Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Erstgericht hat die Erbhofeigenschaft der dem Rechtsmittelwerber vom Erblasser vermachten Alm verneint. Es hat nach Einholung einer Stellungnahme der Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft Murau auf Grund eines auf Antrag des Rechtsmittelwerbers zweimal ergänzten Sachverständigengutachtens das erzielbare jährliche landwirtschaftliche Einkommen aus der Nutzung der Weideflächen (Weidezins und Almförderungen) und aus der Verpachtung der Eigenjagd unter Einbeziehung einer Nutzung der Almhütte durch den Jagdpächter mit einem Betrag "jedenfalls" unter 3.000 EUR und weiters festgestellt, dass zusätzliche, dem landwirtschaftlichen Betrieb der Alm zuzuordnende Einkommensquellen nicht realisierbar sind. Ferner stellte es auf Grund des Sachverständigengutachtens fest, dass der zur angemessenen Erhaltung von zwei erwachsenen Personen nach den örtlichen Verhältnissen erforderliche Durchschnittsertrag mindestens
8.372 EUR jährlich beträgt.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vermächtnisnehmers nicht Folge. Es verneinte die vom Rechtsmittelwerber behaupteten Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens und übernahm die Feststellungen des Erstgerichts als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Der Rechtsrüge hielt es entgegen, der Rechtsmittelwerber entferne sich vom festgestellten Sachverhalt, wenn er geltend mache, das Erstgericht übernehme zu Unrecht die fehlerhaften Ausführungen des Sachverständigen und berücksichtige nicht alle objektiv möglichen Einnahmequellen. Auf der Grundlage der übernommenen Feststellungen ergebe sich vielmehr, dass der Durchschnittsertrag der Alm bei einer ortsüblichen Bewirtschaftung zur angemessenen Erhaltung zweier erwachsener Personen nicht ausreiche und auch eine (fiktive) Umstellung auf eine in der Umgebung nicht geradezu unübliche Bewirtschaftungsart schon wegen der damit verbundenen hohen betriebswirtschaftlichen Kosten daran nichts ändern würde. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Erbhofeigenschaft eines landwirtschaftlichen Betriebs in vergleichbarer Lage in letzter Zeit nicht Stellung genommen habe. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 16 Abs 3 AußStrG nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses liegen die Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG nicht vor:
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bildet ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - keinen Revisionsgrund (RIS-Justiz RS0050037, RS0030748). Der Oberste Gerichtshof sprach auch schon aus, dass dieser Grundsatz umso mehr dann gelte, wenn ein behaupteter Mangel des Verfahrens erster Instanz im Rekurs gar nicht gerügt wurde (10 Ob 223/00t; 1 Ob 67/04s). Der im Rekurs nicht als Verfahrensmangel gerügte Umstand, dass das Erstgericht den Rechtsmittelwerber nicht ausdrücklich die Möglichkeit eingeräumt habe, zur zweiten Ergänzung des Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen Stellung zu nehmen, und für den Rechtsmittelwerber überraschend ohne weitere Beweisaufnahme seinen Beschluss fasste, kann daher im Revisionsrekurs nicht erfolgreich geltend gemacht werden.
Im Übrigen bekämpft der Rechtsmittelwerber mit der Mängelrüge in Wahrheit die auch im außerstreitigen Verfahren vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen (SZ 69/20 uva). In das Gebiet der Beweiswürdigung gehören nämlich die Fragen, ob das eingeholte Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertigt, dieses erschöpfend ist, noch weitere Fragen an den Sachverständigen zu richten gewesen wären, ein weiteres Sachverständigengutachten zu dem selben Thema eingeholt werden oder Kontrollbeweise aufgenommen werden sollen (RIS-Justiz RS0043320, RS0043163). Die Anfechtung der Ergebnisse von Sachverständigengutachten beim Obersten Gerichtshof ist nur insoweit möglich, als dabei ein Verstoß gegen zwingende Denkgesetze unterlaufen ist (6 Ob 110/04a; RIS-Justiz RS0040579), wovon hier aber nicht auszugehen ist. Das Rekursgericht hat die Beweiswürdigung des Erstgerichts mit nachvollziehbaren Überlegungen geprüft und in seiner Entscheidung festgehalten (RIS-Justiz RS0042993, RS0043150, RS0043371). Es ist nicht notwendig, dass sich das Rekursgericht im Rahmen der Überprüfung der erstgerichtlichen Beweiswürdigung mit jedem einzelnen Beweisergebnis und mit jedem Argument des Rekurswerbers auseinandersetzt (RIS-Justiz RS0043150). Nachvollziehbar ist insbesondere die Annahme des Rekursgerichts, eine Wirtschaftlichkeit der Haltung von Schafen und Ziegen sei nicht gegeben, beruht sie doch auf der Ausführung des Sachverständigen, dass eine Milchviehhaltung in einem auch betriebswirtschaftlich interessanten und sinnvollen Umfang auf der Alm nicht betrieben werden kann. Ob diese Schlussfolgerung des Rekursgerichts richtig ist, ist vom Obersten Gerichtshof nicht zu überprüfen. Erbhof im Sinn des § 1 Abs 1 AnerbenG ist ein mit einer Hofstelle versehener land- und forstwirtschaftlicher Betrieb, der mindestens einen zur angemessenen Erhaltung von zwei erwachsenen Personen ausreichenden, das 20-fache dieses Ausmaßes nicht übersteigenden Durchschnittsertrag hat. Ob die Erhaltung von zwei erwachsenen Personen angemessen ist, ist nach den örtlichen Verhältnissen zu beurteilen (§ 1 Abs 3 AnerbenG). Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass ein bestimmtes Flächenmaß im Gegensatz zu dem in Kärnten geltenden Sonderrecht nicht tatbildlich ist und aus dem nur für Kärnten gültigen Mindestflächenmaß kein Rückschluss auf die in anderen Bundesländern geltenden Voraussetzungen für das Vorliegen eines Erbhofes gezogen werden darf (6 Ob 2027/96y). Die Leistungsfähigkeit des zu beurteilenden Hofes ist nach objektiven Kriterien zu prüfen, wobei es auf eine durchschnittliche Wirtschaftsführung und nicht auf die konkrete Bewirtschaftungsart des Erblassers und des präsumtiven Hofübernehmers ankommt. Maßgeblich ist, welches landwirtschaftliche Nettoeinkommen (als rechnerische Größe) aus dem landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betrieb zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers von einem durchschnittlichen Landwirt bei ortsüblicher Bewirtschaftung erzielt werden kann (RIS-Justiz RS0113948; SZ 58/206; SZ 42/145). Die Ansicht des Rechtsmittelwerbers, es hätte bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit der vermachten Alm berücksichtigt werden müssen, dass er die Alm von seinem landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb aus nach einem einheitlichen Betriebsplan schon bisher mitbewirtschaftet habe, ist daher unzutreffend.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sind zur Ermittlung der objektiven Ertragsfähigkeit auch Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen einer im betroffenen Gebiet bisher noch nicht allgemein geübten, aber nach anerkannten betriebswirtschaftlichen Erwägungen zweckmäßigen Bewirtschaftungsart zugrundezulegen. Die entsprechende Leistungsfähigkeit des übergebenden Gutes kann mit einer möglichen Produktionsumstellung begründet werden (RIS-Justiz RS0050263). Der hypothetische Ertrag bei Zugrundelegung einer neuen Bewirtschaftungsart muss unter Berücksichtigung der Umstellungskosten und deren Aufteilung nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen ermittelt werden (6 Ob 16/91). Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen nicht abgewichen. Welche Bewirtschaftungsarten hiefür in Frage kommen, ist von den jeweiligen konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig, und begründet im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG (6 Ob 72/02k; 6 Ob 110/04a).
Insofern der Rechtsmittelwerber in Bezug auf die aus der Bewirtschaftung der Alm erzielbaren Einkünfte sekundäre Feststellungsmängel rügt, ist er auf die Feststellung der Vorinstanzen zu verweisen, wonach zusätzliche, dem landwirtschaftlichen Betrieb der Alm zuzuordnende Einkommensquellen nicht realisierbar sind.
Der Oberste Gerichtshof hat auch schon ausgesprochen, dass trotz eines niedrigen Nettoertrags wegen eines hohen Eigenversorgungsgrads des zu beurteilenden Betriebs dessen Erbhofqualität bejaht werden könnte (6 Ob 2027/96y). Er hat aber in dieser Entscheidung festgehalten, dass die Eigenversorgung keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielt, wenn nach den gegebenen Verhältnissen im Betrieb nur wenige Produkte erzeugt werden können. Hievon ist nach den Feststellungen der Vorinstanzen auszugehen, sodass deren Meinung, dass mit einem jährlichen landwirtschaftlichen Einkommen von unter 3.000 EUR zwei erwachsene Personen jedenfalls nicht das Auslangen finden können, zu teilen ist.
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