OGH 4Ob134/04s

OGH4Ob134/04s28.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Griss und Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A*****, 2. A*****, beide vertreten durch Gassauer-Fleissner Rechtsanwälte GmbH in Wien, unter Mitwirkung von Dr. Albin Schwarz, Patentanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei H*****, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Schönherr Hafner Rechtsanwälte KEG in Wien, unter Mitwirkung von DI Manfred Beer, Patentanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Beseitigung, Rechnungslegung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 1 Mio EUR), über die Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 31. März 2004, GZ 4 R 231/03z-18, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 20. Oktober 2003, GZ 17 Cg 21/03z-14, in seinem Punkt 1.2. abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts, der in seinem Punkt 1.1. als in Rechtskraft erwachsen unberührt bleibt, im Übrigen wiederhergestellt wird.

2.) Die klagenden Parteien werden mit ihrem Revisionsrekurs auf die Entscheidung über den Revisionsrekurs der beklagten Partei verwiesen.

3.) Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 11.722,72 EUR (darin 1.552,22 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Erstklägerin hat den Wirkstoff Omeprazol entwickelt. Sie ist Inhaberin des österreichischen Patents AT 374 471 sowie des zugehörigen Schutzzertifikats SZ 73/94, das ein - durch die Ansprüche näher gekennzeichnetes - Verfahren zur Herstellung von neuen 2-Pyridylalkyl-Sulfinyl-Benzimidazolen sowie von deren Hydraten, Stereoisomeren und Salzen schützt. Die Erstklägerin ist überdies Inhaberin des österreichischen Patents AT 389 995, angemeldet am 12. 4. 1979 und erteilt am 26. 2. 1990. Es erfasst die Verwendung neuer 2-Pyridylalkyl-Sulfinyl-Benzimidazolen zur Herstellung von die Magensäuresekretion beeinflussenden pharmazeutischen Präparaten. Die Patentansprüche lauten:

Die Zweitklägerin ist exklusive Lizenznehmerin der Erstklägerin und verkauft deren - den Wirkstoff Omeprazol enthaltende - Produkte in Österreich unter dem Markennamen LosecR.

Die Beklagte verfügt über arzneimittelrechtliche Zulassungen für die Produkte "Omec 10 mg-Kapseln", "Omec 20-mg-Kapseln" und "Omec 40 mg-Kapseln", die den Wirkstoff Omeprazol enthalten. Sie vertreibt diese Produkte in Österreich. Der darin enthaltene Wirkstoff (Omeprazol) wird von einer dänischen Gesellschaft nach einem bestimmten Verfahren synthetisiert, wobei sich dieses Verfahren grundlegend von dem durch das Patent der Erstklägerin AT 374 471 und das Schutzzertifikat geschützte Verfahren unterscheidet. Der synthetisierte Wirkstoff wird in der Türkei zu Mikropellets verarbeitet und in Kapselform nach Deutschland geliefert, wo - nach Überprüfung und Analyse - die Verpackung und schließlich die Auslieferung der Arzneien (nach Österreich) erfolgt.

Die Kläger erblicken darin eine Verletzung ihrer Patentrechte. Sie beantragen zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs - neben der bereits rechtskräftig abgewiesenen Sicherung ihrer aus dem Patent AT 374 471 und dem Schutzzertifikat SZ 73/94 abgeleiteten Ansprüche -, der Beklagten bis zur Rechtskraft der über die Unterlassungsklage ergehenden Entscheidung mit einstweiliger Verfügung zu verbieten, in Österreich betriebsmäßig

und/oder aufgrund der Verwendung dieser Verbindungen a bis b jeweils unmittelbar hergestellte Gegenstände für die in Anspruch lit a angeführten Zwecke, insbesondere "Omec 10 mg-Kapseln", "Omec 20 mg-Kapseln" und "Omec 40 mg-Kapseln" insbesondere Zulassungsnummern 1-24150, 1-24151 und 1-24153, feilzuhalten, in Verkehr zu bringen, zu gebrauchen, einzuführen oder zu besitzen. Die Beklagte verletze das Patentrecht der Kläger dadurch, dass sie pharmazeutische Erzeugnisse in Verkehr bringe, feilhalte, gebrauche und zu diesem Zweck besitze und einführe, die den aktiven Wirkstoff Omeprazol, ein unmittelbares Produkt der Verfahrenspatente der Erstklägerin, enthalte.

Die Beklagte wendete ein, das zur Herstellung ihrer Produkte verwendete Verfahren falle nicht in den Schutzbereich des Verfahrenspatents AT 374 471 und des Schutzzertifikats SZ 73/94. Das am 12. 4. 1979 angemeldete Patent AT 389 995 verstoße gegen das in Art IV Abs 1 PatRNov 1984 geregelte Stoffschutzverbot". Seine Ansprüche umfassten (lediglich) die Verwendung eines neuen Stoffs zur Herstellung eines die Magensäuresekretion beeinflussenden pharmazeutischen Präparats zur Behandlung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren und die Verwendung von Omeprazol zu diesem Zweck. Auf ein Verfahren zur Herstellung eines Arzneimittels werde darin nicht Bezug genommen. Das Patent hätte daher nicht erteilt werden dürfen. Ein Verfahren zur Nichtigerklärung sei anhängig. Im Übrigen beruhe das Patent nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Ein Patentverstoß sei auch deshalb nicht verwirklicht, weil die Verwendung von Omeprazol zur Herstellung ihrer Produkte ausschließlich im Ausland und somit außerhalb des österreichischen Geltungsbereichs des Patents erfolge. Unter Hinweis auf den ihr drohenden Verdienstentgang (die Beklagte beziffert diesen mit 350.000 EUR monatlich) und die zu erwartende Verfahrensdauer stellte die Beklagte den Antrag, eine allenfalls zu erlassende einstweilige Verfügung von einer Sicherheitsleistung von 8,4 Mio EUR abhängig zu machen.

Das Erstgericht wies das Sicherungsbegehren zur Gänze ab. Das Verfahren zur Herstellung des in den Produkten der Beklagten enthaltenen Omeprazols verletze die Patentansprüche nach dem Patent 374 471 nicht. Auf das Patent AT 389 995 finde das in Art IV Abs 1 PatRNov 1984 geregelte Stoffschutzverbot Anwendung. Dieses erfasse auch Ansprüche, die auf die Verwendung von chemischen Erzeugnissen als Arzneimittel gerichtet seien.

Die Abweisung des auf eine Verletzung des Verfahrenspatents AT 374 471 gestützten Sicherungsantrags ist in Rechtskraft erwachsen.

Das Rekursgericht änderte die erstgerichtliche Entscheidung im Übrigen ab und erließ die auf eine Verletzung des Patents AT 389 995 gestützte einstweilige Verfügung. Es sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rechtsprechung zum Stoffschutzverbot des Art IV PatRNov 1984 fehle. Die erfolgte Patenterteilung bilde im Provisorialverfahren einen prima-facie-Beweis für das Bestehen des Patentrechts. Seine Rechtsbeständigkeit sei eine widerlegbare Vermutung und könne auch im Provisorialverfahren geprüft werden, sofern diese Prüfung mit den Mitteln und in den Grenzen dieses Verfahrens möglich sei. Im vorliegenden Fall sei die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents eine Rechtsfrage. Nach Art IV Abs 1 PatRNov 1984 würden - soweit und solange ein Vorbehalt Österreichs gemäß Art 167 Abs 2 lit a des Europäischen Patentübereinkommens BGBl 350/1979 (EPÜ), wirksam sei - Patente (unter anderem) für Erfindungen von chemischen Erzeugnissen und Arzneimitteln als solchen nicht erteilt, es sei denn, die Erfindung betreffe ein Verfahren zur Herstellung oder Verwendung eines chemischen Erzeugnisses oder ein Verfahren zur Herstellung eines Arzneimittels. Entgegen Abs 1 erteilte Patente seien auf Antrag nichtig zu erklären. Der Vorbehalt Österreichs habe am 6. 10. 1987 geendet und sei daher analog zu Art 167 Abs 5 EPÜ auf alle bis einschließlich 7. 10. 1987 eingereichten nationalen und europäischen Patentanmeldungen anzuwenden, und zwar unabhängig vom Zeitpunkt der Patenterteilung. Das Klagepatent sei am 11. 8. 1983 (richtig wohl 12. 4. 1979) zur Anmeldung eingereicht und am 26. 2. 1990 erteilt worden, Art IV PatRNov 1984 sei daher anzuwenden. Die Patentansprüche seien im sogenannten "Swiss-Claim"-Format abgefasst, wie etwa "Verwendung des Wirkstoffes X für die Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung der Krankheit Y". Die Spruchpraxis des Patentamts zur Zulässigkeit einer derartigen Formulierung im Hinblick auf das Stoffschutzverbot sei nicht einheitlich. So habe die Beschwerdeabteilung in drei Entscheidungen vom 11. 11. 1988, von denen die Entscheidung B 26/87 das Klagepatent betreffe, die Zulässigkeit bejaht. Tragender Gedanke sei es gewesen, dass der Vorbehalt Österreichs im Hinblick auf das Ziel der Harmonisierung des österreichischen Patentrechts mit den Bestimmungen des Washingtoner Vertrags über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens [Patent Cooperation Treaty] vom 19. 6. 1970 (PCT) und insbesondere des EPÜ nicht erweiternd ausgelegt werden dürfe. Die Frage, ob die Angabe des Wirkstoffs und einer bestimmten therapeutischen Anwendung ausreichende technische Merkmale seien, um ein bestimmtes Herstellungsverfahren zu kennzeichnen, hätten weder die Beschwerdeabteilung des Patentamts noch der Oberste Patent- und Markensenat bisher beantwortet. In einer weiteren Entscheidung vom 12. 12. 1989, B 12/88, habe das Patentamt den Anspruch auf Verwendung eines Stoffs oder Stoffgemisches zur Herstellung eines Arzneimittels für eine bestimmte neue und erfinderische therapeutische Anwendung als Umgehung des Stoffschutzverbots beurteilt. Auch dabei sei aber der (Patent-)Anspruch als Verwendungsanspruch qualifiziert worden. Das Verwendungspatent sei jedoch lediglich eine Unterart des Verfahrenspatents. Es sei auf die Verwendung von neuen oder bekannten Sachen, Vorrichtungen oder Verfahren zu einem neuen Zweck gerichtet. Dieser formale Ansatz erlaube es, einen im "Swiss-Claim"-Format abgefassten Anspruch als "Verfahren zur Herstellung eines Arzneimittels" zu qualifizieren. Zu berücksichtigen sei auch, dass § 2 PatG schon seit der Fassung BGBl Nr 234/1984 kein Stoffschutzverbot mehr enthalte. Angesichts fortschreitender Globalisierung sei auch der in den Entscheidungen des Patentamts B 12/88 angesprochene Harmonisierungsgedanke zunehmend von Bedeutung. Mangelnde Rechtsbeständigkeit des Klagepatents sei daher - im Provisorialverfahren - nicht ausreichend bescheinigt.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22 PatG werde ein Patent durch Vertrieb der Erzeugnisse in Österreich auch dann verletzt, wenn ihre Herstellung im geschützten Verfahren ausschließlich außerhalb Österreichs erfolgt sei. Die einstweilige Verfügung werde daher erlassen. Angesichts des damit verwirklichten erheblichen Eingriffs in die Geschäftstätigkeit der Beklagten sei die einstweilige Verfügung vom Erlag einer Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000 EUR abhängig zu machen. Die von der Beklagten behaupteten (höheren) Umsätze und damit der während der Verfahrensdauer drohende Gewinnentgang seien nicht ausreichend bescheinigt. Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger im Fall ihres Unterliegens etwaige Ansprüche der Beklagten nach § 394 EO nicht befriedigen könnten oder dass die Existenz der Beklagten durch die Provisorialmaßnahme gefährdet wäre, bestünden nicht.

Der Revisionsrekurs der Beklagten strebt die Aufhebung der einstweiligen Verfügung an.

Der Revisionsrekurs der Kläger richtet sich gegen die ihnen auferlegte Sicherheitsleistung.

Rechtliche Beurteilung

1.) Zum Revisionsrekurs der Beklagten; er ist berechtigt.

Die Beklagten machen geltend, das Klagepatent 389 995 sei entgegen der Auffassung des Rekursgerichts nicht rechtsbeständig. Seine Ansprüche verstießen gegen das Stoffschutzverbot für Arzneimittel nach Art IV PatRNov 1984. Die Patentanmeldung sei zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der entsprechende Vorbehalt Österreichs nach Art 167 Abs 2 lit a EPÜ wirksam gewesen sei, sodass der Vorbehalt für die gesamte Dauer des Patents wirke. Vom Stoffschutzverbot für Arzneimittel seien lediglich Erfindungen ausgenommen, die ein Verfahren zur Herstellung eines Arzneimittels betreffen. Dies setze aber nach der Rechtsprechung des Obersten Patent- und Markensenats ein bestimmtes technisches Verfahren voraus, das durch Angabe der Ausgangsstoffe, der Mittel und der Art, mit ihnen umzugehen und des Endprodukts entsprechend identifiziert werden müsse. Dies sei bei den Ansprüchen des Klagepatents nicht der Fall.

1.1. Zur Anwendbarkeit des österreichischen Vorbehalts eines Stoffschutzverbots für Arzneimittel auf Patente, deren Erteilung nach dem 7. 10. 1987 erfolgte:

§ 2 Z 2 PatG idF BGBl Nr 259/1970 (vor Ratifizierung des EPÜ) untersagte die Erteilung von Patenten für Erfindungen von a) Nahrungs- und Genussmitteln für Menschen, b) Heilmitteln, c) Stoffen, die auf chemischen Weg hergestellt werden, soweit die unter lit a bis c erwähnten Erfindungen nicht ein bestimmtes technisches Verfahren zur Herstellung solcher Gegenstände betreffen. Bei Ratifizierung des am 7. 10. 1977 in Kraft getretenen Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) BGBl Nr 350/1979 machte Österreich von der durch Art 167 Abs 2 lit a EPÜ eröffneten Möglichkeit Gebrauch und erklärte einen Vorbehalt, wonach europäische Patente für das Gebiet der Republik Österreich übereinstimmend mit den für nationale Patente geltenden Vorschriften für nichtig erklärt werden, soweit sie Schutz für chemische Erzeugnisse als solche oder für Nahrungs- oder Arzneimittel als solche gewähren. Dieser Vorbehalt berührt nicht den Schutz aus einem Patent, soweit es ein Verfahren zur Herstellung oder Verwendung eines chemischen Erzeugnisses oder ein Verfahren zur Herstellung eines Nahrungs- oder Arzneimittels betrifft. Der Vorbehalt Österreichs war nach Art 167 Abs 3 EPÜ für einen Zeitraum von 10 Jahren ab Inkrafttreten des EPÜ - somit bis 7. 10. 1987 - wirksam. Er erstreckt sich nach Art 167 Abs 5 EPÜ auf alle europäischen Patente, die auf Grund von europäischen Patentanmeldungen erteilt wurden, die während der Wirksamkeit des Vorbehalts eingereicht wurden und bleibt während der gesamten Geltungsdauer dieser Patente wirksam.

Innerstaatlich erfolgte die Umsetzung des Vorbehalts durch Art IV Abs 1 PatRNov 1984, der wörtlich bestimmt:

"Soweit und solange ein Vorbehalt Österreichs gemäß Art 167 Abs 2 lit a des Europäischen Patentübereinkommens, BGBl 350/1979, wirksam ist, werden Patente für Erfindungen von chemischen Erzeugnissen als solchen, von Nahrungsmitteln als solchen für Menschen oder von Arzneimitteln als solchen nicht erteilt, es sei denn, die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung oder Verwendung eines chemischen Erzeugnisses oder ein Verfahren zur Herstellung eines Nahrungsmittels für Menschen oder eines Arzneimittels". Nach Abs 2 dieser Bestimmung sind entgegen Abs 1 erteilte Patente auf Antrag nichtig zu erklären.

Das Klagepatent war am 12. 4. 1979 - somit während der Wirksamkeitsdauer des österreichischen Vorbehalts - angemeldet worden, seine Registrierung erfolgte am 26. 2. 1990. Zu der hier aufgeworfenen Frage, ob Art IV Abs 1 PatRNov 1984 auch für nationale österreichische Patente anzuwenden ist, die während der Dauer des Vorbehalts angemeldet, aber erst nach dessen Ablauf erteilt wurden, hat die Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamts in ihrer Entscheidung vom 12. 12. 1989 (PBl 1990, 31) Stellung genommen. Danach sei Art IV Abs 1 PatRNov 1984 im Zusammenhang mit Art 167 Abs 2 lit a und Abs 5 EPÜ auszulegen. Es bestehe kein Zweifel, dass europäische Patente, die den Schutz von chemischen Erzeugnissen zum Gegenstand haben und vor dem 8. 10. 1987 angemeldet, aber erst nach diesem Zeitpunkt erteilt wurden, mit Wirkung für Österreich nichtig erklärt werden könnten. Dies gelte in gleicher Weise auch für nationale Patente. Schon die übereinstimmende Formulierung des § 10 Abs 2 PatV-EG mit Art IV PatRNov 1984 zeige, dass der Gesetzgeber den Begriff der Wirksamkeit des Vorbehalts in Art IV Abs 1 PatRNov 1984 ebenso habe verstanden wissen wollen wie gemäß § 10 Abs 2 PatV-EG. Eine gegenteilige Interpretation würde dem Art IV Abs 1 PatRNov 1984 einen völkerrechtswidrigen, gegen das in Art 2 StGG verankerte Gleichheitsgebot verstoßenden Sinn beimessen. Sie würde nämlich bedeuten, dass die innerstaatliche Gesetzeslage entgegen der Anordnung des Art 167 Abs 2 lit a EPÜ den Inhaber eines europäischen Patents in Angelegenheiten des Stoffschutzes schlechter stelle als jenen eines (allenfalls inhaltsgleichen) österreichischen Patents. Das in Art IV Abs 1 PatRNov 1984 enthaltene Verbot, Erfindungen für chemische Erzeugnisse als solche zu patentieren, sei daher auf die bis einschließlich 7. 10. 1987 eingereichten nationalen österreichischen Patentanmeldungen anzuwenden, und zwar unabhängig davon, wann über die Patenterteilung zu entscheiden sei. Diese Auffassung der Beschwerdeabteilung des Österreichischen Patentamts wurde auch vom Verfassungsgerichtshof als "naheliegend" gebilligt (PBl 1991, 17).

Schon in früheren Entscheidungen, die jeweils Patentanmeldungen während der Vorbehaltsfrist betrafen, hatte die Beschwerdeabteilung das dem angemeldeten Patent entgegengehaltene Stoffschutzverbot inhaltlich geprüft und nie die Auffassung vertreten, nach Ablauf der Wirksamkeitsdauer des Vorbehalts (7. 10. 1987) könne das angemeldete Patent nach der im Entscheidungszeitpunkt geltenden Rechtslage jedenfalls eingetragen werden (so etwa die E vom 11. 11. 1988, B 26/87, B 27/87, B 28/87 und B 37/87). Zuletzt hat die Nichtigkeitsabteilung des Österreichischen Patentamts am 21. 1. 2004 über den das Klagepatent betreffenden Nichtigkeitsantrag inhaltlich entschieden (N 24/02), ohne die Anwendbarkeit des Vorbehalts auf ein nach Ende seiner Wirksamkeitsdauer eingetragenes Patent in Frage zu stellen.

Auch der Oberste Patent- und Markensenat hat in seiner Entscheidung vom 12. 6. 1996, Op 2/95 (PBl 1997, 19), im Zusammenhang mit der Prüfung eines europäischen Patents unter Hinweis auf Art 10 Abs 1 PatV-EG iVm Art 167 Abs 5 EPÜ die Auffassung vertreten, der Vorbehalt Österreichs sei bis 7. 10. 1987 wirksam und gelte für alle Patente, die auf Grund von Patentanmeldungen erteilt wurden, die vor diesem Zeitpunkt eingereicht wurden; er bleibe während der gesamten Gültigkeitsdauer der Patente wirksam.

In diesem Sinn stellt auch Schäfers (in Beukard, EPÜ Art 167 Rz 12) für die Anwendbarkeit des Vorbehalts allein auf den Zeitpunkt der Patenteinreichung ab.

Der Senat teilt die Auffassung, wonach (europäische und nationale) Patente, die Stoffschutz im Sinn des § 167 Abs 2 lit a EPÜ und Art IV Abs 1 PatRNov 1984 gewähren, dann dem Vorbehalt Österreichs unterliegen, wenn sie während der Wirksamkeit dieses Vorbehalts (bis 7. 10. 1987) eingereicht wurden, gleichgültig ob ihre Erteilung vor oder nach Ende der Wirksamkeit des Vorbehalts erfolgte. Wollte man - wie die Klägerin meint - Art IV PatRNov 1984 auf nationale Patente nicht anwenden, die zwar während der Geltungsdauer des Vorbehalts eingereicht, aber erst nach dem 7. 10. 1987 eingetragen wurden, würde dies - wie schon die Beschwerdeabteilung des österreichischen Patentamts in ihrer Entscheidung B 12/88 (PBl 1990, 30) ausführlich darlegte - zu einer ganz erheblichen Benachteiligung von Inhabern europäischer Patente führen. Dieses Ergebnis stünde aber auch mit dem Ziel der PatRNov 1984, das nationale österreichische Patentrecht mit dem EPÜ zu harmonisieren, nicht in Einklang.

Die Kläger sehen eine Harmonisierungsmöglichkeit der für nationale und europäische Patente geltenden Vorschriften darin, dass der im EPÜ vorgesehene Vorbehalt eng und übereinstimmend mit ihrem Verständnis des Art IV Abs 1 PatRNov 1984 dahin ausgelegt werde, dass auch europäische Patente, die während der Wirksamkeit des Vorbehalts zwar angemeldet, aber erst nach ihrem Ablauf erteilt wurden, dem Vorbehalt nicht unterliegen. Dies entspreche dem Patentierungsgebot des Art 52 Abs 1 PatG. Auch Wolfram (Wie hoch ist die Rechts(un)sicherheit von pharmazeutischen Patenten in Österreich?, ÖBl 1995, 260) überlegt zur Auslegung des Art IV Abs 1 PatRNov 1984 iVm Art 167 Abs 2 lit a und Art 167 Abs 5 EPÜ, aus der Formulierung des Art IV Abs 1 könne (auch) der Umkehrschluss gezogen werden, dass nach Ende der Wirksamkeitsdauer des Vorbehalts nationale "Stoffpatente" auf "schwebende" Anmeldungen erteilt werden könnten. Unter Bedachtnahme auf den Passus "übereinstimmend mit den für nationale Patente geltenden Vorschriften" in Art 167 Abs 2 lit a EPÜ folge - laut Wolfram - dass auch europäische "Stoffpatente", die erst nach dem 7. 10. 1987 erteilt würden, nicht mehr für nichtig erklärt werden könnten, selbst wenn sie während der Wirksamkeitsdauer des Vorbehalts eingereicht worden wären.

Diesen Auffassungen ist entgegenzuhalten, dass der Sinn des österreichischen Vorbehalts zum EPÜ darin lag, die bis zur Ratifizierung des EPÜ geltende innerstaatliche Rechtslage für einen Vorbehaltszeitraum von 10 Jahren aufrechtzuerhalten. Nach dieser Rechtslage (§ 2 Z 2 PatG idF BGBl Nr 259/1970) konnten Patente für Erfindungen beispielsweise von Heilmitteln und Stoffen, die auf chemischen Weg hergestellt werden, nicht erteilt werden, wenn sie nicht ein bestimmtes technisches Verfahren zur Herstellung solcher Gegenstände betrafen. Die Zielsetzungen des Vorbehalts, diese Rechtslage noch für 10 Jahre beizubehalten, verbietet eine einschränkende Auslegung im Sinn der Kläger. Die Auslegung der Kläger und Wolframs (aaO ÖBl 1995, 260) würde auch dazu führen, dass derartige (Stoff-)Patente im Vorbehaltszeitraum zwar nicht eingetragen, wohl aber vorsorglich und prioritätswahrend angemeldet werden dürften, um dann - nach Ablauf der Vorbehaltsfrist - nach der dann geltenden Rechtslage, jedoch mit einem der Anmeldung entsprechenden Prioritätszeitpunkt eingetragen zu werden. Abgesehen davon, dass diese Vorgangsweise den Zweck des Vorbehalts (das Stoffschutzverbot für nationale und europäische Patente weitere 10 Jahre aufrechtzuerhalten) unterlaufen würde und mit der ganz eindeutigen Formulierung des § 167 Abs 5 EPÜ nicht in Einklang zu bringen wäre, widerspräche sie auch dem in § 3 PatG verankerten Prioritätsgrundsatz. Bei Prüfung der (technischen) Voraussetzungen für eine Patenterteilung nach Ablauf des Vorbehaltszeitraumes wäre nämlich auf den Prioritätszeitpunkt der Anmeldung abzustellen. Dieser Zeitpunkt müsste daher auch für die Zulässigkeit der Patentansprüche an sich maßgeblich sein. Es kann dem Gesetzgeber nicht ohne weiteres zugesonnen werden, dass er (wegen des Vorbehalts) im Prioritätszeitpunkt nicht patentierbare Ansprüche nachträglich und rückwirkend mit patentrechtlichem Schutz ab dem Zeitpunkt der Anmeldung hätte ausstatten wollen.

Der Vorbehalt des Stoffschutzes für Arzneimittel ist daher auch in Bezug auf das Klagepatent anzuwenden. Es ist zu prüfen, ob Art IV Abs 1 PatRNov 1984 den Anprüchen des Klagepatents entgegensteht.

1.2. Zur Auslegung des Art IV Abs 1 PatRNov 1984 iVm § 167 Abs 2 lit a EPÜ in Bezug auf das Erfordernis eines Verfahrens zur Herstellung eines Arzneimittels:

Vom Stoffschutzvorbehalt des Art IV Abs 1 PatRNov 1984 ausgenommen sind Verfahren zur Herstellung oder Verwendung eines chemischen Erzeugnisses sowie Verfahren zur Herstellung eines Nahrungs- oder Arzneimittels. Die Rechtsbeständigkeit des Klagepatents setzt daher voraus, dass seine Patentansprüche ein Verfahren zur Herstellung eines Arzneimittels beschreiben.

Bei Beurteilung dieser Frage hat der Senat in seiner Entscheidung 4 Ob 178/03k (= ÖBl 2004, 83 - Amlodipin, [Wolner]) jene Kriterien angewendet, die der Oberste Patent- und Markensenat in seiner Entscheidung Op 2/92 (= PBl 1997, 19) für maßgeblich erachtet hatte. Danach ist - wenngleich das Wort "bestimmt" in Art IV Abs 1 PatRNov 1984) wie auch in § 10 Abs 2 PatV-EG) nicht vorkommt - für den Zeitraum der Weitergeltung des Stoffschutzverbots an jenen Anforderungen festzuhalten, die schon davor an die Patentierbarkeit eines Verfahrens zur Herstellung von Heilmitteln gestellt waren. Es muss sich, wie schon bisher nach § 2 Z 2 PatG in der vor Ratifizierung des EPÜ geltenden Fassung BGBl Nr 259/1970, um ein bestimmtes technisches Verfahren handeln. Nach diesen Kriterien der Entscheidung des OPM Op 2/95 ist ein Verfahren nur dann bestimmt, wenn es durch Angabe der Ausgangsstoffe, der Mittel und der Art, mit ihnen vorzugehen (ds verfahrenstechnische Maßnahmen) und schließlich des Endprodukts (oder sonstigen "Resultats") entsprechend identifiziert wurde.

Die Auffassung, dass die Bestimmtheit (weiterhin) Voraussetzung für den Schutz eines Verfahrens zur Herstellung von Stoffen ist, die unter das Stoffschutzverbot fallen (so etwa Arzneimittel) wird auch von Weiser (Österreichisches Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz 68 § 2 PatG Anm II 1) geteilt. Er vertritt auch die Auffassung (vgl § 2 Rz II 2.1.), Patentansprüche, die auf die Verwendung eines chemischen Erzeugnisses als Arzneimittel oder zur Herstellung eines Arzneimittels abgestellt sind, seien als unzulässige Umgehung des Arzneimittelschutzverbots vom patentrechtlichen Schutz ausgeschlossen.

Die Beschwerdeabteilung hat hingegen in ihren im Wesentlichen gleichlautenden Entscheidungen vom 11. 11. 1988 (B 26/87, B 27/87 und B 37/87) Ansprüche auf Herstellung von Arzneimitteln auch dann als schutzfähig beurteilt, wenn der Anspruch kein bestimmtes Herstellungsverfahren umfasste, sondern (nur) mit der Verwendung eines bestimmten Wirkstoffs zur Herstellung eines Arzneimittels zum Zweck der Behandlung eines bestimmten Krankheitszustands umschrieben wurde. Nach Auffassung dieser Entscheidungen müsse ein bestimmtes Verfahren nicht beansprucht werden, es reiche aus, dass die Herstellung des Arzneimittels durch die Verwendung eines bestimmten Wirkstoffes spezifiziert sei.

Davon abweichend verneinte die Beschwerdeabteilung jedoch am 12. 12. 1989 (PBl 1990, 31) die Patentierbarkeit eines (während der Wirksamkeit des Stoffschutzvorbehalts angemeldeten) Patentanspruchs, gerichtet auf die Verwendung eines Stoffs zur Herstellung eines Arzneimittels für eine bestimmte neue und erfinderische therapeutische Anwendung. Der so formulierte Anspruchstyp könne wohl für nach dem 8. 10. 1987 vorgenommene Patentanmeldungen in Frage kommen, nicht aber für davor (während der Wirksamkeit des Stoffschutzverbots für Arzneimittel) getätigte Anmeldungen. Ein derartiger Anspruch würde nämlich das Verbot der Patentierung von Arzneimitteln, dessen Zweck darin bestehe, im Interesse der Allgemeinheit die Monopolisierung bestimmter Arzneimittel bzw die Verwendung bestimmter Inhaltsstoffe für Arzneimittel zu verhindern, ad absurdum führen. Soweit Art IV Abs 1 PatRNov 1984 auf die Verwendung chemischer Erzeugnisse gerichtete Patentansprüche ermögliche, sei die Zulässigkeit derartiger Verwendungsansprüche unter Bedachtnahme auf das Verbot des Schutzes von Arzneimitteln als solchen einschränkend auszulegen. Patentansprüche, die auf die Verwendung eines chemischen Erzeugnisses als Arzneimittel oder zur Herstellung eines Arzneimittels abgestellt seien, müssten jedenfalls vom Patentschutz ausgeschlossen bleiben.

Der Senat hält seine unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OPM Op 2/95 (PBl 1997, 19) vertretene Auffassung (4 Ob 178/03k = ÖBl 2004, 83 - Amlodipin [Wolner]) aufrecht, wonach bis 7. 10. 1987 angemeldete, die Herstellung von Arzneimitteln betreffende Patentansprüche nur dann nicht unter den Stoffschutzvorbehalt als Arzneimittel fallen, wenn sie ein bestimmtes, der Herstellung des Arzneimittels dienendes Verfahren beschreiben. Diese im früheren Anlassfall für ein Mischverfahren geforderte Bestimmtheit des Verfahrens ist auch in Bezug auf andere nach Art IV Abs 1 PatRNov 1984 zu beurteilende Verfahrensansprüche zu fordern. Bestimmt ist demnach ein Verfahren zur Herstellung eines Arzneimittels iSd Art IV Abs 1 PatRNov 1984 nur dann, wenn es durch Angabe der Ausgangsstoffe, der verfahrenstechnischen Maßnahmen, mit ihnen umzugehen, und der gewünschten Endprodukte definiert ist.

Eine erweiternde Auslegung der Formulierung "Verfahren zur Herstellung von Arzneimitteln" in dem Sinn, dass auch die Verwendung eines chemischen Stoffes zur Herstellung eines Arzneimittels für eine bestimmte Indikation das Erfordernis eines "bestimmten Verfahrens" erfüllen könnte, ist mit Formulierung und Ziel des Stoffschutzverbots nicht in Einklang zu bringen. Art IV Abs 1 PatRNov 1984 unterscheidet klar zwischen Verfahren zur Herstellung oder Verwendung von chemischen Erzeugnissen und Verfahren zur Herstellung von Arzneimitteln. Verfahren zur Verwendung eines Arzneimittels sind im Geltungsbereich des für Arzneimittel geltenden Stoffschutzverbots gerade nicht schutzfähig. Eine harmonisierende Interpretation des Art IV Abs 1 PatRNov 1984 mit den Bestimmungen des EPÜ (wonach auch Verwendungsansprüche in Bezug auf Arzneimittel schutzfähig wären) ist schon deshalb ausgeschlossen, weil es Sinn und Zweck des Vorbehalts ist, dass diejenigen Regelungen des EPÜ, zu denen der Vorbehalt ergangen ist, gerade nicht zur Anwendung kommen.

1.3. Zu den Patentansprüchen des Klagepatents:

Die Patentansprüche des Klagepatents lauten (zusammengefasst): "Verwendung" eines - durch Formel gekennzeichneten und näher beschriebenen - chemischen Stoffes "zur Herstellung von die Magensäuresekretion beeinflussenden pharmazeutischen Präparaten zur Behandlung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren".

Diese nach dem "Swiss-Claim-Format" gestalteten Patentansprüche (es sind dies Ansprüche, die die Verwendung eines Stoffes für die Herstellung eines Medikaments für die Behandlung vorsehen) erfüllen nach insoweit unbestrittener Auffassung die für Patentanmeldungen nach EPÜ geforderten Voraussetzungen (Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom 5. 12. 1984, GRURInt 1985, 193; PBl 1990, 31; Kucsko, Geistiges Eigentum 915). Allerdings kennt das EPÜ im Gegensatz zu Art IV Abs 1 PatRNov 1984 kein Stoffschutzverbot für Arzneimittel, sondern nur ein Verbot der Patentierung von Verfahren zur therapeutischen Behandlung, das aber nach herrschender Auffassung von Ansprüchen nach dem "Swiss-Claim-Format" nicht berührt wird (GRURInt 1985, 193). Das EPÜ lässt im Übrigen generell sowohl Verfahrens- als auch Verwendungsansprüche zu, wogegen Art IV Abs 1 PatRNov 1984 Verwendungsansprüche nur im Zusammenhang mit chemischen Stoffen (die nicht Arzneimittel sind), nicht aber im Zusammenhang mit Arzneimitteln zulässt. In Bezug auf Arzneimittel ist nach Art IV Abs 1 PatRNov 1984 nur das Herstellungsverfahren patentierbar, nicht aber die Verwendung eines Stoffes für eine neue erfinderische Anwendung. Aus der Patentierbarkeit von "Swiss-Claim"-Ansprüchen nach EPÜ (die gerade auf die Verwendung eines chemischen Stoffes zur Herstellung eines Arzneimittels für eine bestimmte Anwendung abstellen, ohne ein bestimmtes Herstellungsverfahren zu fordern) lässt sich daher entgegen der Auffassung der Kläger nicht ableiten, dass derartige Ansprüche auch für die dem Stoffschutzvorbehalt des Art IV Abs 1 PatRNov 1984 unterliegenden Patente zulässig wären. Ihre Patentierbarkeit setzt nämlich eine im "Swiss-Claim"-Format nicht enthaltene Beschreibung eines bestimmten Herstellungsverfahrens voraus, wobei die Bestimmtheit des Herstellungsverfahrens im Fall eines sogen. "reinen Mischverfahrens" bereits verneint wurde (s ÖBl 2004, 83). Selbst wenn man daher - wie das Berufungsgericht meint - Patentansprüche, gerichtet auf die Verwendung eines chemischen Stoffs zur Herstellung eines Arzneimittels, als Untergruppe von Verfahrensansprüchen verstehen wollte, fehlte es den hier zu beurteilenden Ansprüchen an der erforderlichen technischen Bestimmtheit des Verfahrens. Sie lassen nicht erkennen, in welcher verfahrenstechnischen Weise auf das Ausgangsprodukt eingewirkt wird, um das beschriebene Ergebnis zu erhalten. Beschrieben (und durch Formeln dargestellt) werden zwar die chemischen Ausgangsstoffe und das zu erzeugende Endprodukt ("pharmazeutisches Präparat zur Behandlung von ..."), Angaben darüber, mit welchen Mitteln und auf welche Art das Ausgangsprodukt verfahrenstechnisch behandelt werden soll, um ein Arzneimittel für eine bestimmte Anwendung herzustellen, fehlen jedoch.

Dazu vertreten die Kläger (wie auch die Nichtigkeitsabteilung in ihrer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung vom 21. 1. 2004 über den Nichtigkeitsantrag des am nunmehrigen Verfahren nicht beteiligten Generikaverbandes) die Auffassung, schon in der Angabe der medizinischen Indikation sei ein Verfahrensmerkmal zu erblicken. Das Klagepatent schütze nicht die Verwendung des Wirkstoffs Omeprazol zur Herstellung von Arzneimitteln im Allgemeinen, sondern nur seine Verwendung zur Herstellung eines Arzneimittels für einen ganz bestimmten Anwendungszweck. Derartige zweckgebundene Verfahrensansprüche unterlägen nicht dem Stoffschutzverbot. Dem ist nicht zu folgen. Die spezielle medizinische Indikation mag zwar ein technisches Merkmal sein, das etwa bei Beurteilung der Neuheit und des Schutzumfangs einer Erfindung ausschlaggebend ist, sie dient aber nicht der Identifizierung eines bestimmten, im Übrigen nicht beschriebenen technischen Herstellungsverfahrens. Dass der Patentanspruch die Verwendung eines Wirkstoffs für die Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung einer ganz bestimmten Erkrankung erfasst, ändert nichts daran, dass bei dieser Anspruchsformulierung nicht der Schutz des Verfahrens zur Herstellung des Arzneimittels angestrebt wird, sondern der Schutz eines den Ausgangsstoff enthaltenden Arzneimittels, mag es auch nur für bestimmte Indikationen Verwendung finden. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verwirklicht das vorliegende - während der Wirkungsdauer des österreichischen Vorbehalts angemeldete - Patent somit nicht den Ausnahmetatbestand eines Herstellungsverfahrens iSd Art IV Abs 1 PatRNov 1984, sondern verstößt gegen das Stoffschutzverbot. Dieser Verstoß bewirkt die Nichtigkeit des Patents. Da § 156 Abs 3 PatG die Unterbrechung des Verfahrens auf Grund eines Nichtigkeitseinwands nur dann anordnet, wenn ein Urteil davon abhängt, ob ein Patent nichtig ist (Weiser, Österreichisches PatG, Gebrauchsmustergesetz 333 § 156 PatG Anm II 7.1), kann das Gericht im Provisorialverfahren die Nichtigkeit des Patents selbständig prüfen und auch wahrnehmen (Weiser aaO 332; Anm II 7; ÖBl 2004, 83 - Amlodipin).

Der von den Klägern geltend gemachte Patentverstoß ist daher mangels Rechtsbeständigkeit des Klagepatents zu verneinen.

Dem Revisionsrekurs der Beklagten wird deshalb dahin Folge gegeben, dass die Entscheidung des Erstgerichts, das den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen hatte, wiederhergestellt wird.

2.) Zum Revisionsrekurs der klagenden Parteien:

Die klagenden Parteien werden mit ihrem Rechtsmittel, das sich gegen die Höhe der ihnen auferlegten Sicherheitsleistung wendet, auf die Entscheidung über den Revisionsrekurs der Beklagten verwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens beruht auf §§ 78 und 402 Abs 4 EO iVm §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die Beiziehung eines Patentanwalts auch im Rechtsmittelverfahren diente der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weil die Frage, wie ein Verfahren beschaffen sein muss, um als Herstellungsverfahren iSd Art IV PatRNov 1984 zu gelten, auch technischer Überlegungen bedurfte. Es war daher auch der Ersatz der Kosten des Patentanwalts aufzuerlegen. Hingegen betraf das eingeholte Privatgutachten über die Rechtskraftwirkung der Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung über den Nichtigkeitsantrag des Generikaverbands und über die Frage der Rechtsmittellegitimation dieses Verbands reinprozessuale Fragen. Eine Begutachtung durch Sachverständige war für die zweckentsprechende Rechtsverteidigung nicht erforderlich. Die Kostenentscheidung des Erstgerichts, die den Ersatz von Kosten zweier Gutachten umfasste, wurde aufrechterhalten. Die Einholung dieser Gutachten diente nämlich der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, weil sie auch zur Klärung technischer Fragen beigetragen haben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte