OGH 7Ob322/98y

OGH7Ob322/98y1.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Huber, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dipl. Ing. Wolfgang K*****, 2. Dipl. Ing. Johannes W***** und 3. Dipl. Ing. Gert K*****, alle vertreten durch Dr. Helmut Cronenberg und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagte Partei Firma O***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Kurt Klein und andere Rechtsanwälte in Graz, wegen S 5,975.839,91 s. A., infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 10. Februar 1998, GZ 5R 199/97t-84, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 29. August 1997, GZ 20 Cg 351/93i-69, aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Kläger wurden von der Beklagten mit der Planung eines Hotelprojektes und der örtlichen Bauaufsicht beauftragt. Das Honorar wurde mit 15 % der tatsächlichen Herstellungskosten vereinbart. Vor der Fertigstellung des Projektes wurden die Verträge einvernehmlich aufgelöst und dabei die von der Beklagten noch (in der Zukunft) zu erbringenden Honorarleistungen geregelt. Strittig ist nur noch die Höhe des Honorars für die bis zur Vertragsauflösung erbrachte Architektentätigkeit.

Die Kläger begehren ein restliches Honorar für die von ihnen erbrachten Teilleistungen einschließlich Subplanerhonorare von S 5,896.867,-- und kapitalisierte Zinsen von S 78.972,71 s. A., wobei sie von einer Bemessungsgrundlage von S 300,000.000,-- ausgingen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß die ursprünglich geschätzten Baukosten von S 230,000.000,-- als Ausgangsbetrag für das Honorar heranzuziehen sei, daß nur jene Pläne zu honorieren seien, die bis zum 30. 11. 1990 auf der Baustelle vorhanden gewesen seien und daß nur die tatsächlichen Subplanerkosten ohne Aufschlag weiter verrechnet werden dürften. Die Beklagten hätten bereits um S 1,302.996,77 zu viel an die Kläger bezahlt. Dieser Betrag werde hilfsweise als Gegenforderung geltend gemacht.

Das Erstgericht erkannte die gesamte Klageforderung als zu Recht bestehend, die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und sprach daher den begehrten Betrag s. A. zu.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil der Frage, ob bei vorzeitiger Beendigung des Architektenvertrages während der Bauausführung die Gesamtherstellungskosten oder bloß die bei Vertragsabschluß oder Vertragsauflösung als voraussichtlich angenommenen Gesamtkosten als Honorarbasis heranzuziehen seien, erhebliche Bedeutung zukomme.

Entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch ist die Revision jedoch mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässsig.

Rechtliche Beurteilung

Im vorliegenden Fall hängt die Frage, von welcher Bemessungsgrundlage die von den Klägern bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses geleisteten Arbeiten zu honorieren sind, nach der derzeitigen Feststellungsgrundlage von der Auslegung der zwischen den Streitteilen getroffenen Verträge ab. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt jedoch nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes keine erhebliche Rechtsfrage dar (MR 1989, 210 ua), es sei denn, es läge infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis vor.

In der Auslegung der Vorinstanzen, daß schon in den ursprünglich beschlossenen Architektenverträgen die Honorarabrechnung auf Basis der tatsächlichen Herstellungskosten vereinbart wurde (vgl hiezu Pkt 4. 2. der Architektenverträge vom 15. 6. 1989: "Die endgültigen Gebühren werden nach den tatsächlichen Herstellungskosten ... ermittelt" und Seiten 2, 3 der Ergänzung vom 15. 6. 1989:

"Honorarberechnungsbasis laut § 30 GOA ... Anrechenbar sind laut GOA

die tatsächlichen Herstellungskosten ... Für die Akontozahlungen wird

die geschätzte Kostenaufstellung vom Mai 1989 herangezogen. Eine Erhöhung der Herstellungssumme um mehr als 10 % zieht eine Anpassung der Gebührengrundlage nach sich. Die Endabrechnung der Architektenhonorare erfolgt nach Fertigstellung aufgrund der echten Kosten ... "), auch wenn in der Vertragsergänzung vom 15. 6. 1989 die voraussichtlichen Gesamtbaukosten mit S 230,000.000,-- beziffert wurden und von "15 % der Herstellungskosten von derzeit S 230,000.000,-- als Bemessungsgrundlage" die Rede ist, kann nach den bisher vorliegenden Feststellungen kein Verstoß gegen die Bestimmungen der §§ 914 f ABGB erblickt werden.

Die Auslegung der anläßlich der Auflösung der Verträge getroffenen Honorarvereinbarung dahin, daß damit die Bemessungsgrundlage für die nicht von den vereinbarten Pauschalbeträgen betroffenen Leistungen nicht verändert wurde, ist einzelfallbezogen und durch die besonderen Umstände des derzeit vorliegenden Sachverhaltes geprägt. Auch in der ergänzenden Vertragsauslegung, daß bei teilweise von den erstellten Plänen abweichenden Bauausführungen, die nicht von den Klägern zu vertreten sind, die bei plangemäßer Herstellung fiktiv anzunehmenden Gesamtherstellungskosten heranzuziehen sind, kann nach dem bisherigen Akteninhalt keine krasse Fehlbeurteilung erblickt werden. Der zur Begutachtung des Honoraranspruches der Kläger herangezogene Sachverständige, der in der Revision teilweise wörtlich zitiert wird, war nicht berufen, zu Rechtsfragen der Vertragsauslegung Stellung zu nehmen. Aus seinen Ausführungen geht aber ohnehin nicht hervor, daß die Berechnung des Architektenhonorares auf Basis der (teils fiktiven) Herstellungskosten bei späteren, nicht im Einflußbereich der Planer liegenden Planänderungen unüblich sei, außer wenn überhaupt "ein anderes Gebäude statt dessen" errichtet wurde. Daß letzteres der Fall gewesen wäre, wurde in dieser Form aber weder behauptet noch ist solches im bisherigen Verfahren hervorgekommen.

Für ihre Behauptung, daß diese Gesamtherstellungskosten nicht feststellbar seien, gibt es nach dem derzeitigen Akteninhalt keine zwingenden Anhaltspunkte. Allein der Umstand, daß der bloß zur Überprüfung der Honorarnote der Kläger bestellte Sachverständige bei seiner Befragung, ob er die Kosten des Hotels bei plankonformer Errichtung angeben könne, verneint hat, vermag nicht ernsthaft die Annahme zu rechtfertigen, daß die Herstellungskosten nicht ermittelt werden könnten. Der in der Revision der Beklagten zitierten Entscheidung 8 Ob 552, 553/88 lag ein nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde, sodaß hieraus für die Beklagte nichts zu gewinnen ist.

Ebenso entbehrt aber auch die in der Rekursbeantwortung deponierte Ansicht der Kläger, sie seien infolge der Weigerung der Beklagten, die Schlußabrechnung zur Verfügung zu stellen, berechtigt, ein Honorar auf Basis einer in ihrem Belieben stehenden Bemessungsgrundlage zu vereinnahmen, jeder nachvollziehbaren Grundlage. Sie findet in § 30 GOA keine Deckung und ist auch nicht mit einer "Verschiebung der Beweislast" zu rechtfertigen. Insoweit ist auf die Bestimmung des § 303 ZPO über den Urkundenbeweis, auf die Möglichkeit von Sachverständigengutachten und letztlich auf die freie richterliche Schätzung nach § 273 ZPO zu verweisen.

Ob zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage und damit der Höhe der Herstellungskosten noch weitere Beweisaufnahmen erforderlich sein werden, ist eine vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare Frage der Beweiswürdigung (EFSlg 57.830; EvBl 1958/94 ua). Der vom Berufungsgericht erteilte Auftrag zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage, die es infolge seiner - keine erhebliche Rechtsfrage betreffenden - Ausführungen hiezu für notwendig erachtete, unterliegt nicht der Prüfung durch den Obersten Gerichtshof.

Die Ausführungen des Rekurses zur Frage des Umfanges der bis zum Stichtag der Vertragsauflösung zu honorierenden Planungstätigkeit und der Höhe des Honorars für die Subplanerkosten betreffen ebenfalls Fragen der Vertragsauslegung, die aufgrund der besonderen Umstände dieses Falles keine Anhaltspunkte für die Beurteilung ähnlicher Fragen in Zukunft erwarten lassen (JBl 1986, 192). Eine Einschränkung des Honoraranspruches auf die an einem bestimmten Tag auf der Baustelle vorhandenen Pläne ist den bisherigen Feststellungen und bezogenen Urkunden ebensowenig zu entnehmen wie eine Verpflichtung der Kläger, allenfalls im Verhältnis zwischen ihnen und den Subunternehmern günstigere Honorarvereinbarungen der beklagten Partei abweichend von dem mit ihr vereinbarten Prozentsatz zugutekommen zu lassen. Ein Verstoß gegen Denkgesetze und Vertragsauslegungsregeln kann dem Berufungsgericht auch insoweit nicht vorgeworfen werden, als es darin keine Verletzung der in Pkt 3. der Architektenverträge näher definierten "Treuhandfunktion des Architekten" erblickte.

Die Ansicht des Erstgerichtes, daß der mit den Änderungswünschen seitens der Bauherrschaft verbundene Planungsmehraufwand ebenfalls zu honorieren ist, blieb in der Berufung der Beklagten unbekämpft. Im übrigen entspricht es der Rechtsprechung, daß selbst bei Vereinbarung eines Pauschalpreises bei nachträglichen Änderungen des vereinbarten Leistungsinhaltes ein Anspruch auf angemessenes Entgelt für den damit verbundenen Aufwand zusteht (Krecji in Rummel2 I, Rz 4b zu § 1170a ABGB mwN).

Das mangelnde Verschulden am Verzugsschaden (Zinsschaden) hat die in Zahlungsverzug befindliche Beklagte zu beweisen (JBl 1999, 470 mwN), sodaß die diesbezüglichen Ausführungen im Rekurs zum Fehlen eines Verschuldens eine unzulässige Neuerung darstellen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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