Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Kläger sind Eigentümer des Hauses, in dem der Beklagte die Wohnung top Nr 12 zu einem monatlichen Mietzins von 230,71 EUR gemietet hat.
Bereits am 31. Jänner 2003 übermittelte die von den Klägern beauftragte Hausverwaltung dem Beklagten zu Handen seines Rechtsvertreters eine Mahnung über den ausständigen Mietzins für Jänner 2003 mit achttägiger Nachfrist. Der Beklagte zahlte in der Folge auch den Mietzins für Februar nicht und wurde am 28. Februar 2003 neuerlich gemahnt. Er zahlte auch die Miete für März 2003 nicht, welche die Hausverwaltung am 31. März 2003 einmahnte. Der Beklagtenvertreter sandte die Mahnungen an die Hausverwaltung mit dem Vermerk zurück, in Hinkunft sollten Mahnungen und Mietzinsvorschreibungen direkt an den Beklagten geschickt werden. Daraufhin übermittelte die Hausverwaltung dem Beklagten die Mahnung für März 2003 neuerlich an seine persönliche Adresse, ebenso alle weiteren Mietzinsvorschreibungen und Folgemahnungen.
Am 30. April 2003 leistete der Beklagte eine Teilzahlung von 461,42 EUR, die von der Hausverwaltung auf die Vorschreibungen Jänner und Februar 2003 angerechnet wurde. Erst nach Zustellung der Mietzins- und Räumungsklage am 22. September 2003 zahlte der Beklagte am 6. Oktober 2003 die rückständigen Mietzinse für März bis August 2003.
Zu den Zahlungsrückständen war es gekommen, weil der Beklagte seit zumindest Dezember 2002 "finanzielle Probleme" hatte. Ab diesem Zeitpunkt bezog er Notstandshilfe bei aufrechten Sorgepflichten für zwei mj. Kinder im Alter von 13 und 14 Jahren. Dem Beklagten war jedoch bewusst, dass er nach Abschluss eines anhängigen Verlassenschaftsverfahrens ein Erbe antreten werde, mit dem er über Geld und Liegenschaften verfügen könne, sodass ihm die Bezahlung des Mietzinses ab Erbantritt jedenfalls möglich sein werde. Der Beklagte wusste jedoch nicht, wann das Verlassenschaftsverfahren beendet sein werde. Er nahm diesbezüglich im Juli 2003 mit der Hausverwaltung telefonisch Kontakt auf und teilte mit, nach Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens alle Mietzinsrückstände zu bezahlen. Er könne aber nicht angeben, wann das Verlassenschaftsverfahren beendet sein werde. Er erhielt keine Zusage der Hausverwaltung, die Mietzinse bis zur Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens zu stunden oder sonst irgendeinen Zahlungsaufschub. Nach Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens beglich der Beklagte die offenen Mietzinsrückstände.
Die Kläger erklärten die Auflösung des Mietvertrags gemäß § 1118 ABGB und begehrten die Räumung der an den Beklagten vermieteten Wohnung. Dieses Begehren hielten sie auch nach Zahlung des Mietzinsrückstands aufrecht, der Beklagte sei mehrfach gemahnt worden, ihm sei weder eine Stundung noch ein Zahlungsaufschub zugesichert worden. Überdies habe es sich nicht um bloß vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten gehandelt.
Der Beklagte wendete ein, ihn treffe am Zahlungsrückstand kein grobes Verschulden, er sei im Frühjahr und Sommer 2003 vorübergehend in finanziellen Schwierigkeiten gesteckt, er habe in diesem Zeitraum lediglich eine Notstandshilfe von 600 EUR monatlich erhalten und überdies keinen Untermietzins von seiner Untermieterin, der er die gegenständliche Wohnung vermietet habe. Er sei für zwei mj. Kinder sorgepflichtig gewesen; es sei ihm trotz Bereitschaft hiezu nicht möglich gewesen, eine entsprechende Arbeit zu finden.
Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren ab. Dem Beklagten sei die Begleichung der Mieten mit der ihm zur Verfügung stehenden Notstandshilfe nicht möglich gewesen; er habe immerhin eine Teilzahlung geleistet. Auf Grund der erlangten Erbschaft sei er in der Lage, in Hinkunft die Mietzinse fristgerecht zu zahlen. Von einem groben Verschulden könne nicht gesprochen werden, weshalb das Räumungsbegehren (nach Zahlung des Mietzinsrückstands) abzuweisen sei.
Das Berufungsgericht gab hingegen dem Räumungsbegehren statt. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil das Berufungsgericht der Rsp des Obersten Gerichtshofs gefolgt sei. Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass ein grobes Verschulden an der Nichtzahlung des Mietzinses nicht vorliege, treffe den Mieter, der den ihn entlastenden Sachverhalt in jeder Richtung zu konkretisieren habe. Dabei gehe jeder Zweifel zu seinen Lasten. Im Falle häufiger Rückstände trotz Mahnung könne nur ausnahmsweise nach den Besonderheiten des Einzelfalls eine sonst naheliegende grobe Fahrlässigkeit ausgeschlossen werden, die auch angenommen werde, wenn der Mieter den Mietzinsrückstand aus reiner Gleichgültigkeit entstehen lasse, insbesondere dann, wenn er den Mietzinsrückstand von der Mahnung bis zur Einbringung der Klage anwachsen lasse. Zahle der Mieter nicht, weil er wirtschaftliche Schwierigkeiten habe, so habe er auch zu beweisen, dass er die Schwierigkeiten nicht verschuldet habe. Das Verhalten des Beklagten, Mietzinsrückstände von der Mahnung bis zur Räumungsklage anwachsen zu lassen, sei als grobe Fahrlässigkeit zu werten. Das Vorliegen grober wirtschaftlicher Schwierigkeiten, was ein Verschulden widerlegen könne, habe der Beklagte nicht einmal behauptet. Der Umstand, dass er bloß Notstandshilfe bezogen habe, bedeute nicht, dass er nicht etwa aus Rücklagen oder bestehendem Vermögen die ohnehin nicht hohe Mietzinsverpflichtung nicht tragen habe können. Die nicht festgestellte Nichtzahlung des Untermietzinses würde dem Beklagten überdies von der Zuhaltung seiner Vertragsverpflichtung nicht entbinden; es stehe also nicht fest, dass die Nichtzahlung des Mietzinses auf wirtschaftliche Schwierigkeiten zurückzuführen sei. Der Beklagte als Hausverwalter müsse es sich als Leichtsinn oder Gleichgültigkeit anrechnen lassen, den Rückstand nicht jedenfalls bei angedrohter Auflösungserklärung bezahlt zu haben, weil der Maßstab für die Beurteilung des Verschuldens dem Verkehrskreis des Beklagten zu entnehmen sei. Der Umstand, dass der Beklagte mit einer Erbschaft gerechnet habe, vermöge auch das Vorliegen bloß vorübergehender Schwierigkeiten nicht zu indizieren, weil weder der präzise Zeitpunkt des Anfalls der Erbschaft noch deren erwartende Höhe habe festgestellt werden können. Diesbezügliche Feststellungsmängel lägen nicht vor, ebenso irrelevant sei, ob die Untermieterin des Beklagten tatsächlich den Untermietzins nicht bezahlt habe.
Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Es entspricht stRsp des Obersten Gerichtshofs, dass die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass kein grobes Verschulden an der Nichtzahlung des Mietzinses vorliege, den Mieter trifft und dabei jeder Zweifel zu seinen Lasten geht (zuletzt 8 Ob 47/03m = ecolex 2003, 834 = immolex 2004, 19, 10 Ob 47/04s; RIS-Justiz RS0069316). Der Beklagte hat daher den ihn entschuldigenden Sachverhalt in jeder möglichen Richtung zu konkretisieren (7 Ob 555/82 = MietSlg 35.586 uva). Darüber hinaus hat der Beklagte im Fall der Nichtzahlung des Mietzinses infolge seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten auch zu beweisen, dass er diese Schwierigkeiten nicht verschuldet hat (4 Ob 582/95 = MietSlg 47.419 = WoBl 1997, 50 uva; zuletzt 8 Ob 47/03m).
Der Beklagte hat im vorliegenden Fall nicht bloß vorübergehende finanzielle Schwierigkeiten als Grund für die Nichtzahlung des Mietzinses behauptet, sondern darüber hinaus auch vorgebracht, im fraglichen Zeitraum arbeitslos gewesen zu sein und trotz Arbeitsbereitschaft keine entsprechende Beschäftigung gefunden zu haben, weshalb er lediglich Notstandshilfe von 600 EUR monatlich für sich und zwei mj. Kinder zur Verfügung gehabt habe; darüber hinaus sei ihm der Untermietzins mangels Zahlung der Untermieterin auch nicht zur Verfügung gestanden. Dieses Vorbringen entspricht entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung der den Mieter treffenden Behauptungslast, wenn er dem nach Zahlung des rückständigen Mietzinses aufrecht erhaltenen Räumungsbegehren mit dem Vorbringen entgegentritt, ihn treffe an der Nichtzahlung des Mietzinses kein grobes Verschulden. Der Hinweis auf die ausständige, die Begleichung des Mietzinsrückstands ermöglichende Erbschaft ist im Zusammenhang mit dem weiteren Beklagtenvorbringen zu seiner wirtschaftlichen Situation dahin zu verstehen, dass er außer dem erwähnten Arbeits- und Untervermietungseinkommen über kein Einkommen, aber auch über kein Vermögen verfügte, welches die Abdeckung des Mietzinsrückstands ermöglicht hätte.
Um das vom Beklagten verneinte, von den Klägern aber behauptete grobe Verschulden an der zunächst nicht, nach Antritt der Erbschaft doch erfolgten Mietzinszahlung abschließend beurteilen zu können, sind über die vom Erstgericht ohnehin getroffenen Feststellungen zur wirtschaftlichen Situation des Beklagten hinaus auch noch - von den Vorinstanzen bislang nicht getroffene - Feststellungen dazu erforderlich, ob und in welchem Zeitraum der Beklagte tatsächlich von seiner Untermieterin keinen Mietzins erhielt, sodass er im fraglichen Zeitraum Jänner bis September 2003 nur Notstandshilfe zur Bestreitung seiner Lebensbedürfnisse und der seiner beiden mj. Kinder, für die er sorgepflichtig ist, zur Verfügung hatte, und darüber hinaus es ihm trotz diesbezüglicher Bemühungen nicht möglich war, eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation durch Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit zu erlangen.
Sollten sich sämtliche Behauptungen des Beklagten zu seiner wirtschaftlichen Situation im Jahr 2003 als zutreffend erweisen, wäre der Zahlungsverzug nicht als grob schuldhaft zu beurteilen und erwiese sich das von den Klägern aufrechterhaltene Räumungsbegehren gemäß § 33 Abs 2 und 3 MRG als nicht berechtigt. Sollte sich hingegen der Eintritt von wirtschaftlichen Schwierigkeiten, welcher dem Beklagten an der pünktlichen Erfüllung der ihn treffenden Mietzinszahlungsverpflichtungen hinderte, als von ihm verschuldet erweisen, etwa weil er eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit unterlassen hat, oder ihm doch zur Verfügung stehende Untermietzinse nicht zur Zahlung des Hauptmietzinses verwendete, wären die wirtschaftlichen Schwierigkeiten als schuldhaft herbeigeführt zu qualifizieren, was zur Annahme grob schuldhaften Verhaltens des Beklagten und damit zur Berechtigung des aufrechterhaltenen Räumungsbegehrens führte.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.
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