Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.842,48 (darin EUR 307,08 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrt mit seiner Klage vom 18. 6. 2001 den Zuspruch von ATS 942.775,20 sA (= EUR 68.514,15 sA) als Ausgleichsanspruch nach § 24 Abs 1 HVertrG 1993. Da er per 1. 5. 2000 die Voraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer gemäß § 131 Abs 1 GSVG erfüllt habe, habe er mit Schreiben vom 31. 3. 2000 den Handelsvertretervertrag mit der beklagten Partei per 30. 4. 2000 zur Auflösung gebracht. Bereits im November 1999 habe er aufgrund einer Auskunft der SVA der gewerblichen Wirtschaft der beklagten Partei mitgeteilt, dass er am 1. 5. 2000 nach Vollendung seines 60. Lebensjahr die Pension anzutreten gedenke. Bei verschiedenen Gesprächen mit dem Geschäftsführer der beklagten Partei habe dieser aber bekundet, dass er nicht gewillt sei, den Ausgleichsanspruch des Klägers zu befriedigen. Noch im März 2000 habe der Kläger den Antrag auf Gewährung der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer bei der SVA der gewerblichen Wirtschaft gestellt. Mit Bescheid vom 7. 7. 2000 sei ihm rückwirkend für 1. 5. 2000 auch die Pension zuerkannt worden. Dem Kläger komme aber nicht nur der - ausgleichsanspruchsunschädliche - Auflösungsgrund des Alters im Sinn des § 24 Abs 3 Z 1, sondern auch derjenige der Krankheit zugute. Dem Kläger sei nämlich die Fortsetzung seiner Tätigkeit auch wegen eines Wirbelsäulen- und Beinleidens nicht länger zumutbar gewesen. Er hätte sogar die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitspension erfüllt. Einen solchen Antrag habe er aber deshalb nicht gestellt, weil ihm bekannt gewesen sei, dass er ohnehin die Alterspension per 1. 5. 2000 in Anspruch nehmen könne.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die beklagte Partei habe trotz der Bekanntgabe des Klägers, per 1. 5. 2000 in Pension gehen zu wollen, davon ausgehen können, dass er tatsächlich erst bei Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand treten werde, zumal seine Ankündigungen nicht als endgültig aufzufassen gewesen seien. Dem Kläger wäre es jedenfalls zumutbar gewesen, anstelle einer vorzeitigen Auflösung unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Bestritten wurde auch die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Tätigkeit wegen Krankheit, zumal die Hebe- und Tragetätigkeiten des Klägers keine Handelsvertretertätigkeiten darstellten und auch von beizuziehenden Hilfskräften hätten besorgt werden können. Darüber hinaus habe der Kläger gegenüber der beklagten Partei nie eine Beeinträchtigung durch Krankheit erwähnt.
Das Erstgericht sprach mit Zwischenurteil aus, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Es traf im Wesentlichen folgende Feststellungen: Der Geschäftsführer der beklagten Partei und der Kläger hatten zunächst gemeinsam bei einem Unternehmen gearbeitet, welches sich mit dem Vertrieb und der Wartung von Feuerlöschgeräten beschäftigt hatte. Nachdem der Geschäftsführer der beklagten Partei diese als selbständiges Unternehmen gegründet hatte, ging der Kläger ein Vertragsverhältnis zur beklagten Partei ein. Da von der beklagten Partei der Abschluss eines Arbeitsvertrages abgelehnt wurde, kam es zum vorliegenden Vertrag auf Basis selbständiger Tätigkeit des Klägers. Nach Ablegung der Löschwartprüfung und Erwerb eines Gewerbescheins für das Gewerbe des selbständigen Handelsvertreters nahm der Kläger seine Tätigkeit für die beklagte Partei auf. Diese bestand von Anfang an sowohl in der Tätigkeit des Verkaufs (Abschlussvertreter) von Löschgeräten, Ersatzteilen und Zubehör als auch in der Wartung und Überprüfung von Feuerlöschgeräten im Namen und auf Rechnung der beklagten Partei. Der Kläger hatte aufgrund seiner Berechtigung auch die Verpflichtung, überprüfte Geräte mit einer entsprechenden Plakette zu versehen. Der Kläger hatte alle Betriebsmittel, wie etwa das Fahrzeug oder die Werkzeuge selbst zur Verfügung zu stellen. Er erhielt auch kein Entgelt von den Kunden, sondern Provisionen durch die beklagte Partei, welche er selbst zu versteuern und wovon er Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten hatte. Seit 1990 war auch die Ehegattin des Klägers bei diesem im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses teilzeitbeschäftigt. Sowohl mit der Verkaufs- als auch mit der Wartungs- und Überprüfungstätigkeit waren zwangsläufig Hebe- und Tragevorgänge verbunden. Er hatte pro Tag mindestens 30 Hebetätigkeiten zu verrichten, fallweise sogar bis zu 200. Die vom Kläger verkauften (gelieferten) und gewarteten Feuerlöscher wogen bei einer Füllmenge von 1 bis 20 kg pro Stück gefüllt ca 2 kg bis 25 kg. Es gab jedoch auch Feuerlöscher mit einer Füllmenge von 50 kg, welche dann 80 kg wogen. Letztere waren wohl fahrbar, mussten jedoch auch angehoben werden. Der Verkauf und die Wartung von Autofeuerlöschern mit 1 bis 2 kg war eher selten, häufiger waren Tätigkeiten in privaten Haushalten und Gewerbebetrieben. Die Geräte für Privathaushalte wogen zwischen 12 und 20 kg, die für den gewerblichen Bereich regelmäßig über 15 kg. Ca drei Viertel seiner Tätigkeit hatte der Kläger Geräte über 10 bis zu 22 kg zu heben. 35 % seiner Gesamttätigkeit betrafen Verkaufs- und Wartungstätigkeiten im Gewerbebereich, womit das Anheben von Geräten über 15 kg verbunden war. Eine Trennung der Tätigkeitsbereiche des Klägers in solche, bei welche er tragen und heben musste, von solchen, bei denen dies nicht nötig war, war nicht möglich. Wenn der Kläger jemanden angestellt hätte, der für ihn die Hebe- und Tragetätigkeiten ausgeübt hätte, hätte dies einen wesentlichen Teil der (gemischten) Handelsvertretertätigkeit des Klägers betroffen. Es wäre in diesem Fall kein erhebliches Tätigkeitsfeld mehr für ihn selbst verblieben. Aufgrund einer Anfrage vom September 1999 teilte die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft dem Kläger die Höhe seiner Pension mit, falls er die vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer ab 1. 5. 2000 in Anspruch nehme. Hätte der Kläger gleich eine abschlägige Auskunft erhalten, hätte er den Weg eines Antrages auf Zuerkennung einer Erwerbsunfähigkeitspension beschritten. Wegen seiner Rückenschmerzen wurde er im Februar 2000 sogar auf Kur geschickt. Er leidet an einem chronischen Lumbago sowie an einem chronischen Lymphödem am rechten Bein bei einem Zustand nach Lymphknotenexstirpation der rechten Leiste. Aufgrund dieses Leidens wäre es dem Kläger zwar grundsätzlich möglich gewesen, eine reine Handelsvertretertätigkeit über den 1. 5. 2000 hinaus auszuüben, doch besteht bei ihm medizinisch die Einschränkung, dass ihm das Heben und Tragen von Gegenständen über 15 kg nicht mehr zumutbar ist.
Bereits am 25. 11. 1999 teilte der Kläger dem Geschäftsführer der beklagten Partei mit, dass er am 1. 5. 2000 die Pension antreten werde und diese Sache mit der zuständigen Versicherungsanstalt schon abgeklärt habe. Diese Erklärung kam für den Geschäftsführer der beklagten Partei überraschend, er nahm die Äußerung des Klägers auch nicht ernst und sah sich deshalb auch nicht veranlasst, einen Nachfolger zu suchen und einschulen zu lassen. Mit Schreiben vom 31. 3. 2000 kam der Kläger wieder auf dieses Thema zurück. Darin teilte er mit, dass er ab 1. 5. 2000 in den Ruhestand treten werde und dass für ihn eine Fortsetzung seiner Handelsvertretertätigkeit aufgrund persönlicher Gründe (Alter, Gesundheit etc) nicht mehr in Frage komme. In diesem Schreiben ersuchte der Kläger um Bezahlung seines Ausgleichsanspruches in Höhe von ATS 942.775,20. Noch im April 2000 kam es zu einigen Gesprächen zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer der beklagten Partei, welcher die Zahlung eines Ausgleichsanspruchs ablehnte und erst ab 20. 4. 2000 begann, einen Nachfolger für den Kläger zu suchen, welchen er dann für die Zeit ab 26. 6. 2000 auch fand. Schon vor Absendung des Schreibens vom 31. 3. 2000 hatte der Kläger einen Antrag auf Zuerkennung der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer gestellt. Mit Bescheid vom 7. 7. 2000 wurde ihm diese vorzeitige Alterspension gemäß § 131 GSVG auch rückwirkend ab 1. 5. 2000 zuerkannt.
Der Kläger verrichtete seit 1. 5. 2000 keine Tätigkeiten mehr für die beklagte Partei.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass die Auflösung des Handelsvertreterverhältnisses durch den Kläger seinem Ausgleichsanspruch nicht schädlich sei. Er habe mit 1. 5. 2000 die Voraussetzungen für den Bezug der (vorzeitigen) Alterspension erfüllt, sodass ihm eine weitere Tätigkeit aus Gründen des Alters unzumutbar gewesen sei. Es könne nicht darauf ankommen, dass die Zuerkennung der Alterspension bei Auflösung des Vertragsverhältnisses bereits bescheidmäßig festgestanden sei.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Es vertrat jedoch die Rechtsauffassung, dass sich der Kläger nicht auf die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Tätigkeit wegen des Alters berufen könne. Hiefür wäre es erforderlich gewesen, dass am 30. 4. 2000 die Pension bereits zuerkannt gewesen wäre. Daraus sei jedoch für die beklagte Partei nichts zu gewinnen, weil der Kläger für sich in Anspruch nehmen könne, dass die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wegen Krankheit unzumutbar gewesen sei. Es komme nicht auf eine Berufs- oder allgemeine Erwerbsunfähigkeit an, vielmehr reiche es aus, dass dem Handelsvertreter die konkrete vertragliche Tätigkeit nicht länger zumutbar sei. Im konkreten Fall sei eine Trennung in eigentliche Handelsvertretertätigkeiten einerseits und handwerkliche Tätigkeiten andererseits nicht möglich. Die Unzumutbarkeit der körperlichen Tätigkeiten ziehe somit auch die Unzumutbarkeit der Vertretertätigkeit nach sich.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil es an Rechtsprechung zur vorliegenden Problematik des § 24 Abs 3 Z 1 HVertrG 1993 mangle.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei aus den Gründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die klagende Partei beantragte, die Revision als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grunde zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.
Gemäß § 24 Abs 3 HVertrG 1993 besteht ein Anspruch im Sinne des Abs 1 leg cit dann nicht, wenn 1. der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis kündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, es sei denn, dass dem Unternehmer zurechenbare Umstände, auch wenn sie keinen wichtigen Grund nach § 22 darstellen, hiezu begründeten Anlass gegeben haben oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit oder Gebrechen nicht zugemutet werden kann... . Nach den Materialien (ErlBemRV 578 der BlgNR XVIII. GP, 15) soll der Begriff des "Alters" jedenfalls bei Erreichen des sozialversicherungsrechtlichen Pensionsalters erfüllt sein. Im österreichischen Schrifttum wird zur Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses wegen Alters ebenfalls die Meinung vertreten, dass jedenfalls, das heißt spätestens mit Erreichung des gesetzlichen Pensionsalters das Kriterium der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses erfüllt ist (Nocker, "Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, Vertragshändlers und Franchisenehmers" Rz 194; ders "Der Ausgleichsanspruch des KFZ-Vertragshändlers" 89; Tschuk, "Der Ausgleichsanspruch bei Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses" 91 f). Diese Auffassung entspricht im Übrigen auch dem überwiegenden deutschen Schrifttum zum § 89b Abs 3 Z 1 des deutschen Handelsgesetzbuches. Sowohl die Materialien als auch die Literatur lassen die eher strenge Auffassung des Berufungsgerichtes für zweifelhaft erscheinen, wonach im Zeitpunkt der Auflösung des Vertragsverhältnisses die Alterspension "bereits zuerkannt worden sein muss". Damit legt das Berufungsgericht auch einen wesentlich strengeren Maßstab an, als er beispielsweise bei Zuerkennung der Abfertigung nach § 23a Abs 1 Z 1 AngG für Angestellte gefordert wird. Dort reicht nach der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0028511; DRdA 1999, 304; SZ 56/150) regelmäßig die Antragstellung aus, wobei die Zuerkennung der (vorzeitigen) Alterspension auch rückwirkend nach dem Zeitpunkt der Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfolgen kann, ohne dass dies der Abfertigung schädlich wäre.
Strittig könnte sein, ob in einem solchen - vorhersehbaren - Fall die fristgebundene Kündigung den Vorrang vor der vorzeitigen Auflösung genießt. Nach der Rechtsprechung des BGH zu § 89b dHGB schadet indes die statt der "ordentlichen" Kündigung (§ 89 dHGB) ausgesprochene fristlose - "außerordentliche" - Kündigung (§ 89a dHGB) dem Ausgleichsanspruch nicht (BGH 91, 312, zitiert in Baumbach/Hopt HBG31 Rz 61 zu § 89b dHGB). Darüber hinaus wäre zu überlegen, ob nicht auch die lange Kündigungsfrist (beim Kläger besteht bereits die Höchstfrist von sechs Monaten) eine vorzeitige Auflösung aus Altersgründen gebietet (vgl zu besonders langen vertraglichen Fristen: Tschuk aaO 91).
Letztlich bedarf dies aber hier keiner abschließenden Klärung, weil, wie vom Berufungsgericht zutreffend angenommen, auch die Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Tätigkeit des Klägers wegen Krankheit seinem Ausgleichsanspruch unschädlich ist.
Die von der Revisionswerberin in diesem Zusammenhang aufgezeigten angeblichen Mangelhaftigkeiten des Berufungsverfahrens wurden geprüft; sie liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Lediglich der Vollständigkeit halber sei der Revisionswerberin entgegengehalten:
Entgegen ihrer Auffassung kann kein Zweifel daran bestehen, dass die festgestellten chronischen Leiden des Klägers - zumindest zur Zeit der relevanten Erklärung der Auflösung des Vertragsverhältnisses - nicht bloß vorübergehend, sondern dauerhaft waren. Eine mangelnde Auseinandersetzung der Vorinstanzen mit diesem Problemkreis ist daher nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht hat auch die hinsichtlich der festgestellten Tätigkeit des Klägers erhobene Beweisrüge erledigt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass sich aus dem (medizinischen!) Sachverständigengutachten ergeben hätte, dass die Tätigkeit des Klägers in eine reine Vertretertätigkeit und eine handwerkliche getrennt werden könnte. Für die weiteren Erörterungen ist das Revisionsgericht daher an die Feststellungen gebunden, dass Vertreter- und handwerkliche Tätigkeiten anlässlich des Verkaufs sowie anlässlich der Überprüfungs- und Wartungsarbeiten in untrennbarem Zusammenhang standen.
Zur Rechtsrüge:
Die beklagte Partei vertritt die Auffassung, dass der Kläger nicht den Weg der vorzeitigen Auflösung hätte beschreiten dürfen, sondern, dass ihm die fristgerechte Kündigung zumutbar gewesen wäre. Dies hätte der beklagten Partei insbesondere die Möglichkeit eröffnet, einen Nachfolger zu suchen und diesen einzuschulen. Zunächst kann es auf letztgenanntes Argument schon deshalb nicht ankommen, weil für die Annahme der Zumutbarkeit oder Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Tätigkeit auf den subjektiven Bereich des Handelsvertreters, nicht jedoch die Auswirkungen auf den Geschäftsherrn abzustellen ist. Nach der zu § 89b Abs 3 dHGB ergangenen Rechtsprechung (BGH vom 29. 4. 1993, veröffentlicht im Betriebsberater 1993, 1312 f) und der deutschen Literatur (Thume in Küstner/Thume "Handbuch des gesamten Außendienstrechts II, Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters7" Rz 1453; Brüggemann in Staub HGB-Großkommentar4 Rz 18 zu § 89; von Hoyningen-Huene im MünchKommz HGB Rz 171 zu § 89b) liegt eine Krankheit im Sinn von § 89b Abs 3 Z 1 zweiter Fall dHGB dann vor, wenn eine Störung des gesundheitlichen Zustandes schwerwiegend und von nicht absehbarer Dauer ist und sie dadurch zu einer auch mit Ersatzkräften nicht behebbaren nachhaltigen Verhinderung in der Absatztätigkeit für den Unternehmer führt. Nach der zitierten deutschen Literatur kommt es auch nicht auf eine generelle Erwerbsunfähigkeit als Handelsvertreter, sondern auf das konkrete Vertragsverhältnis an. Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung ist daher daran zu messen, ob die konkret vereinbarten Tätigkeiten in zumutbarer Weise weiter ausgeübt werden können oder nicht. Dies wird auch im österreichischen Schrifttum (Nocker "Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters" Rz 192; Tschuk aaO 93) in gleicher Weise gesehen. Diesen Argumenten ist zu folgen, sodass die Erwägungen der beklagten Partei, der Kläger könnte ja eine reine Handelsvertretertätigkeit ausüben, im Hinblick auf den konkreten Vertragsinhalt nicht überzeugen können. Da die Hebetätigkeit des Klägers einen erheblichen Anteil an seinen vertragsgemäßen Tätigkeiten hatten, war ihm auch nicht zumutbar, diese seiner Gesundheit abträglichen Tätigkeiten noch länger, insbesondere bis zum Ablauf der sechsmonatigen Kündigungsfrist (§ 21 Satz 1 letzter Fall HVertrG 1993) fortzusetzen.
Letztlich vermeint die Revisionswerberin, dass sich der Kläger auf den Krankheitsgrund deshalb nicht wirksam stützen könne, weil er diesen anlässlich der Erklärung der Auflösung des Vertreterverhältnisses nicht genannt habe. In der deutschen Literatur zu § 89b dHGB wird überwiegend (siehe die Nachweise bei Thume in Künstner/Thume aaO Rz 1446a) die Meinung vertreten, dass sowohl einer ordentlichen wie einer außerordentlichen (= fristlosen) Eigenkündigung des Handelsvertreters zwecks Wahrung seines Ausgleichsanspruches zu entnehmen sein muss, dass sie auf Alters- oder Krankheitsgründe gestützt wird. Dies ergebe sich zwar nicht expressis verbis, wohl aber "aus dem Sinn des Gesetzes". Nach anderer Meinung (Baumbach/Hopt aaO Rz 60; Sonnenschein/Weitemeyer in Slg Guttentag/Heymann HGB² Rz 87 zu § 89b) bedarf es einer solchen Begründung bei Ausspruch der Kündigung noch nicht, weil sich dies gerade dem Gesetz nicht entnehmen lasse. Für den österreichischen Rechtsbereich vertritt Nocker ("Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters" Rz 189) in Anlehnung an die überwiegende deutsche Literatur die Meinung, dass eine Kündigung nur dann anspruchswahrend ist, wenn sie den Grund, nämlich Alter, Krankheit oder Gebrechen nennt, während dies bei einer vorzeitigen Auflösung (aaO Rz 190) nicht erforderlich sei. Diese Unterscheidung sei dadurch gerechtfertigt, dass für den Unternehmer bei einer ordentlichen Kündigung nicht sofort und ohne weiters erkennbar sei, dass sich der kündigende Handelsvertreter auf einen ausgleichswahrenden Kündigungsgrund berufe, während ihm bei einer auf einen (wenn auch nicht sofort genannten) wichtigen Grund gestützten Auflösung klar sein müsse, dass dieser in der Regel ausgleichswahrend sein werde. Dem gegenüber vertritt Tschuk (aaO 91) die Auffassung, dass den Handelsvertreter keine Rechtspflicht trifft, Kündigungen oder vorzeitige Auflösungen begründet auszusprechen, zumal den Handelsvertreter im Streitfall ohnehin die Beweispflicht für das Vorliegen eines ausgleichswahrenden Grundes treffe.
Der letztzitierten Meinung ist grundsätzlich beizupflichten, zumal - von ausdrücklichen Ausnahmen abgesehen - der österreichischen Rechtsordnung nicht zu entnehmen ist, dass Kündigungen oder vorzeitige Auflösungen von Vertragsverhältnissen schon im Zeitpunkt der Auflösungserklärung ausdrücklich begründet werden müssen, zumal eine solche Begründungspflicht auch dem - allgemein anerkannten - "Nachschieben" von Kündigungs- oder Auflösungsgründen entgegenstünde. Selbst wenn man die Meinung vertreten wollte, dass im Falle einer Auflösung des Handelsvertreterverhältnisses wegen Krankheit eine - eingeschränkte - analoge Anwendung der zu § 26 Z 1 AngG und § 82 lit a GewO ergangenen Rechtsprechung angezeigt sei, könnte dies im vorliegenden Fall zu keiner anderen Beurteilung führen. Nach dieser Rechtsprechung hat der Arbeitnehmer im Falle des Austritts wegen Gesundheitsgefährdung den Arbeitgeber rechtzeitig über seine gesundheitliche Beeinträchtigung zu informieren, weil er ansonsten dessen Möglichkeit vereitelt, seiner Fürsorgepflicht durch das Anbot einer zumutbaren, dem Arbeitsvertrag entsprechenden und die Gesundheit nicht gefährdenden Ersatzbeschäftigung nachzukommen (RIS-Justiz RS0028718; zuletzt 9 ObA 85/03w). Abgesehen davon, dass schon eine solche Fürsorgepflicht des Geschäftsherrn gegenüber dem selbständigen Handelsvertreter zweifelhaft ist, gilt diese Aufklärungspflicht überdies nur dann, wenn nach den gegebenen Umständen die Verweisung auf einen anderen Arbeitsplatz überhaupt in Betracht kommt (RIS-Justiz RS0028663). Hier ist aus dem Verfahren jedenfalls nicht hervorgekommen, dass der konkrete Handelsvertretervertrag eine solche Gestaltungsmöglichkeit eröffnet hätte. Damit ist es im vorliegenden Fall aber unerheblich, dass der Kläger bei Erklärung der vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses wohl auf sein Alter, nicht jedoch auf eine bestimmte akute Krankheit hingewiesen hatte.
Zusammenfassend erweist sich die Revision daher als nicht berechtigt.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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