Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Das Urteil des Erstgerichts wurde dem (anwaltlich nicht vertretenen) Beklagten am 30. 9. 2004 durch Hinterlegung zugestellt. Dagegen erhob er fristgerecht Berufung, in der er u.a. eine anwaltliche Vertretung im Berufungsverfahrens ebenso ablehnte wie einen Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshelfers. Dem Auftrag des Erstgerichts, die schriftliche Berufung durch anwaltliche Unterfertigung zu verbessern, kam er mit der Begründung nicht nach, die beiden ortsansässigen Rechtsanwälte hätten eine Unterfertigung verweigert; darüber hinaus fasse der Beklagte die Anwaltspflicht als Entmündigungsversuch auf, dem er sich nicht unterwerfe. Er habe die Berufungsschrift mit höchster Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen verfasst.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten zurück. Die Voraussetzungen des § 465 Abs 2 ZPO für die Erhebung einer Protokollarberufung seien nicht erfüllt, weil im Gemeindegebiet des Sitzes des Erstgerichts zwei Rechtsanwälte ihren Sitz hätten. Dem erstgerichtlichen Auftrag zur Verbesserung der schriftlichen Berufung durch anwaltliche Unterfertigung sei der Beklagte nicht nachgekommen, weshalb die nicht verbesserte Berufung zurückzuweisen sei.
Der dagegen erhobene Protokollarrekurs des Beklagten ist zulässig (§ 520 Abs 1 Satz 2 ZPO; SZ 39/148; RZ 1989/29 u.a.), jedoch nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Zutreffend hat das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass das Berufungsverfahren grundsätzlich der Anwaltspflicht unterliegt (§ 27 Abs 1 ZPO) und auch eine Protokollarberufung nur vor Bezirksgerichten in Betracht kommt, an deren Sitz weniger als zwei Rechtsanwälte niedergelassen sind (§ 465 Abs 2 ZPO). Das Protokoll ON 25 ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aber auch nicht als Protokollarberufung anzusehen, wird doch darin nur klargestellt, warum der Beklagte die von ihm persönlich verfasste schriftliche Berufung nicht von einem Rechtsanwalt unterfertigen ließ. Es muss daher nicht darauf eingegangen werden, ob eine zu gerichtlichem Protokoll erklärte Berufung unzulässig ist, sofern es an den Voraussetzungen des § 465 Abs 2 ZPO mangelt (siehe JBl 1953, 187; SSV 5/27).
Darauf, ob eine Prozesspartei im Einzelfall in der Lage wäre, auch ohne anwaltliche Vertretung eine Berufungsschrift zu verfassen, kommt es angesichts der eindeutigen Anordnungen des Gesetzes nicht an. Der erkennende Senat hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Vorschriften der ZPO über die Anwaltspflicht nicht im Widerspruch zu Art 6 EMRK stehen (1 Ob 45/98v; 1 Ob 148/00x; 1 Ob 108/00i = JBl 2001, 327). Art 6 EMRK hat den Bestimmungen über den Anwaltszwang auch nicht derogiert (8 Ob 239/69 = JBl 1970, 617). Schließlich vertritt auch die Europäische Kommission für Menschenrechte die Auffassung, dass innerstaatliche Vorschriften über die Anwaltspflicht keine Verletzung des Grundsatzes des „fair trial" gemäß Art 6 Abs 1 EMRK bedeuten (EvBl 1981/36).
Da sich der Beklagte ausdrücklich geweigert hat, den gesetzlichen Vorschriften über den Anwaltszwang zu entsprechen, hat das Berufungsgericht seine Berufung zu Recht zurückgewiesen.
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