OGH 16Ok10/04

OGH16Ok10/0414.6.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Birgit Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Manfred Vogel und Dr. Gerhard Kuras gemäß § 92 Abs 2 KartG in der Kartellrechtssache der Anmelder 1. Ö*****, vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner, Rechtsanwälte GmbH, Wien, und 2. Ö***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in Wien, wegen Anmeldung eines Zusammenschlusses, über den Kostenrekurs der Einschreiter 1) A*****betriebsgesellschaft mbH & Co KG, *****, 2) Siegfried B*****, 3) B***** GesmbH, *****, 4) B*****gesmbH & Co KG, *****, 5) D***** GesmbH & Co KG, *****, 6) D***** GesmbH, *****, 7) Günther G*****, 8) Herbert G*****, Urlaub + Reisen GesmbH & Co KG, *****, 9) Busreisen H***** GesmbH, *****, 10) A***** Express, *****, 11) Alois J***** GesmbH, *****, 12) K***** GesmbH, *****, 13) Adelheid L*****, 14) Reiseparadies K***** GesmbH, *****, 15) L***** GesmbH, *****, 16) M***** Reisebüro und Verkehrsbetriebe GesmbH, *****, 17) Franz M***** GesmbH, *****, 18) N***** GesmbH, *****, 19) Erste W***** GesmbH, *****, 20) P***** Reisen GesmbH & Co KG, *****, 21) Verkehrsbetrieb P***** GesmbH, *****, 22) R***** GesmbH, *****, 23) Dr. R***** GesmbH *****, 24) S***** Reisebüro und Autobusbetrieb GesmbH, *****, 25) Reisebüro und Verkehrsunternehmen Paul S***** KG, *****, vertreten durch Dr. Norbert Gugerbauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Kartellgericht vom 17. März 2004, GZ 24 Kt 96, 135, 137/03-117, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Erstgerichtes wird dahin abgeändert, dass die Anmelder die Kosten ihrer Gegenäußerungen ON 73, ON 80, ON 91, ON 97 und ON 99 selbst zu tragen haben.

Text

Begründung

Die beiden Anmelderinnen meldeten mit Eingabe vom 14. 3. 2003 den Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile der Erstantragstellerin an einem Busunternehmen der Zweitantragstellerin an. Davor hatte der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 10. 3. 2003 zu 16 Ok 20/02 bestätigt, dass auch dieser Zusammenschluss der Zusammenschlusskontrolle nach dem KartG unterliegt. Die Anmeldung wurde dann kundgemacht und jedem Unternehmen, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch den Zusammenschluss berührt werden, eine Äußerung binnen 14 Tagen freigestellt. Verschiedene Unternehmen haben von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht, darunter auch die nunmehrigen Einschreiter. Die von der Anmeldung verständigten Amtsparteien haben Prüfungsanträge gestellt. Es wurde ein umfangreiches Verfahren unter anderem durch Einholung und Ergänzung eines Sachverständigengutachtens geführt. Die Einschreiter haben nach Vorliegen dieses Sachverständigengutachtens in verschiedenen "Mitteilungen" bzw "Sachverhaltsdarstellungen" (ON 46, ON 48 zurückgestellt, ON 83 - zurückgestellt) die Richtigkeit dieses Gutachtens in Frage gestellt und dazu auch umfangreiche Privatgutachten vorgelegt. Deren Meinung hat sich die Bundeswettbewerbsbehörde auch in Einzelaspekten angeschlossen (vgl ON 71, Band II, AS 165).

Das Erstgericht hat diese Mitteilungen stets zurückgewiesen (ON 47, ON 57, ON 84).

Gegen diese Beschlüsse haben die Einschreiter unter Bezugnahme auf den im Außerstreitverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz und Entscheidungen des OGH, insbesondere jene vom 16. 12. 2002 zu 16 Ok 13/02, Rekurse erhoben (ON 49, 61, 85).

Diese wurden vom Erstgericht auch den Anmeldern unter Hinweis auf die Möglichkeit einer Gegenäußerung zugestellt (ON 58, 62, 86). Die Anmelderinnen haben unter anderem die aus dem Spruch ersichtlichen Gegenäußerungen erstattet und in diesen auch unter Bezugnahme auf § 45 Abs 2 KartG einen Kostenzuspruch begehrt, da sich die Einschreiter "mutwillig" in das Verfahren drängten. Mit seinem Beschluss vom 14. 8. 2003 (ON 87) hat das Erstgericht im Wesentlichen aufgrund des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens ausgesprochen, dass der Zusammenschluss nicht untersagt wird.

Nach Vorliegen dieses Beschlusses haben die Einschreiter ihre Rekurse zurückgezogen (ON 102).

Daraufhin hat das Erstgericht mit dem angefochtenen Beschluss die Kosten der Gegenäußerungen zu den Rekursen bestimmt und ausgesprochen, dass die Einschreiter zu ungeteilten Handen schuldig seien, den Anmeldern je EUR 7.680,75 an Kosten der Gegenäußerungen binnen 14 Tagen zu ersetzen. Das Erstgericht hat diese Kostenentscheidung auf § 45 Abs 2 KartG gestützt. Diese Bestimmung sei hier analog anzuwenden. Es werde nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 42a Abs 3a KartG anderen Unternehmern aus guten Gründen kein weiterer Zugang zum Kartellgericht eingeräumt. Die verspäteten Äußerungen seien daher als mutwillig zu qualifizieren. Gegen diese Kostenentscheidung richtet sich der Rekurs der Einschreiter mit dem Antrag, die Anträge der Anmelder auf Kostenersatz analog § 45 KartG abzuweisen, hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Die Anmelder beantragen in ihren Gegenäußerungen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Vorweg machen die Einschreiter allerdings unberechtigt geltend, dass der erstgerichtliche Beschluss deshalb nichtig sei, weil es das Erstgericht unterlassen habe, den Einschreitern den in den Gegenäußerungen zu den Rekursen der Antragsteller enthaltenen Antrag auf Zuspruch der Kosten zuzustellen. Es ist nun auch im Außerstreitverfahren der Grundsatz des rechtlichen Gehörs zu beachten (vgl etwa § 2 Z 5 AußstrG RIS-Justiz RS0074920 mwN insbesondere etwa 3 Ob 106/03 unter Hinweis auf die Entscheidung des EGMR in der Rs Beer ÖJZ 2001/16). Das rechtliche Gehör kann aber in verschiedener Form gewahrt werden. Geht es allein um die Bestimmung der Kosten, so ist es auch als ausreichend zu erachten, wenn die Argumente noch im Rekursverfahren eingebracht werden können (vgl allgemein RIS-Justiz RS0006057 mwN zuletzt 7 Ob 141/03s; RIS-Justiz RS0006048 mwN insbesondere 8 Ob 122/02b).

Von einer Nichtigkeit kann also nicht ausgegangen werden. Nach § 43 KartG entscheidet das KartG im Verfahren außer Streitsachen. Dieses Verfahren kennt im allgemeinen keine Kostenersatzbestimmungen. Jedoch sieht § 45 Abs 2 KartG vor, dass in den Verfahren nach §§ 8a, 25 Abs 1 Z 1 und Abs 2, § 27 Abs 1 Z 2, § 30 c Abs 1, § 33 Abs 1 Z 1a und Z 2, §§ 35, 36, § 42a Abs 5 und § 42e Abs 3 KartG die Bestimmungen der Zivilprozessordnung über den Kostenersatz sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass die Kostenersatzpflicht der unterliegenden Partei insoweit eintritt, als die Rechtsverfolgung mutwillig war. Das auf Antrag einer Amtspartei eingeleitete Prüfungsverfahren betreffend einen Zusammenschluss ist nicht genannt. Die erfassten Verfahren sind vielmehr im Wesentlichen jene, in denen sich sonstige Antragsteller und Antragsgegner ähnlich einem streitigen Verfahren gegenüberstehen (vgl etwa Barfuß/Wollmann/Tahedl, Österreichisches Kartellrecht, 139). Dies trifft aber auch hier für das Rechtsmittelverfahren zu, in dem andere Personen eine bestimmte verfahrensrechtliche Stellung beanspruchen, die ihnen von den Parteien, die die hier gegenständlichen Gegenäußerungen erstattet haben, abgesprochen wird. Insoweit ist also das Erstgericht zutreffend von einer analogen Anwendung des § 45 Abs 2 KartG ausgegangen.

Mutwillige Rechtsverfolgung liegt nun nach ständiger Judikatur aber nur dann vor, wenn der Antragsteller sich der Unrichtigkeit seines Verfahrensstandpunkts bewusst ist und wenn er sich in diesem Bewusstsein in das Verfahren einlässt oder wenn er mit dem Verfahren ausschließlich einen durch die Rechtsordnung nicht geschützten Zweck verfolgt (vgl etwa OGH 22. 12. 2003 16 Ok 23/03 M. Bydlinski in Fasching/Konecny² II/1 § 63 ZPO Rz 19 mwN).

Hier ging es nun im Wesentlichen darum, dass die Einschreiter den Standpunkt vertraten, dass sie auch nach Ablauf der Monatsfrist Eingaben machen könnten, die vom Erstgericht im Rahmen seiner amtswegigen Prüfungspflicht zu beachten wären. Dazu haben sich die Einschreiter auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 16. 12. 2002 zu 16 Ok 13, 16/02 berufen.

Darin hat der Oberste Gerichtshof ebenfalls zur Zurückweisung einer "Äußerung" einer am Zusammenschlussverfahren nicht beteiligten Einschreiterin unter anderem Folgendes ausgeführt:

"Das Kartellobergericht hat schon ausgesprochen, dass in einem Missbrauchsverfahren, in dem eine Teilnahme Dritter als Beteiligte des Verfahrens nicht vorgesehen ist, Eingaben, die nicht von den Verfahrensparteien stammen, als Hinweise oder Anregungen an das Kartellgericht zu werten sind (ÖBl 1973, 109 - Kartoffel-Stärkesirup). Selbst wenn man diese Grundsätze analog auf das Zusammenschlussverfahren anwenden wollte, wären die im Schriftsatz der Einschreiterin aufgezeigten inhaltlichen Bedenken unbegründet: Die angesprochene weitgehend übereinstimmende Eigentümerstruktur von E***** und Anmelderin erfährt nämlich durch den Zusammenschluss keine entscheidende Änderung; ebenso spielt für dessen Zulässigkeit keine Rolle, ob dadurch - wie behauptet - die (am Zusammenschluss nicht mehr beteiligte) E***** ihre marktbeherrschende Position verstärken kann. Dem Rekurs kann daher auch unter diesem Aspekt kein Erfolg beschieden sein."

Der Oberste Gerichtshof ist also bei der Prüfung der Berechtigung des Beschlusses über die Zurückweisung der Äußerung - wenn auch bloß hilfsweise - doch auch auf die inhaltliche Bedeutung der Äußerung eingegangen.

Nunmehr hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 15. 12. 2003 zu 16 Ok 21, 22/03 klargestellt, dass einzelnen anderen Unternehmen in den Zusammenschlussverfahren keine Parteistellung zukommt. Sie sind daher auch nicht berechtigt, gegen einen Beschluss über die Zurückweisung späterer "Sachverhaltsdarstellungen" Rekurs zu erheben. Vielmehr verbleibt die Bekämpfung dieser Entscheidung des Kartellgerichts allein den Anmeldern und den Amtsparteien vorbehalten.

Der Rekurs der Einschreiter, der die hier maßgeblichen Kosten der Gegenäußerungen verursachte, wurde aber noch vor der letztgenannten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes erhoben.

Mag also die Rechtsauffassung der Einschreiter auch unrichtig gewesen sein, so war sie doch im Zeitpunkt der Erhebung des Rechtsmittels noch nicht völlig unvertretbar, sodass es nicht als erwiesen angesehen werden kann, dass die Einschreiter im Bewusstsein der Unzulässigkeit die Rekurse erhoben hätten. Eine mutwillige Rechtsverfolgung ist daher nicht erkennbar.

Dem Rekurs war deshalb Folge zu geben und auszusprechen, dass die Anmelder die Kosten ihrer Gegenäußerungen zu den Rekursen der Einschreiter selbst zu tragen haben.

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