OGH 7Ob176/04i

OGH7Ob176/04i28.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Parteien Arne W*****, und Silke W*****, beide vertreten durch Wolff, Wolff & Wolff, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die Beklagte und Gegnerin der gefährdeten Partei Christine L*****, vertreten durch Dr. Sieglinde Lindmayr, Dr. Michael Bauer, Dr. Günter Secklehner Rechtsanwalts-OEG in Liezen, wegen EUR 1,036.894,55 sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 19. Mai 2004, GZ 3 R 62/04v-21, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78 EO, § 402 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Bei der im Gesetz nicht geregelten Übergabe auf den Todesfall werden Sachen (hier Sparbücher und Wertpapiere) einem Dritten (hier der Beklagten) mit der widerruflichen Abrede wirklich übergeben, dass sie nach dem Ableben des Übergebers (hier des Erblassers Dkfm Harald W*****) in das Eigentum des Dritten übergehen sollen. In der Streitfrage, ob die Wirksamkeit einer solchen Übergabe auf den Todesfall am Mangel der Einhaltung der fehlenden Notariatsaktsform (§ 1 Abs 1 lit d NZwG) bzw der Form der letztwilligen Verfügung scheitert oder ob die Nichteinhaltung der Formvorschriften im Hinblick auf § 1432 ABGB unschädlich ist, vertritt der Oberste Gerichtshof seit der Entscheidung SZ 56/79 = NZ 1984, 80 in stRsp (SZ 58/116 = JBl 1986, 185 [Pfersmann] = NZ 1986, 183; 1 Ob 2035/96p, EFSlg 81.581; 7 Ob 118/02g, ecolex 2002/304 = EFSlg 120.799 ua) die Auffassung, § 1432 ABGB sei als Konvaleszenzbestimmung auf Fälle der Übergabe auf den Todesfall im Hinblick auf den Zweck der nicht eingehaltenen Formvorschrift unanwendbar (RIS-Justiz RS0019209). Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass der Formzweck letztwilliger Verfügungen, nämlich die Warnfunktion und die Beweisfunktion durch die lebzeitige Übergabe nicht ersetzt werden könne; der Zweck der Übergabe könne nur aus der Erklärung des Übergebers erschlossen werden, diese müsse aber in der vorgeschriebenen Form erfolgen.

Dieser - ua von Apathy, JBl 1976, 409, Koziol/Welser, Bürgerliches Recht12 II 502, Kralik, Erbrecht 171 und Rummel in Rummel3 § 1432 Rz 5 geteilten - gesicherten Rechtsmeinung (vgl RIS-Justiz RS0019171 und RS0019145) ist das Rekursgericht gefolgt. Dass im Schrifttum teilweise auch eine gegenteilige Ansicht (dass die Nichteinhaltung der Formvorschrift also auch bei der Übergabe auf den Todesfall im Hinblick auf §§ 1432 ABGB unschädlich sei) vertreten wurde (s. die Darstellung von Schubert in Rummel3 § 956 Rz 6), hat den Obersten Gerichtshof nicht veranlasst, von seiner Rechtsansicht abzurücken (vgl zuletzt 1 Ob 2035/96p und 7 Ob 118/02g); dies stellt daher entgegen der Ansicht der Beklagten keinen tauglichen Grund für die Zulassung des Revisionsrekurses dar, zumal die Revisionsrekurswerberin dazu keinerlei (neue) Argumente vorbringt. Von ihr wird vielmehr im Wesentlichen nur ins Treffen geführt, sie habe über das betreffende Wertpapierdepot ebenso wie der Erblasser frei verfügen können; insofern unterscheide sich der vorliegende Fall von den vom Obersten Gerichtshof bereits entschiedenen Fällen. Dabei wird von der Revisionsrekurswerberin übersehen, dass ihr damit die Wertpapiere und Sparbücher zwar "wirklich übergeben" wurden, ihr aber nach dem festgestellten ausdrücklichen Willen des Erblassers die betreffenden Werte erst nach seinem Tod zukommen sollten. Da dieser also bis zu seinem Ableben Alleineigentümer blieb, lag eine sich eben nicht wesentlich von den zitierten Fällen unterscheidende - ungültige - Übergabe auf den Todesfall vor, weshalb sich in diesem Zusammenhang eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht stellt.

Eine erhebliche Rechtsfrage vermag die Revisionsrekurswerberin entgegen ihrer Meinung aber auch hinsichtlich des Erfordernisses einer subjektiven Gefährdung iSd § 379 Abs 2 Z 1 EO nicht aufzuzeigen. Für die Annahme der subjektiven Gefährdung nach dieser Gesetzesstelle müssen konkrete Umstände behauptet und bescheinigt werden, die es wahrscheinlich machen, dass durch das Verhalten des Schuldners die Hereinbringung der Forderung eines bestimmten Gläubigers vereitelt oder erheblich erschwert werden würde (Angst/Jakusch/Mohr, EO14 § 379 E 15 mwN). Eine subjektive Gefährdung ist dann gegeben, wenn Eigenschaften und ein Verhalten des Gegners der gefährdeten Partei bescheinigt werden, die diesen in einem Licht zeigen, aus dem sich die hohe Wahrscheinlichkeit der Vornahme von Vereitelungshandlungen ableiten lässt (ZBl 1932/189; EvBl 1968, 577/363; EvBl 1971, 185/112; 9 Ob 193/99v, EFSlg 91.218; RIS-Justiz RS0005379). Nicht notwendig ist es, dass der Gläubiger ein vorsätzliches Handeln des Schuldners und dessen Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln oder zu erschweren, bescheinigt. Es genügt vielmehr die Bescheinigung einer Vermögensverschiebung, die eine solche Wirkung auf die Befriedigung des Gläubigers hat (ZBl 1920/71; SZ 8/338; EvBl 1968, 577/363; RIS-Justiz RS0005417 [T 1]).

Die Bejahung einer subjektiven Gefährdung des gegenständlichen Anspruches der Kläger durch die Vorinstanzen steht mit diesen Grundsätzen im Einklang. Der Einwand der Revisionsrekurswerberin, indem sie die Sparbücher und Wertpapiere auf ein anderes Depot transferiert habe, habe sie bloß ein sich aus dem Wertpapierdepotkontovertrag ergebendes Recht ausgeübt und sei, um ihre Rechte zu wahren, gezwungen gewesen, Verfügungen der klägerischen Erben zuvorzukommen, verdeutlicht nur das Gefährdungspotential ihres Vorgehens. Sie bestreitet ja gar nicht (mehr), dass mangels der nach § 956 zweiter Satz ABGB erforderlichen ausdrücklichen Erklärung des Geschenkgebers, auf den freien Widerruf der Schenkung zu verzichten und wegen der fehlenden Notariatsaktsform weder ein gültiger Schenkungsvertrag auf den Todesfall für sie in Betracht kommt, noch eine formgültige oder zwar formungültige, aber "geheilte" Vermächtnisanordnung und mangels eines entsprechenden Schenkungswillens des Erblassers auch keine Schenkung unter Lebenden zu ihren Gunsten vorliegt. Mangels eines eigenen entsprechenden Erwerbstitels war und ist die Beklagte demnach ohne tauglichen Rechtsgrund und den - im vorliegenden Provisorialverfahren bescheinigten - Anspruch der Kläger gefährdend bestrebt, im Besitz der betreffenden Wertpapiere und Sparbücher zu verbleiben.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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