OGH 10Ob73/04i

OGH10Ob73/04i11.1.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. Othmar W*****, vertreten durch Lattenmayer Luks & Enzinger Rechtsanwälte GmbH, gegen die beklagte Partei "D*****gmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Oberndorfer ua, Rechtsanwälte in Linz, wegen EUR 57.348,31 sA (Revisionsinteresse EUR 48.749,93), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 5. Juli 2004, GZ 2 R 89/04b-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19. Februar 2004, GZ 30 Cg 257/03b-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.788,31 (darin enthalten EUR 298,05 USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war atypischer stiller Gesellschafter der beklagten GmbH. Im Revisionsverfahren ist nur noch strittig, ob ihm - entgegen der auf die Entscheidungen 8 Ob 16/94 und 8 Ob 2035/96i gestützten Beurteilung des Berufungsgerichtes - (auch) ein den wahren Wert seiner Beteiligung übersteigender Abschichtungsanspruch zusteht, und ob die Auslegung des § 13 des Gesellschaftsvertrages (vereinbarter Ausschluss einer Verzinsung seines Abfindungsguthabens) zutrifft.

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung, dass einem Kommanditisten oder atypischen stillen Gesellschafter gemachte Zusicherungen betreffend seine Abfindungsansprüche im Falle des Ausscheidens insoweit unwirksam sind, als ihre Einhaltung zu einer Abschichtung führen würde, die den wahren Wert der Beteiligung im Zeitpunkt des Ausscheidens überschreitet, und dass auch keine Bedenken gegen die Auslegung des letzten Satzes des § 13 des Gesellschaftsvertrages (keine Verzinsung der "auszubezahlenden Beträge") bestehen, ist zutreffend, sodass auf deren Richtigkeit hingewiesen werden kann (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO). Den Revisionsausführungen ist daher nur kurz zu erwidern:

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision im Hinblick auf das zur Rechtsfrage der Gültigkeit von Abfindungsgarantien "anscheinend" bestehende "Spannungsverhältnis" (zwischen den Entscheidungen 8 Ob 16/94, 8 Ob 4, 5/95 und 8 Ob 2035/96i einerseits und dem "Erkenntnis" 6 Ob 563/95 andererseits) für zulässig.

Demgegenüber vertritt der Revisionswerber zur Zulässigkeit seines Rechtsmittels den Standpunkt, dass die zitierten Entscheidungen "nicht in einem Widerspruch stehen". Er hält vielmehr daran fest, dass nur die Entscheidung 6 Ob 563/95 für den gegenständlichen Rechtsstreit einschlägig sei. Sollten jedoch auch die anderen Entscheidungen hier relevant sein, wäre die Rsp uneinheitlich, bzw liege zur Zusicherung eines Mindestabfindungsguthabens bei Kündigung einer stillen Gesellschaft keine höchstgerichtliche Rsp vor.

Die Revision des Klägers macht (entgegen der Zulassungsbegründung der angefochtenen Entscheidung) geltend, dass das Berufungsgericht die dargestellte Rsp und Lehre missverstanden habe und wendet sich zuletzt auch noch gegen die Auslegung der Zinsklausel, die [Anm: entgegen ihrem Wortlaut] "keinen Ausschluss der Geltendmachung von Verzugszinsen" enthalte.

Wie schon die Revisionsbeantwortung zu sämtlichen in der Revision wiederholten Argumenten des Klägers aufzeigt steht die angefochtene Entscheidung jedoch mit der zutreffend wiedergegebenen Rsp und Lehre zur Nichtigkeit überhöhter Abfindungsklauseln im Rahmen sog "Abfindungsgarantien" in Einklang:

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 8 Ob 16/94 (SZ 68/28), der die Entscheidung 8 Ob 4, 5/95 (SZ 68/176) hinsichtlich des atypischen stillen Gesellschafters folgt (RIS-Justiz RS0075202), ausführlich begründet, dass "Abfindungsansprüche, die dem Gesellschafter (Kommanditisten) für den Fall seines Ausscheidens zugesichert wurden, unwirksam sind, soweit die Zusage zu einer Abschichtung führen würde, welche den wahren Wert der Beteiligung überschreitet, weil sie sowohl gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Gesellschafter als auch gegen Gläubigerschutzinteressen verstoßen und demnach sittenwidrig sind" (stRsp; RIS-Justiz RS0034714; 8 Ob 2035/96i = HS 27.437 = HS 27.074 = HS 27.078; ausdrücklich zust jüngst: Reich-Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei AG, GmbH und GmbH & CoKG [2004], 399 ff [400, 419 f], betreffend die Sittenwidrigkeit und Nichtigkeit gesellschaftsvertraglich zugesagter überhöhter Abfindungen, die den wahren Wert der Beteiligung übersteigen, für Kommanditisten und atypische stille Gesellschafter).

Dass sich der Kläger, soweit er diese Entscheidungen als für den vorliegenden Fall nicht einschlägig darzustellen versucht, jeweils auf Begründungsteile bezieht, auf die sich die Beklagte ohnehin nicht berufen hat, wird schon in der Revisionsbeantwortung (Punkt II. 1.) zutreffend aufgezeigt. Wenn sich der Kläger aber weiterhin auf die Entscheidung 6 Ob 563/95 stützt, ist er darauf zu verweisen, dass die dortige Mindestabschichtung direkt im Gesellschaftsvertrag, also zugunsten sämtlicher atypischer stiller Gesellschafter zugesichert wurde, während es sich bei der vorliegend erklärten Abfindungsgarantie um eine solche handelt, die von der Beklagten - bei 536 stillen Gesellschaftern - nur gegenüber dem Kläger (in einem Schreiben außerhalb des Gesellschaftsvertrages) abgegeben wurde und zu einer Abschichtung führen würde, die mehr als dreimal so hoch ist, wie der wahre Wert seiner Beteiligung. Schon mangels Vergleichbarkeit der hier zu beurteilenden Privilegierung mit dem dortigen Sachverhalt muss daher auf diese Entscheidung, die sich - wie bereits das Berufungsgericht zutreffend festhält - mit den Argumenten der zitierten, zuvor ergangenen Entscheidungen in keiner Weise auseinandersetzt, nicht weiter eingegangen werden.

Argumente gegen die eingangs zitierte Judikatur lassen sich aber auch aus § 188 HGB nicht gewinnen. Der Kläger vertritt den Standpunkt, aus leg cit und der dort normierten Anfechtbarkeit der "Rückgewährung der Einlage" wäre abzuleiten, dass die Vereinbarung einer Einlagenrückgewähr - auch bereits im Gesellschaftsvertrag - grundsätzlich zulässig sei. Dabei wird jedoch übersehen, dass eine "Rückgewähr der Einlage" nach hA jede auch unbare Vermögensschmälerung zugunsten des Stillen zu verstehen ist (Straube/U. Torggler in Straube³ [2003] Rz 4 zu § 188 HGB; EvBl 1956/3). § 188 HGB ist also auf jede Verminderung des Vermögens des Geschäftsherrn zugunsten des Stillen anzuwenden, die nicht schon aufgrund anderer zwingender Rechtsvorschriften gesetzwidrig und damit nichtig ist. Mit dem Begriff "Einlage" muss daher - entgegen der Ansicht des Klägers - keineswegs die ursprünglich vom atypisch stillen Gesellschafter bezahlte Einlage gemeint sein (vgl auch 8 Ob 16/94 und 8 Ob 2035/96i zur Sittenwidrigkeit von Abfindungsklauseln bei Kommanditgesellschaften iVm dem Begriff "Einlage" nach § 172 Abs 4 HGB).

Da der Kläger als atypisch stiller Gesellschafter an der Wertentwicklung (Gewinn und Verlust) des Geschäftsherrn voll teilnahm (§ 6 des Gesellschaftsvertrages) und ihm auch gewisse Kontrollrechte hinsichtlich der Beklagten zustanden (vgl § 5 des Gesellschaftsvertrages bzw § 183 HGB), während beim (schlichten bzw partiarischen) Darlehensgeber jegliche Verlustbeteiligung ausgeschlossen ist, kann auch von dem vom Kläger in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten Wertungswiderspruch keine Rede sein (vgl auch die von Reich-Rohrwig aaO, 419, zu FN 1928 zitierten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes, in denen atypisch stille Gesellschafter wie der Kläger als "Mitunternehmer" und damit Eigenkapitalgeber qualifiziert wurden [so auch: RIS-Justiz RS0075202]).

Dass aber auch die bekämpfte Auslegung des vereinbarten Ausschlusses einer Verzinsung der "auszubezahlenden Beträge" des Abfindungsguthabens (§ 13 des Gesellschaftsvertrages) nicht zu beanstanden ist, ergibt sich daraus, dass der gegenteiligen Interpretation des Klägers - wie bereits festgehalten - schon der Wortlaut der Zinsklausel entgegensteht.

Der Revision muss daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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