OGH 14Os63/04

OGH14Os63/0422.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 22. Juni 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Sengstschmid als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Eduard K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Schöffengericht vom 23. Februar 2004, GZ 20 Hv 3/03s-70, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Mag. Knibbe, des Angeklagten sowie des Verteidigers Dr. Auner zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch wegen des Vergehens der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach § 228 Abs 1 (erster Fall) StGB (D des Urteilssatzes), demnach auch im Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung und des Adhäsionserkenntnisses) aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Eduard K***** wird von der Anklage (D), er habe im Mai 2003 in St. Michael i.O. und anderen Orten dadurch, dass er auf einem bei der Gemeinde St. Michael i.O. abgegebenen, von ihm gefertigten Meldezettel den akademischen Grad "Dipl. Ing." zu seinem Namen hinzufügte, bewirkt, dass gutgläubig Tatsachen in inländischen öffentlichen Urkunden, nämlich in Meldebestätigungen der Gemeinde St. Michael i.O., angebracht wurden, wobei er mit dem Vorsatz handelte, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich des (berechtigten) Führens eines akademischen Titels, gebraucht werden, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Eduard K***** wird für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs weiterhin zur Last liegende Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (A) sowie für die Vergehen nach § 114 Abs 1 und 2 ASVG (B) und der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (C) unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Eduard K***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (A) sowie der Vergehen nach § 114 Abs 1 und Abs 2 ASVG (B), der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (C) und der mittelbaren unrichtigen Beurkundung oder Beglaubigung nach § 228 Abs 1 (erster Fall) StGB schuldig erkannt.

Demnach hat er

A) im Raum Leoben und Trofaiach zu nachstehenden Zeiten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, "sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen", die im Folgenden angeführten Verfügungsberechtigten durch Vorgabe eines redlichen Vertragspartners bzw zahlungsfähigen und -willigen Kunden bzw Auftraggebers zu nachstehenden Handlungen verleitet, die diese in einem 2.000 Euro übersteigenden Betrag von insgesamt 15.236,12 Euro am Vermögen schädigten, und zwar:

1. - 4. vom 31. Oktober bis 24. November 2000 Verantwortliche der Firma B***** zur Durchführung von Transporten mit Schadensbeträgen von jeweils 174,81 Euro, 261,62 Euro, 654,33 Euro und 61,50 Euro;

5. im Frühjahr 2001 in mehreren Fällen Verantwortliche des E*****zentrums zur Ausfolgung von Werkzeugen und Gebrauchsgegenständen im Betrag von 144,78 Euro;

6. Ende 2000 oder Anfang 2001 Verantwortliche der S***** GmbH zur Ausfolgung von Ankerplatten, Verbindungselementen etc im Gesamtwert von 1.675,64 Euro;

7. im Juli 2002 Verantwortliche der H***** GmbH zur Lieferung eines Holzleistungsbuches samt Diskette im Betrag von 425,64 Euro;

8. am 22. August 2001 Verantwortliche der Firma He***** zur Ausfolgung von Werkzeugen im Wert von 2.410,24 EUR;

9. Mitte November 2000 Ernst Ho***** zur Verfügungstellung seiner Werkstätte für Tischlerarbeiten mit einem Schaden von 785,40 Euro;

10. am 31. Oktober 2000 Verantwortliche der M***** GmbH zur Ausfolgung von Lärchenholz mit einem Schaden von 4.615,23 Euro;

11. am 2. November 2000 Verantwortliche der Firma Z***** zur Lieferung von sechs Fichtennaturholzplatten im Betrag von 1.381,80 Euro;

12. am 5. November 1998 Johann Ha***** zur Ausfolgung von Musikalien im Betrag von 508,71 Euro;

13. in den Jahren 1998 und 1999 Rechtsanwalt Dr. Michael A***** zur Übernahme von Vertretungen in Zivilrechtssachen mit einem Schaden von 1.010,95 Euro;

14. im Sommer 2000 Markus D***** zum Ankauf eines in Teile zerlegten Motorrades, was mangels Komplettheit des Bausatzes einen Schaden von 872 Euro bei diesem zur Folge hatte;

15. am 27. Juni 2001 Verantwortliche der F*****-GmbH zur Lieferung von Steckverbindern im Wert von 263,92 Euro;

B) von Juli 1999 bis Dezember 1999 in Trofaiach als Geschäftsführer

der I***** GmbH, somit als Dienstgeber, vorsätzlich die Beiträge von Dienstnehmern zur Sozialversicherung im Betrag von 1.149,80 Euro einbehalten und dem berechtigten Sozialversicherungsträger, nämlich der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, vorenthalten;

C) am 29. November 2002 in Trofaiach dadurch, dass er eine von ihm

durch Ausschneiden eines Originalbankstempels der R***** Trofaiach und Aufkleben auf einen Blankoerlagschein der H***** verfälschte Auftragsbestätigung über die fingierte Bezahlung von 3.027 Euro an das Reisebüro S***** faxte, eine verfälschte Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, nämlich der Bezahlung von Reisekosten für einen Aufenthalt in der Dominikanischen Republik, gebraucht;

D) im Mai 2003 in St. Michael iO und anderen Orten dadurch, dass er

auf einem bei der Gemeinde St. Michael i.O. abgegebenen, von ihm gefertigten Meldezettel den akademischen Grad "Dipl. Ing." zu seinem Namen hinzufügte, bewirkt, das gutgläubig Tatsachen in inländischen öffentlichen Urkunden, nämlich in Meldebestätigungen der Gemeinde St. Michael i.O. angebracht wurden, wobei er mit dem Vorsatz handelte, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich des (berechtigten) Führens eines akademischen Titels, gebraucht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die inhaltlich allein gegen die Annahme der Qualifikation nach § 148 zweiter Fall StGB (A) gerichtete Subsumtionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) entbehrt einer gesetzmäßigen Darstellung. Denn allein mit der Behauptung, diese finde in den Beweisergebnissen keine Deckung bestreitet sie die ausdrücklichen Urteilsfeststellungen zur spezifischen subjektiven Tendenz des § 148 zweiter Fall StGB (US 8, 10) und verfehlt damit den gebotenen Vergleich des Urteilssachverhaltes mit dem darauf angewendeten Gesetz (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581 ff, Mayerhofer StPO4 § 281 Z 9a E 5). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Dem Schuldspruch D haftet jedoch eine weder vom Angeklagten noch vom Staatsanwalt geltend gemachte, daher amtswegig wahrzunehmende (§ 290 Abs 1 StPO) Urteilsnichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO an:

Das dem Angeklagten angelastete Tatverhalten (US 10 zweiter Absatz) ist nach § 228 Abs 1 (erster Fall) StGB nicht tatbildlich, weil in den Meldebestätigungen der Gemeinde St. Michael i.O. die darin (aufgrund fälschlicher Angaben im Meldezettel) unrichtig ausgewiesene Tatsache der Berechtigung zur Führung eines akademischen Grades nicht beurkundet wurde. Denn mit einer Meldebestätigung (§ 19 Abs 1 MeldeG 1991) bestätigt die Meldebehörde aufgrund der im Melderegister enthaltenen Meldedaten nur, seit wann und wo ein Meldepflichtiger angemeldet ist. Die (durch Meldevermerk zu bestätigende, §§ 3 Abs 4, 4a Abs 2 leg cit) Anmeldung ist nach § 4a Abs 1 MeldeG 1991 erfolgt, sobald der Meldebehörde der entsprechend vollständig ausgefüllte Meldezettel vorliegt. Ebenso wie sich die Tätigkeit der Meldebehörde bei Ausstellung des Meldevisums somit bloß in der Bestätigung erschöpft, dass der Meldepflicht entsprochen wurde, damit aber keineswegs die Richtigkeit der im Meldezettel enthaltenen personenbezogenen Angaben bestätigt wird (Kienapfel in WK2 § 228 Rz 17, 44; Mayerhofer StGB5 § 228 E 4), wird mit einer Meldebestätigung nach § 19 Abs 1 MeldeG 1991 lediglich die Tatsache der erfolgten Anmeldung eines Meldepflichtigen bestätigt, nicht aber die Richtigkeit der von jenem im Meldezettel angegebenen - von der Meldebehörde nicht zu überprüfenden - Berechtigung zur Führung eines akademischen Grades. Das inkriminierte (allenfalls nach § 22 Abs 1 Z 4 MeldeG 1991 verwaltungsbehördlich zu ahndende) Verhalten des Angeklagten verwirklichte demnach nicht den Tatbestand des § 228 Abs 1 StGB.

In amtswegiger Wahrnehmung des bezeichneten materiellen Nichtigkeitsgrundes war daher mit Freispruch vom Schuldspruchsfaktum D vorzugehen und demzufolge der Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung und des Adhäsionserkenntnisses) aufzuheben. Bei der dadurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung nach dem zweiten Strafsatz des § 148 StGB wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen, mehrere einschlägige Vorstrafen sowie den raschen Rückfall (Tatzeit im Faktum C weniger als fünf Monate nach Bestätigung einer erstgerichtlichen Verurteilung und Verhängung einer viermonatigen Freiheitsstrafe wegen schweren Betruges), als mildernd hingegen das reumütige Geständnis und den Umstand, dass alle hier in Rede stehenden Betrugstaten und das Vergehen nach § 114 ASVG vor der genannten letzten Verurteilung zu vier Monaten Freiheitsstrafe gesetzt wurden.

Davon ausgehend, sowie unter gebührender Berücksichtigung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) entspricht (trotz Ausschaltung des Schuldspruchs D) eine Freiheitsstrafe von einem Jahr der tat- und täterbezogenen Schuld sowie dem Unrechtsgehalt der Taten.

Wegen der offensichtlichen Wirkungslosigkeit aller bisherigen Resozialisierungs- und Strafmaßnahmen kommen bei Eduard K***** aus general- vor allem aber aus spezialpräventiven Gründen weder eine Herabsetzung der ausgemessenen Mindeststrafe (unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung) noch die Gewährung auch nur einer teilweise bedingte Strafnachsicht in Betracht.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a Abs 1 StPO begründet.

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