OGH 3Ob35/05a

OGH3Ob35/05a31.3.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C*****, vertreten durch Dr. Eugen Salpius, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die verpflichtete Partei Dr. Vladimir Z*****, vertreten durch Dr. Thomas Kustor, Rechtsanwalt in Wien, wegen Vollstreckbarerklärung, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 14. März 2002, GZ 53 R 65/02v-51, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 23. August 2001, GZ 6 E 4161/01a-4, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Akt wurde soweit als möglich rekonstruiert.

Die Vollmachtsverhältnisse beider Parteien zu ihren bisherigen Vertretern sind aufgelöst (Bekanntgaben der verpflichteten Partei ON 32 vom 15. September 2004 und der betreibenden Partei ON 49 vom 25. Jänner 2005).

Die betreibende Partei begehrte die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs der Internationalen Handelskammer in Paris (ICC) vom 9. Februar 2001, mit dem der Verpflichtete schuldig erkannt wurde, der betreibenden Partei umgehend 23,350.000 USD samt Stufenzinsen zu bezahlen, gemäß dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958, BGBl 1961/200 (im Folgenden nur NYÜ) sowie die Bewilligung der Exekution

zur Hereinbringung einer Teilforderung von 500.000 USD (=

7,542.647,64 S = 548.145,58 EUR) durch Fahrnisexekution (Pfändung und Verkauf von vier im Eigentum des Verpflichteten stehenden Ölgemälden, die sich zum Zeitpunkt der Antragstellung im Rahmen einer Ausstellung zeitlich befristet im Rupertinum in Salzburg befanden). Das Erstgericht erklärte den Schiedsspruch in Österreich für vollstreckbar und bewilligte die beantragte Exekution. Es bejahte das Vorliegen der Voraussetzungen der Art I ff des NYÜ, insb das Vorliegen einer beglaubigten Übersetzung des Spruchs bzw der Vereinbarung. Aus Art V des NYÜ ergebe sich, dass eine amtswegige Prüfung der dort angeführten Versagungsgründe nicht zu erfolgen habe. Das Rekursgericht bestätigte infolge Rekurses des Verpflichteten den erstinstanzlichen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil die Entscheidung auf der gesicherten Rsp des Obersten Gerichtshofs basiere. Das Rekursvorbringen sei nicht geeignet, die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs zu versagen. Der Versagungsgrund nach Art V Abs 1 lit b des NYÜ setze eine Verletzung des beiderseitigen Gehörs voraus und entspreche § 595 Z 2 erster Fall ZPO. Der Verpflichtete rüge mit seinem Vorbringen jedoch nur Verfahrensmängel, wie das Übergehen von Beweisanträgen bzw die Aufnahme von Beweisen, welche die betreibende Partei beantragt habe, obwohl Einspruch erhoben worden bzw. die Vorbereitungszeit nicht ausreichend gewesen sei. Solche Mängel seien dem Nichtgewähren rechtlichen Gehörs nicht gleichzuhalten. Zudem habe der Verpflichtete nicht behauptet, dass das Schiedsgericht seiner Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrundegelegt hätte, zu denen er sich nicht hätte äußern können, was iSd Art 6 Abs 1 MRK eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellen würde. Da in den aufgezeigten Mängeln nicht einmal eine Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erblicken sei, liege auch kein Verstoß gegen den ordre public vor, weshalb der Versagungsgrund nach Art V Abs 2 lit b des NYÜ gleichfalls nicht gegeben sei.

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Verpflichteten ist nicht zulässig.

Der Verpflichtete macht im außerordentlichen Revisionsrekurs als erhebliche Rechtsfrage geltend, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, ob eine Vielzahl von Verfahrensmängeln eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder des Grundsatzes des ordre public darstelle.

Der Verpflichtete wiederholt hiezu sein Rekursvorbringen, er sei gezwungen gewesen, seinen Rechtsvertreter zu wechseln, einem Antrag auf Verlegung von Tagsatzungen sei nicht stattgegeben worden. Ein sachverständiger Zeuge sei zu einem dem Verpflichteten bislang unbekannten Thema vernommen worden; dem Antrag auf Ausschluss des Zeugen sei nicht stattgegeben worden. Am Ende der mündlichen Verhandlung am 4. Mai 2000 habe die betreibende Partei zwei nicht rechtskräftige Entscheidungen des regionalen Handelsgerichts in Prag vorgelegt, die zum Akt genommen worden seien; in der Folge seien jedoch die vom Verpflichteten angebotenen abändernden Rechtsmittelentscheidungen mit der Begründung, die Beweisaufnahme sei beendet, nicht zum Akt genommen worden. Diese beiden Urteile seien nicht aus dem Akt ausgeschieden worden, dies mit der Begründung, dass sie der Entscheidung der Schiedsrichter nicht zugrundegelegt worden seien. Hingegen sei eine Entscheidung des Prager Bezirksgerichts nicht zum Akt genommen worden. Darüber hinaus seien die Parteien ungleich behandelt worden, weil die betreibende Partei bereits vor Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Inhalt gekannt habe. Die angefochtene Entscheidung entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, an der festgehalten wird.

Rechtliche Beurteilung

Der Versagungsgrund nach Art V Abs 1 lit b des NYÜ setzt voraus, dass die Partei, gegen die ein ausländischer Schiedsspruch geltend gemacht wird, vom Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt wurde oder aus einem anderen Grund ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht geltend machen konnte. Dies setzt eine Verletzung des Grundsatzes des beiderseitigen Gehörs voraus und entspricht damit inhaltlich dem in § 595 Z 2 erster Fall ZPO bezeichneten Aufhebungsgrund. Ein Mangel des Schiedsspruchs, weil das Schiedsgericht Beweisanträge übergeht oder den Sachverhalt unvollständig ermittelt, ist der Verweigerung des rechtlichen Gehörs nicht gleichzuhalten (3 Ob 1091/91; 6 Ob 572/90; RIS-Justiz RS0045092).

Der Verpflichtete zeigt nur Verfahrensmängel auf, die nicht dem von ihm geltend gemachten Versagungsgrund entsprechen. Er war laut eigenem Vorbringen in keiner Weise daran gehindert, seine Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen.

Der Oberste Gerichtshof hat zwar wiederholt ausgesprochen, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs in einem Zivilverfahren nicht nur vorliegt, wenn einer Partei die Möglichkeit sich im Verfahren zu äußern, überhaupt genommen wurde, sondern auch dann, wenn der gerichtlichen Entscheidung Tatsachenbeweisergebnisse zugrundegelegt wurden, zu denen sich der Verteidiger nicht äußern konnte (RIS-Justiz RS0005915). Dies wurde vom Verpflichteten jedoch nicht behauptet. Da der Verpflichtete keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen vermag, ist der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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