OGH 15Os156/93

OGH15Os156/9316.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Steininger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner, Dr.Kuch, Dr.Schindler und Dr.Ebner als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärtes Mag.Straßegger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Gerhard Ka* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 2 Suchtgiftgesetz und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25.August 1993, GZ 6 f Vr 7515/93‑28, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr.Raunig, der Angeklagten B* und Ki* sowie der Verteidiger Dr.Petrofsky, Dr.Scheiber und Dr.Ott, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten Ka* zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1993:0150OS00156.9300000.1216.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,

1. teils demgemäß im Schuldspruch des Angeklagten Rainer B* laut Punkt II. des Urteilssatzes wegen des Vergehens nach § 14 a SGG, soweit dieser über eine Suchtgiftmenge von rund 1,4 kg Haschisch hinausgeht, sowie im Schuldspruch dieses Angeklagten laut Punkt III. des Urteilssatzes wegen des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG, soweit diesem Angeklagten auch ein am 5.Juni 1993 versuchtes Überbringen von 160 (richtig: 120) Gramm Haschisch an Andreas Ki* zur Last gelegt wird,

2. teils gemäß § 290 Abs 1 StPO auch im Schuldspruch des Angeklagten Gerhard Ka* laut Punkt I.B des Urteilssatzes wegen des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 und 2 SGG, sowie im Schuldspruch der Angeklagten Gerhard Ka* und Andreas Ki* laut Punkt I.C des Urteilssatzes wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG, soweit dieser über eine Haschischmenge von (ca) 0,48 kg hinausgeht, und

3. demzufolge auch in sämtlichen Strafaussprüchen - jedoch unter Aufrechterhaltung der Aussprüche über die Vorhaftanrechnung - sowie

4. ferner im Ausspruch der Einziehung des sichergestellten Suchtgiftes gemäß § 13 Abs 1 SGG, soweit er eine Menge von rund 1,4 kg Haschisch betrifft, aufgehoben.

Gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Die Angeklagten Gerhard Ka*, Andreas Ki* und Rainer B* sind schuldig, sie haben in Wien

1. Gerhard Ka*, Andreas Ki* und Rainer B* am 5.Juni 1993 Suchtgift in einer (zusammen mit weiterem Suchtgift) großen Menge, nämlich 120 Gramm Haschisch, in Verkehr zu setzen versucht, indem Gerhard Ka* dem Andreas Ki* dieses Suchtgift übergab und sich Andreas Ki* und Rainer B* zum Lokal "C*" begaben, um das von Gerhard Ka* zu diesem Zweck erhaltene Haschisch zu verkaufen,

2. Rainer B* in der Zeit vom 2.bis 5.Juni 1993 durch Bereitstellung seiner Wohnung als Suchtgiftdepot zu der im aufrecht gebliebenen Teil des unter Punkt I.C des erstgerichtlichen Schuldspruches umschriebenen Tat des Gerhard Ka* und des Andreas Ki* beigetragen,

3. Gerhard Ka* in der Zeit vom 2. bis 5.Juni 1993 Suchtgift in einer großen Menge, nämlich rund 1,4 kg Haschisch, mit dem Vorsatz, daß es in Verkehr gesetzt werde, besessen.

Hiedurch haben begangen

Rainer B*

zu 1. und 2. das teils vollendete, teils versuchte Verbrechen nach § 12 Abs 1 SGG, § 15 StGB, teils als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB,

Andreas Ki*

zu 1. (iVm den Punkten I.A, I.D und dem aufrecht gebliebenen Teil des Punktes I.C des erstgerichtlichen Urteils) das teils vollendete, teils versuchte Verbrechen nach § 12 Abs 1 und 2 SGG, § 15 StGB,

Gerhard Ka*

zu 1. (iVm Punkt I.A und dem aufrecht gebliebenen Teil des Punktes I.C des erstgerichtlichen Urteils) das teils vollendete, teils versuchte Verbrechen nach § 12 Abs 1 und Abs 2 SGG, § 15 StGB und

zu 3. das Vergehen nach § 14 a SGG.

Es werden hiefür und für das nach dem unberührt gebliebenen Teil des erstgerichtlichen Schuldspruches den Angeklagten Ki* und Ka* weiterhin zur Last liegende Verbrechen nach § 12 Abs 1 und Abs 2 SGG, das dem Angeklagten B* weiterhin zur Last liegende Vergehen nach § 14 a SGG und das allen drei Angeklagten weiterhin zur Last liegende Vergehen nach § 16 Abs 1 (vierter bis sechster Fall) SGG jeweils unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar

Rainer B* nach § 12 Abs 1 SGG zu 8 (acht) Monaten,

Andreas Ki* nach § 12 Abs 2 SGG zu 15 (fünfzehn) Monaten und

Gerhard Ka* nach § 12 Abs 2 SGG zu 2 (zwei) Jahren.

Gemäß § 43 Abs 1 StGB wird die über Rainer B* verhängte Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß § 43 a Abs 3 StGB wird ein Teil der über Andreas Ki* verhängten Freiheitsstrafe, nämlich im Ausmaß von 10 (zehn) Monaten, unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Gemäß § 16 Abs 3 SGG wird die in der Wohnung des Angeklagten B* sichergestellte Suchtgiftmenge von rund 1,4 kg Haschisch eingezogen.

II. Die Nichtigkeitsbeschwerde wird im übrigen verworfen.

III. Mit ihrer Berufung wird die Staatsanwaltschaft auf die zur I. getroffene Entscheidung verwiesen.

IV. Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten Rainer B* und Gerhard Ka* auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Mit dem bekämpften Urteil wurden der Angeklagte Rainer B* (II.) des Vergehens nach § 14 a SGG und die Angeklagten Andreas Ki* und Gerhard Ka* (I.) jeweils des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs 1 und 2 SGG, § 15 StGB sowie alle drei Angeklagten überdies (III.) des Vergehens nach § 16 Abs 1 (vierter bis sechster Fall) SGG schuldig erkannt.

Darnach haben in Wien

(zu I.) Andreas Ki* und Gerhard Ka* Suchtgift den bestehenden Vorschriften zuwider in großer Menge in Verkehr gesetzt bzw in Verkehr zu setzen versucht, indem

A/ Andreas Ki* und Gerhard Ka* als Mittäter in der Zeit von Oktober 1992 bis Anfang Juni 1993 insgesamt rund 5 kg Haschisch gewerbsmäßig verkauften;

B/ Gerhard Ka* (ab 2.Juni 1993) bis zum 5.Juni 1993 rund 1,4 kg Haschisch (in der Wohnung des Angeklagten Rainer B*) zum Zwecke des Weiterverkaufes bereithielt;

C/ Gerhard Ka* und Andreas Ki* nach dem 2.Juni 1993 (bis zum 5.Juni 1993) rund 0,6 kg Haschisch an unbekannt gebliebene Personen verkauften;

D/ Andreas Ki* am 24.Mai 1993 160 Gramm Haschisch "an unbekannte erworben und zum Weiterverkauf bereitgehalten" (nach dem Inhalt der Entscheidungsgründe - US 8: von Gerhard Ka* zum Weiterverkauf übernommen, wobei er mit diesem Suchtgift unmittelbar vor dem Verkauf betreten wurde);

(zu II.) Rainer B* Suchtgift in einer großen Menge mit dem Vorsatz besessen, daß es in Verkehr gebracht werde, indem er am 2.Juni 1993 vom Angeklagten Gerhard Ka* 2 kg Haschisch zur Verwahrung in seiner Wohnung übernahm;

(zu III.) Suchtgift den bestehenden Vorschriften zuwider erworben, besessen und einem anderen überlassen, und zwar

Rainer B* in der Zeit von 1984 bis zum 5.Juni 1993, wobei er am zuletzt genannten Tag 160 (richtig: 120) Gramm Haschisch dem Andreas Ki* zum Zwecke des Weiterverkaufs zu überbringen suchte;

Andreas Ki* in der Zeit von 1988 bis 5.Juni 1993;

Gerhard Ka* in der Zeit von Oktober 1992 bis Juni 1993.

Anzumerken ist, daß das Schöffengericht trotz der in den Entscheidungsgründen auf alle Tathandlungen nach § 12 SGG bezogenen Feststellung gewerbsmäßiger Tatbegehung bei den Angeklagten Ki* und Ka* im Urteilsspruch die Gewerbsmäßigkeit nur auf die unter I.A umschriebenen Fakten beschränkte, was mangels einer diesen Umstand rügenden Anfechtung auf sich beruhen muß. Des weiteren ist anzumerken, daß es im Hinblick auf den den Angeklagten B* betreffenden Urteilssatz zu III. geboten gewesen wäre, das dem Genannten darnach zur Last liegende Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG als teilweise nur in der Entwicklungsstufe des Versuchs verblieben zu beurteilen. Hiezu ergeht jedoch ohnedies die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst aus den noch darzustellenden Erwägungen.

 

Rechtliche Beurteilung

Die Staatsanwaltschaft bekämpft dieses Urteil hinsichtlich des Angeklagten B* in den Punkten II. und III. des Schuldspruchs, soweit letzterer die Tat vom 5.Juni 1993 betrifft, mit einer auf § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, mit der sie eine Beurteilung der betreffenden Taten als teils vollendetes, teils versuchtes Verbrechen nach § 12 Abs 1 SGG, § 15 StGB in Form einer Beitragstäterschaft des Angeklagten B* im Sinn des § 12 dritter Fall StGB anstrebt. Gegen die Strafaussprüche bei allen drei Angeklagten wendet sich die Anklagebehörde mit Berufung.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt teilweise Berechtigung zu.

Nach den Urteilsfeststellungen zu den Punkten I.B, II. und III. (hier betreffend die Tat vom 5.Juni 1993) unterstützte der Angeklagte B* den Angeklagten Ka* bei dessen Vorhaben, eine große Suchtgiftmenge von insgesamt 2 kg Haschisch in Verkehr zu setzen, dadurch vorsätzlich, daß er am 2.Juni 1993 die Verwahrung dieses Suchtgiftes in seiner Wohnung gegen Entgelt gestattete und dem Genannten durch Ausfolgung eines Wohnungsschlüssels den jederzeitigen Zugriff auf dieses Suchtgift ermöglichte. Ka* entnahm in der Folge von diesem "Depot" rund 0,6 kg Haschisch und übergab diese Menge dem Angeklagten Ki* zum Verkauf, der diesen auch vornahm. Beim letzten unternommenen Verkaufsakt am 5.Juni 1993 bediente sich der vorsichtiger gewordene Angeklagte Ki* des Angeklagten B* zum Transport von 120 Gramm Haschisch. Er übergab B* diese Menge, letzterer brachte dieses Suchtgift in das Lokal "C*", wo er es wieder an Ki* zurückgeben sollte, der es verkaufen wollte. B* wurde jedoch noch im Besitz der 120 Gramm Haschisch von Polizeiorganen im Lokal festgenommen (US 8 und 10). Rechnerisch ergibt sich aus den Urteilsfeststellungen, daß von der von Ka* aus der Wohnung entnommenen Haschischmenge von rund 0,6 kg demnach rund 0,48 kg tatsächlich verkauft wurden, während 120 Gramm wegen des Einschreitens von Polizeiorganen nicht mehr verkauft werden konnten, zumal das Schöffengericht keine Feststellung dahin traf, daß die Menge von 120 Gramm Haschisch aus einer anderen Quelle stammte (und nach der Aktenlage - vgl S 35, 50, 87 in ON 5, S 112, 116 f - auch nicht hätte treffen können).

Beitragstäter im Sinn des § 12 dritter Fall StGB ist, wer sonst (außer dem ersten und zweiten Fall) zur Ausführung einer strafbaren Handlung (eines anderen) beiträgt. Darunter fällt jedes Verhalten, das die Tatbildverwirklichung durch einen anderen ermöglicht, erleichtert, absichert oder sonst fördert. Erfaßt wird somit jede auch noch so geringe, aber konkret wirksam gewordene Förderung der Tatausführung durch einen anderen. Es genügt, daß das Verhalten des Beitragstäters der Vorbereitung einer (später zumindest versuchten) Straftat des unmittelbaren Täters dient, die zur Zeit des Tatbeitrages weder in allen Einzelheiten schon feststehen, noch bereits in die Entwicklungsstufe des strafbaren Versuches getreten sein muß. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes kommt es demnach nicht darauf an, daß schon die Tathandlung des Beitragstäters zur Unterstützung oder Förderung des Deliktes eines anderen ausführungsnah ist. Die Strafbarkeit des Beitragstäters tritt allerdings erst ein, sobald die von ihm geförderte Tat des unmittelbaren Täters zumindest das Stadium des strafbaren Versuches (§ 15 Abs 2 StGB) erreicht hat (limitiert quantitative Akzessorietät des sonstigen Tatbeitrags), während ein bloß versuchter Tatbeitrag straflos ist (Leukauf‑Steininger Komm3 § 12 RN 48, 50; Mayerhofer‑Rieder StGB3 § 15 E 40).

Demnach fällt nach den zuvor wiedergegebenen Urteilsfeststellungen dem Angeklagten B* infolge seines für das tatsächliche Inverkehrsetzen von rund 0,48 kg Haschisch konkret wirksamen Tatbeitrages eine Beteiligung im Sinn des § 12 dritter Fall StGB zu dem von Ka* und Ki* verwirklichten vollendeten Delikt nach § 12 Abs 1 SGG zur Last.

In Ansehung der Menge von 120 Gramm Haschisch, die am 5.Juni 1993 im Lokal "C*" verkauft werden sollten, sind alle drei Angeklagten als Mittäter im Sinn des § 12 erster Fall StGB anzusehen, und zwar auch B*, der sich mit dem Suchtgift zum Ort des vorgesehenen Verkaufes begab; insoweit blieb das Delikt in der Entwicklungsstufe des Versuchs.

Hinsichtlich dieses versuchten Inverkehrsetzens von 120 Gramm Haschisch war bezüglich der Angeklagten Ki* und Ka* mit einer Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO vorzugehen, weil das Schöffengericht rechtsirrtümlich auch insoweit Vollendung angenommen hatte (Punkt I.C des Urteilssatzes). Die unrichtige rechtliche Beurteilung einer Tat als vollendet statt als versucht ist nach ständiger Rechtsprechung als Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 10 StPO von Amts wegen aufzugreifen (Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 290 E 28); demnach war insoweit der Schuldspruch der beiden Genannten zu kassieren und in der Sache selbst erkennend mit einem Schuldspruch wegen des versuchten Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 (und Abs 2) SGG vorzugehen.

Ein von der Staatsanwaltschaft angestrebter Schuldspruch des Angeklagten B* wegen Beitragstäterschaft (§ 12 dritter Fall StGB) zum versuchten Verbrechen nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 SGG, soweit es die in der Wohnung des Angeklagten B* verbliebene restliche Haschischmenge von rund 1,4 kg betrifft, die zwar gleichfalls zum Verkauf bestimmt war, jedoch von der Polizei sichergestellt wurde, kommt hingegen nicht in Betracht.

Denn nach ständiger Judikatur bedarf es zur Annahme eines über das Stadium der bloßen Tatvorbereitung hinausgehenden strafbaren Versuches im Sinne des § 15 Abs 2 StGB entweder einer bereits begonnenen Ausführung oder doch wenigstens einer - nach außen hin in Erscheinung tretenden - Betätigung des auf die Herbeiführung des strafgesetzwidrigen Erfolges gerichteten Täterwillens in Form eines in sinnfälliger Beziehung zum tatbildmäßigen Unrecht stehenden und der eigentlichen Tatausführung unmittelbar vorangehenden Verhaltens, das in zeitlicher und örtlicher Beziehung ausführungsnah und spezifisch tatbildbezogen sein muß. Die Ausführungsnähe eines Tatverhaltens bestimmt sich darnach, ob unter Berücksichtigung des Tatplanes die Handlung (hier: des unmittelbaren Täters) objektiv unter Bedachtnahme auf den gewöhnlichen Handlungsablauf im unmittelbaren Vorfeld der Tatbildverwirklichung liegt und in subjektiver Beziehung das deliktische Vorhaben des Täters bereits jenes Stadium erreicht hat, in dem anzunehmen ist, daß er die entscheidende Hemmstufe vor der Tatbegehung schon überwunden hat (Leukauf‑Steininger aaO § 15 RN 10 mit Judikaturhinweisen). Ob eine Handlung ausführungsnah ist, muß jeweils anhand der dem konkret in Betracht kommenden Tatbild entsprechenden Ausführungshandlung geprüft werden (Leukauf‑Steininger aaO § 15 RN 6, 8, 9 mit Judikaturhinweisen).

Im vorliegenden Fall ist somit die Ausführungsnähe anhand des in § 12 Abs 1 SGG genannten Tatbildmerkmals des Inverkehrsetzens einer großen Suchtgiftmenge zu beurteilen.

Dieses Inverkehrsetzen besteht in einer Tätigkeit, durch welche die Verfügungsgewalt über ein Suchtgift durch einen tatsächlichen oder rechtlichen Vorgang auf einen anderen übertragen wird (Mayerhofer‑Rieder Nebenstrafrecht3 § 12 SGG E 26, 27; Kodek SGG 54; Foregger‑Litzka SGG 31).

Unter Berücksichtigung dieses für die Annahme eines ausführungsnahen Versuches erforderlichen örtlichen, zeitlichen und manipulativen Momentes kann demnach ein Versuch eines Inverkehrsetzens einer großen Suchtgiftmenge erst mit dem Verbringen des Suchtgiftes von seinem bisherigen Aufbewahrungsort zum Zweck, es in unmittelbarer Folge in die Verfügungsgewalt eines anderen gelangen zu lassen, angenommen werden, weil nur dadurch neben der örtlichen Komponente auch eine aktionsmäßige und zeitliche Beziehung zur Übertragung der Verfügungsmacht über das Suchtgift hergestellt wird. Die bloße Verwahrung einer großen Suchtgiftmenge in einer Wohnung und demnach der diesem Verwahren entsprechende Besitz reicht dazu noch nicht aus.

Gerade in Erkenntnis dieses Umstandes wurde durch die Suchtgiftnovelle 1985 (BGBl 184/1985) der Vergehenstatbestand des § 14 a SGG geschaffen, der jenen Täter pönalisiert, der Suchtgift in einer großen Menge (§ 12 Abs 1 SGG) mit dem Vorsatz erwirbt oder besitzt, daß es in Verkehr gesetzt werde, wenn die Tat nicht nach § 12 SGG mit Strafe bedroht ist. Der Gesetzgeber schuf damit einen Auffangtatbestand für Fälle, in denen dem Täter zwar der Besitz oder Erwerb einer großen Menge Suchtgift, nicht aber der konkrete Versuch, dieses Suchtgift im Sinne des § 12 Abs 1 SGG in Verkehr zu setzen, nachgewiesen werden kann (586 BlgNR 16.GP , 6).

Der bloße Besitz einer großen Suchtgiftmenge, die in Verkehr gesetzt werden soll, begründet demnach nur den gegenüber § 12 SGG privilegierten Vergehenstatbestand nach § 14 a SGG und nicht bereits den Versuch des Verbrechens nach § 12 SGG (so jüngst auch 13 Os 17/93 und 14 Os 106/93).

Unter Bedachtnahme auf diese für die Abgrenzung des Vergehenstatbestandes nach § 14 a SGG vom Versuch des Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 SGG maßgeblichen Kriterien ist zunächst schon der Schuldspruch des Angeklagten Ka* zu Punkt I.B (Verwahren einer Haschischmenge von rund 1,4 kg in der Wohnung des Angeklagten B*) wegen Versuchs des Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 SGG verfehlt. Ka* hat vielmehr insoweit den Vergehenstatbestand nach § 14 a SGG zu verantworten. Diese sich zum Nachteil des genannten Angeklagten auswirkende unrichtige Gesetzesanwendung durch das Erstgericht, wodurch der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO verwirklicht wurde, war vom Obersten Gerichtshof gemäß § 290 Abs 1 StPO aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft von Amts wegen wahrzunehmen.

Liegt aber insoweit kein strafbarer Versuch des Verbrechens nach § 15 StGB, § 12 Abs 1 SGG durch den Angeklagten Ka* vor, kommt infolge der limitierten quantitativen Akzessorietät der Beihilfe hiezu auch eine Beitragstäterschaft des Angeklagten B* nicht in Betracht. Dieser verantwortet, soweit es die in seiner Wohnung verwahrt gebliebene Haschischmenge von rund 1,4 kg betrifft, entgegen der Meinung der Staatsanwaltschaft weiterhin bloß das Vergehen nach § 14 a SGG.

Im Hinblick auf die Beurteilung der Tat in Ansehung der in der Wohnung des Angeklagten B* verbliebenen Haschischmenge von rund 1,4 kg als Vergehen nach § 14 a SGG, ist auch der erstgerichtliche Einziehungsausspruch, soweit er diese Suchtgiftmenge betrifft, insoweit unzutreffend, als er auf § 13 Abs 1 SGG gestützt wird. Er war daher in diesem Umfang aufzuheben und es war in der Sache selbst erkennend die Einziehung gemäß § 16 Abs 3 SGG zu verfügen (Foregger‑Litzka SGG § 14 a Erl III).

Bei der infolge der getroffenen Sachentscheidung erforderlichen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof beim Angeklagten B* als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen und die Fortsetzung des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG durch längere Zeit, als mildernd das reumütige, zur Wahrheitsfindung beitragende Geständnis, die Begehung des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG teilweise vor Vollendung des 21.Lebensjahres, die Verübung der gravierenden Delikte nach § 12 Abs 1 und § 14 a SGG unter der Einwirkung des Mitangeklagten Ka* sowie den Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb.

Beim Angeklagten Ki* war erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art und die Fortsetzung des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG durch längere Zeit, mildernd sein reumütiges, zur Wahrheitsfindung beitragendes Geständnis, der Umstand, daß das Vergehen nach § 16 Abs 1 SGG teilweise vor Vollendung des 21.Lebensjahres verübt wurde, eine Einwirkung des Mitangeklagten Ka* bei den gravierenden Fakten und der Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb.

Beim Angeklagten Ka* wurde als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe, das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art, die Verführung anderer zu strafbaren Handlungen und seine führende Beteiligung gewertet, als mildernd hingegen sein Geständnis und der Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb.

Beim Angeklagten B* war die Strafe nach § 12 Abs 1 SGG auszumessen, also nach einem höheren Strafsatz als jenem, der im Urteil erster Instanz angewendet wurde. Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Monaten entspricht bei diesem Angeklagten seiner personalen Täterschuld und ist auch dem Unwert der verschuldeten Taten angemessen.

Unter Berücksichtigung des Vorlebens dieses Angeklagten und der näheren Umstände, unter denen er bei den gravierenden strafbaren Handlungen in den Kreis des Mitangeklagten Ka* gelangte, erscheinen bei ihm die Voraussetzungen des § 43 Abs 1 StGB gegeben. Er hat sich ersichtlich von der Suchtgiftszene gelöst und es ist daher anzunehmen, daß die bloße Androhung der Vollziehung der Freiheitsstrafe genügen werde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten; es bedarf nach Lage des Falles auch nicht der Vollstreckung der Strafe, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.

Bei den Angeklagten Ki* und Ka* ist zwar im Hinblick auf die konstatierte (teilweise) gewerbsmäßige Tatverübung in Ansehung einer beträchtlichen Menge des Suchtgiftes Haschisch das Begehren der Staatsanwaltschaft, die über die beiden Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen zu erhöhen, nicht gänzlich unberechtigt. Andererseits war aber zu berücksichtigen, daß hinsichtlich dieser beiden Angeklagten mit einer Maßnahme gemäß § 290 Abs 1 StPO zu ihren Gunsten vorgegangen werden mußte. Unter Abwägung der aufgezeigten Komponenten verhängte der Oberste Gerichtshof über diese beiden Angeklagten Freiheitsstrafen, die im Ergebnis jenen entsprechen, die im Urteil erster Instanz verhängt wurden und die in diesem Ausmaß der jeweiligen personalen Täterschuld und dem Unwert der verschuldeten Taten Rechnung tragen.

Nur beim Angeklagten Ki* sind indes die Voraussetzungen des § 43 a Abs 3 StGB gegeben. Er weist keine einschlägige Vorstrafe auf und handelte weitgehend unter dem Einfluß des Mitangeklagten Ka*. Demnach kann bei ihm (zwar nicht die gesmate Strafe, aber doch) ein Teil von zehn Monaten der mit 15 Monaten ausgemessenen Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen werden, zumal dem auch generalpräventive Erwägungen nicht entgegenstehen.

Beim Angeklagten Ka* hingegen kam eine (teil‑)bedingte Freiheitsstrafe nicht in Frage. Dieser Angeklagte war nach den Urteilsfeststellungen jener, der die führende Rolle spielte und die beiden anderen Angeklagten verleitete. Er ist einschlägig vorbestraft, wobei er anläßlich dieses Vorstrafverfahrens auch eine - wenn auch nur kurzzeitige - Vorhaft erlitten hatte. Die Wirkungslosigkeit dieser Vorabstrafung verbietet eine auch nur teilbedingte Strafnachsicht.

 

Stichworte