OGH 6Ob122/04s

OGH6Ob122/04s24.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Kalivoda und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****, vertreten durch Draxler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch Kubac, Svoboda, Kirchweger & Payer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufhebung eines Schiedsspruchs (Streitwert 494.953,38 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 25. März 2004, GZ 5 R 18/04k-15, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 18. November 2003, GZ 14 Cg 64/03a-11, abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Prozessparteien sind slowakische Gesellschaften, die mit einer deutschen Gasgesellschaft am 30. 8. 1994 einen Transitvertrag über den Transit von Erdgas über das Territorium der Slowakischen Republik geschlossen haben. Im Art 8 des Vertrags vereinbarten die Parteien, dass Streitigkeiten aus dem Vertrag nach österreichischem Recht von einem Schiedsgericht der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Wien endgültig zu entscheiden seien. Für neue, während der Vertragsdauer eintretende, von den Parteien nicht vorbedachte Umstände enthält der Transitvertrag eine Loyalitätsklausel mit dem Ziel einer einvernehmlichen Anpassung des Vertrags an die neuen Umstände. Im Transitvertrag ist eine Bankverbindung "des Transiteurs", das sind die beiden slowakischen Gesellschaften, angeführt, auf das die deutsche Gesellschaft die Transitgebühren einzuzahlen hatte. In der Folge änderten die slowakischen Gesellschaften mit jeweils befristeten Zusatzvereinbarungen diese Zahlstelle und verständigten darüber die Schuldnerin. Schließlich konnten sich die Transiteure nicht mehr über die Zahlstelle einigen. Die Beklagte leitete ein Schiedsverfahren (dort als Klägerin) ein, das mit dem Schiedsspruch vom 18. 12. 2002 endete. Das Schiedsgericht gab dem Eventualbegehren statt und bestimmte eine Zahlstelle. Die Klägerin begehrt die Aufhebung des Schiedsspruchs. Das Berufungsgericht gab in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils dem Klagebegehren statt. Es legte die Schiedsklausel dahin aus, dass das Schiedsgericht nur für Streitigkeiten zwischen den beiden slowakischen Gesellschaften einerseits und der deutschen Gesellschaft andererseits zuständig sein sollte, nicht aber für Streitigkeiten der "Transiteure" (Gesamtgläubiger des Transitvertrags) untereinander. Das Schiedsgericht habe mit seinem Schiedsspruch die Grenzen seines Aufgabenkreises überschritten (§ 595 Abs 1 Z 5 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig:

Welche Streitigkeiten von der Schiedsvereinbarung umfasst sind, ist aufgrund ihres - nach dem Parteiwillen auszulegenden - Inhalts zu ermitteln (RIS-Justiz RS0018023). Die Auslegungsregeln des § 914 ABGB sind auch bei der Auslegung eines Schiedsvertrages heranzuziehen (RS0018093). Das Auslegungsergebnis des Berufungsgerichtes ist zumindest vertretbar. Dies belegt schon ein weiterer Schiedsspruch vom 9. 4. 2003 in einem Parallelverfahren, in dem ein vergleichbarer Transitvertrag der Prozessparteien ("Transiteure") mit einer anderen gebührenpflichtigen Vertragspartnerin im Sinne des Auslegungsergebnisses des Berufungsgerichtes vom Schiedsgericht beurteilt wurde, das seine Unzuständigkeit aussprach. Fragen der Vertragsauslegung kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, soferne nicht eine krasse Verkennung der Auslegungsgrundsätze vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit auch über ein außerordentliches Rechtsmittel wahrzunehmen wäre (7 Ob 322/98y uva). Eine erhebliche Rechtsfrage liegt jedenfalls nicht schon dann vor, wenn auch die vom Revisionswerber angestrebte Vertragsauslegung eine vertretbare ist (4 Ob 134/02p), was hier im Sinne des von der Beklagten vorgelegten Rechtsgutachtens durchaus eingeräumt werden kann.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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