Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.538,82 (darin EUR 256,47 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens sowie die mit EUR 1.845,72 (darin EUR 307,62 USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt mit seiner auf § 106 iVm § 105 Abs 3 Z 2 ArbVG gestützten Anfechtungsklage, die ihm gegenüber am 12. 4. 2002 ausgesprochene Entlassung "aufzuheben" (gemeint: für unwirksam zu erklären). Er habe keinen Entlassungsgrund gesetzt und sei auf sein bei der beklagten Partei bezogenes Gehalt dringend angewiesen.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Entlassung sei wirksam und zu Recht erfolgt, weil der Kläger unter Überschreiten der ihm eingeräumten Befugnisse Verträge abgeschlossen habe, aus denen der beklagten Partei großer Schaden entstanden sei. Überdies hätten die Streitteile schon am 6. 2. 2002 die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses per 31. 5. 2002 vereinbart. Gestützt auf diese Vereinbarung stellte die beklagte Partei den Zwischenantrag auf Feststellung, dass zwischen den Streitteilen - unabhängig von der Entlassungsanfechtung des Klägers - kein Dienstverhältnis mehr bestehe, in eventu, dass zwischen den Streitteilen - unabhängig von der Entlassungsanfechtung durch den Kläger - zumindest seit dem Ablauf des 31. 5. 2002 kein Dienstverhältnis mehr bestehe.
Der Kläger bestritt sowohl eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses (AS 21) als auch die Zulässigkeit des Zwischenantrages, welchem es an der notwendigen Präjudizialität für die Entscheidung über die Entlassungsanfechtung fehle.
Das Erstgericht wies den Zwischenfeststellungsantrag zurück. Es vertrat die Rechtsauffassung, dass es dem Antrag an der Präjudizialität für den Ausgang des Hauptverfahrens fehle.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf (Pkt 1. der Rekursentscheidung) und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Antrag nach Verfahrensergänzung auf.
Es vertrat die Rechtsauffassung, dass der Antrag der beklagten Partei nach § 236 ZPO zulässig sei. Der Zwischenfeststellungsantrag sei für den konkreten Verfahrensausgang präjudiziell, weil im Fall eines dem Antrag stattgebenden Urteils die Sozialwidrigkeit selbst einer unberechtigten Entlassung zu verneinen sei. Zwischen den Zeitpunkten der Entlassung und eines einvernehmlich vereinbarten Vertragsendes lägen dann nämlich nur 1 ½ Monate, somit ein Zeitraum von einer Dauer, welcher keine erhebliche Beeinträchtigung der Interessen des Klägers darstelle. Ein stattgebendes Urteil über den Zwischenantrag entfalte - nicht zuletzt im Hinblick auf mögliche Gehaltsansprüche - auch über den konkreten Rechtsstreit hinausgehende Folgen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig ist, weil es an Rechtsprechung zu einem vergleichbaren Sachverhalt fehle.
Überdies (Pkt 2. der Rekursentscheidung) wies es einen Rekurs des Klägers gegen einen Beschluss des Erstgerichtes (ON 24) zurück, mit welchem die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Beschlusses vom 11. 3. 2003 aufgehoben und dem dagegen von der beklagten Partei erhobenen Rekurs die hemmende Wirkung zuerkannt worden war.
Scheinbar gegen die gesamte Rekursentscheidung, jedoch, wie aus dem Rekursantrag unschwer ersichtlich, nur gegen deren Punkt 1.) richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt, hilfsweise, dass der Zwischenantrag abgewiesen werde.
Die beklagte Partei beantragte, den Revisionsrekurs zurück-, hilfsweise, ihn abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist auch berechtigt.
Auch die beklagte Partei geht - übereinstimmend mit der klagenden Partei - davon aus, dass eine iSd § 106 Abs 2 iVm § 105 Abs 3 ArbVG anfechtbare Entlassung grundsätzlich wirksam wird. Erst ein der Anfechtungsklage stattgebendes Rechtsgestaltungsurteil beseitigt rückwirkend die Wirksamkeit einer solchen Entlassung (s zur Kündigungsanfechtung: RIS-Justiz RS0052018).
Sowohl im Falle eines Obsiegens als auch eines Unterliegens des Klägers fehlt es hier dem von der beklagten Partei eingebrachten Zwischenantrag an dem nach § 236 ZPO für eine Feststellung erforderlichen rechtlichen Interesse. Sollte der Kläger nämlich mit seinem Anfechtungsbegehren durchdringen, würde , wie oben dargelegt, die Entlassung erst mit dem stattgebenden Urteil beseitigt und somit auch erst dann der mit dem Zwischenantrag vorgebrachte Einwand einer später eingetretenen einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses aktuell. Damit wäre der Zwischenantrag aber nicht schon für die Fällung des Urteils in der Hauptsache, sondern erst für dessen Wirkungen von Bedeutung. Ein solcher Eventualcharakter eines Zwischenfeststellungsantrages widerspricht aber der Zielrichtung des § 236 ZPO. (Der im Hauptverfahren erhobene Einwand, dass es im Hinblick auf die kurze Zeit zwischen Entlassung und einem einvernehmlichem Ende des Arbeitsverhältnisses an der für eine erfolgreiche Anfechtung erforderlichen Sozialwidrigkeit fehlt, bleibt von diesen, nur den Zwischenantrag betreffenden Erwägungen freilich unberührt). Im Falle einer Abweisung des Anfechtungsbegehrens bliebe es hingegen bei der von der beklagten Partei primär behaupteten Wirksamkeit der Entlassung, sodass die Feststellung einer erst später erfolgten Auflösung des Dienstverhältnisses schon begrifflich nicht in Frage kommt und daher von keinem rechtlichen Interesse getragen sein kann.
Die Entscheidung über die Kosten des vom Ausgang in der Hauptsache unabhängigen Zwischenstreits gründet sich auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.
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