OGH 1Ob114/04b

OGH1Ob114/04b25.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Johann H*****, und 2) Angela H*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Heinz Häupl, Rechtsanwalt in Nussdorf, wider die beklagten Parteien 1) Norbert L*****, 2) Petra L*****, beide *****, 3) Johann I*****, und 4) Waltraud I*****, beide *****, alle vertreten durch Dr. Erich Gugenberger, Rechtsanwalt in St. Georgen im Attergau, wegen Feststellung (Streitwert 4.500 EUR), Unterlassung (Streitwert 4.000 EUR) und Entfernung (Streitwert 2.000 EUR) infolge ordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 7. April 2004, GZ 4 R 73/04i-8, womit der Rekurs der Kläger gegen Beschluss des Landesgerichts Wels vom 24. März 2004, GZ 30 Cg 19/04h-5, zurückgewiesen wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht erteilte den Klägern, deren Begehren auf Feststellung (Streitwert 4.500 EUR), Unterlassung (Streitwert 4.000 EUR) und Beseitigung (Streitwert 2.000 EUR) gerichtet ist, nach Einritt der Streitanhängigkeit den Auftrag "iSd § 60 Abs 1 JN", ihr Vorbringen bis zum 2. 4. 2004 in drei Punkten zu ergänzen sowie Pläne und Lichtbilder "zur Veranschaulichung" der streitverfangenen Quellfassung zu übermitteln.

Das Gericht zweiter Instanz wies den dagegen erhobenen Rekurs der Kläger zurück. Es sprach ferner aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Nach dessen Ansicht ist die angefochtene Anordnung einem Verbesserungsauftrag gemäß §§ 84 f ZPO gleichzuhalten. Die betroffene Partei sei durch einen solchen Auftrag nicht beschwert, weil deren Interessen erst durch die Zurückweisung eines unverbessert gebliebenen Schriftsatzes berührt würden. Die Rekurswerber könne daher erst eine Herabsetzung der Streitwerte und die Abtretung der Rechtssache an ein Bezirksgericht beschweren. Der Rekurs sei somit gemäß § 526 Abs 2 ZPO als unzulässig zurückzuweisen. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, "weil zur Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung, ob Aufträge in einem Verfahren nach § 60 Abs 1 JN anfechtbar" seien, "keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs aufgefunden" worden sei.

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Kläger führen u. a. aus, es sei "bei Nichterteilung der Auskünfte ... zu erwarten, dass dies einer den Rekurswerbern abträglichen Beweiswürdigung unterzogen ... und eine für diese nachteilige Sachentscheidung gefällt" werde. Die Stoßrichtung dieses Arguments ist unklar.

Der den Klägern im Anlassfall erteilte Auftrag, ihr Vorbringen zu ergänzen sowie Pläne und Lichtbilder vorzulegen, dient der Klärung der sachlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Sollte dieses die Abtretung der Rechtssache an das örtlich zuständige Bezirksgericht beschließen, so ist darin keine Entscheidung über den Rechtsstreit in der Sache zu erblicken. Der von den Klägern verwendete Begriff "nachteilige Sachentscheidung" dürfte sich jedoch auf einen allfälligen Abtretungsbeschluss des Erstgerichts beziehen. Insoweit kann den Rekursgründen jedoch nicht entnommen werden, worin der behauptete Rechtsnachteil der Kläger liegen soll, wenn über deren Begehren nicht das angerufene Landesgericht, sondern ein Bezirksgericht absprechen sollte.

Die Anfechtbarkeit des erörterten Auftrags an die Kläger hängt - entsprechend der Ansicht des Rekursgerichts - von der Lösung der Frage ab, ob diese gerichtliche Anordnung als Verbesserungsauftrag im Sinne der §§ 84 f ZPO zu qualifizieren ist. Die Kläger übergehen mit ihrer Meinung, die Vorschriften über die Verbesserung von Schriftsätzen dienten nur der Beseitigung von Formgebrechen, die geltende Rechtslage, nach der auch bestimmte Inhaltsmängel verbessert werden können (1 Ob 73/03x; 8 ObA 2308/96m = SZ 69/256; Gitschthaler in Rechberger, ZPO² § 85 Rz 13; G. Kodek in Fasching/Konecny² II/2 §§ 84, 85 ZPO Rz 112). § 84 Abs 3 ZPO sieht die amtswegige Anordnung einer Verbesserung vor, wenn in einem Schriftsatz Erklärungen oder sonstiges Vorbringen fehlen, die für die mit dem Schriftsatz vorgenommenen Prozesshandlungen vorgeschrieben sind. Diese Bestimmung ist auch auf Klagen (3 Ob 109/03f; 9 ObA 207/97z = SZ 70/161; 2 Ob 531/90 = JBl 1991, 195), so etwa im Fall unzureichender oder unklarer Tatsachenbehauptungen zur Prüfung der sachlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts anzuwenden (3 Ob 109/03f; 9 ObA 207/97z = SZ 70/161; allgemein zur Zuständigkeit G. Kodek aaO §§ 84, 85 ZPO Rz 149; Mayr in Rechberger, ZPO² § 41 JN Rz 2). Sie erfasst daher auch Klageangaben, die nach der - auf dem Boden des § 60 Abs 1 JN gebildeten - Uberzeugung des angerufenen Gerichts ungenügend sind und dieses an seiner sachlichen Zuständigkeit zweifeln lassen. Aus diesen Erwägungen folgt:

Ein im Anwendungsbereich des § 60 Abs 1 JN ergangener gerichtlicher Auftrag an den Kläger, das Klagevorbringen in bestimmter Richtung zu ergänzen und bestimmte Urkunden und Augenscheinsgegenstände vorzulegen, ist ein Verbesserungsauftrag gemäß § 84 Abs 3 ZPO.

Dem Kläger steht es im Fall der Erteilung eines solchen Auftrags frei, ihn nicht zu befolgen, sollte er die den Auftrag tragende Rechtsansicht des Erstgerichts nicht teilen. Daraufhin kann er jenen Beschluss bekämpfen, den das Gericht wegen Nichtbefolgung des Verbesserungsauftrags erließ (Gitschthaler aaO § 85 Rz 39 f; G. Kodek aaO §§ 84, 85 ZPO Rz 284). Das gilt auch für einen Beschluss gemäß § 60 Abs 3 JN, mit dem das Erstgericht seine sachliche Unzuständigkeit aussprach und die Rechtssache an das örtlich zuständige Bezirksgericht abtrat, es sei denn, es stünde der Anfechtung § 45 JN entgegen (Gitschthaler in Fasching² I § 60 JN Rz 17; Mayr aaO § 60 JN Rz 4). Der Verbesserungsauftrag selbst ist jedoch nach der bereits vom Rekursgericht ins Treffen geführten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs entweder überhaupt unanfechtbar (4 Ob 585/89 = RZ 1990/39 mwN; Gitschthaler aaO § 85 Rz 39 f; G. Kodek aaO §§ 84, 85 ZPO Rz 280 f) oder - im Einklang mit dem Wortlaut des § 84 Abs 1 und § 85 Abs 3 ZPO - nicht abgesondert anfechtbar (8 Ob 5/04z; 3 Ob 252/03k). Greift aber - wie im Anlassfall - ein solcher absoluter Rechtsmittelausschluss ein, so ist die in zweiter Instanz ausgesprochene Zulassung des Revisionsrekurses an den Obersten Gerichtshof wirkungslos, besteht doch im erörterten Punkt ein - gegenüber § 528 Abs 1 ZPO - weitergehender Rechtsmittelausschluss (vgl 3 Ob 252/03k [zugelassener Rekurs an den OGH]). Der Revisionsrekurs der Kläger ist somit als absolut unzulässig zurückzuweisen.

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