OGH 4Ob30/05y

OGH4Ob30/05y5.4.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Fiebinger, Polak, Leon & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 36.336,42 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 36.336,42 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Oktober 2004, GZ 6 R 28/04m-134, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Beklagte ist nicht Partei jenes Franchise- und Lizenzvertrags, dessen Unwirksamkeit infolge Sittenwidrigkeit wegen Äquivalenzstörungen sie eingewendet hat. Als außerhalb dieses Vertrags stehende Dritte kann sie sich - zumal keine von Amts wegen wahrzunehmende absolute Nichtigkeit erkennbar ist - nicht auf die relative Nichtigkeit dieses Vertrags berufen (Krejci in Rummel, ABGB³ § 879 Rz 249 mwN; vgl schon 4 Ob 64/04x zum selben Lizenzvertrag). Soweit die Rechtsmittelwerberin von der Nichtexistenz des Lizenzvertrags ausgeht, weicht sie vom festgestellten Sachverhalt ab. Um den Inhalt eines Vertrags festzustellen, bedarf es - bei ausreichenden sonstigen Beweisergebnissen - nicht der Vorlage des Vertrags im Original.

2. Ob ein Zeichen Verkehrsgeltung besitzt, ist eine auf Grund der entsprechenden tatsächlichen Grundlagen zu lösende Rechtsfrage (4 Ob 61/92 = MR 1992, 257 - Pickfein mwN; 4 Ob 224/04a; RIS-Justiz RS0043586).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin zum Thema Verkehrsgeltung Beweis durch Urkunden (Vorlage der Ergebnisse einer von ihr durchgeführten Umfrage) geführt. Nach den Feststellungen des Erstgerichts war das Zeichen "Manpower" in Österreich bereits im Jahr 1992 einer großen Anzahl auch im Inland tätiger internationaler Unternehmen als Marke zur Kennzeichnung der auf dem Gebiet der Personalbereitstellung und Leiharbeit erbrachten Dienstleistungen der Klägerin bekannt und besaß für diese Verkehrsgeltung. Im Rahmen der Behandlung der Beweisrüge hat sich das Berufungsgericht eingehend mit den Beweisergebnissen, die zu dieser Feststellung geführt haben, auseinandergesetzt (S. 31 - 38 des Berufungsurteils) und die Feststellungen zur Verkehrsgeltung als unbedenklich übernommen.

Über die materielle (innere) Beweiskraft der Urkunden, die die Bedeutung der beurkundeten Erklärung für das Beweisthema bezeugt, hat der Richter grundsätzlich im Rahmen freier Beweiswürdigung zu entscheiden (4 Ob 224/04a; RIS-Justiz RS0040444); diese Frage ist der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof als reine Rechtsinstanz entzogen (4 Ob 224/04a, vgl zum selben Zeichen schon 4 Ob 64/04x).

3. Zutreffend haben die Vorinstanzen die Verkehrsgeltung der Klägerin zugeordnet, wurde doch das strittige Zeichen nach den Feststellungen (siehe dazu S 40 des Berufungsurteils) im fraglichen Zeitraum im Inland durch die Lizenznehmerin in einer Weise benutzt, die darauf schließen lässt, dass sie - als Teil deren Konzerns - für die Lizenzgeberin (= Zeicheninhaberin) tätig werde (vgl 4 Ob 325/99v = ÖBl 2000, 175 - MANPOWER I; 4 Ob 137/00a = ÖBl 2002, 25 - MANPOWER II). Insoweit haben die Vorinstanzen zutreffend auf den Eindruck der beteiligten Verkehrskreise auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse - und nicht etwa auf eine vertragliche Vereinbarung - abgestellt (so zum selben Zeichen auch 4 Ob 64/04x).

4. Die Beklagte hat im Verfahren ua eingewendet, die Klägerin ziele darauf ab, sie „um die Früchte ihres Arbeitskräfte-Überlassungsunternehmens zu bringen" (Klagebeantwortung Bd I/ON 9 S. 18). Dass die Streitteile gleiche oder zumindest ähnliche Dienstleistungen erbringen, ist demnach nicht strittig. Die Unterlassungsverpflichtung gem Punkt 1 des Urteils bedurfte daher keiner Einschränkung auf bestimmte Tätigkeitsbereiche. Weiters ist daher zu unterstellen, dass die Beklagte über einen entsprechenden Kundenkreis verfügt, der im Wege einer Urteilsveröffentlichung über die Entscheidung aufzuklären ist. Dass die Klägerin nur über Tochterunternehmen auf dem inländischen Markt tätig ist, nimmt ihr nicht das Aufklärungsbedürfnis im Zusammenhang mit ihrem Veröffentlichungsbegehren.

5. Besaß das strittige Zeichen infolge seiner Verwendung als Marke schon 1992 Verkehrsgeltung zugunsten der Klägerin, bewirkte dies auch deren ältere Rechte in Ansehung ihrer Firma. Im Kennzeichenrecht besteht nämlich - was die Anwendung des Prioritätsgrundsatzes betrifft - kein substanzieller Unterschied zwischen Marke und Firma, weshalb es nicht angezeigt ist, bei Prüfung der Einrede des älteren Rechts zwischen dem "produktbezogenen" Gebrauch eines Kennzeichens als Marke und dem "unternehmensbezogenen" Gebrauch des Kennzeichens als Firma zu unterscheiden. Die prinzipielle Gleichwertigkeit der Kennzeichenrechte untereinander verlangt vielmehr als Konsequenz bei der Prioritätsfeststellung die Gleichbehandlung der Nutzung eines Kennzeichens als Marke mit der Nutzung als Bezeichnung eines Unternehmens (4 Ob 221/02g = ecolex 2003, 350 <Schanda>).

6. Die Feststellung, wonach die Klägerin für das Zeichen „Manpower" Verkehrsgeltung erlangt hat, ist dahin zu verstehen, dass dies für den - die Wortbildmarke prägenden - Begriff „Manpower" gilt (s S 34 f des Berufungsurteils). Das „grafische Element" der Wortbildmarke vermag daher die Verwechslungsgefahr von vornherein nicht zu hindern.

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