OGH 1Ob175/04y

OGH1Ob175/04y23.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj Franziska M*****, Deutschland, vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen EUR 57.920,00 sA und Feststellung (Streitwert EUR 50.000) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22. Juni 2004, GZ 14 R 83/04k-56, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Erfolgt aus einer körperlichen Verletzung der Tod, so muss gemäß § 1327 ABGB den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetz zu sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden. Diese Bestimmung, die § 844 BGB entspricht, und eine Sonderregelung zugunsten mittelbar Geschädigter enthält, gewährt den nach dem Gesetz Unterhaltsberechtigten originäre Ansprüche auf Ersatz einer entgangenen tatsächlichen Unterhaltsleistung und keinen Unterhaltsanspruch (stRspr; so etwa SZ 45/143; EvBl 1975/104; ZVR 1994/90; SZ 71/5; uva; Reischauer in Rummel ABGB3, § 1327 ABGB Rz 13 mwN; Harrer in Schwimann2, § 1327 ABGB Rz 12). Der Hinterbliebene ist grundsätzlich so zu stellen, wie er stünde, wenn der zum Unterhalt Verpflichtete nicht getötet worden wäre. Der Ersatz des dem Hinterbliebenen Entgangenen erfolgt regelmäßig in Form einer Rente (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 162 mwN in FN 71). Bei der schadenersatzrechtlichen Bemessung einer Hinterbliebenenrente ist zunächst von den Verhältnissen (bis) zum Todes- bzw Verletzungszeitpunkt (Koziol aaO 154 mwN) auszugehen (ZVR 1989/76 ua; Reischauer aaO Rz 23). Das gilt insbesondere für das Einkommen des Getöteten, aber auch für konkurrierende Unterhaltspflichten ("Konsumquote"; vgl Reischauer aaO Rz 23). Als "entgangen" iSd § 1327 ABGB ist auch "künftig Entgehendes" zu verstehen (ZVR 1975/116). Künftige Entwicklungen der Einkommens- und Lebensverhältnisse sind, soweit möglich, schon bei der erstmaligen Zumessung einer Rente im Rahmen einer Prognose zu berücksichtigen und es ist künftig Entgehendes nach dem gewöhnlichen, das heißt wahrscheinlichen Lauf der Dinge (§ 1293 ABGB) zu bemessen (stRspr: ZVR 1957/158; ZVR 1973/160, ZVR 1994/90; 2 Ob 33/92, insoweit nicht veröffentlicht in EFSlg uva; RIS-Justiz RS0031835; Reischauer aaO Rz 24; Harrer aaO Rz 28 mwN; Koziol aaO 155 mwN in FN 21). Bloße Möglichkeiten, für deren Eintritt hinlängliche Anhaltspunkte fehlen, sind dagegen nicht zu beachten (ZVR 1990/86 = EFSlg 60.060; 2 Ob 33/92 mwN ua; Reischauer aaO Rz 24). Eine Prognose der künftigen Entwicklung für einen längeren Zeitraum oder gar auf Jahrzehnte hinaus ist nicht zu stellen (ZVR 1973/160; ZVR 1978/23; ZVR 1980/71 ua; RIS-Justiz RS0031721). Auf die in der Zukunft liegenden Möglichkeiten einer Änderung des Einkommens des Getöteten wie auch seiner Sorgepflichten ist, sofern deren bevorstehender Eintritt nicht zweifelsfrei dargetan werden kann, keine Rücksicht zu nehmen (SZ 16/74; ZVR 1979/43; SZ 71/5; RIS-Justiz RS0031525; RS0031835).

Von dieser gefestigten Rechtsprechung sind die Vorinstanzen nicht abgewichen. Mit ihrem Vorbringen, der getötete Vater wäre "selbstverständlich" wieder nach Europa zurückgekehrt, geht die Klägerin in unzulässiger Weise von den Feststellungen des Erstgerichts ab, wonach eine derartige Rückkehr mit entsprechender Verdienstmöglichkeit gerade nicht festgestellt werden konnte. Nach ständiger Rechtsprechung kommt Ermessensentscheidungen - wie über die Höhe des Schmerzengeldes - keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, soferne nicht die Einzelfallgerechtigkeit die Korrektur einer eklatanten Fehlbemessung, die völlig aus dem Rahmen der oberstgerichtlichen Rechtsprechung fällt, erfordert (RIS-Justiz RS0021095; RS0042887). Derartiges ist hier nicht zu erkennen und wird auch von der Revisionswerberin gar nicht substantiiert behauptet.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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