OGH 1Ob2035/96p

OGH1Ob2035/96p4.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei Martine S*****, vertreten durch Dr.Josef Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte und widerklagende Partei Elfriede B*****, vertreten durch Dr.Peter Philipp, Rechtsanwalt in Wien, wegen 269.137,41 S und 124.919,84 S je sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 24.Jänner 1996, GZ 17 R 301/95-23, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden und widerbeklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Bei der im Gesetz nicht geregelten Übergabe auf den Todesfall werden Sachen (hier Sparbücher) einem Dritten (hier der nicht erbberechtigten Klägerin) mit der widerruflichen Abrede wirklich übergeben, daß sie nach dem Ableben des Übergebers (hier der Erblasserin) in das Eigentum des Dritten übergehen sollen. In der Streitfrage, ob die Wirksamkeit einer solchen Übergabe auf den Todesfall am Mangel der Einhaltung der fehlenden Notariatsaktsform (§ 1 Abs 1 lit d NotZwG) bzw der Form der letztwilligen Verfügung scheitert oder ob die Nichteinhaltung der Formvorschriften im Hinblick auf § 1432 ABGB unschädlich ist (vgl die Nachweise bei Schubert in Rummel 2, § 956 ABGB Rz 6), vertritt der Oberste Gerichtshof seit der E SZ 56/79 (folgend SZ 58/116 = JBl 1986, 185 [Pfersmann] ua; zuletzt 8 Ob 609/87) - abweichend von früherer Rspr, einschließlich der im Rechtsmittel zitierten E EvBl 1965/126, wonach die Übergabe auf den Todesfall als vorweg erfülltes Vermächtnis angesehen wurde - die Auffassung, § 1432 ABGB sei als Konvaleszenzbestimmung auf Fälle der Übergabe auf den Todesfall im Hinblick auf den Zweck der nicht eingehaltenen Formvorschrift unanwendbar. Durch die Übergabe der vermachten Sache würden nämlich nicht sämtliche mit der für letztwillige Anordnungen vorgesehenen Formen verfolgten Zwecke erreicht.

Hier steht der Annahme eines gültigen Schenkungsvertrags unter Lebenden mit wirklicher Übergabe die Feststellung entgegen, daß die Erblasserin ihre Sparbücher der Klägerin ausdrücklich für den Fall ihres Ablebens übergab und sich ihrer nicht schon vorher begeben wollte. Ein gültiger Schenkungsvertrag auf den Todesfall scheitert schon am Fehlen der nach § 956 zweiter Satz ABGB erforderlichen ausdrücklichen Erklärung der Geschenkgeberin, auf den freien Widerruf der Schenkung zu verzichten (JBl 1991, 244; SZ 57/118, SZ 57/91 ua), sodaß auf die Frage der fehlenden Notariatsaktsform (SZ 57/118 ua) nicht eingegangen werden muß. Es liegt aber auch weder eine formgültige noch eine zwar formungültige, aber „geheilte“ Vermächtnisanordnung (SZ 58/116, SZ 56/79 ua; zuletzt 8 Ob 609/87) noch ein Auftrag auf den Todesfall (zuletzt JBl 1991, 244) vor. Die Klägerin hat demnach keinen Rechtstitel zum Erwerb der ihr von der Erblasserin übergebenen Sparbücher gegenüber der nun beklagten Nacherbin.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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