OGH 15Os89/04

OGH15Os89/042.12.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Dezember 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Markel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schmucker, Dr. Zehetner, Dr. Danek und Dr. Kirchbacher als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Pablik als Schriftführer in der Strafsache gegen Hannes T***** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 6. Mai 2004, GZ 12 Hv 156/03i-27, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen Freispruch enthaltenden Urteil wurde Jozef F***** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127, 129 Z 2 StGB schuldig erkannt. Danach hat er am 14. April 2003 in Graz eine fremde bewegliche Sache, nämlich Bargeld in unbekannter, 2.000 Euro nicht übersteigender Höhe, Berechtigten der A*****-Tankstelle C*****, durch Aufbrechen des Münzautomaten der Waschbox mittels eines Brecheisens mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz wegzunehmen versucht. Der Angeklagte bekämpft das Urteil mit einer auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 5a und 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Sie verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Der Erörterung ihrer Einwände ist voranzustellen, dass - vor der nunmehr vorliegenden Rechtsmittelausführung - vom Erstgericht über zwei Protokollsberichtigungsanträge des Verteidigers entschieden wurde. Während das Protokoll der Hauptverhandlung in einem Punkt berichtigt wurde (mit dem Beschluss ON 33 in Beziehung auf S 128), wurde eine Änderung des Protokolls in einem anderen Punkt begründet abgelehnt (ON 36). Nach dieser Beschlussfassung wurde die Urteilsausfertigung dem Verteidiger neuerlich zur Rechtsmittelausführung, über die nunmehr zu erkennen ist, zugestellt (vgl Ratz, WK-StPO § 285 Rz 2 mwN; RIS-Justiz RS0098684). Ausgehend davon reklamiert die Verfahrensrüge (Z 3) - ausdrücklich entgegen dem Beschluss ON 36 - eine Unvollständigkeit des Protokolls. Nur die Nichtaufnahme eines Protokolls, nicht aber dessen Inhalt steht jedoch unter Nichtigkeitssanktion nach § 281 Abs 1 Z 3 StPO (§ 271 Abs 1 erster Satz StPO; RIS-Justiz RS0113211, RS0099029, RS0099003, RS0098665 und RS0098652).

Die Verfahrensrüge (Z 4) geht zum in der Hauptverhandlung (vgl ON 33) gestellten Beweisantrag auf Vernehmung eines Kraftfahrzeug-Sachverständigen "dafür, dass Mängel am Fahrzeug vorhanden waren und daher die Verwendung einer Eisenstange notwendig war, um die Motorhaube des Fahrzeuges aufzubrechen", teils nicht von dem bei Antragstellung genannten Beweisthema aus und im Übrigen an der zutreffenden Begründung des abweisenden Zwischenerkenntnisses (S 128 f) vorbei.

Ohne Schmälerung von Verteidigungsrechten verfiel auch der Antrag auf kriminaltechnische Untersuchung „jener Schraubenzieher, die im Fahrzeug gefunden wurden, zum Beweis dafür, dass diese nicht zum Einbruch verwendet wurden" (ON 33), der Abweisung (S 129). Von einer Verwendung der im Antrag genannten Schraubenzieher zum Aufbrechen des Münzautomaten gingen die Tatrichter ohnedies nicht aus (US 5). Zu Recht wurde auch von einer ergänzenden Vernehmung des in der Hauptverhandlung als Zeugen befragten Sicherheitswachebeamten Gerald F***** Abstand genommen, die „zum Beweis dafür, dass keine Gegenüberstellung des Belastungszeugen Gerald S***** mit dem Angeklagten stattgefunden hat", beantragt wurde (ON 33). Der Zeuge S***** hatte bei der Vernehmung in der Hauptverhandlung - die übrigens vor Befragung des Gerald F***** stattfand - eine solche Gegenüberstellung unter Bezugnahme auf die aktenkundige, in der Hauptverhandlung zur Sprache gekommene Beschreibung des Vorganges durch den genannten Sicherheitswachebeamten bestätigt (S 21, 108). Es lag nicht auf der Hand, weswegen das beantragte Beweismittel zur Klärung des Beweisthemas geeignet sein könnte. Gründe, aus denen sich eine derartige Eignung ergeben könnte, wurden auch bei der Antragstellung nicht genannt.

Nach (Jahrzehnte zurück reichender) gefestigter Rechtsprechung muss im Beweisantrag, soweit dies nicht auf der Hand liegt, angegeben werden, aus welchen Gründen zu erwarten ist, dass die Durchführung des begehrten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde und inwieweit dieses - sofern es nicht offensichtlich ist - für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist (siehe 11 Os 41/80, 9 Os 130/80 mit Bezugnahme auf RZ 1970, 18, und die zahlreichen weiteren in RIS-Justiz RS0099453 und RS0107040 dokumentierten Entscheidungen sowie Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 und Mayerhofer/Hollaender StPO5 § 281 Z 4 E 19).

Dies ist keineswegs überholt. Im Sinn der dargelegten Judikatur hat der Gesetzgeber die Anforderungen an einen Beweisantrag in § 55 Abs 1 StPO idF des Strafprozessreformgesetzes, BGBl I Nr 19/2004, das mit 1. Jänner 2008 in Kraft treten wird, verankert. Nach dieser an die ständige Rechtsprechung anknüpfenden Bestimmung (siehe die ausdrücklich auf die Judikatur Bezug nehmenden Erläuterungen zu § 57 [„Beweisanträge"] des Ministerialentwurfs eines Strafprozessreformgesetzes, JMZ 578.017/10-II.3/2001) hat der Antragsteller im Antrag Beweisthema, Beweismittel und jene Informationen, die für die Durchführung der Beweisaufnahme erforderlich sind, zu bezeichnen und, soweit dies nicht offensichtlich ist, zu begründen, weswegen das Beweismittel geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären. Beweisaufnahmen unterbleiben, wenn das Beweisthema für die Beurteilung des Tatverdachtes ohne Bedeutung ist (vgl § 55 Abs 2 Z 1 StPO idF der Novelle). Die Verfahrensrüge ist daher unbegründet.

Auch die Mängelrüge (Z 5) ist nicht zielführend.

Die Einwände, wonach die Feststellung, dass der Angeklagte den Münzautomaten mit einem mitgebrachten Werkzeug aufbrach, mangelhaft begründet sei (Z 5 vierter und fünfter Fall), betreffen keine für die Schuldfrage oder den anzuwendenden Strafsatz entscheidenden Umstände. Auf die Herkunft des verwendeten Tatwerkzeuges kommt es nicht an. Entgegen der Beschwerde (Z 5 dritter Fall) steht die Feststellung, dass der Angeklagte den Münzautomaten aufbrach, zur Konstatierung, dass er danach infolge Beobachtung durch einen Zeugen flüchtete und solcherart die Vollendung unterblieb (US 5), nicht in Widerspruch. Die Tatsachenrüge (Z 5a) zuwider bestätigte der Zeuge Gerhard S***** in der Hauptverhandlung ohne jede zu erheblichen Bedenken Anlass gebende Einschränkung, dass ihm der Angeklagte bei der Polizei gegenüber gestellt wurde (S 108, 110).

Ebenso wenig vermag der Umstand, dass das im PKW des Angeklagten gefundene Brecheisen keine dem Lack des Münzautomaten entsprechende Spuren aufwies, solche erheblichen Bedenken zu wecken. Eine Verwendung gerade dieses Brecheisens wurde von den Tatrichtern nicht angenommen (US 5).

Der Einwand (Z 9 lit a), das Erstgericht habe keine Feststellungen darüber getroffen, ob tatsächlich unter Verwendung eines Werkzeuges ein Behältnis aufgebrochen worden ist, steht im Gegensatz zum Urteilssachverhalt (US 5). Gleiches gilt für das Vorbringen der Rechtsrüge, wonach keine Feststellungen dazu vorlägen, ob „eine möglicherweise geplante Tat gar nicht zur Ausführung kam" (erneut US 5). Bei Geltendmachung einer materiellrechtlichen Nichtigkeit ist jedoch von den getroffenen Feststellungen auszugehen. Weshalb im Urteil auf der Feststellungsebene der Ursprung der vom Zeugen S***** bekundeten Geräusche hätte behandelt werden sollen, legt die Rechtsrüge nicht dar (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO). Damit ist sie in diesem Punkt einer argumentationsbezogenen Erwiderung nicht zugänglich.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 Z 1 und 2 StPO), woraus die Kompetenz des Gerichtshofs zweiter Instanz zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der Vollständigkeit wegen sei darauf verwiesen, dass ohne im Gesetz gegebene Grundlage für eine gemeinsame Ausfertigung ein vom erkennenden Gericht gefasster Ausscheidungsbeschluss gemäß § 57 StPO (S 128) betreffend das zuvor einbezogene Verfahren 6 U 191/03p des Bezirksgerichtes Bruck an der Mur gemeinsam mit dem Urteil ausgefertigt und dabei überdies das Aktenzeichen mit dem eines anderen Verfahrens jenes Bezirksgerichtes, nämlich 1 U 28/03 f, verwechselt wurde (ON 16, S 3 f des Antrags- und Verfügungsbogens). In Ansehung des zuletzt bezeichneten Verfahrens war zudem bei Vorliegen eines schriftlichen Bestrafungsantrages (vgl S 102) der im Urteil enthaltene Ausspruch eines Verfolgungsvorbehaltes (§ 263 Abs 2 StPO), der übrigens im Widerspruch zum erwähnten Beschluss auf Ausscheidung steht, unangebracht.

Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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