OGH 12Os80/04

OGH12Os80/0423.9.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. September 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Philipp, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Matschegg als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Georg H***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Vojislav J***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Jugendschöffengericht vom 17. März 2004, GZ 142 Hv 43/04s-119, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Aus deren Anlass wird das angefochtene Urteil - das im Übrigen unberührt bleibt - gemäß § 290 Abs 1 StPO im Schuldspruch des Angeklagten Darko D***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 4. Fall SMG (I./1. des Urteilssatzes) und demgemäß auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Kassation an das Erstgericht zurückverwiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten J***** werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Diesem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Darko D***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 SMG (I./1.) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 WaffG (I./2.); Dimitrije D***** des "Verbrechens" nach § 28 Abs 1 SMG (II./1.) und des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG (II./2.) und Vojislav J***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 SMG (III./) schuldig erkannt. Danach hat - soweit im Nichtigkeitsverfahren von Bedeutung - "I./ Darko D*****

1.) im Herbst 2003 in Wien ca 4 kg Cannabisprodukte an Unbekannte verkauft;

...

II./ Dimitrije D*****

1.) im August "und September" 2003 von den abgesondert verfolgten Georg H***** und Gabriele R***** ca 18 kg Cannabisprodukte zur Aufbewahrung übernommen;

...

III./ Vojislav J*****

im August 2003 in Wien dem Georg H***** ca 18 kg Cannabisprodukte

übergeben."

Nur der Angeklagte J***** bekämpft dieses Urteil.

Rechtliche Beurteilung

Seine aus § 281 Abs 1 Z 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Sie scheitert nämlich mit der Behauptung, J***** habe mangels Verfügungsberechtigung das ihm seinerseits von einem Dritten übergebene Suchtgift durch Übergabe an H***** (US 7) nicht in Verkehr gesetzt, an der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz, aus welchem Grund es durch den im Ersturteil festgestellten Vorgang nicht zu einer Übertragung der - für die Herstellung des Tatbestandes des § 28 Abs 2

4. Fall SMG allein entscheidenden - Verfügungsgewalt gekommen sein soll (vgl SSt 60/13, 15 Os 156/93 = EvBl 1994/78; unscharf gerade zu diesem Punkt Foregger/Litzka/Matzka SMG V.2. und Kodek/Fabrizy SMG Anm 2.2.1. - beide zu § 28), hat eine solche doch auch ein bloßer Detentor (§ 309 ABGB).

Mangels Beachtung des prozessordnungskonformen Darstellungsrahmens war die Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§ 285a Z 2 StPO iVm § 285d Abs 1 Z 1 StPO), sodass die Entscheidung über die Berufung dem Gerichtshof zweiter Instanz zukommt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde konnte sich der Oberste Gerichtshof von einem materiell-rechtlichen Feststellungsmangel (Z 10) des Urteiles im Schuldspruch I.1. überzeugen, der mangels Anfechtung seitens des dadurch benachteiligten Angeklagten Darko D***** zu amtswegiger Teilkassation (des gesamten Schuldspruches nach dem Suchtmittelgesetz - vgl 12 Os 124/03 mwN) führen musste (§ 290 Abs 1 Satz 2 1. Fall StPO).

Denn die bloße Nennung der Gesamtmenge des Suchtgiftträgers im Urteilsspruch und in den Entscheidungsgründen vermag die Konstatierung des konkreten, auf der Basis der Reinsubstanz oder des Wirkstoffgehaltes zu bestimmenden Suchtgiftquantums nicht zu ersetzen, das einer Beurteilung als große Menge nach § 28 Abs 6 SMG iVm der Suchtgiftgrenzmengenverordnung (die entgegen § 260 Abs 1 Z 1 StPO neben anderen Tatbestandsmerkmalen nicht einmal in den Urteilssatz aufgenommen wurde) zugrunde zu legen wäre. Dies kann bei den Angeklagten D***** und J***** dahingestellt bleiben, weil selbst bei Annahme des niedrigsten Reingehalts (von 0,25 % bei Cannabiskraut) bei 18 kg Gesamtmenge das Überschreiten der großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) an THC (20 g) außer Frage steht (11 Os 9/93). Die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung hinsichtlich des Angeklagten D***** war daher nicht zu vermeiden (§ 285e StPO).

Stichworte