OGH 6Ob36/04v

OGH6Ob36/04v26.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bernhard S*****, vertreten durch Dr. Michael Jöstl, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Peter L*****, vertreten durch Forcher-Mayr & Kantner Rechtsanwältepartnerschaft in Innsbruck, wegen 5.292,09 EUR, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 24. Oktober 2003, GZ 3 R 245/03f-37, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 30. April 2003, GZ 29 C 156/02v-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger die mit 399,74 EUR (darin enthalten 66,62 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger kaufte vom Beklagten um 70.000,-- S (entspricht 5.087,10 EUR) ein Motorrad, dessen tatsächlicher Verkaufswert jedoch nur etwa 1.300,-- EUR. Das Motorrad war zwar mit einer Nummerntafel versehen, aber Jahre vor dem Verkauf abgemeldet worden. Es wies zahlreiche Mängel auf und war nicht verkehrs- und betriebssicher. Eine neuerliche Zulassung zum Verkehr wäre nicht zu erreichen gewesen. Der Kläger begehrte 5.087,10 EUR als Kaufpreisrückforderung und 164,99 EUR aus dem Titel des Schadensatzes für vergebliche Aufwendungen auf das Motorrad, insgesamt somit 5.292,09 EUR, und zwar Zug-um-Zug gegen Ausfolgung des Motorrads. Der Rückabwicklungsanspruch stehe ihm aus dem Titel der Gewährleistung, der Verkürzung über die Hälfte und wegen Irrtums und Arglist zu. Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt das Vorliegen der Voraussetzungen eines Wandlungsanspruchs und sonstiger Vertragsaufhebungsgründe und wendete zu dem ein, das Klagebegehren sei unschlüssig, weil der Kläger kein Rechtsgestaltungsbegehren gestellt habe.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Dem Kläger stehe sowohl der Wandlungsanspruch gemäß § 932 ABGB als auch die Vertragsaufhebung wegen Verkürzung über die Hälfte nach § 934 ABGB zu. Der dem Kläger darüber hinaus entstandene Schaden sei ebenfalls gemäß § 932 ABGB zu ersetzen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage uneinheitlich sei, ob im Leistungsbegehren bereits ein Rechtsgestaltungsbegehren enthalten sei und ein solches daher nicht mehr ausdrücklich in das Klagebegehren aufgenommen werden müsse.

Die Revision des Beklagten ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Beklagten zur Begründung der Unschlüssigkeit des Klagebegehrens angeführte Entscheidung 6 Ob 612/93 steht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass in einem auf Aufhebung des Kaufvertrags gestützten Leistungsbegehren, wenn der Kaufvertrag bereits erfüllt wurde, auch das Begehren auf Rechtsgestaltung

(Vertragsaufhebung) enthalten ist (6 Ob 639/88 = JBl 1989, 241; 8 Ob

677/88 = ecolex 1990, 282; vgl auch SZ 41/94; 4 Ob 629/88 = RZ

1989/43 [119]; 2 Ob 539/94 und 7 Ob 251/02s; Reischauer in Rummel ABGB2 § 933 Rz 1, 13), nicht entgegen. In der zitierten Entscheidung wird diese Frage überhaupt nicht behandelt, sondern bloß in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung (Binder in Schwimann ABGB2 § 934 Rz 16; Apathy in Schwimann ABGB2 § 871 Rz 15; Reischauer aaO) ausgeführt, dass der Anspruch auf Aufhebung des Vertrags wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes im Sinn des § 934 ABGB, vom Fall einer Übereinkunft der Parteien abgesehen, gerichtlich durch Klage oder Einrede geltend gemacht werden muss und dass nicht schon die Erklärung des Verletzten, sondern erst das rechtsgestaltende Urteil des Gerichts den Vertrag aufhebt. Damit bleibt aber offen, ob für die gerichtliche Geltendmachung ein Leistungsbegehren - weil damit implizit auch ein Gestaltungsanspruch erhoben wird - genügt. Die weiters vom Beklagten herangezogene Entscheidung 2 Ob 575/.... ist, soweit dort die zusätzliche Aufnahme eines Rechtsgestaltungsbegehrens in das Klagebegehren gefordert wird, vereinzelt geblieben und betraf zudem einen besonders gelagerten Sachverhalt, weil dort die Unmöglichkeit der Wiederherstellung des vorigen Zustands behauptet wurde, sodass ein Zug-um-Zugbegehren nicht gestellt wurde. Im vorliegenden Fall ist aber ohnehin durch Aufnahme der Zug-um-Zugverpflichtung in das Begehren und das Urteil schon durch den Spruch des Urteils eindeutig klar gestellt, dass die Rückabwicklung des Vertrags nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen hat, und zwar dergestalt, dass kein Teil aus dem Schaden des anderen Nutzen zieht. Die primäre Folge der Aufhebung eines Vertrags nach § 934 ABGB ist der Anspruch des verkürzten auf Wiederherstellung des vorigen Zustands, für den Käufer also die Forderung auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises gegen Rückgabe des Kaufgegenstands. Nichts anderes wurde hier begehrt. Es erübrigt sich daher auch eine grundsätzlich zwecks Klarstellung als zulässig angesehene (SZ 41/94) amtswegige Aufnahme des Ausspruchs in den Urteilsspruch, dass der Kaufvertrag aufgehoben werde. Die gesonderte Entscheidung über den Rechtsgestaltungsanspruch hätte keine über das Verfahren über den Leistungsanspruch hinausgehende Bedeutung (4 Ob 629/88; 2 Ob 539/94). Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits selbst in einer (abändernden) Entscheidung über eine auf § 934 ABGB gestützte Leistungsklage den Spruch entsprechend dem Klagebegehren dahin formuliert, dass der Beklagte Zug-um-Zug gegen Herausgabe des Kaufgegenstands zur (Rück-)Zahlung des Kaufpreises verpflichtet werde (7 Ob 251/02s).

Dagegen, dass die Vorinstanzen das Vorliegen der Voraussetzungen für die Vertragsaufhebung wegen Verkürzung über die Hälfte bejaht haben, wendet sich der Kläger in seiner Revision nicht mehr. Ob das Klagebegehren auch gemäß § 932 ABGB oder gemäß § 871 (§ 874) ABGB berechtigt wäre, ist unerheblich, sodass auf die diesbezüglichen Revisionsausführungen nicht weiter einzugehen ist.

Die Revision ist daher mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die Revisionsbeantwortung war auf Grund ihrer Ausführungen zur Unzulässigkeit der Revision zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig.

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