OGH 10ObS20/04w

OGH10ObS20/04w27.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Hon. Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Carl Hennrich (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Gerhard Loibl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Elfriede H*****, Pensionistin, *****, vertreten durch Brandstetter Pritz & Partner Rechtsanwälte KEG in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vor dem Obersten Gerichtshof nicht vertreten, wegen Alterspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 11. Juli 2003, GZ 7 Rs 18/03y-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 21. September 2002, GZ 6 Cgs 230/01g-8, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Mit Bescheid vom 28. 4. 1997 hat die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten den Anspruch der am 18. 6. 1941 geborenen Klägerin auf Gleitpension ab 1. 1. 1997 anerkannt und die Höhe der Pension mit 15.547,40 ATS monatlich brutto ermittelt, dies aufgrund folgender Berechnung:

(1) Versicherungsmonate:

- in Österreich nach dem ASVG 347

- für Kindererziehung 63 Versicherungsmonate, wovon sich 4 mit

anderen Versicherungsmonaten überlagern, daher verbleiben

59

- nach dem GSVG 60

466

(2) Bemessungsgrundlagen nach dem ASVG

(in Schilling)

- BGl gemäß § 238 ASVG 33.980

- BG2 gemäß § 239 ASVG für Kindererziehung (KEZ)

6.252

(3) Ermittlung der Pension (§ 261 ASVG)

- Steigerungsbetrag für 407 VM: 63,510 % der BGl

21.580,70

- Steigerungsbetrag für 59 VM: 9,436 % der

BG2 589,90

- Steigerungsbetrag für 4 VM: 0,639 % der

BG2 40,00

Gesamtpension 22.210,60

Als Teilpension gebührten gemäß § 253c

ASVG 70 %, das sind 15.547,40

Nachdem die Klägerin das Anfallsalter für die Alterspension erreicht hatte, hat die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten mit Bescheid vom 2. 8. 2001 ausgesprochen, dass die Gleitpension ab 1. 7. 2001 als Alterspension gebühre und 23.975 ATS (= 1.742,33 EUR) brutto betrage. Die Berechnung wurde von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten folgendermaßen vorgenommen:

Bemessungsgrundlagen nach dem ASVG (in Schilling)

- BG1 gemäß § 238 ASVG 35.223

- BG2 gemäß § 239 ASVG für Kindererziehung (KEZ)

6.521

Ermittlung der Pension (§ 261 ASVG)

- Steigerungsbetrag1: 63,510 % der BGl

22.370,10

- Steigerungsbetrag2: 9,436 % der BG2 615,30

- Steigerungsbetrag3: 0,639 % der BG2 41,70

Gesamtsteigerungsbetrag 23.027,10

Erhöhung laut § 261b ASVG für 54 Monate

(x 1,041153) 23.975,00

Die Klägerin begehrt die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr ab 1. 7. 2001 eine Alterspension im gesetzlichen Ausmaß, mindestens in Höhe von 24.707 ATS (= 1.795,53 EUR) zu gewähren. Die Berechnung der Pension sei unrichtig. Weil der Stichtag der Gleitpension vor dem 1. 1. 1998 liege, habe die Berechnung der Alterspension zum 1. 7. 2001 nach § 261b ASVG in der am 31. 12. 1997 geltenden Fassung zu erfolgen (§ 572 Abs 14 ASVG). Korrekt sei die Rechnung der beklagten Partei betreffend den den Hundertsatz des Steigerungsbetrages erhöhenden Faktors (§ 261b Abs 3 ASVG in der am 31. 12. 1997 geltenden Fassung). Dieser Faktor betrage 1,041153. Die beklagte Partei habe aber den neuen (erhöhten) Steigerungsbetrag von 75,948 nicht - wie es § 261b Abs 4 ASVG in der am 31. 12. 1997 geltenden Fassung vorschreibe - auf eine Gesamtbemessungsgrundlage angewandt. Die Gesamtbemessungsgrundlage sei wie folgt zu berechnen:

457 Versicherungsmonate (davon 54 während des Bezugs der Gleitpension erworbene) mit Ausnahme der Ersatzmonate für Zeiten der Kindererziehung; 59 "blanke" Kindererziehungsmonate; 4 deckende Kindererziehungsmonate.

35.223

- Beitragsgrundlage für Zeiten der Kindererziehung

8.437

Daraus ergebe sich folgende Rechnung:

457 x 35.223 16,096.911

59 x 8.437 497.783

4 x 43.660 174.640

520 16,769.334

16,769.334 : 520 = 32.249 (Gesamtbemessungsgrundlage)

Der Steigerungsbetrag sei folgendermaßen zu ermitteln:

62,875 %

- 59 "blanke" Kindererziehungsmonate 9,342 %

Steigerungsbetrag daher 72,217 %

Dieser Steigerungsbetrag sei, da die Gleitpension von der Klägerin sechs Monate nach dem Anfallsalter für die vorzeitige Alterspension in Anspruch genommen worden sei, um den Faktor 1,010101 zu erhöhen; dies ergebe einen Prozentsatz von 72,964. Bis hierher erfolge die Berechnung gemäß § 261 ASVG in der am 31. 8. 1996 geltenden Fassung und in Übereinstimmung mit der Berechnung der beklagten Partei. Der so ermittelte Steigerungsbetrag sei gemäß § 261b ASVG um den Faktor 1,041153 auf 75,948 % der Bemessungsgrundlage zu erhöhen, sodass sich der Pensionsanspruch mit

32.249 x 75,948 % = 24.492,50 ATS (= 1.779,94 EUR) errechne. Für den Fall, dass die Bemessungsgrundlage für Ersatzzeiten der Kindererziehung 6.521 ATS betrage (wie die beklagte Partei angenommen habe), habe die Gesamtbemessungsgrundlage eine Höhe von 32.032 ATS und die Pension eine Höhe von 24.327,70 ATS (= 1.767,96 EUR). Der zentrale Unterschied zu der von der beklagten Partei im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht liege in der Frage, ob und wie eine Gesamtbemessungsgrundlage zu ermitteln sei. Entgegen dem klaren Wortlaut des § 572 Abs 14 ASVG habe die beklagte Partei nicht § 261b ASVG in der am 31. 12. 1997, sondern in der am 31. 8. 1996 geltenden Fassung zur Anwendung gebracht, indem sie bei der Berechnung der Alterspension keine Gesamtbemessungsgrundlage ermittelt habe. Entsprechend dem ausdrücklichen Gesetzesbefehl des § 261b Abs 4 ASVG in der am 31. 12. 1997 geltenden Fassung sei die Gesamtbemessungsgrundlage zum Monatsersten zu bilden, der auf die Erreichung des Anfallsalters für die Alterspension folge. Dieser Tag trete für die Berechnung der Gesamtbemessungsgrundlage an die Stelle des Stichtags, wie sich aus dem Zusammenhalt der §§ 238 und 240 ASVG ergebe.

Die beklagte Partei beantragt Klageabweisung und wendet ein, dass die Berechnung im angefochtenen Bescheid richtig sei. Die Erhöhung der Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten auf den Richtsatz für Alleinstehende sei erst mit der 54. ASVG-Novelle mit Wirksamkeit ab 1. 1. 2000 und somit nach dem Stichtag 1. 1. 1997 erfolgt. Aus diesem Grund sei die Bemessungsgrundlage für Kindererziehungszeiten weiterhin mit dem zum Stichtag geltenden Betrag unter Berücksichtigung der jährlichen Aufwertung anzusetzen, weil der 1. 7. 2001 keinen neuen Stichtag darstelle. Weiters sei der Berechnung der klagenden Partei entgegen zu halten, dass sie die nach dem Stichtag für die Gleitpension erworbenen Monate wie übrige Versicherungsmonate behandle, was eindeutig dem § 261b ASVG aF widerspreche, auf dessen Grundlage Monate, die während des Bezugs einer Gleitpension erworben worden seien, geringer bewertet würden, weil in dieser Zeit bereits eine Leistung aus der Pensionsversicherung bezogen worden sei. Insgesamt sei die Berechnung zum Stichtag 1. 1. 1997 heranzuziehen, wobei die Steigerungsbeträge 1 : 1 zu übernehmen seien, während die Bemessungsgrundlage neu zu erstellen sei.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen. Die von der beklagten Partei vorgenommene Pensionsberechnung entspreche der Rechtslage; der Klägerin stehe dementsprechend eine monatliche Pension von 1.742,33 EUR zu.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit der Maßgabe, dass es die Höhe der Alterspension bescheidgemäß mit 23.875 ATS = 1.742,33 EUR brutto monatlich feststellte und das auf Zuerkennung einer höheren Pension gerichtete Mehrbegehren abwies. Nach allgemeinen Ausführungen zur Entwicklung der Anrechnung von Kindererziehungszeiten im österreichischen Sozialversicherungsrecht ab der 51. ASVG-Novelle und der Wiedergabe von zwei Gesetzestexten (§ 261b ASVG in der bis 31. 12. 1997 geltenden Fassung; § 572 ASVG in der von 12. 1. 2000 bis 31. 7. 2001 geltenden Fassung) führte es in seiner rechtlichen Beurteilung nur mehr aus:

"Ausgehend nunmehr von dem für die Klägerin geltenden Stichtag vor dem 1. 1. 1998 und dem danach geltenden Erhöhungsfaktor ist aber dennoch auslegungsmäßig klar, dass - wie das Erstgericht im Ergebnis dargelegt hat - zwar der alte Stichtag anzuwenden ist, aber eine neue Bemessungsgrundlage unter Berücksichtigung der Gesamtbemessungsgrundlage zu bilden ist.

Die Berechnung der beklagten Partei erweist sich sohin im Ergebnis als richtig. Allerdings war der Klägerin die Leistung, welche dem - durch die Klage zur Gänze außer Kraft getretenen - Bescheid entspricht, neuerlich im Rahmen der Maßgabebestätigung zuzuerkennen. Die Revision war zuzulassen, weil - soweit überblickbar, wenn auch zur Frage der Kindererziehungszeiten von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht abgewichen wird - zu dieser von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfrage noch keine Judikatur existiert und diesbezüglich eine Rechtsfrage von reversibler Qualität vorliegt."

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im klagsstattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig; sie ist auch im Sinne einer Aufhebung der angefochtenen Entscheidung berechtigt.

In der Revision macht die Klägerin geltend, dass § 572 Abs 14 ASVG - schon aus verfassungsrechtlichen Gründen - wörtlich zu verstehen sei. Demnach sei auf Bezieher einer Gleitpension mit dem Stichtag vor dem 1. 1. 1998 § 261b ASVG in der am 31. 12. 1997 geltenden Fassung weiter anzuwenden. Nach dieser Bestimmung sei der nach Abs 3 erhöhte Hundertsatz des Steigerungsbetrages gemäß Abs 4 auf die Gesamtbemessungsgrundlage anzuwenden. Demgegenüber habe das Berufungsgericht § 261b ASVG nicht in der Fassung vom 31. 12. 1997, sondern in der Fassung vom 31. 8. 1996 angewendet und - entgegen dem klaren Wortlaut des § 572 Abs 14 ASVG - keine Gesamtbemessungsgrundlage gebildet.

Dazu hat der Senat erwogen:

Bei der Pensionsbemessung unterscheidet der Gesetzgeber zwischen Steigerungspunkten und Steigerungsbetrag. Für jedes anrechenbare Versicherungsjahr erwirbt der Versicherte Steigerungspunkte (§ 261 Abs 2 ASVG). Die Summe aller Steigerungspunkte ergibt den Steigerungsbetrag, also den von der Dauer des Versicherungsverhältnisses abhängigen Prozentsatz der Bemessungsgrundlage (= Pensionshöhe). Dementsprechend normiert § 261 Abs 1 Satz 2 ASVG seit dem Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996: "Der Steigerungsbetrag ist ein Prozentsatz der Gesamtbemessungsgrundlage." (Bis zum Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996 hatte § 261 Abs 1 Satz 2 ASVG gelautet: "Der Steigerungsbetrag ist ein Hundertsatz der Bemessungsgrundlage.")

Unter gewissen Bedingungen werden Steigerungspunkte abgezogen oder zusätzliche Steigerungspunkte gewährt. So wird der Steigerungsbetrag erhöht, wenn schon eine Teilpension bezogen und die daneben ausgeübten Erwerbstätigkeit später aufgegeben wird. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass solche Pensionisten weiterhin Beiträge geleistet haben (§ 261b ASVG).

In diese Gruppe fällt auch die Klägerin, die eine Gleitpension in Anspruch genommen hat. Bei der Gleitpension handelt es sich um eine mit der 51. ASVG-Novelle (SRÄG 1993, BGBl 1993/335) eingeführte Variante der Alterspension, die den Bezug einer verringerten Alterspension (Teilpension) bei gleichzeitiger Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit in reduziertem Ausmaß ermöglichte. Mit Erreichung des Alterspensionsalters war die Höhe der Pension (nunmehr als Alterspension) neu festzustellen, weil ein nach § 261b Abs 3 und 4 ASVG zu berechnender erhöhter Steigerungsbetrag gebührte.

§ 261b Abs 4 ASVG hatte in der Fassung der 51. ASVG-Novelle (SRÄG 1993, BGBl 1993/335) folgenden Wortlaut: "Der erhöhte Steigerungsbetrag ist der Hundertsatz gemäß Abs 3 der zum auf den Zeitpunkt der Einstellung der Erwerbstätigkeit folgenden Monatsersten zu ermittelnden Bemessungsgrundlage."

Mit der 52. ASVG-Novelle (BGBl 1994/20) wurde § 261b Abs 4 ASVG novelliert und erhielt folgende Fassung: "Der erhöhte Steigerungsbetrag ist der Hundertsatz gemäß Abs 3 der zum auf den Zeitpunkt der Einstellung der Erwerbstätigkeit oder des Erreichens des Anfallsalters für die Alterspension gemäß § 253 Abs 1 folgenden Monatsersten zu ermittelnden Bemessungsgrundlage. Er darf den jeweiligen zu erhöhenden Steigerungsbetrag nicht unterschreiten. Er darf überdies 80 vH der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage (§§ 238 Abs 1, 239 Abs 1, 241) nicht übersteigen."

In den Gesetzesmaterialien zur 52. ASVG-Novelle (RV 1375 BlgNR 18. GP) wird diese Novellierung damit begründet, dass es im Zusammenhang mit der neuen Art der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten durch die 51. ASVG-Novelle nicht mehr nur eine Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Höhe einer Pension gibt. Je nachdem, ob Zeiten der Kindererziehung mit anderen Zeiten zusammenfallen, oder ausschließlich Kindererziehungszeiten bzw. Beschäftigungszeiten vorliegen, sind den Prozentsätzen für den Steigerungsbetrag verschieden hohe Bemessungsgrundlagen zuzuordnen. "Die Berechnungsvorschriften sind zwar vom Standpunkt der Legistik richtig formuliert, lassen jedoch mehrere Interpretationen bei der Berechnung zu (in der Sprache der Mathematik: nicht hinreichend genau definiert). Diese hinreichend genaue Definition wird durch die vorliegenden Änderungsvorschläge erreicht."

Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl 1996/201, erhielt § 261b ASVG ab 1. 9. 1996 unter der Überschrift "Erhöhung von Leistungen aus dem Versicherungsfall des Alters bei Inanspruchnahme einer Teilpension bzw. bei Wegfall der Pension" folgenden Wortlaut, der bis zum 31. 12. 1997 in Geltung stand:

"(1) Wird in den Fällen der §§ 253 Abs 2 und 253c, in denen eine Teilpension gewährt wurde, die neben dem Pensionsbezug ausgeübte Erwerbstätigkeit eingestellt, und verzichtet der (die) Versicherte in den Fällen des § 253c auf die Gleitpension, oder vollendet der (die) Versicherte in den Fällen des § 253c das 65. Lebensjahr (das 60. Lebensjahr), so gebührt dem (der) Versicherten ein erhöhter Steigerungsbetrag, der gemäß Abs 3 und 4 zu berechnen ist.

(2) In den Fällen der §§ 253a, 253b und 253d, in denen die Pension wegen einer Erwerbstätigkeit weggefallen ist, gebührt dem (der) Versicherten ab dem Erreichen des Anfallsalters für die Alterspension gemäß § 252 Abs 1 ein erhöhter Steigerungsbetrag, der gemäß Abs 5 und 6 zu berechnen ist.

(3) Der Hundertsatz des Steigerungsbetrages der Pension, von der die Teilpension berechnet wurde, ist für je zwölf Kalendermonate der Inanspruchnahme der Teilpension bei einer Teilpension von 70 vH und mehr mit dem Faktor 1,009, bei einer Teilpension von 50 vH mit dem Faktor 1,015 zu vervielfachen. Der Wegfall der Teilpension gemäß § 253c Abs 5 und 6 ist dabei einer Teilpension von 50 vH gleichzuhalten. Ein Rest von weniger als zwölf Monaten wird in der Weise berücksichtigt, dass für jeden restlichen Monat ein Zwölftel des um 1 verminderten Faktors zu errechnen und die Summe dieser Beträge aus den restlichen Monaten um 1 erhöht wird. Der sich ergebende Faktor ist auf fünf Dezimalstellen zu runden.

(4) Der erhöhte Steigerungsbetrag ist der Hundertsatz gemäß Abs 3 der zum auf den Zeitpunkt der Einstellung der Erwerbstätigkeit oder des Erreichens des Anfallsalters für die Alterspension gemäß § 253 Abs 1 folgenden Monatsersten zu ermittelnden Gesamtbemessungsgrundlage. Er darf den jeweiligen zu erhöhenden Steigerungsbetrag nicht unterschreiten. Er darf überdies 80 vH der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage (§§ 238 Abs 1, 239 Abs 1, 241) nicht übersteigen.

(5) Der Hundertsatz des Steigerungsbetrages der Pension ist für je zwölf Kalendermonate des Wegfalls der Pension, in denen eine Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz, dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz dem Sozialversicherungsgesetz der freiberuflich selbständig Erwerbstätigen oder dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz bestanden hat, mit dem Faktor 1,015 zu vervielfachen. Abs 3 dritter und vierter Satz sind anzuwenden.

(6) Der erhöhte Steigerungsbetrag ist der Hundertsatz gemäß Abs 5 der zum auf die Vollendung des 65. Lebensjahres bei männlichen Versicherten, auf die Vollendung des 60. Lebensjahres bei weiblichen Versicherten folgenden Monatsersten zu ermittelnden Gesamtbemessungsgrundlage. Er darf den jeweiligen zu erhöhenden Steigerungsbetrag nicht unterschreiten. Er darf überdies 80 vH der höchsten zur Anwendung kommenden Bemessungsgrundlage (§§ 238 Abs 1, 239 Abs 1, 241) nicht übersteigen."

Die Änderung des § 261b Abs 4 ASVG ist im Zusammenhang mit der Bildung einer Gesamtbemessungsgrundlage für die Berechnung der Pensionshöhe zu sehen. Nach § 261 ASVG idF des Strukturanpassungsgesetzes 1996 ist für die Berechnung des Steigerungsbetrages (= Pensionhöhe) eine Gesamtbemessungsgrundlage zu bilden. Dabei handelt es sich um die Summe der Bemessungsgrundlagen aller für das Ausmaß der Pension zu berücksichtigenden Versicherungsmonate, geteilt durch die Anzahl dieser Versicherungsmonate (§ 240 ASVG). Diese Gesamtbemessungsgrundlage ist mit einem bestimmten Steigerungsprozentsatz für je 12 Versicherungsmonate - 1,830 für die ersten 360 Versicherungsmonate, 1,675 ab dem 361. Versicherungsmonat - zu multiplizieren (siehe eingehend Choholka/Juch/Rudda/Souhrada/Sulzbacher, Strukturanpassungsgesetz 1996 - Änderungen im Sozialversicherungsrecht, SozSi 1996, 471 [479 f]). Für Zeiten der Kindererziehung wurde ein Steigerungsprozentsatz von 1,83 für je 12 Versicherungsmonate festgelegt; die Senkung des Steigungsbetrages von 1,9 auf 1,83 wurde durch eine Anhebung der Bemessungsgrundlage für Kindererziehung auf monatlich 6.500 ATS kompensiert. Mit der im ASRÄG 1997, BGBl I 1997/139, enthaltenen 54. ASVG-Novelle wurden unter anderem die Bestimmungen über die Gleitpension geändert, um die Zugangsvoraussetzungen zur Gleitpension zu erleichtern und damit potenzielle Pensionswerber noch einige Jahre in einer (Teilzeit-)Beschäftigung zu halten und damit den Übertritt in die Vollpension auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Gleichzeitig wurde das Ausmaß der Gleitpension vom Gesamteinkommen abhängig gemacht (RV 886 BlgNR 20. GP; Gleitsmann, Änderungen im Leistungsrecht der Pensionsversicherung durch das ASRÄG 1997, ASoK 1998, 17). Die Neuregelung - unter anderem wurden die §§ 253c und 261b ASVG novelliert - trat mit 1. 1. 1998 in Kraft (§ 572 Abs 1 Z 1 ASVG). Auf Bezieher einer Gleitpension mit Stichtag vor dem 1. Jänner 1998 waren die §§ 253a Abs 2 Z 1 und Abs 5, 253c, 261b, 276a Abs 2 Z 1 und Abs 5, 276c und 284b in der am 31. Dezember 1997 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden (§ 572 Abs 14 ASVG idF 54. ASVG-Novelle, BGBl I 1997/139).

Zur Vermeidung von Härtefällen bei dieser mit 1. 1. 1998 eingeführten neuen Gleitpension wurde schließlich im Übergangsrecht der 55. ASVG-Novelle, BGBl I 1998/138 (§ 575 Abs 14 ASVG), noch vorgesehen, dass für Personen, deren Gleitpension einen nach dem 31. Dezember 1997 und vor dem 1. August 1998 liegenden Stichtag aufweist, weiterhin die "alten" Bestimmungen (vom 31. 12. 1997) Anwendung finden, wenn dies beantragt wird (Ivansits, 55. Novelle zum Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, DRdA 1998, 372 [374]). Bei der Klägerin liegt der Stichtag am 1. 1. 1997; ab diesem Zeitpunkt bezog sie eine Teilpension von 70 vH. Im Hinblick auf diesen Stichtag ist auf sie § 572 Abs 14 ASVG anzuwenden, der lautet:

"Auf Bezieher einer Gleitpension bzw. Knappschaftsgleitpension mit Stichtag vor dem 1. Jänner 1998 sind die §§ 253a Abs 2 Z 1 und Abs 5, 253c, 261b, 276a Abs 2 Z 1 und Abs 5, 276c und 284b in der am 31. 12. 1997 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden."

Es wurde bereits erwähnt, dass § 261b Abs 4 ASVG zum 31. 12. 1997 folgende Fassung hatte:

"(4) Der erhöhte Steigerungsbetrag ist der Hundertsatz gemäß Abs 3 der zum auf den Zeitpunkt der Einstellung der Erwerbstätigkeit oder des Erreichens des Anfallsalters für die Alterspension gemäß § 253 Abs 1 folgenden Monatsersten zu ermittelnden Gesamtbemessungsgrundlage."

Die dargestellten Fassungen des § 261b Abs 4 von der 51. ASVG-Novelle bis zum Strukturanpassungsgesetz 1996 zeigen mit Klarheit, dass zu dem auf den Zeitpunkt des Erreichens des Anfallsalters für die Alterspension folgenden Monatsersten die Bemessungsgrundlage neu zu ermitteln ist. Von § 238 Abs 1 ASVG, der alternativ auf den Stichtag oder den Bemessungszeitpunkt nach § 261b abstellt, wird dies bestätigt. In bestimmten Konstellationen könnte es dadurch auch zu einer Verringerung der Bemessungsgrundlage kommen (vgl Teschner/Widlar, ASVG 87. ErgLfg 1360 f).

Auf die Neuermittlung der Bemessungsgrundlage wurde von der beklagten Partei im angefochtenen Bescheid vom 2. 8. 2001 grundsätzlich auch Bedacht genommen; allerdings hat sie keine Gesamtbemessungsgrundlage gemäß § 240 ASVG gebildet, die seit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 als maßgeblich in § 261b Abs 4 ASVG angeführt ist.

Für die Monate der Pflichtversicherung ist die Bemessungsgrundlage von 35.223 ATS zum 1. 7. 2001 nicht strittig. Für die Zeiten der Kindererziehung ist die Bemessungsgrundlage - im Hinblick auf das Erfordernis der Neuermittlung der Bemessungsgrundlage - nach § 239 Abs 1 und 3 ASVG in der zum 1. 7. 2001 geltenden Fassung nach dem ASRÄG 1997, BGBl I 1997/139, zu ermitteln ("(1) Bemessungsgrundlage für Zeiten der Kindererziehung ist der Richtsatz gemäß § 293 Abs 1 lit a bb"). Würde das von der beklagten Partei als maßgeblich angesehene Datum 1. 1. 1997 herangezogen, würde nicht entsprechend auf die notwendige Neubildung einer Bemessungsgrundlage Bedacht genommen.

Wie sich aus § 261b Abs 3 ASVG in der hier anzuwendenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996, BGBl 1996/201, ergibt, ist der Hundertsatz des Steigerungsbetrages der Pension (iSv "derjenigen" Pension) von der die Teilpension berechnet wurde, für je 12 Kalendermonate mit einem bestimmten Faktor zu vervielfachen. Mit anderen Worten ist von dem seinerzeit bei der Ermittlung der Pension im Jahr 1997 herangezogenen Steigerungsprozentsatz auszugehen, was auch deshalb notwendig ist, weil der Erwerb von weiteren Versicherungsmonaten in Form der Anwendung eines Vervielfachungsfaktors abgegolten wird (und nicht durch eine Neuberechnung der Steigerungsprozentsätze unter Einbeziehung der weiteren, während des Bezugs der Teilpension erworbenen Versicherungszeiten).

Insgesamt betrachtet gehen § 261b Abs 3 und 4 ASVG in der zum 31. 12. 1997 geltenden Fassung davon aus, dass - im Fall der am 18. 6. 1941 geborenen Klägerin - zum 1. 7. 2001 die Gesamtbemessungsgrundlage in der Form neu zu ermitteln ist, dass die Bemessungsgrundlagen einerseits gemäß § 238 ASVG und andererseits gemäß § 239 ASVG (jeweils in der zum 1. 7. 2001 geltenden Fassung) neu festgestellt und zusammengerechnet werden. Darauf ist der mit dem Vervielfachungsfaktor erhöhte Steigerungsbetrag anzuwenden, der der seinerzeitigen Pensionsberechnung im Jahre 1997 zugrunde lag. Im Fall der Klägerin, die während des Bezugs einer Teilpension von 70 vH 54 Versicherungsmonate erworben hat, beträgt der Vervielfachungsfaktor unstrittig 1,041153.

Probleme bereitet der zweite Schritt im vorliegenden Fall deshalb, weil die beklagte Partei bei ihrer Pensionsberechnung im Jahr 1997 keine Gesamtbemessungsgrundlage gebildet hat. Eine solche Berechnung war dann nicht notwendig, wenn die Rechtslage zum 31. 8. 1996 - also vor dem Inkrafttreten des Strukturanpassungsgesetzes 1996 - für sie eine günstigere Pensionsberechnung ergab, weil sie am 1. 9. 1996 bereits das 55. Lebensjahr vollendet hatte (§ 563 Abs 19 ASVG). Konsequenterweise, auch im Hinblick auf die Rechtskraft des Bescheides vom 28. 4. 1997, müssen dann aber die seinerzeit auf jede der Bemessungsgrundlagen (nach § 238 bzw nach § 239 ASVG) separat angewendeten unterschiedlichen Steigerungsprozentsätze, wie sie der Rechtslage zum 31. 8. 1996 entsprochen haben, auch für die Neuberechnung der Pensionshöhe zum 1. 7. 2001 herangezogen werden. Auf dieser Grundlage ist der Anspruch der Klägerin zu ermitteln. Die konkrete Berechnung ist nicht vom Obersten Gerichtshof selbst durchzuführen, selbst wenn er sie aufgrund der Aktenlage vornehmen könnte, sondern vom Berufungsgericht (RIS-Justiz RS0117056), gegebenenfalls nach Erörterung mit den Parteien. Die Berechnung durch das Berufungsgericht ist auch deshalb zweckmäßig, weil sie dadurch im Instanzenzug überprüfbar wird. Aus diesem Grund ist das Verfahren gemäß § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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