Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit EUR 1.891,53 (keine USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit ihrer Klage vom 25. 9. 2003 machten die Kläger, die sich als Bietergemeinschaft an einen von der Beklagten ausgeschriebenen Vergabeverfahren beteiligt hatten, einen Vertrauensschaden (frustrierter Aufwand) in Höhe von EUR 85.207,78 sA wegen culpa in contrahendo geltend. Da die Beklagte bei der Ausschreibung die gebotene Sorgfalt nicht eingehalten und insbesondere die Normen des BVergG 1997 verletzt habe, habe sie die Ausschreibung widerrufen müssen.
Die Beklagte wendete unter anderem die Unzulässigkeit des Rechtsweges ein. § 125 Abs 2 BVergG 1997 lege fest, dass eine Schadenersatzklage nur zulässig sei, wenn zuvor eine Feststellung des Bundesvergabeamtes gemäß § 113 Abs 3 leg cit erfolgt sei; dieser Feststellungsbescheid sei nach ständiger Judikatur Prozessvoraussetzung.
Das Erstgericht wies die Klage zurück. Es traf folgende wesentliche Feststellungen:
Die Beklagte schrieb als Auftraggeber mit Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften die Durchführung des Projektmanagements im Zuge der Gesamträumung der "Fischerdeponie" aus. Die Kläger nahmen als Bietergemeinschaft an dem Vergabeverfahren teil und legten ein verbindliches und zulässiges Angebot. Ein von der Beklagten beauftragter Zivilingenieur informierte die Kläger am 20. 6. 2000, dass die Beklagte beabsichtigte, einem anderen Bieter den Zuschlag zu erteilen. Die Kläger stellten daher am 30. 6. 2000 ein Schlichtungsersuchen an die Bundesvergabekontrollkommission, das zwar ohne Schlichtung, jedoch mit einer begründeten Empfehlung gemäß § 110 Abs 3 BVergG 1997 endete. Am 24. 7. 2000 richteten die Kläger einen Nachprüfungsantrag verbunden mit einem Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung an das Bundesvergabeamt. In seinem Bescheid vom 18. 8. 2000 führte das Bundesvergabeamt begründend aus, dass die Ausschreibung zu widerrufen sein werde. Tatsächlich teilte die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt als Vertreterin der Beklagten mit Schreiben vom 26. 9. 2000 mit, dass auf Grund dieses Bescheides die Ausschreibung mit sofortiger Wirkung gemäß § 55 Abs 1 BVergG 1997 widerrufen werde. In diesem Schreiben führte die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt weiters aus, dass das von den Klägern vorgelegte Anbot mit der vereinbarten Pauschalsumme von S 80.000,- - vergütet werde. Die Angebotsfrist war am 16. 11. 1999, 12 Uhr, abgelaufen.
Rechtlich würdigte das Erstgericht den Sachverhalt dahin, dass die Feststellung des Bundesvergabeamtes gemäß § 113 Abs 3 BVergG 1997 Voraussetzung einer Schadenersatzklage und die Klage daher als unzulässig zurückzuweisen sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kläger nicht Folge, sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, und führte begründend Folgendes aus:
Auf den vorliegenden Sachverhalt seien die Normen des BVergG 1997 in der Fassung der Nov 1996 (BGBl 776/1996, wiederverlautbart in BGBl I 56/1997) anzuwenden.
Gemäß § 113 Abs 3 BVergG 1997 sei das Bundesvergabeamt nach Zuschlagserteilung oder nach Abschluss des Vergabeverfahrens zuständig festzustellen, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetzes oder die hiezu ergangenen Verordnungen der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden sei. In einem solchen Verfahren sei das Bundesvergabeamt ferner zuständig, auf Antrag des Auftraggebers festzustellen, ob ein übergangener Bewerber oder Bieter auch bei Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der hiezu ergangenen Verordnungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte.
Gemäß § 122 Abs 1 BVergG 1997 habe ein übergangener Bewerber oder Bieter gegen den Auftraggeber, dem das Verhalten der Organe der vergebenden Stelle zuzurechnen sei, bei schuldhafter Verletzung dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes ergangenen Verordnungen durch Organe einer vergebenden Stelle Anspruch auf Ersatz der Kosten der Angebotsstellung und der durch die Teilnahme am Vergabeverfahren entstandenen Kosten. Gemäß Abs 2 bestehe kein Anspruch, wenn gemäß § 113 Abs 3 letzter Satz festgestellt worden sei, dass der übergangene Bieter auch bei Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte.
Gemäß § 124 leg cit blieben im Übrigen die nach anderen Rechtsvorschriften bestehenden Ersatzansprüche, Solidarhaftungen sowie Rücktrittsrechte unberührt. Gemäß § 125 Abs 2 leg cit sei eine Schadenersatzklage nur zulässig, wenn zuvor eine Feststellung des Bundesvergabeamtes gemäß § 113 Abs 3 erfolgt sei. Das Gericht und die Parteien des Verfahrens vor dem Bundesvergabeamt seien an eine solche Feststellung gebunden.
Nach ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofes lege § 125 Abs 2 BVergG 1997 eine umfassende Bindung fest; der Feststellungsbescheid des Bundesvergabeamtes gemäß § 113 Abs 3 leg cit bilde eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Schadenersatzklage (RIS-Justiz RS0115618). Hingegen sei nach der Judikatur die Feststellung gemäß § 113 Abs 3 BVergG 1997 dann nicht Prozessvoraussetzung, wenn es sich um einen nach anderen Rechtsvorschriften bestehenden Ersatzanspruch im Sinne des § 124 BVergG 1997 handle (RIS-Justiz RS00115783).
Da unstrittig sei, dass die Kläger einen Feststellungsbescheid gemäß § 113 Abs 3 BVergG 1997 (noch) nicht erwirkt hätten, seien zwei Fragen zu prüfen: Erstens, ob ein auf culpa in contrahendo gestützter Schadenersatzanspruch auch ohne einen derartigen Feststellungsbescheid eingeklagt werden könne; zweitens ob ein Feststellungsbescheid des Bundesvergabeamts nach erfolgtem Widerruf der Ausschreibung entbehrlich sei.
Zur ersten Frage sei auszuführen:
In der Regierungsvorlage zur Novelle 1996 (GP XX RV 323) heiße es in den Erläuterungen zu § 98 Abs 1 (in der Fassung der Wiederverlautbarung: § 122 Abs 1), dass über den positiven Schaden hinausgehende Ansprüche gemäß den allgemeinen Bestimmungen des Zivilrechts vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen wären. Lediglich der Klarstellung halber sei festzuhalten, dass, um derartige Ansprüche (entgangener Gewinn) vor den ordentlichen Gerichten geltend machen zu können, zuerst ein Nachprüfungsverfahren gemäß dem BVergG durchzuführen sei. Die Feststellung gemäß § 91 Abs 3 (in der Fassung der Wiederverlautbarung: § 113 Abs 3) sei sohin eine Zulässigkeitsvoraussetzung für die Anrufung der ordentlichen Gerichte zur Erlangung von Schadenersatz. Auch im entsprechenden Ausschussbericht (GP XX AB 463) werde "klarstellenderweise" festgehalten, dass für die Anrufung der ordentlichen Gerichte die Feststellung des Bundesvergabeamtes gemäß § 91 Abs 3 eine Zulässigkeitsvoraussetzung darstelle.
In den Materialien zur Regierungsvorlage für das Bundesvergabegesetz 2002 (GP XXI RV 1087, "Zum 4. Hauptstück des 5. Teiles") heiße es unter Hinweis auf die Erläuternden Bemerkungen 1993, es solle "klargestellt" werden, dass die Schadenersatzansprüche der Teilnehmer am Vergabeverfahren gegen den Auftraggeber in den Bestimmungen der §§ 181 ff (Nachfolgebestimmungen der §§ 122 ff BVergG 1997) abschließend geregelt seien, sodass insbesondere auch die Bestimmung des § 183 (im Wesentlichen gleichlautende Nachfolgebestimmung des § 124 BVergG 1997) nicht zu einer Anspruchskonkurrenz verhelfe, heiße es doch dort "im Übrigen" und nicht "in allen Fällen".
In seiner Entscheidung 7 Ob 200/00p habe der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass sich sowohl aus dem systematischen Aufbau des BVergG 1997 als auch aus den europarechtlichen Grundlagen ergebe, dass der Feststellung des Bundesvergabeamtes nur im Zusammenhang mit einem begehrten Kostenersatz (Vertrauensschaden) entscheidende Bedeutung (nämlich als Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Zivilprozess) zukomme.
In seiner Entscheidung 1 Ob 110/02m habe der Oberste Gerichtshof festgestellt, die Bieter hätten die Wahl, entweder zu begehren, dass sie wie bei Vertragsabschluss gestellt werden, oder den Ersatz der Kosten im Sinn des § 122 BVergG 1997 geltend zu machen.
Beiden Entscheidungen sei eindeutig zu entnehmen, dass die Geltendmachung eines Vertrauensschadens unter den Begriff "Kosten" im Sinne des § 122 Abs 1 BVergG 1997 zu subsumieren und daher ein Feststellungsbescheid des Bundesvergabeamtes Voraussetzung für eine Schadenersatzklage sei. Für diese Interpretation sprächen auch die oben dargestellten Ausführungen in den Gesetzesmaterialien.
In jüngster Zeit habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass § 125 Abs 2 BVergG 1997 auch auf Klagen anzuwenden sei, mit denen der Ersatz des entgangenen Gewinns wegen behaupteter vergaberechtwidriger Zuschlagserteilung begehrt werde (RIS-Justiz RS0118435).
In der von den Rekurswerbern wiederholt zitierten Entscheidung 4 Ob 62/03a habe der Oberste Gerichtshof für das niederösterreichische Vergabegesetz den Rechtssatz formuliert, dass die Feststellung des UVS nach § 24 Abs 3 nöVergG nur dann Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Schadenersatzklage sein könne, wenn der geltend gemachte Anspruch auf einer rechtswidrigen, das heißt vergaberechtswidrigen Auftragsvergabe beruhe, und die Klägerin mit ihrem Anbot deshalb übergangen worden sei, obwohl sie eine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte (RIS-Justiz RS0117626). Im dort behandelten Fall habe die Klägerin ihren Anspruch auf culpa in contrahendo gestützt, weil die Beklagte die Ausschreibung noch vor Ablauf der Angebotsfrist und noch bevor die Klägerin ihr Angebot gelegt gehabt habe, widerrufen habe. Da es nicht einmal zu einer Auftragsvergabe gekommen sei, sei es zweifelhaft, ob es überhaupt "übergangene Bieter" geben könne. Da der Anspruch auf Schadenersatz in diesem Fall also ohne Bezug auf vergaberechtliche Vorschriften bestehe, könne auf die Feststellung des UVS - sofern in diesem Fall überhaupt eine derartige Kompetenz bestehe - verzichtet werden.
Dieser Fall sei jedoch mit dem vorliegenden nicht zu vergleichen. Für den Fall eines Widerrufes nach Ende der Angebotsfrist bestehe nämlich eine Feststellungskompetenz des Bundesvergabeamtes. Dies habe das Bundesvergabeamt selbst in einem verstärkten Senat festgestellt (RPA 2003, 147). Die Formulierung "nach Abschluss des Vergabeverfahrens" in § 113 Abs 3 BVergG 1997 könne sich nämlich nur auf den Widerruf der Ausschreibung beziehen; eine Kompetenz des Bundesvergabeamtes zur Feststellung nach einem Widerruf sei auch aus europarechtlichen Gründen und wegen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes geboten, wonach prozessuale Voraussetzung für die Geltendmachung jedes Schadenersatzanspruches nach § 125 Abs 2 BVergG 1997 sei, dass zuvor eine Feststellung des Bundesvergabeamtes nach § 113 Abs 3 BVergG erfolgt sei. Der Entscheidung 4 Ob 62/03a könne daher nicht entnommen werden, dass in jedem Fall bei einem auf culpa in contrahendo gestützten Schadenersatzbegehren eine Feststellung des Bundesvergabeamtes entbehrlich sei.
Auch die Glosse von Dullinger (ZVB 2003, 318) zeige auf, dass es keinesfalls der Wille des Gesetzgebers sein könne, die Notwendigkeit eines Feststellungsbescheides des Bundesvergabeamtes lediglich dadurch umgehen zu können, dass das Klagebegehren auf culpa in contrahendo gestützt werde. Dullinger schlage vor, die Feststellung nur dann nicht zu fordern, wenn der Anspruch aus einer Rechtsverletzung abgeleitet werde, die außerhalb des Vergaberechtsregimes stehe. Ähnlich argumentiere der Oberste Gerichtshof in 6 Ob 67/03a, wo er darauf verweise, dass nur bei "vom Vergaberecht trennbaren weiteren Rechtsgründen" ein Anspruch im Sinne des § 124 BVergG 1997 (und damit die Entbehrlichkeit der Feststellung des Bundesvergabeamtes) anzunehmen sein werde. Eine vergleichbare Auffassung sei auch dem oben zitierten Rechtssatz zu 4 Ob 62/03a (RIS-Justiz RS0117626) zu entnehmen (arg. "vergaberechtswidrig"). In diesem Zusammenhang sei zu bemerken, dass die Kläger ihr Klagebegehren (nur) darauf gestützt hätten, dass die Beklagte für eine gesetzmäßige Ausschreibung zu sorgen gehabt hätte, woraus zu entnehmen sei, dass die Kläger der Beklagten eine Verletzung der Vorschriften des Bundesvergabegesetzes vorwerfen würden.
Der Umstand, dass sie ihr Klagebegehren auf culpa in contrahendo gestützt hätten, befreie die Kläger also nicht (a priori) von der Notwendigkeit eines Feststellungsbescheides als Prozessvoraussetzung.
Daher sei die schon oben gestellte weitere Frage, ob der Umstand, dass die Ausschreibung widerrufen worden sei, zu einem Wegfall der Notwendigkeit eines Feststellungsbescheides des Bundesvergabeamtes führe, zu prüfen.
Diese Frage sei zu verneinen.
Pock weise in einer Glosse zu 6 Ob 279/03b darauf hin, dass auf einen Feststellungsbescheid nur dann verzichtet werden könne, wenn im Vergabekontrollverfahren gar nicht festgestellt werden könne, dass der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden sei (RPA 2004, 95). Eine derartige Feststellung sei dann nicht möglich, wenn - wie es im 4 Ob 62/03a zugrunde liegenden Sachverhalt der Fall gewesen sei - die Ausschreibung vor Ende der Angebotsfrist widerrufen worden sei, weil zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal die potenziellen Bieter und Angebote bekannt seien. Wie bereits dargelegt, bestehe aber eine Feststellungskompetenz, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Widerruf nach Ende der Angebotsfrist erfolgt sei.
Zur von den Klägern ins Treffen geführten Entscheidung 2 Ob 2/97a sei zu sagen, dass diese zur Rechtslage vor der Novelle 1996 ergangen sei, demnach vor Einführung des Terminus "oder nach Abschluss des Vergabeverfahrens" in § 113 Abs 3 BVergG 1997. Aus dem Umstand, dass der Oberste Gerichtshof in der zitierten Entscheidung eine Feststellungskompetenz bei Widerruf der Ausschreibung generell verneint habe, sei für die Rekurswerber daher nichts zu gewinnen. Seit der Novelle 1996 sei das Bundesvergabeamt nämlich auch im Falle eines Widerrufes (nach Ende der Angebotsfrist) zur Nachprüfung des Vergabeverfahrens zuständig.
Zusammenfassend sei also der von den Rekurswerbern angeführten Judikatur des Obersten Gerichtshof nicht zu entnehmen, dass im vorliegenden Fall die Feststellung des Bundesvergabeamtes im Sinne des § 113 Abs 3 BVergG 1997 keine Prozessvoraussetzung darstellen sollte. Daher sei in concreto auch unter Zugrundelegung des Zweckes des Feststellungsverfahrens, das die ordentlichen Gerichte entlasten und die einheitliche Auslegung des Bundesvergaberechtes gewährleisten solle (vgl Diregger, Gibt es nach Bundesvergaberecht eine "echte Chance" auf Schadenersatz?, WBl 2000, 442; hier 449), die Feststellung des Bundesvergabeamtes Prozessvoraussetzung.
Der Oberste Gerichtshof habe sich noch nicht mit der Frage beschäftigt, ob für eine auf culpa in contrahendo gestützte Schadenersatzklage ein Feststellungsbescheid gemäß § 113 Abs 3 BVergG 1997 notwendige Prozessvoraussetzung sei, wenn die Ausschreibung nach Ende der Angebotsfrist widerrufen worden sei. Es liege daher eine Rechtsfrage von der Qualität des § 528 Abs 1 ZPO vor, weshalb der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Kläger wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, dem Erstgericht die Durchführung des Verfahrens und die Entscheidung in der Sache unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.
Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerber machen im Wesentlichen geltend, auch bei Widerruf der Ausschreibung (wegen deren inhaltlicher Rechtswidrigkeit) nach Angebotseröffnung könne nicht festgestellt werden, dass der Zuschlag nicht dem Bestbieter erteilt worden sei; das Bundesvergabeamt könnte nur die selbstverständliche Aussage treffen, dass ein Zuschlag nicht erteilt worden sei. Das Bundesvergabeamt habe sich ohnehin bereits in einem Nachprüfungsverfahren - wenn auch nicht in einem Feststellungsbescheid gemäß § 113 Abs 3 BVergG 1997 - von erheblichen Mängeln der Ausschreibung und weiteren Vergaberechtsverstößen des Auftraggebers überzeugen können und den Widerruf der Ausschreibung empfohlen; es würde wohl auch in einem Feststellungsbescheid gemäß § 113 Abs 3 leg cit zu den gleichen Vergaberechtsverstößen kommen. Im Falle des Widerrufes der Ausschreibung sei eine Feststellungskompetenz des Bundesvergabeamtes für die Rechtsverfolgung unnötig, weshalb die vorliegende Klage auch ohne Feststellungsbescheid zulässig sei.
Der erkennende Senat hält demgegenüber die Entscheidung des Rekursgerichtes und dessen Begründung für zutreffend, weshalb es gemäß § 510 Abs 3 Satz 2, § 528a ZPO ausreicht, auf deren Richtigkeit und die dort zitierte Judikatur des Obersten Gerichtshofes hinzuweisen. Den Rechtsmittelausführungen ist - zusammenfassend und ergänzend - kurz noch Folgendes entgegenzuhalten:
Das BVergG 1997 sieht in § 125 Abs 2 iVm § 113 Abs 3 im Falle von Schadenersatzansprüchen eines übergangenen Bewerbers oder Bieters eine Arbeitsteilung zwischen Bundesvergabeamt und Zivilgericht vor: Das auf Vergabefragen spezialisierte Bundesvergabeamt soll die vom Geschädigten behauptete Vergaberechtswidrigkeit prüfen, das Gericht die übrigen Voraussetzungen einer Schadenersatzpflicht. Dies gilt unabhängig von der Art des geltend gemachten Schadens, also sowohl für das negative als auch für das positive Interesse. Ratio dieser Arbeitsteilung ist es, die Gerichte zu entlasten und eine einheitliche Auslegung vergaberechtlicher Bestimmungen durch eine spezialisierte Behörde zu gewährleisten. Nur dann, wenn die Rechtswidrigkeit nicht aus einem Vergaberechtsverstoß abgeleitet wird, ist ein Feststellungsbescheid des Bundesvergabeamtes entbehrlich (vgl 6 Ob 67/03a; 6 Ob 279/03b; Rummel zu 7 Ob 200/00p = JBl 2002, 120; Dullinger zu 4 Ob 62/03a = ZVB 2003, 317; Diregger, WBl 2000, 448 f; alle mwN). Im vorliegenden Fall haben die Kläger aber sehr wohl eine Vergaberechtswidrigkeit (der Ausschreibung) behauptet.
Im Fall des Widerrufes einer Ausschreibung wegen Vergaberechtswidrigkeit scheint ein Feststellungsbescheid des Bundesvergabeamtes nur bei oberflächlicher Betrachtung des Wortlautes des § 113 Abs 3 leg cit überflüssig zu sein. Das Gesetz sieht aber eine Feststellungskompetenz des Bundesvergabeamtes nicht nur nach Zuschlagserteilung, sondern auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens vor, worunter zwanglos der Widerruf der Ausschreibung subsumiert werden kann; es verpflichtet das Bundesvergabeamt nicht etwa zum bloßen Ausspruch der Selbstverständlichkeit, dass es wegen Widerrufes der Ausschreibung zu keinem Zuschlag gekommen ist, sondern stellt eine Verknüpfung mit einem Vergaberechtsverstoß her; im zweiten Satz der Bestimmung wird schließlich dem Auftraggeber die Gelegenheit gegeben, dem Bewerber oder Bieter eine "echte Chance" auf Erteilung des Zuschlages absprechen zu lassen. Im Lichte der obigen Ausführungen zur Arbeitsteilung zwischen Bundesvergabeamt und Zivilgericht erscheint eine solche auch im beschriebenen Fall sinnvoll. Der erkennende Senat teilt daher die Auffassung eines verstärkten Senates des Bundesvergabeamtes (3. 4. 2003, 10 F 14/02, RPA 2003, 147), dass dessen Feststellungskompetenz auch nach einem Widerruf der Ausschreibung besteht (vgl auch Sturm, Ausschreibungswiderruf und Schadenersatz nach dem Bundesvergabegesetz [2002], RPA 2004, 6 [8]; Dullinger aaO). Zur Richtigkeit der in 4 Ob 62/03a vorgenommenen Differenzierung zwischen Widerrufen vor und nach Ablauf der Angebotsfrist muss diesmal nicht weiter Stellung genommen werden, weil diese Entscheidung ausdrücklich nur den - hier nicht gegebenen - Fall des Widerrufes vor Fristablauf betrifft.
Im vorliegenden Fall haben die Kläger ihren Schadenersatzanspruch auf eine - zum Widerruf der Ausschreibung führende - Vergaberechtswidrigkeit der Ausschreibung gestützt. Auch hier hätte somit vor Einbringung der Schadenersatzklage beim Erstgericht eine Feststellung des Bundesvergabeamtes gemäß § 113 Abs 3 leg cit erfolgen müssen. Dass der Bescheid des Bundesvergabeamtes vom 18. 8. 2000 kein entsprechender Feststellungsbescheid ist, haben die Rechtsmittelwerber ohnehin selbst erkannt. Die Erwähnung von Ausschreibungsmängeln in der Bescheidbegründung vermag den im Gesetz vorgesehenen Feststellungsbescheid nicht zu ersetzen.
Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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