OGH 2Ob104/74

OGH2Ob104/7421.3.1974

SZ 47/34

Normen

ZPO §393 Abs1
ZPO §393 Abs1

 

Spruch:

Ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruches kann nur dann gefaßt werden, wenn die Sache nicht bloß teilweise hinsichtlich des Gründes entscheidungsreif ist

OGH 21. März 1974, 2 Ob 104/74 (OLG Wien 9 R 94/73; LGZ Wien 39 a Cg 269/70)

Text

Der Kläger begehrte wegen eines Verkehrsunfalles Schadenersatz im Betrage von 366.619.58 S samt Anhang, die Zahlung einer monatlichen Rente von 5130.97 S monatlich ab 1. Dezember 1970 sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige Schäden.

Die Beklagten beantragten Klagsabweisung wegen Alleinverschulden des Klägers.

Das Erstgericht schränkte nach umfangreichen Beweisaufnahmen (auch über die Höhe der Ansprüche des Klägers) schließlich das Verfahren auf den Grund des Anspruches ein und entscheidet lediglich über das Leistungsbegehren mit Teil-Zwischenurteil, daß der Anspruch des Klägers dem Gründe nach mit 50 Prozent zu Recht bestehe.

Dieses Zwischenurteil wurde von beiden Seiten mit Berufung bekämpft; der Kläger begehrte den Ausspruch, daß sein Begehren dem Gründe nach voll zu Recht bestehe; die Beklagten erstrebten die gänzliche Abweisung des Klagebegehrens.

Das Berufungsgericht fällte das "Teilurteil", der Berufung der Beklagten werde nicht Folge gegeben und das angefochtene Zwischenurteil in seinem stattgebenden Teil bestätigt. In seinem abweislichen Teil wurde das Zwischenurteil aufgehoben und die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurückverwiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision Folge; er hob das angefochtene Urteil sowie den entsprechenden Teil des Ersturteils auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Berufungsgericht hielt die Berufung der Beklagten für nicht berechtigt, weil nach den unangefochtenen Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes schon gesagt werden könne, daß der Verschuldensanteil der Erstbeklagten jedenfalls nicht unter 50 Prozent sein könne. Die Berufung des Klägers sei hingegen berechtigt, weil nicht geklärt worden sei, wo die Kollisionsstelle gelegen sei. Von den noch zu treffenden Feststellungen werde es abhängen, ob die Verschuldensquote der Beklagten höher als 50 Prozent sein werde oder ob überhaupt kein Mitverschulden des Klägers anzunehmen sein werde.

Im Rahmen der von den Beklagten erhobenen Verfahrensrüge ist wahrzunehmen, daß das Berufungsgericht durch die Fällung eines Teilurteils in einer Weise über den Grund des Anspruches entschieden hat, der in der Zivilprozeßordnung nicht vorgesehen ist. Ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruches kann nämlich nur dann gefällt werden, wenn die Sache nicht bloß teilweise hinsichtlich des Gründes entscheidungsreif ist (§ 393 Abs. 1 ZPO). Die Frage des Anspruchsgrundes muß endgültig lösbar sein. Wurde ein Mitverschulden eingewendet, kann daher mit Zwischenurteil nur dann vorgegangen werden, wenn zugleich über das Verschulden des Klägers und über die Aufteilung des Schadens entschieden wird (SZ 21/70). Es verbietet sich also eine Teilentscheidung über den Grund des Anspruches. Eine Entscheidung, daß der Anspruch vorläufig jedenfalls dem Gründe nach zu einem Teil zu Recht bestehe, ist mit der durch ein Zwischenurteil herbeizuführenden endgültigen Klärung der Rechtsgrundlage (hier der Haftungsfrage) nicht zu vereinbaren (2 Ob 319, 320, 427/70 = SZ 43/218). Das Berufungsgericht hätte deshalb das gesamte erstgerichtliche Zwischenurteil aufheben müssen, wenn es die Frage des Anspruchsgrundes noch nicht für entscheidungsreif hielt. Es war daher das formell verfehlte Teilurteil des Berufungsgerichtes aufzuheben (ohne daß auf die darin geäußerte Rechtsansicht über die Schadensteilung derzeit einzugehen war), desgleichen im selben Umfang das Ersturteil und dem Erstgericht die Verhandlung und neuerliche Entscheidung aufzutragen.

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