OGH 6Ob9/05z

OGH6Ob9/05z17.2.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 9. Dezember 2001 verstorbenen Dr. Otto E*****, über den Revisionsrekurs 1) seiner Witwe Brigitta E***** und 2) seiner Tochter Anna-Margherita E*****, beide vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 10. November 2004, GZ 43 R 624/04i-109, womit der Rekurs der genannten Noterben gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 30. Juli 2004, GZ 3 A 397/01w-87, zurückgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht richtete an das Bezirksgericht Wels das Rechtshilfeersuchen, ein Gutachten eines bäuerlichen Sachverständigen darüber einzuholen, „inwieweit es sich bei den bereits geschätzten Liegenschaften des Gutes S***** um ein dem Anerbengesetz unterliegendes Gut handelt, insbesondere, welche Baulichkeiten für den bejahenden Fall zur Führung des Betriebes erforderlich sind". Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Noterben Brigitta E***** (Witwe des Verstorbenen) und der Anna-Margherita E***** (Tochter des Verstorbenen) zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Das Rekursgericht vertrat die Ansicht, dass der im Rechtshilfeersuchen enthaltene Gutachtensauftrag keine Beschwer der Rekurswerberinnen begründe. Ihre Beschwer lasse sich auch nicht aus § 19 Anerbengesetz ableiten. Entgegen den Rekursausführungen liege ohnehin bereits eine Stellungnahme der Bezirksbauernkammer Wels vor. Da zwischen den Beteiligten des Nachlassverfahrens strittig sei, ob dem Landgut des Verstorbenen Erbhofeigenschaft zukomme, könne sich das Erstgericht, das zur Entscheidung über diese Frage berufen sei, aber nicht allein auf die Bewertung durch die Landwirtschaftskammer stützen. Die von dieser erteilte Auskunft enthebe das Erstgericht nicht von der Verpflichtung, die für die Beurteilung der Rechtsfrage, ob ein Erbhof voliege, notwendigen tatsächlichen Feststellungen zu prüfen und die hiezu erforderlichen Erhebungen durchzuführen. Seinen Zulässigkeitsausspruch begründete das Rekursgericht mit der divergierenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Zulässigkeit eines Rechtsmittels gegen die Sachverständigenbestellung im außerstreitigen Verfahren. Es führte in diesem Zusammenhang aus, dass „unter Bezugnahme auf die ständige höchstgerichtliche Judikatur, wonach dann, wenn ein Gericht eine Sachprüfung vornimmt, obwohl es zunächst seine Entscheidungsbefugnis verneint hat, der angefochtene Beschluss als Sachentscheidung anzusehen ist", zu betonen sei, dass das Rekursgericht die angefochtene Entscheidung nicht auf ihre sachliche Richtigkeit geprüft habe.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist ungeachtet dieses Ausspruchs mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Entgegen seinen Ausführungen zur Begründung des Zulässigkeitsausspruchs hat sich das Berufungsgericht auch inhaltlich mit den Einwänden des Rekurses gegen die Bestellung eines Sachverständigen auseinandergesetzt, weil es auf die bereits vorliegende Stellungnahme der Bezirsksbauernkammer und auf die Notwendigkeit der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens hingewiesen hat. Es hat daher in Wahrheit doch eine Sachentscheidung getroffen (RIS-Justiz RS0044232) und damit sinngemäß den erstgerichtlichen Beschluss bestätigt. Ob aber ein Rekurs zu Recht zurückgewiesen wurde oder ob ihm nicht Folge zu geben gewesen wäre, bildet ebensowenig eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG (RGBl Nr 208/1853) wie die Frage, ob nach den im konkreten Fall gegebenen Umständen die Bestellung eines Sachverständigen notwendig ist (4 Ob 171/03f). Dass sich das Gericht nicht mit der Auskunft der Bezirksbauernkammer zu begnügen hat, entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (SZ 58/206). Im Übrigen wendet sich der Revisionsrekurs ausdrücklich nicht mehr grundsätzlich gegen die Bestellung eines Sachverständigen überhaupt, meint aber, dass die Bestellung durch das Verlassenschaftsgericht selbst und nicht durch ein von diesem ersuchtes Gericht zu erfolgen habe. Die Vorinstanzen sind jedoch auch insoweit nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen, wonach das ersuchte Gericht zur Aufnahme eines Sachverständigenbeweises im Rechtshilfeweg zuständig ist, wenn der Sachverständige in seinem Sprengel tätig werden soll. Das ersuchte Gericht ist nur unzuständig, wenn keine Nahebeziehung des ersuchten Gerichts zu der begehrten Rechtshilfehandlung besteht, etwa weil im Sprengel des ersuchten Gerichts kein Sachverständiger in der Sachverständigenliste eingetragen ist (RIS-Justiz RS0040649). Diese Grundsätze gelten auch im außerstreitigen Verfahren (9 Nd 501/02 mwN). Konkrete, gegen die Zuständigkeit des ersuchten Gerichts sprechende Umstände wurden nicht behauptet. Da ein bestimmter Sachverständiger noch nicht bestellt wurde, ist unklar, was die Rechtsmittelwerber mit ihrem Hinweis bezwecken wollen, sie könnten nun vor der Auswahl der Person des Sachverständigen nicht mehr hiezu Stellung beziehen. Der Umstand, dass auf den Beschluss über die Auswahl der Person des Sachverständigen bereits § 31 AußStrG BGBl I 2003/111 anzuwenden ist (§ 199 AußStrG), wonach das Gericht Sachverständige bestellen kann, auch ohne vorher die Parteien über deren Person zu vernehmen, gilt für das ersuchende und das ersuchte Gericht in gleicher Weise. Abgesehen davon, dass der Revisionsrekurs inhaltlich keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen vermag, kommt aber auch der vom Rekursgericht aufgezeigten vorgelagerten prozessualen Frage der Rechtsmittelzulässigkeit gegen Sachverständigenbestellungsbeschlüsse im außerstreitigen Verfahren trotz der hiezu widersprüchlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (bejahend: zuletzt etwa 2 Ob 216/04k mwN; verneinend: 6 Ob 277/00d; 6 Ob 629/00a; 1 Ob 10/04h ua) sowie der Frage, ob Rechtshilfeersuchen im außerstreitigen Verfahren gesondert anfechtbar sind (vgl 7 Ob 62/01w zum streitigen Verfahren), in Anbetracht der seit 1. 1. 2005 geänderten Rechtslage durch Inkrafttreten des Außerstreitgesetzes BGBl I 2003/112 keine erhebliche Bedeutung mehr zu (vgl 1 Ob 10/04h). Für nach dem 31. 12. 2004 getroffene Entscheidungen (§ 203 Abs 7 AußStrG) gilt § 45 des neuen AußStrG, wonach verfahrensleitend Beschlüsse, soweit nicht ihre selbständige Anfechtung angeordnet ist (dies ist bei Rechtshilfeersuchen und Sachverständigenbestellungsbeschlüssen nicht der Fall) nur mit dem Rekurs gegen die Entscheidung über die Sache bekämpfbar sind. Eine richtungsweisende Klarstellung zur Judikaturdivergenz ist daher nicht mehr erforderlich.

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