Normen
Kärntner Erbhöfegesetz §2
Kärntner Erbhöfegesetz §2
Spruch:
Zum Begriff des "durchschnittlichen Ertrages" gemäß dem § 2 Kärntner Erbhöfegesetz.
Entscheidung vom 2. Oktober 1969, 1 Ob 149/69.
I. Instanz: Bezirksgericht Paternion; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.
Text
In der vorliegenden Abhandlungssache herrscht zwischen den gesetzlichen Erben, und zwar der erblasserischen Mutter Stefanie B. sowie den erblasserischen Geschwistern Gertraud B., Mathilde W., Ingeborg R. und Ing. Karl B. Streit, ob die in den Nachlaß fallenden Liegenschaften noch als Hof mittlerer Größe im Sinne des Kärntner Erbhöfegesetzes (LG. vom 16. September 1903, LGBl. Nr. 33 i. d. F. des Bundesgesetzes vom 11. Juli 1930, BGBl. Nr. 235/30) anzusehen seien.
Das Erstgericht sprach im Punkt 2 seines Beschlusses vom 11. November 1968 aus, daß die dort angeführten Liegenschaften, ausgenommen die auf dem Grundstück 45/1 der EZ. 114, Katastralgemeinde F., errichtete Fremdenpension und die Hälfte des Grundstückes 489/2 Garten der EZ. 114, Katastralgemeinde F., als Hof mittlerer Größe im Sinne des § 2 des Kärntner Erbhöfegesetzes anzusehen seien und demnach die Abhandlung hinsichtlich dieses Hofes nach dem Kärntner Erbhöfegesetz zu pflegen sei. In der Begründung führte das Erstgericht aus: Im Verlassenschaftsverfahren A 95/32 des Bezirksgerichtes P. nach dem am 9. November 1932 verstorbenen Christof B. sen. wurde die Abhandlung nach dem Kärntner Erbhöfegesetz gepflogen, da auf Grund der Sachverständigengutachten, der Äußerung der Gemeindevorstehung und der Erklärungen der Erben die Verlaßliegenschaften als Hof mittlerer Größe im Sinne des zitierten Gesetzes angesehen wurden. Das Ausmaß der im Alleineigentum des Erblassers stehenden Liegenschaften beträgt 90.1177 ha. Hiezu kommen vier Sechstel Miteigentumsanteile an der EZ. 151, Katastralgemeinde F., d. s. 6 Waldgrundstücke im Gesamtausmaß von 30.8251 ha; ein Drittel Miteigentumsanteile an den Almliegenschaften EZ. 27 W. und EZ. 153, Katastralgemeinde L. (Gesamtausmaß 266.2691 ha), sowie dem Miteigentum zur Hälfte am Weg EZ. 138, Katastralgemeinde F. (Gesamtausmaß 0.0076 ha).
Das Anwesen vlg. G. in F. umfaßt den Stammbetrieb (EZ. 5, 6 und 114, Katastralgemeinde F.) in F. Nr. 5 mit dazugehörigen Grundstücken im Ausmaß von 44.1662 ha, einer sogenannten Halthube vgl. W. in M. Nr. 38 (EZ. 35, 36, 71, Katastralgemeinde M.) mit Grundstücken im Ausmaß von 41.9736 ha und zwei Überlandgrundstücken (EZ. 93, Katastralgemeinde Fe.) im Ausmaß von 3.9779 ha, somit einen Gesamtbesitzstand von 90.1177 ha.
Zu dem Bestand der Liegenschaft vlg. G. gehören an Bauobjekten: das Wohnhaus, das Wirtschaftsgebäude, der Schweinestall, die Mühle, das Sägewerk, die Garage mit Wohnungen, der Holzschuppen, die Fremdenpension, das Wohnhaus in M. Nr. 38 und das Wirtschaftsgebäude in M. Neben dem landwirtschaftlichen Betrieb werden ein Sägewerk und eine Fremdenpension geführt. Die Bewirtschaftung des Hofes und der angeschlossenen Objekte wird in Eigenregie betrieben. Die Acker- und Wiesenflächen belaufen sich auf 16.80 ha, Garten auf 0.50 ha, Hutweiden auf 5.31 ha und die Waldflächen auf 59.86 ha. Diese sind nicht arrondiert, sie bestehen aus 34 Parzellen in den Katastralgemeinden F. und M., ferner aus zwei Parzellen in der Katastralgemeinde Fe. Mit Ausnahme von zwei schutzwaldähnlichen Grundstücken (Parzelle Nr. 235/25 und Nr. 235/27) entsprechen die meist mittelgrundigen, frischen Silikatböden, trotz der vorherrschenden südlichen und westlichen Inklinationen der Hänge, guten bis mittleren forstlichen Bonitäten. Die Moosgrundstücke haben ein Ausmaß von 5.53 ha. Der Bestockungsgrad der Waldbestände liegt im Durchschnitt gesehen nicht über 0.5, ist daher als unterdurchschnittlich zu bezeichnen. Es mangelt an hiebreifen und angehend hiebreifen Altersklassen.
Die Verlaßliegenschaften bilden, mit Ausnahme der Fremdenpension auf dem Grundstück Nr. 45/1, und der Hälfte des Grundstückes Nr. 489/2 Garten, der EZ. 114, Katastralgemeinde F., einen Hof mittlerer Größe im Ausmaß von zusammen 120.8378 ha im Sinne des Kärntner Erbhöfegesetzes, wobei die Liegenschaften EZ. 5 und EZ. 6 je Katastralgemeinde F. den Stammbesitz bilden und eine Wirtschaftseinheit sind, die von der Hofstelle vlg. G. in F. 5 bewirtschaftet werden. Die Liegenschaften EZ. 35, 36 und 71, je Katastralgemeinde M., sind zusammenhängend, dienen als sogenannte Halthube (mit Waldgrundstücken) der Sommerweide eines Teiles des auf der Stammliegenschaft gehaltenen Viehbestandes, sie werden von der Hofstelle aus bewirtschaftet und sind Hofbestandteile.
Aus dem Grundbuchskörper EZ. 114, Katastralgemeinde F. sind jene Grundstücke als Hofbestandteile anzusehen, welche nicht dem gewerblichen Betrieb der Fremdenpension dienen und gemeinsam mit dem landwirtschaftlichen Grundstückszubehör der Stammliegenschaft bewirtschaftet werden (Grundstücke Nr. 486/1, 488, 489/1, 489/2 (zur Hälfte), 489/3). Die Waldgrundstücke EZ. 93, Katastralgemeinde Fe. werden ebenfalls von der Stammliegenschaft in F. bewirtschaftet und sind daher Hofbestandteile. Die Miteigentumsrechte an den Grundbuchskörpern EZ. 251, Katastralgemeinde F., EZ. 27, Katastralgemeinde W., und EZ. 153, Katastralgemeinde L. sind anteilige Wald- und Almflächen und der Stammliegenschaft zugehörig, von welcher die Nutzung ausgeübt wird. Sie sind daher gleichfalls Hofbestandteile. Das Sägewerk auf der EZ. 5, Katastralgemeinde F. ist infolge des Betriebsumfanges und der Betriebsart, sowie der technischen Einrichtung (Wasserkraftantrieb) an die Stammliegenschaft gebunden (teilweise elektrische Stromversorgung) und ist somit diese Anlage als bäuerlicher Nebenerwerb als Hofbestand zu beurteilen.
Der durchschnittliche Jahresreinertrag aus der Landwirtschaft beträgt nach dem Sachverständigengutachten 31.520 S, der aus dem Sägewerk 12.000 S, so daß sich ein Durchschnittsertrag von jährlich 43.520 S ergibt.
Die Verlaßliegenschaft hinterläßt einen durchaus bäuerlichen Eindruck, der Hof wurde vom Erblasser mit Hilfe der Familienangehörigen und der Dienstboten selbst bewirtschaftet.
Das jährliche Reineinkommen für die Erhaltung einer siebenköpfigen Familie ist, abgestellt auf den Todestag des Erblassers, mit mindestens 35.000 S anzunehmen, das Vierfache davon ergibt 140.000 S. Da der jährliche Durchschnittsertrag der Verlaßliegenschaft unter Ausschluß des Pensionsbetriebes nur den Betrag von 43.520 S erreicht, ist damit die Obergrenze für einen Hof mittlerer Größe im Sinne des § 2 des Kärntner Erbhöfegesetzes nicht überschritten.
Es liegen daher im gegenständlichen Falle die Voraussetzungen für die Anwendung des Kärntner Erbhöfegesetzes vor, da die Verlaßliegenschaften (Stammliegenschaft) eine landwirtschaftliche, mit einem Wohnhaus, Stall und Wirtschaftsgebäude versehene Besitzung ist, die im Alleineigentum einer Person steht (§ 1 des Kärntner Erbhöfegesetzes), weiters im vorliegenden Falle die gesetzliche Erbfolge eintritt und mehrere Erben vorhanden sind (§ 5 (2) Kärntner Erbhöfegesetz), das Flächenausmaß der landwirtschaftlichen Besitzungen mehr als 3 ha beträgt und der Durchschnittsertrag das Vierfache des zur Erhaltung einer Familie von 7 Köpfen Erforderlichen nicht übersteigt.
Gegen diesen Beschluß erhoben die Erben Stefanie B., Gertraud B., Mathilde W. und Ingeborg R. insoweit Rekurs, als ausgesprochen wurde, daß die Nachlaßliegenschaften mit Ausnahme der Fremdenpension und der Hälfte des Grundstücks 499/2 Garten als Hof mittlerer Größe im Sinne des § 2 des Kärntner Erbhöfegesetzes anzusehen seien.
Das Rekursgericht hob den angefochtenen Teil des Beschlusses des Erstgerichtes auf und trug ihm die Verfahrensergänzung und eine neuerliche Entscheidung auf. Ob ein nicht mehr vom Gesetz erfaßter Großbetrieb vorliege, so führte das Rekursgericht aus, richte sich nach dem Ertrag des Gesamtbetriebs. Es sei daher klarzulegen, was unter "Durchschnittsertrag" zu verstehen sei und wieviel das Vierfache des zur Erhaltung einer Familie von sieben Köpfen Erforderlichen betrage. Der letztgenannte Wert sei ein Erfahrenswert, der - abgestellt auf den Zeitraum des Erbanfalls - von den Sachverständigen und dem Erstgericht mit 35.000 S pro Jahr angenommen wurde, was offenkundig an der Untergrenze des Erforderlichen liege. Die Sachverständigen hätten in ihrem Gutachten zwischen "Rein ertrag" als Differenz zwischen Rohertrag und Aufwand sowie dem "landwirtschaftlichen Einkommen", als der Summe von Reinertrag und Lohnanspruch der Besitzersfamilie, verringert um Schuldzinsen und Ausgedingsbelastungen, unterschieden. Im Gegensatz zur Auffassung der Sachverständigen und des Erstgerichtes könne unter "Durchschnittsertrag" im Sinne des § 2 KrntEHG. nicht der Reinertrag verstanden werden. Eine bäuerliche Familie erhalte sich in den überwiegenden Fällen nicht bloß vom Reingewinn, sondern vorzüglich auch vom Arbeitseinkommen. Daraus werde der Lebensaufwand des Landwirts und seiner Angehörigen bestritten. Die Obergrenze des § 2 KrntEHG. werde durch das wirklichkeitsnahe Kriterium bestimmt, wieviele der Familie des Besitzers zugehörige Personen ein landwirtschaftlicher Betrieb ernähre oder noch ernähren könnte. Es sei also im Sinne der Begriffsbestimmungen der Sachverständigen das landwirtschaftliche Einkommen dem Durchschnittsertrag gemäß § 2 KrntEHG. gleichzusetzen. Diese Summe hätten die Sachverständigen mit 186.100 S errechnet, den festgestellten Bedarf einer siebenköpfigen Familie im Jahre 1962 mit 35.000 S. Sohin betrage das Vierfache 140.000 S. Daraus folge, daß nach dem Gutachten der Sachverständigen in Wahrheit die Ertragsgrenze des § 2 KrntEHG. überschritten werde und die Liegenschaften nicht mehr als Hof mittlerer Größe qualifiziert werden könnten.
Die Sache sei aber noch nicht spruchreif, weil die Rekurswerber mit Recht als Verfahrensmangel gerügt hätten, daß Dipl.-Ing. N. K nicht vernommen worden sei. Es sei den Rekurswerbern beizustimmen, daß die Grundlagen der Waldwert- und Waldertragsberechnung nur Dipl.-Ing. K. darzulegen vermöchte. Denn dieser habe im Auftrag der Sachverständigen die Besichtigung der forstwirtschaftlich genutzten Grundstücke vorgenommen. Erst nach Einvernahme von Dipl.-Ing. K. und Erörterung seiner Aussage mit den beiden Sachverständigen, die möglicherweise ihr Gutachten irgendwie revidieren könnten, wäre es möglich, verläßlich zu entscheiden, ob die Liegenschaften als Hof mittlerer Größe im Sinne des § 2 KrntEHG. anzusehen seien.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Erben Ing. Karl B. nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach § 2 KrntEHG. sind nicht mehr Erbhöfe solche landwirtschaftliche Besitzungen, deren durchschnittlicher Ertrag das Vierfache des zur Erhaltung einer Familie von sieben Köpfen Erforderlichen übersteigt.
Das Erstgericht hat den vom Gesetz verwendeten Begriff "Ertrag", hierin den Sachverständigen folgend, als Reinertrag des Betriebes verstanden, der aus der Differenz zwischen Rohertrag und Aufwand errechnet werden kann. Daß dies der Auffassung des Gesetzes nicht gerecht wird, hat das Rekursgericht überzeugend dargelegt. Wenn das Gesetz vom "Durchschnittsertrag, der das Vierfache des zur Erhaltung einer Familie von sieben Köpfen Erforderlichen nicht übersteigt," spricht, zeigt sich klar, daß hiemit nur eine Rechengröße eingeführt wird, daß aber nicht an die konkrete Bewirtschaftungsart durch den Erblasser und dessen Familienangehörige gedacht sein kann. Es kommt darauf an, ob aus den in Frage stehenden landwirtschaftlichen Besitzungen zur Zeit des Todes des Erblassers von einem durchschnittlichen Landwirt (also abgesehen von Abweichungen im guten und schlechten Sinne, wie etwa überdurchschnittliche Wirtschaftsführung oder Vernachlässigung der Wirtschaft) bei ortsüblicher Bewirtschaftung im Durchschnitt (also innerhalb eines Zeitraumes von wohl mindestens drei Jahren) soviel herausgewirtschaftet werden kann, daß nicht mehr als vier Familien von je sieben Köpfen in ortsüblicher Weise erhalten werden können. Insofern also von der konkreten Wirtschaftsführung durch den Erblasser abgesehen werden muß, ist die Berechnung in objektiver Weise durchzuführen. Es ist richtig, daß damit das landwirtschaftliche Einkommen als der Summe von Reinertrag vermehrt um den Lohnanspruch der Besitzerfamilie, verringert um Schuldzinsen und Ausgedingsbelastungen, erfaßt wird. Allerdings ist nach Kopfzahl und Arbeitskraft von einer durchschnittlichen Besitzerfamilie, entsprechend den örtlichen Verhältnissen, auszugehen. Ob dies die Sachverständigen annahmen, ist noch zu erörtern, weshalb nicht ohne weiteres von der Summe von 186.100 S ausgegangen werden kann. Es kommt, wie schon in der Entscheidung SZ. XXXIV 174 = EvBl. 1962 Nr. 134 zum Anerbengesetz gesagt wurde, auf die Eignung der Liegenschaft an, eine Bewirtschaftung in der Art zu ermöglichen, daß die vom Gesetz geforderte Anzahl von Personen daraus erhalten werden kann (ähnlich auch die zum KrntEHG. ergangene Entscheidung SZ. XV 19). Insofern ist also auch bei dieser Methode möglich, die Erbhofeigenschaft nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen.
Der Rechtsmittelwerber kann sich auch nicht darauf berufen, daß nach dem Besitzvorgänger des Erblassers zu A 95/32 des Bezirksgerichtes P. die Abhandlung nach Erbhofrecht gepflogen wurde, weil der Durchschnittsertrag nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers zu ermitteln ist. Ebensowenig ist allein entscheidend, daß der im Sinne von § 3 (4) KrntEHG. vernommene Gemeindevertreter die Zugehörigkeit der Besitzer der in Frage stehenden Landwirtschaft zum bäuerlichen Stand bezeugte und den Betrieb als bäuerlichen Betrieb ansah, denn das Gesetz sieht auch die Vernehmung von Sachverständigen vor, deren Gutachten nach den vorstehenden Ausführungen allerdings noch ergänzungsbedürftig ist.
Auch aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 28. April 1964, 1 Ob 38/64, ist für den Rechtsmittelwerber nichts zu gewinnen. Dort war in einem Rechtsstreit wegen Pflichtteilsergänzung zwar auch die Frage streitig, ob ein Erbhof vorliegt, oder ein landwirtschaftlicher Großbetrieb. Die Ermittlung der Ertragsverhältnisse war aber damals als Beweisfrage für den Obersten Gerichtshof nicht überprüfbar.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß dem Rekursgericht auch hierin zu folgen ist, daß den Parteien Gelegenheit gegeben werden muß, Dipl.-Ing. K. darüber zu befragen, welches Ergebnis seine Besichtigung der forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften hatte, um allfällige Widersprüche mit dem Gutachten der Sachverständigen nachweisen zu können und klären zu lassen. Es ist aber selbstverständlich, daß eine mit hohen Kosten verbundene Bestandsaufnahme durch Klupierung (schätzungsweise 100.000 S) als mit dem Sinne der Regelung des § 3 (4) KrntEHG. unvereinbar, nicht in Betracht zu ziehen ist. Da aber, wie das Rekursgericht zutreffend hervorhebt, nicht auszuschließen ist, daß die Sachverständigen nach Verfahrensergänzung und Erörterung ihres Gutachtens gemäß den dargelegten Grundsätzen ihr Gutachten einer Revision unterziehen könnten, erscheint der Ergänzungsauftrag des Rekursgerichtes jedenfalls begrundet.
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