OGH 6Ob61/04w

OGH6Ob61/04w27.5.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz zu FN ***** eingetragenen "P***** Privatstiftung" mit dem Sitz in Linz, wegen Eintragung einer Änderung der Stiftungsurkunde, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Stiftung, vertreten durch die gemeinsam vertretungsbefugten Vorstandsmitglieder Harald S*****, und Dr. Alexander H*****, beide vertreten durch Hasch & Partner Anwaltsgesellschaft mbH, Linz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 9. Februar 2004, GZ 6 R 201/03a-9, womit über den Rekurs der Privatstiftung der Beschluss des Landesgerichtes Linz vom 2. Oktober 2003, GZ 32 Fr 3074/03f-5, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde vom 24. 6. 2003 in ihrem § 14 bewilligt wird.

Der Vollzug dieser Verfügung im Firmenbuch wird dem Erstgericht aufgetragen.

Text

Begründung

Mit dem Notariatsakt vom 23. 10. 1997 errichteten Paul Josef P***** und Romana P***** die im Firmenbuch des Landesgerichtes Linz eingetragene Privatstiftung. Die Stifter änderten mit Notariatsakt vom 24. 6. 2003 die Stiftungsurkunde ua dahin ab, dass sämtliche von den Stiftern gemeinsam bzw einvernehmlich auszuübenden Rechte nunmehr alleine vom verbleibenden Stifter Paul Josef P***** ausgeübt werden. Von der Änderung der Stiftungsurkunde sind ua deren §§ 11 und 14 betroffen. Im Revisionsrekursverfahren geht es nur mehr um die Abänderung des § 14 der Stiftungsurkunde, der bisher wie folgt lautete:

"§ 14 Errichtung einer Stiftungszusatzurkunde, Änderungsvorbehalt

(1) Die Stifter können unter anderem eine Stiftungszusatzurkunde errichten.

(2) Die Stifter sind berechtigt, die Stiftung zu ihren Lebzeiten zu widerrufen und die Stiftungserklärung in allen Belangen zu ändern. Hiezu ist Einstimmigkeit erforderlich.

(3) Nach dem Tod oder dem Verlust der uneingschränkten Geschäftsfähigkeit aller Stifter ist der Vorstand berechtigt, eine Änderung der Satzung mit einer Mehrheit von drei Vierteln zu beschließen und dem Gericht zur Genehmigung vorzulegen. (...)."

In der Fassung des Notariatsakts vom 24. 6. 2003 lautet der § 14 der Stiftungsurkunde:

"§ 14 Errichtung einer Stiftungszusatzurkunde, Änderungsvorbehalt

(1) Der Stifter Paul Josef P***** kann unter anderem eine Stiftungszusatzurkunde errichten.

(2) Der Stifter Paul Josef P***** ist berechtigt, die Stiftungserklärung in allen Belangen zu ändern, jedoch bedarf er hiefür der Zustimmung des Stiftungsvorstandes.

(3) Nach dem Tod oder dem Verlust der uneingeschränkten Geschäftsfähigkeit des Stifters Paul Josef P***** ist der Vorstand berechtigt, eine Änderung der Satzung mit einer Mehrheit von drei Vierteln zu beschließen und dem Gericht zur Genehmigungvorzulegen. (...)."

Mit ihrem Eintragungsgesuch vom 30. 6. 2003 beantragten die Vorstandsmitglieder der Privatstiftung unter anderem die Eintragung der Änderung der Stiftungsurkunde in ihrem § 14.

Das Erstgericht bewilligte die beantragten Eintragungen mit Ausnahme der Änderung der Stiftungsurkunde in deren §§ 11 und 14. Nach § 33 Abs 2 PSG sei die Begründung des Rechts zur Änderung der Stiftungserklärung nach Eintragung der Stiftung ausgeschlossen. Es sei daher auch unzulässig, selbst auferlegte inhaltliche, zeitliche, organisatorische oder sonstige Beschränkungen nachträglich auszuweiten oder zu beseitigen. Die Änderung des Änderungsvorbehalts, wonach nunmehr der Stifter Paul Josef P***** anstatt wie bisher beide Stifter einstimmig Änderungen beschließen können, bedeute eine nachträgliche Ausweitung des Änderungsvorbehaltes zugunsten des einen Stifters.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Privatstiftung teilweise statt und bewilligte die Änderung des § 11 der Stiftungsurkunde, bestätigte im Übrigen aber die Abweisung des Antrages auf Eintragung der Änderung des § 14 der Stiftungsurkunde. Zu dieser Abweisung führte das Rekursgericht im Wesentlichen aus, dass es nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung für die Privatstiftung charakteristisch sei, dass durch die Zuerkennung der Rechtspersönlichkeit an ein "eigentümerloses" Vermögen dessen Verselbständigung erreicht werde. Der Stifter sei wohl bei der Gestaltung der Stiftungserklärung weitgehend frei, nach dem Entstehen der Privatstiftung als Rechtsträger sei diese aber vom Stifter vollständig getrennt. Der Stifter sei weder Mitglied der Stiftung noch Eigentümer des Stiftungsvermögens. Er habe durch die Errichtung der Stiftung den Zugriff auf das Vermögen verloren. Er könne in Angelegenheiten des von ihm losgelösten Rechtsträgers grundsätzlich nicht mehr eingreifen. Einflussmöglichkeiten könnten sich nur aus der Stiftungserklärung und aus dem Recht zur Änderung der Stiftungserklärung oder zum Widerruf der Stiftung ergeben. Die Möglichkeit des Vorbehaltes einer Änderung der Stiftungsurkunde stelle eine Ausnahme vom Grundsatz dar, dass die Stiftung auf Grundlage der Stiftungserklärung ein vom Stifter losgelöster Rechtsträger sei. Wenn sich der Stifter eine Änderung der Stiftungserklärung in der Stiftungsurkunde nicht vorbehalte, habe er sich dieses Gestaltungsrechts begeben. In diesem Sinne werde im Schrifttum überwiegend die Auffassung vertreten, dass auch selbst auferlegte inhaltliche und zeitliche Beschränkungen eines Änderungsvorbehaltes nachträglich nicht ausgeweitet oder aufgehoben werden könnten, zumal sich der Stifter mit der ursprünglichen Einschränkung endgültig des restlichen Umfangs seines Gestaltungsrechts begeben habe. Arnold (PSG Rz 40 f zu § 33) bezeichne es als strittig, ob freiwillige Beschränkungen eines Änderungsvorbehalts nachträglich wieder aufgehoben werden könnten. Er vertrete die Auffassung, der Stifter habe das Gestaltungsrecht auch bei Aufnahme von inhaltlichen oder zeitlichen Beschränkungen erworben, dieses jedoch lediglich freiwillig selbst beschränkt. § 33 Abs 2 PSG sehe keinen "Teilvorbehalt" des Gestaltungsrechts vor. Das Gesetz schließe eine freiwillige Beschränkung des Gestaltungsrechts nicht aus, verbiete aber ebensowenig, dass die Beschränkung wiederum aufgehoben werde. Die Aufhebung der Beschränkung der Änderung sei unter Einhaltung der ursprünglichen Beschränkungen zulässig. Auch C. Nowotny (in Gassner/Göth/Gröhs/Lang, Privatstiftungen 134) bezweifle, ob das Wesen der Stiftung eine Einschränkung der Änderungsmöglichkeiten im Sinne der überwiegenden Lehrmeinung erfordere. Das Gesetz lasse es zu, dass der Stifter weitgehend privatautonom der Stiftung den Willen vorgebe und auch Stifterrechte nachträglich korrigiere oder ändere. Es gebe keinen Grund, warum der Stifter nicht auch nachträglich, soferne nicht Rechtspositionen Dritter betroffen seien, eine entsprechende Erweiterung seiner Stifterrechte vornehmen können sollte. Das Rekursgericht folge jedoch der in der Lehre überwiegend vertretenen Auffassung, wonach der Stifter in der Stiftungsurkunde eingegangene Selbstbeschränkungen nachträglich durch Änderung der Stiftungsurkunde nicht mehr aufheben könne. Die gegenteilige Auffassung stehe mit § 33 Abs 2 PSG im Widerspruch, wonach die Änderung der Stiftungserklärung durch den Stifter einen entsprechenden Vorbehalt in der Stiftungsurkunde voraussetze. Auch wenn das PSG die Aufhebung einer Beschränkung eines Änderungsrechts unter Einhaltung der ursprünglichen Beschränkungen (hier Einhelligkeit der Stifter) nicht ausdrücklich verbiete, so ergebe sich ein solches Verbot schon daraus, dass der Stifter den Änderungsvorbehalt in der Stiftungsurkunde zu erklären habe. Die Änderung der Stiftungsrurkunde dahin, dass nunmehr ein Stifter alleine berechtigt sein soll, die Stiftungsurkunde in allen Belangen zu ändern, führe zu einer unzulässigen nachträglichen Ausweitung des Änderungsvorbehalts. Bei Wegfall eines Stifters ginge gemäß § 33 Abs 2 PSG das Änderungsrecht auf den Stiftungsvorstand über. Die Abdingbarkeit des § 3 Abs 2 PSG hätte es zugelassen, dem einen Stifter bereits in der Stiftungsurkunde ein exklusives Abänderungsrecht einzuräumen. Da die Stifter das Einstimmigkeitsprinzip nicht abgeändert hätten, könne die nunmehr vereinbarte Änderung der Willensbildung bei Ausübung des vorbehaltenen Änderungsrechts im Ergebnis zur Ausweitung des Änderungsrechts auch in zeitlicher Hinsicht führen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zur Frage der Zulässigkeit der nachträglichen Ausdehnung eines beschränkten Änderungsvorbehalts sowie dazu, ob auch die Änderung der Regelung der Willensbildung mehrerer Stifter bei Ausübung des Änderungsrechts im Fall eines an sich in allen Belangen vorbehaltenen Änderungsrechts als unzulässig zu qualifizieren sei, eine oberstgerichtliche Judikatur fehle.

Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Privatstiftung die Abänderung dahin, dass die Eintragung der Änderung des § 14 der Stiftungsurkunde bewilligt werde.

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig, er ist auch berechtigt.

Die Rekurswerberin vertritt zusammengefasst die Auffassung, dass der Gesetzgeber im § 33 PSG den Stiftern die Verfolgung ihrer eigentümerähnlichen Interessen gestatte und es deshalb bei einem Vorbehalt des Gestaltungsrechts der Abänderung der Stiftungsurkunde eben nicht zu einer Verselbständigung des vom Stifter völlig getrennten Stiftungsvermögens komme. Die vom Rekursgericht zitierte Lehre behandle das hier zu beurteilende Problem nicht konkret und halte nur die nachträgliche Ausweitung eines in der Stiftungsurkunde nur eingeschränkt vorbehaltenen Änderungsrechts für unzulässig. Um inhaltliche oder zeitliche Selbstbeschränkungen der Stifter gehe es hier aber nicht. Die im § 14 der Stiftungsurkunde angeführte Beschränkung sei eine "organisatorische", die im Sinne der Ansicht Arnolds (aaO Rz 41 zu § 33) aufgehoben werden könne, wenn - wie hier - Interessen Dritter nicht berührt werden. Dazu ist auszuführen:

Rechtliche Beurteilung

1. Zur Trennung des Stiftungsvermögens vom Stifter: Vor Errichtung der Privatstiftung ist der Stifter bei der Gestaltung der Stiftungserklärung weitgehend frei. Nach Entstehen der Privatstiftung als Rechtsträger ist diese vom Stifter vollständig getrennt. Er ist nicht Mitglied der Stiftung oder Eigentümer des Stiftungsvermögens. Durch die Errichtung der Stiftung hat der Stifter den Zugriff auf das Vermögen verloren. Er kann in das Stiftungsgeschehen grundsätzlich nicht mehr eingreifen. Einflussmöglichkeiten können sich nur aus der Stiftungserklärung und aus dem Recht zur Änderung der Stiftungserklärung oder zum Widerruf der Stiftung ergeben (6 Ob 85/01w = SZ 74/92; 1 Ob 227/03v). Das Prinzip der vollständigen Trennung der Stiftung vom Stifter ist demnach nur dann verwirklicht, wenn er sich die Gestaltungsrechte der Änderung der Stiftungsurkunde oder des Widerrufs der Stiftung in der Stiftungserklärung nicht vorbehalten hat.

2. Bei einem umfassenden, nicht eingeschränkten Änderungsvorbehalt in der Stiftungserklärung (§ 33 Abs 2 PSG) ist grundsätzlich jede Änderung der Stiftungsurkunde zulässig. Die Regierungsvorlage (1132 BlgNR 18. GP) führt zur zitierten Gesetzesstelle wörtlich aus: "Nach dem Entstehen der Privatrechtsstiftung ist die Änderung der Stiftungserklärung erschwert. Der Stifter kann Änderungen nur vornehmen, wenn die Stiftungserklärung einen Änderungsvorbehalt enthält. Unter dieser Voraussetzung kann der Stifter jede Änderung erklären, sogar den Stiftungszweck grundlegend ändern."

Der Vorbehalt dient der Wahrung der "verlängerten Eigentümerinteressen". Bei Ausübung dieser Option gilt der Grundsatz der Eigentümerlosigkeit der Privatstiftung nicht (Diregger/Winner in Doralt/Kalss, Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts 116). Der Stifter kann mit Ausnahme der wenigen zwingenden gesetzlichen Organisationsbestimmungen (etwa der §§ 14 f PSG über die notwendigen Organe) auch die Stiftungsorganisation ändern (Berger in Doralt/Nowotny/Kalss PSG Rz 22 zu § 33).

3. Stifter-Mitstifter-Einstimmigkeitsprinzip:

Das Gesetz spricht einmal vom Stifter, dann wieder von Stiftern, ohne dass dahinter eine besondere gesetzgeberische Absicht steckte (Arnold PSG Rz 39 zu § 3). Eine Privatstiftung kann von einer Stiftermehrheit errichtet werden (§ 3 Abs 1 PSG). Dann können die dem Stifter zustehenden oder vorbehaltenen Rechte nur von allen Stiftern gemeinsam ausgeübt werden, es sei denn, die Stiftungsurkunde sieht etwas anderes vor (§ 3 Abs 2 PSG). Dies ist hier nicht der Fall. § 14 der Stiftungserklärung übernimmt das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip. Das vorbehaltene Änderungsrecht kann nur von beiden Stiftern ausgeübt werden. Dieses Erfordernis wurde mit dem vorgelegten Notariatsakt über die Änderung der Stiftungserklärung auch erfüllt. In der Stiftungserklärung selbst hätten die Mitstifter anlässlich der Errichtung der Privatstiftung die Möglichkeit gehabt, anstelle des Einstimmigkeitserfordernisses eine andere Regelung zu treffen, beispielsweise Stimmerfordernisse nach den Anteilen des gestifteten Vermögens, ein Mehrstimmigkeitsprinzip oder den Ausschluss eines Stifters vom Stimmrecht (Arnold aaO Rz 52 f zu § 3 unter Hinweis auf die Erläuterungen in der RV zu § 3). § 3 Abs 2 PSG ist nach seinem klaren Wortlaut eine dispositive Gesetzesbestimmung. Arnold (aaO Rz 51 zu § 3) hält auch ein nachträgliches Abgehen vom Einstimmigkeitserfordernis durch Änderung der Stiftungsurkunde für möglich. Diese Ansicht ist nun anhand des Schrifttums zum nur teilweise erklärten, eingeschränkten Änderungsvorbehalt zu untersuchen.

4. Zum Teilvorbehalt: Das Rekursgericht hat die widersprüchlichen Auffassungen zur nachträglichen Änderung der Stiftungserklärung für den Fall dargestellt, dass sich der Stifter eine Änderung nicht umfassend, sondern nur in bestimmten inhaltlichen oder zeitlichen Grenzen vorbehalten hat. Nach manchen Autoren ist die Aufhebung dieser Beschränkung des Änderungsrechts nicht möglich (Berger aaO Rz 24 zu § 33; Diregger/Winner aaO 117; G. Nowotny in Gassner/Göth/Gröhs/Lang, Privatstiftungen 141 f; Hochedlinger/Hasch "Exekutionssichere" Gestaltung von Stiftungserklärungen, RdW 2002, 194 [197]). Arnold (aaO Rz 41 f zu § 33) vertritt eine gegenteilige Auffassung mit der vom Rekursgericht wiedergegebenen Begründung. Das PSG schließe eine freiwillige Beschränkung des Gestaltungsrechts nicht aus, verbiete aber auch nicht, dass die Beschränkung wiederum aufgehoben werde. Dieser Fall sei nicht mit der nachträglichen Aufnahme eines ursprünglich nicht vorbehaltenen Widerrufsrechts zu vergleichen. Eine Aufhebung der Beschränkung der Änderung sei unter Einhaltung der ursprünglichen Beschränkung (das wäre hier die einstimmige Abänderung der Stiftungsurkunde) zulässig. Wenn sich ein Stifter die Änderung beispielsweise nur für die ersten 10 Jahre nach Entstehen der Privatstiftung vorbehalten habe, könne er diese zeitliche Beschränkung innerhalb dieses Zeitraums auch wieder beseitigen. Eine abweichende Beurteilung könne sich aus der Auslegung der Stiftungserklärung ergeben. Die Änderungsbefugnis des Stifters sei allumfassend und betreffe auch eine Änderung des Stiftungszwecks. Es sei auch eine vollständige Änderung der Stiftungsorganisation zulässig.

Auch C. Nowotny (in Gassner/Göth/Gröhs/Lang aaO 134) bezweifelt, ob das Wesen der Stiftung eine Einschränkung der Änderungsbefugnis erfordere. Das Gesetz lasse es zu, dass der Stifter weitgehend privatautonom der Stiftung den Willen vorgebe und auch Stifterrechte nachträglich korrigiere oder ändere. Der Stifter könne bei Ausübung seines Änderungsrechts eine Erweiterung seiner Stifterrechte vornehmen.

Zu diesen widersprüchlichen Auffassungen ist der Revisionsrekurswerberin einzuräumen, dass sich nur Arnold ausführlicher mit dem hier gestellten Problem der Änderung der Stiftungsorganisation befasst. Das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip des § 3 Abs 2 PSG gehört zu den organisationsrechtlichen Vorschriften. Ob dies allein schon ausreicht, die grundsätzlich richtige Erwägung, dass eine einmal getroffene Einschränkung des Abänderungsrechts des Stifters in dem in die Stiftungserklärung aufgenommenen Vorbehalt nicht nachträglich wieder aufgehoben werden dürfe, zu entkräften, kann hier dahingestellt bleiben, wenn die entscheidungswesentliche Vorfrage ergeben sollte, dass hier in Wahrheit von den Stiftern kein eingeschränkter, sondern ein unbeschränkter Vorbehalt in Richtung eines umfassenden Änderungsrechts (§ 33 Abs 2 PSG) erklärt wurde. Die Schranken der Änderungsbefugnis müssen sich aus der auszulegenden Stiftungserklärung ergeben.

5. Die Stifter haben sich im vorliegenden Fall ein unbeschränktes Änderungsrecht vorbehalten:

Im § 14 der (ursprünglichen) Stiftungserklärung haben sich die Stifter "in allen Belangen" eine Änderung vorbehalten und hiezu die Einstimmigkeit, also die gesetzliche Regelung, für erforderlich erklärt. Dieser Zusatz war nicht notwendig und kann daher prima facie nicht als Einschränkung des vorbehaltenen Änderungsrechts der Mitstifter aufgefasst werden. Sie können nach der gesetzlichen Regel ihr keinerlei Beschränkungen unterworfenes Änderungsrecht nur gemeinsam ausüben. Der Hinweis auf das gesetzliche Einstimmigkeitsprinzip ist nicht dahin auszulegen, dass die Stifter vereinbart hätten, auf die Abänderung dieses Prinzips zu verzichten. Die gegenteilige Auffassung des Rekursgerichtes läuft im Ergebnis darauf hinaus, dass Mitstifter nur anlässlich der Errichtung der Stiftung in der Stiftungserklärung vom gesetzlichen Einstimmmigkeitsprinzip abweichen dürften, nachträglich aber nicht mehr, auch wenn sie sich - wie hier - ein umfassendes Änderungsrecht vorbehielten. Da § 3 Abs 2 PSG nur eine dispositive Regel ist, muss sie auch nachträglich abänderbar sein, wenn sich die Stifter diese Änderung vorbehielten. Hätten also die Stifter ausdrücklich in die Stiftungserklärung ein Änderungsrecht auch hinsichtlich des Einstimmigkeitsprinzips aufgenommen, könnte wohl kein vernünftiger Zweifel bestehen, dass sie zu einer nachträglichen Änderung gemäß § 33 Abs 2 PSG berechtigt sind, andernfalls die Bestimmung des § 3 Abs 2 PSG ab dem Entstehen der Privatstiftung eine unabänderliche zwingende Gesetzesbestimmung darstellte. Dies bedeutete aber einen Wertungswiderspruch, wenn die Mitstifter gemeinsam zwar sogar "grundlegende Änderungen" etwa des Stiftungszwecks im Sinne eines völlig freien Abänderungsrechts der Stifter vornehmen dürften (vgl die schon zitierte RV; Müller in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich, Handbuch zum PSG 270), eine Änderung des gesetzlichen Einstimmigkeitsprinzips aber nicht. Daraus folgt, dass sich die Mitstifter eine solche Änderung vorbehalten durften und dies mit ihrem umfassenden Vorbehalt im § 14 der Stiftungsurkunde auch erklärten. Ein Verzicht auf dieses Änderungsrecht im Sinne einer Einschränkung des Vorbehalts kann aus dem Wortlaut nicht abgeleitet werden, sodass den Stiftern die ganze "Bandbreite des Änderungsinstrumentariums" (Berger aaO Rz 26 zu § 33) zur Wahrung ihrer noch vorhandenen Eigentümerinteressen zur Verfügung steht. Aufgrund dieses Auslegungsergebnisses ist die im Schrifttum diskutierte Frage, ob nach Eintragung der Privatstiftung eine vom Stifter (den Stiftern) sich selbst auferlegte Beschränkung des Änderungsrechts nachträglich beseitigt werden darf, hier eine nachgelagerte und nicht entscheidungswesentliche Frage. Dem Revisionsrekurs ist demnach stattzugeben.

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