OGH 7Ob175/04t

OGH7Ob175/04t28.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragsteller 1. Dr. Bernd E*****, 2. Dr. Hildegard E*****, 3. Dr. Reinhard B*****, 4. Dkfm. Dr. Gert B*****, alle vertreten durch Dr. Christian Kleinszig ua, Rechtsanwälte in St. Veit/Glan, wider die Antragsgegnerin Österreichische B*****, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, wegen Einräumung eines Notweges (Streitwert: EUR 7.267,28) über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 3. Dezember 2003, GZ 3 R 324/03m-57, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 22. August 2003, GZ 26 Nc 3/00f-53, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller sind schuldig, der Antragsgegnerin die mit EUR 499,39 bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof ist bei Prüfung der Zulässigkeit eines Revisionsrekurses an die Beurteilung des Gerichtes zweiter Instanz über das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nicht gebunden (§ 16 Abs 3 AußStrG). Die Begründung kann sich in einem solchen Fall gemäß § 510 Abs 3 ZPO (iVm § 16 Abs 4 AußStrG) auf die Ausführungen der Zurückweisungsgründe beschränken.

Die Bestimmungen des Notwegegesetzes sind einschränkend auszulegen. Der in der früheren Rechtsprechung mehrfach ausgesprochene, von den Antragstellern geltendgemachte Rechtssatz, dass der Ankauf eines Grundstücks ohne Verbindung zum öffentlichen Wegenetz noch keine auffallende Sorglosigkeit iSd § 2 NWG begründe, entspricht in dieser Allgemeinheit nicht mehr dem Stand der Judikatur. Die Frage, ob der Mangel der Wegverbindung auf eine auffallende Sorglosigkeit zurückgeht, ist vielmehr stets nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Daher kann nach den konkreten Umständen bereits der Ankauf eines Grundstückes ohne notwendige Wegverbindung mit dem öffentlichen Wegenetz eine auffallende Sorglosigkeit begründen, die gemäß § 2 Abs 1 NWG dem Begehren auf Einräumung eines Notweges entgegensteht (2 Ob 229/00s = bbl 2001/15 mwN; zuletzt: 5 Ob 1/04i).

Die Beurteilung der Vorinstanzen, der Käufer einer Liegenschaft handle auffallend sorglos, wenn er den Mangel der Wegverbindung (mit dem öffentlichen Wegenetz) gekannt und sich damit abgefunden hat, entspricht diesen - auch vom erkennenden Senat vertretenen - Grundsätzen (7 Ob 208/02t); wobei gerade die Entscheidung 3 Ob 183/03p zu diesem Entscheidungskriterium die Maßgeblichkeit der jeweiligen Umstände des Einzelfalls hervorhebt (5 Ob 1/04i).

Demgegenüber wird die vom Rekursgericht beschlossene Abänderung des Ausspruches über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses damit begründet, dass die im Rechtsmittel bzw im - erfolgreichen - Antrag gemäß § 14a AußStrG zitierten Entscheidungen 3 Ob 183/03p und 7 Ob 208/02t (betreffend die auffallende Sorglosigkeit iSd § 2 Abs 1 NWG) "eine Auslegung nach beiden Richtungen" zuließen, und dass ein vergleichbarer Sachverhalt wie der hier gegenständliche, "wonach ein Wegbedarf (seinem Umfang nach) eines Grundstückes, für das ursprünglich eine Zufahrt mit zweispurigen Fahrzeugen nicht erforderlich war, nachträglich durch Willensentschluss des Eigentümer, aber auch durch im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Änderungen eigetretenem zeitgemäßem Bedarf eingetreten ist", - soweit überblickbar - vom Höchstgericht noch nicht entschieden worden sei.

Dabei verkennt das Gericht zweiter Instanz aber schon grundsätzlich den (selbst von den Rechtsmittelwerbern in ihren zT aktenwidrigen bzw dem Neuerungsverbot widersprechenden Ausführungen [vgl Seite 2 f der Revisionsrekursbeantwortung] aufgezeigten) Umstand, dass die Frage, ob der Antrag auf Einräumung eines Notweges wegen auffallender Sorglosigkeit unzulässig ist, schon infolge der bereits oben dargestellten Einzelfallbezogenheit keine erhebliche Rechtsfrage ist (stRsp; RIS-Justiz RS0071136; zuletzt: 5 Ob 1/04i mwN). Auch der konkrete Fall eignet sich nämlich nicht für eine die Rechtsentwicklung vorantreibende Leitentscheidung und eine aus Gründen der Rechtssicherheit wahrzunehmende grobe Fehlbeurteilung des Rekursgerichtes ist nicht zu erkennen:

Entgegen den - aktenwidrigen - Ausführungen der Rechtsmittelwerber steht nämlich keineswegs fest, dass sie sich darauf verlassen durften, "auch mit Fahrzeugen zu ihrer Liegenschaft zufahren zu dürfen"; aus den vom Rekursgericht übernommenen erstgerichtlichen Feststellungen geht vielmehr eindeutig hervor, sämtliche Antragsteller seien beim Erwerb der jeweiligen Grundstücke davon ausgegangen, "dass keine Berechtigung zur Benützung der streitgegenständlichen Wegfläche als Zufahrt mit mehrspurigen Fahrzeugen bestehe" (Seite 15 des erstgerichtlichen Beschlusses).

Mangels erheblicher, für die Entscheidung des Verfahrens relevanter Rechtsfragen iSd § 14 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs daher zurückzuweisen.

Da die Antragsgegnerin in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels (mangels Vorliegens einer unvertretbaren Auslegung [vgl 3 Ob 183/03p: "gravierende Fehlbeurteilung"]) hingewiesen hat, standen ihr die dafür verzeichneten Kosten zu (2 Ob 64/00a).

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