OGH 10Ob71/04w

OGH10Ob71/04w9.11.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Hon. Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj Natascha T*****, geboren am 19. Juli 1992, vertreten durch die Mutter Monika T*****, Hausfrau, beide *****, diese vertreten durch Dr. Otto Ackerl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Stadt Wien, 1010 Wien, Rathaus, vertreten durch Emberger Rechtsanwaltskanzlei GmbH in Wien, wegen restlich EUR 87.474,68 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14. Juli 2004, GZ 12 R 86/04m-137, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Grundsätzlich kommt bloßen Ermessensentscheidungen - wie hier über die Höhe des Schmerzengeldes - keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0044088 mwN). Nach ständiger Rechtsprechung ist der Schmerzengeldanspruch nach Art, Dauer und Intensität nicht in festen Tagessätzen, sondern als Globalsumme unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der physischen und psychischen Schmerzen auszumitteln (RIS-Justiz RS0031415). Wenngleich bei der Bemessung des Schmerzengeldes auf die Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen ist, ist doch zur Vermeidung von Ungleichheiten auch ein objektiver Maßstab anzulegen und darf der von der Judikatur ganz allgemein gezogene Rahmen bei der Bemessung nicht gesprengt werden (RIS-Justiz RS0031075).

Die Klägerin begehrt im vorliegenden Fall ein Schmerzengeld von EUR 217.474,68 (= ATS 3,000.000). Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt hat, wurde ein Schmerzengeld in dieser Höhe einem körperlich und seelisch schwerstgradig beeinträchtigten Kläger zugesprochen, der nach einem Verkehrsunfall unter einer fast vollständigen Lähmung aller Extremitäten und des Atemnervs leidet, daher ständig auf ein Beatmungsgerät angewiesen ist, somit in ständiger Todesangst vor einem möglichen Ausfall seines Beatmungsgeräts lebt, sich selbst in keiner Weise helfen kann, der ständigen Betreuung von Pflegern bedarf, eine durchschnittliche Überlebensrate von 10-14 Jahren hat und sich seiner vollständig hilflosen Situation voll bewusst ist (vgl ZVR 2002/66 [Danzl] = ecolex 2002/223 [Helmich] ua). Auch die den Entscheidungen 2 Ob 221/02t (= ecolex 2003/202), 2 Ob 201/01z und 7 Ob 281/02b (= JBl 2003, 650), in denen ein Schmerzengeld von EUR 181.682, EUR 151.579 bzw EUR 150.000 als angemessen erachtet wurde, zu Grunde liegenden Verletzungsfolgen (vgl dazu im Einzelnen auch Danzl/Gutierrez - Lobos/Müller, Das Schmerzengeld8 279f und 350) sind als noch schwerwiegender als die vorliegenden zu beurteilen. Der hier zu beurteilende Sachverhalt lässt sich am ehesten noch mit dem Sachverhalt vergleichen, der der Entscheidung 10 Ob 86/01x zu Grunde lag. Dort wurde einem ebenfalls bei der Geburt geschädigten Kind bei einer bleibenden schweren Gehirnschädigung samt praktischer Bewegungsunfähigkeit und der Motorik eines 3 Monate alten Säuglings sowie in mentaler Hinsicht dem Entwicklungszustand eines Kindes im ersten, höchstens zweiten Lebensjahr bei ebenfalls deutlich (um einige Jahrzehnte) verkürzter Lebenserwartung (vgl zu den einzelnen Verletzungsfolgen Danzl/Gutierrez-Lobos/Müller aaO 301 f) ein Schmerzengeld von EUR 130.811 zuerkannt. Der Zuspruch eines Schmerzengeldes von EUR 130.000 im vorliegenden Fall führt jedenfalls zu keiner eklatanten Überschreitung des Ermessensspielraumes zum Nachteil der Klägerin, also in dem Sinne, dass die Vorinstanzen den Anspruch der Klägerin viel zu niedrig bemessen hätten. Die nach den Feststellungen auch im vorliegenden Fall deutlich verkürzte Lebenserwartung der Klägerin rechtfertigt entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht nicht den Zuspruch eines höheren Schmerzengeldes.

Da demnach ein tauglicher Grund für die Zulassung der Revision nicht gegeben ist, war das außerordentliche Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen.

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