OGH 1Ob29/04b

OGH1Ob29/04b23.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1.) Eduard S*****, und 2.) Maria S*****, vertreten durch Dr. Günther Bernhart und Dr. Gerhard Pail, Rechtsanwälte in Oberwart, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde G*****, vertreten durch Dax, Klepeisz & Partner Rechtsanwaltspartnerschaft GmbH in Güssing, wegen EUR 139.809,60 sA und Feststellung (Streitwert EUR 1.000) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. November 2003, GZ 12 R 129/03h-36, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionswerberin bestreitet weder ihre Passivlegitimation noch, dass sie für allfällige Fehlleistungen des von ihr mit der Kanalherstellung beauftragten "Wasserbauamtes Güssing" (richtig: "Landeswasserbaubezirksamt Oberwart, Außenstelle Güssing", als nachgeordnete Dienststelle des Amtes der burgenländischen Landesregierung [Abteilung 9 - Wasser- und Abfallwirtschaft]), somit des Landes als zuständigen Rechtsträgers, einzustehen hat. Es ist ihr darin beizupflichten, dass die Kläger, entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Ansicht, als Werkbesteller im Sinn des § 1168a ABGB anzusehen sind, kam es doch nach den erstinstanzlichen Feststellungen zwischen den Streitteilen zu einer konkludenten Vereinbarung über die Herstellung des Hauskanals, wozu sich die Beklagte zulässigerweise der Landeseinrichtung ("Wasserbauamt Güssing") bediente. Gemäß § 1151 Abs 1 ABGB ist Werkvertrag die Übernahme der Herstellung eines Werks gegen Entgelt und ist eines der Charakteristika des Werkvertrags gerade das Fehlen persönlicher Arbeitspflicht und die Befugnis, das Werk durch Gehilfen zu erstellen (Krejci in Rummel ABGB³ § 1151 Rz 93 mwH). Mangels unmittelbarer öffentlich-rechtlicher Beziehung bei der Durchführung der Arbeiten zur Herstellung des Hauskanals - die Kläger hätten auch ein beliebiges Bauunternehmen mit den Arbeiten beauftragen können - kann keine Rede davon sein, dass die Beklagte in Wahrheit Werkbestellerin gewesen sei, während die Kläger - wie das Berufungsgericht vermeint - bloß als "duldendes" Objekt anzusehen seien. Nach ständiger Rechtsprechung ist unter "Stoff" im Sinn des § 1168a ABGB alles zu verstehen, aus dem oder mit dessen Hilfe das Werk herzustellen ist (RIS-Justiz RS0022045). Hinweise dafür, dass der Boden dann nicht unter diesen Begriff zu subsumieren sei, wenn dieser selbst bearbeitet wird, sind der Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Eine Auslegung dahin, dass der "Stoff" nicht selbst Gegenstand der Bearbeitung sein dürfe, würde § 1168a ABGB weitgehend seines Anwendungsbereichs berauben.

Misslingt das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller beigestellten Stoffs oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers, dann ist der Werkunternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat (§ 1168a dritter Satz ABGB). Diese Warnpflicht ist eine werkvertragliche Interessenwahrungspflicht des Unternehmers, die auch schon in contrahendo bestehen kann. Dass das Gesetz auf das Misslingen wegen offenbarer Untauglichkeit abstellt, bedeutet nicht, dass dem Unternehmer die Untauglichkeit "in die Augen fallen" müsste, dass ihn also keinerlei Untersuchungspflicht träfe. Sorgfältiges Vorgehen - und damit eine den üblichen Gepflogenheiten eines ordentlichen Unternehmers entsprechende Untersuchungspflicht - ist vielmehr geboten, wenngleich er ohne entsprechende Vereinbarung nicht verhalten ist, umfangreiche, technisch schwierige, kostenintensive Untersuchungen durchzuführen (RIS-Justiz RS0021744). Nur wenn der Unternehmer trotz besten Fachwissens (§ 1299 ABGB) nicht erkennen kann, dass der vom Besteller beigestellte Stoff ungeeignet ist, trifft das Risiko den Besteller (4 Ob 582/89; 7 Ob 140/98h; 6 Ob 276/02k; RIS-Justiz RS0021966; RS0022227).

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen, im Sachverständigengutachten wurzelnden erstinstanzlichen Feststellungen trifft einen durchschnittlich sorgfältigen Bauunternehmer, der einen Hauskanal herstellt, vor allem bei der gegebenen Hanglage die Obliegenheit, sich über die Bodenbeschaffenheit zu informieren oder die Liegenschaftseigentümer auf das Erfordernis einer Bodenuntersuchung und den Umstand, dass auf Grund des gegebenen Bodengefüges Setzungen nicht auszuschließen seien, hinzuweisen (AS 192). Entspricht es aber nach den auch in der Berufung nicht bekämpften Feststellungen den üblichen Gepflogenheiten, dass der Bauunternehmer beim Bau von Hauskanälen auf die Bodenbeschaffenheit achtet und auf die Einholung eines Gutachtens dringt, liegt in der Rechtsansicht der Vorinstanzen, ungeachtet des im Zweifel den Bauherrn treffenden Baugrundrisikos sei die Haftung der Beklagten in einer ihr zuzurechnenden Warnpflichtverletzung der bauausführenden Landeseinrichtung begründet, keine grobe Fehlbeurteilung.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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