ist (13 Os 122/02), mit Blick auf die nur die Qualifikation des § 128 Abs 1 Z 4 StGB begründende (Diebstahls-)Schadenshöhe in Stattgebung der Berufung des Montassar G***** die über diesen Angeklagten verhängte Strafe herabsetzen, ist ohnehin beim Mitangeklagten nach § 295 Abs 1 zweiter Satz StPO vorzugehen.

Sieht sich der Oberste Gerichtshof unter ausdrücklichem Hinweis auf eine verfehlte Subsumtion mangels eines darüber hinausgehenden konkreten Nachteils für den Angeklagten nicht zu amtswegigem Vorgehen nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO veranlasst, so besteht bei der Entscheidung über die Berufung insoweit auch keine (dem Berufungswerber nachteilige) Bindung an den Ausspruch des Erstgerichtes über das anzuwendende Strafgesetz nach § 295 Abs 1 erster Satz StPO.

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